Frauenfußball wurde 1955 vom DFB als "unweiblich" verboten und erst 1970 wieder erlaubt. Das Stigma Fußball sei eben Männersache besteht bis heute, aber eine Initiative aus Berlin-Kreuzberg macht sich schon lange stark für eine Emanzipation des Frauenfußballs.
Discover Football

Fünf Jahre Discover Football: Moving perspectives

Vergangenen Mittwoch feierte die Frauenfußballkampagne "Discover Football" in Berlin ihr fünfjähriges Bestehen. Gekommen waren rund 150 Menschen, unter ihnen Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. Gemeinsam wurde auf die bewegten Jahre der Kampagne zurück geblickt, die sich für Frauenrechte, gegen Homophobie und für die Gleichheit vorm Ball stark macht. Parallel zu den Feierlichkeiten läuft in Berlin auch eine Konferenz, auf der sich Vertreterinnen aus acht Ländern über die Situation des Frauenfußballs austauschen und neue Perspektiven auf das Jahr der FIFA Weltmeisterschaft der Frauen in Kanada 2015 entwickeln.

Von Redaktion Fussball-gegen-Nazis.de

Das Berliner Kino Movimiento ist bis auf den letzten Platz gefüllt, viele Besucher*innen stehen in den Gängen an diesem Abend. Heute feiert die Frauenfußballkamapgne "Discover Football" ihr fünfjähriges Bestehen, prominente Unterstützer*innen wie die Berliner Staatssekretärin Barbara Loth, taz-Chefredakteurin Ines Pohl, Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth oder BFV-Präsident Bernd Schulz finden lobende Worte für das Engagement. Vorgestellt wurde außerdem der neue Dokumentarfilm über das Projekt zur Fußball-Weltmeisterschaft der Männer, "Moving Perspectives". Die Organisator*innen von Discover Football waren im Sommer nach Brasilien gereist, um mit einer Ausstellung, Workshops und Fußballturnieren zwischen Mädchenteams aus den Favelas Raum für einen Fußball abseits von Messi und Ribery zu geben. Damit irritieren sie gesetzte Realitäten, dass Fußball eben Männersache sei. Und sie machen Lust, selbst Stollenschuhe anzuziehen und auf den Platz zu gehen.

Fußball ist keine Männersache!

"Discover Football zeigt, dass Fußball eine unbändige Kraft und eine unbändige Bedeutung haben kann", lobte am Mittwoch Abend die Vizepräsidentin des Bundestags, Claudia Roth (Grüne), das Projekt. Seit nunmehr fünf Jahren setzen sich 20 Frauen aus Berlin für Gleichberechtigung, Emanzipation und Frauenrechte ein, Fußball ist Medium. "Fußball zu spielen ist immer noch eine Männerdomäne und bedeutet für Frauen fast überall auf der Welt mit traditionellen Geschlechterrollen konfrontiert zu werden", schreiben die Macher*innen auf ihrer Homepage. Dass 2015 in Kanada die FIFA Weltmeisterschaft der Frauen stattfindet, dürfte öffentlich kaum bekannt sein. Dass die FIFA WM der Männer drei Jahre später in Russland eröffnet wird, spiegelt sich schon jetzt im Sportteil vieler Zeitungen. Dass die DFB National-Elf der Männer 2014 zum vierten Mal Weltmeister geworden ist, erfüllt eine Menge Menschen mit Stolz. Dass die DFB Frauen mit acht Titeln, davon sechs in Folge, Rekordeuropameisterinnen sind und die WM schon zweimal gewonnen haben – wer weiß das schon.

Aktiv gegen Sexismus und Homophobie

Besonders zu Welt- und Europameisterschaften, wenn auf einmal Menschen Fußball schauen, die sich sonst nicht dafür begeistern können, zeigt sich auch die tiefe Verankerung der Geschlechterrollen. "Aber Fußball ist kein reiner Männerhort und ich beglückwünsche Discover Football, dass sie das zeigen und Frauen, die Fußball spielen, weltweit vernetzen", sagt Cansel Kiziltepe, Bundestagsabgeordnete von der SPD und selbst Freizeitfußballerin. 2012 hat sich aus der Kampagne auch ein eigenes Team entwickelt, der DFC Kreuzberg. Trikotsponsor ist das Berliner Queer-Magazin "Siegessäule", im Verein können sich alle Menschen anmelden, auch wenn sie sich keiner Geschlechtsidentität zuordnen wollen, also "queer" leben. "Lesbisch, hetero, trans oder queer – für diesen Fußball stehen wir" hat sich der Verein zum Motto gemacht. Gegen Sexismus und Homophobie im Fußball aktiv zu sein, ist für die Macher*innen selbstverständlich und gehört zusammen, da beide Diskriminierungsmechanismen miteinander verbunden seien.

Fokus der Kampagne ist international

Hervorgegangen war die Kampagne 2009 aus einem Fußballturnier im Iran, dessen Frauennationalteam gegen eine Auswahl aus Berlin-Kreuzberg das erste Mal im eigenen Land und vor Publikum spielte. "Da steht noch ein Rückspiel aus", erinnert Claudia Roth in ihrer Laudatio zum fünfjährigen Bestehen der Kampagne Discover Football. Seit 2010 organisieren die Frauen aus Kreuzberg nun jährliche Frauenfußball-Kulturfestivals. Teams aus verschiedenen Ländern, wie dem Libanon, Ruanda oder Afghanistan, sind dann nach Berlin eingeladen. "Neben den Turnieren laufen Workshops, wie zu Frauenrechten, aber auch Rhetorik-Kurse. Dabei können sich die Teammitglieder untereinander kennen lernen und wir sehen diese Weiterbildung als einen Weg zum Empowerment", erklärt Projektkoordinatorin Sonja Klümper gegenüber Fussball-gegen-Nazis.  Auch Claudia Roth betont im Gespräch die gesellschaftliche Kraft des Fußballs für gleiche Rechte und gegen Diskriminierung einzutreten.

Für´s kommende Jahr planen die Organisator*innen eine internationale Konferenz von Fußballerinnen und eine Fahrt in den Libanon, um die Girls football academy zu besuchen. Im Libanon wird im Vorfeld der FIFA-WM der Frauen in Kanada das Highlight des Jahres stattfinden: ein Frauenfußball-Festival, zu dem wieder acht Teams aus der ganzen Welt eingeladen sind. Wenn die Teams aus Deutschland, dem arabischen Raum und dem Nahen Osten im Wettkampf stehen, werden sie gleichzeitig ein deutliches Zeichen für Empowerment von Frauen und weibliche Solidarität setzen. Wie jedes Jahr.

 

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