Unter anderem Werder Bremen hat bereits Interresse an dem neuen Fanschal bekundet
Kampmann GmbH – International

Ein Schritt in die richtige Richtung

Die Bielefelder Stickerei Kampmann hat einen Fanschal speziell für Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung entwickelt. Die Nachfrage ist groß, auch namhafte europäische Clubs sollen bereits Interesse gezeigt haben.  

Von Joachim Wolf

"Diese Menschen werden vielfach ausgegrenzt ", sagt Jürgen Kampmann. Das fange mit kleinen, profanen Dingen an, die für Sehende selbstverständlich seien, Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung aber im Alltag oftmals Schwierigkeiten bereiten würden. So falle es beispielsweise Schulkindern mit Sehbehinderung oder Erblindung im Sportunterricht oftmals schwer, in der Umkleidekabine ihre Kleidung zu erkennen – deswegen habe das Bielefelder Unternehmen ein Verfahren entwickelt, mit dem notwendige Informationen wie Initialen, Farbangaben oder Pflegeanleitungen in alle Textilien eingestickt werden können. Die Inklusion von Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung sei der Kampmann GmbH neben allen unternehmerischen Zielen wichtig, begründet der  Stickerei-Chef das Engagement auf diesem Gebiet. Und: "Es ist schön zu sehen, wie dankbar die Menschen sind".  Die positiven Reaktionen auf die neu entwickelte Sportbekleidung bezeichnet Kampmann dann auch als eine Art "Urknall" für die Entscheidung, weitere Produkte  dieser Art zu entwickeln- darunter auch ein Adventskalender für Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung. Oder Merchandise-Produkte, bei denen mit Hilfe der Blindenschrift Unternehmensnamen und Werbeslogans lesbar gemacht werden  können. Für diese Innovation wurde die Kampmann GmbH in diesem Jahr sogar mit dem "Promotional  Gift Award" ausgezeichnet. Auf der Preisverleihung sei es in einem lockeren abendlichen Gespräch dann auch um Fußball gegangen- und so sei die Idee entstanden, spezielle Fanschals für Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung zu entwickeln, berichtet Kampmann.  

Und die Nachfrage nach diesem neuen Produkt ist offenbar groß: So haben bereits mehrere Vereine aus der  1. und 2. Bundesliga ihr Interesse an dem Schal bekundet und Muster des speziellen Fanartikels bestellt-  unter anderem der 1. FC Köln, Werder Bremen, Fortuna Düsseldorf, Schalke 04 und der HSV.  Viele der interessierten Vereine engagieren sich bereits für ihre Anhänger mit Sehbehinderung oder Erblindung. So hat beispielsweise der Hamburger Sportverein in seinem Stadion 70 feste Plätze eingerichtet, auf denen diese das Spiel live über Kopfhörer verfolgen können. Und beim FC Schalke 04 gibt es für Fans mit Sehbehinderung oder Erblindung sogar die Möglichkeit, über eine Art "Knopf im Ohr" überall im Stadion die Live-Berichterstattung zu hören.  Anderen Vereinen sei dagegen die genaue Zahl ihrer Anhänger mit Sehbehinderung oder Erblindung gar nicht bekannt, sagt Jürgen Kampmann. Deswegen orientiere sich die Produktion der Fanschal-Muster zunächst allein am Bedarf der Clubs.  Zu den Vereinen, die ihr Interesse an dem neuen Produkt bekundet haben, gehören neben zahlreichen deutschen Vereinen auch europäische Größen wie Manchester United und Juventus Turin.  

Was sagen die Fans zu dem neuen Schal? "Ich bin immer froh, wenn Menschen mit Behinderung in unserer Zeit Unterstützung erfahren. Dabei geht es mir darum, dass Menschen mit Behinderung in die Mitte der Gesellschaft kommen", antwortet der 1. Vorsitzender der Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft e.V., Jochen Dohm, auf eine Anfrage von fussball-gegen-nazis.de. Auch vier Jahre nach der Einführung der UN- Behindertenrechtskonventionen sei Deutschland noch nicht dort, wo es sein sollte. Deswegen begrüße er jede Aktion, "die das Bewusstsein stärkt, dass Menschen mit Behinderung und in diesem Falle Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung damit eine Solidarität erfahren und das Selbstbewusstsein gestärkt wird", so Dohm weiter. Der Fan-Schal für Menschen mit Sehbehinderung oder Erblindung könne ein "Schritt auf diesem Wege" sein. Gleichzeitig gibt er aber auch zu bedenken: "Früher sagte man Behinderte, Sehbehinderte, etc.  dies war aus politischer und soziologischer Sicht eine Reduzierung auf die Behinderung. Der Mensch der hinter der Behinderung steckt wurde dadurch  vernachlässigt.  Daher sagt man Menschen mit Behinderung, um die Person in den Vordergrund zu  stellen. Leider ist dies noch nicht in der gesellschaftlichen Umgangssprache angekommen, da man auf der Straße immer noch als die Behinderte, die Sehbehinderte runter reduziert wird". Die Entwicklung des neuen Fanschals könne somit  zugleich "zum Wegweiser für die Öffentlichkeit" werden.

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