Nach der Partie gegen Saarbrücken attackierten rechte Hools und Neonazis die MSV-Ultras der "Kohorte"
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"Eine perfide Taktik der rechten Gruppen"

In Essen haben Hooligans durch Gewaltandrohung eine Vorführung des Dokumentationsfilms "Blut muss fließen" verhindert, in Duisburg griffen rechte Hools gemeinsam mit Neonazis eine Ultra-Gruppierung an. Reaktionen.

Von Redaktion fussball-gegen-nazis.de

Am vergangenen Mittwoch waren rund 20 Männer kurz vor Veranstaltungsbeginn in den Räumen des Fanprojekts Essen aufgetaucht. Dort sollte der Film "Blut muss fließen", eine  Dokumentation über die Neonazi-Musikszene, gezeigt werden. Laut WAZ sollen die Störer Infomaterial und Plakate des Bündnisses "Essen stellt sich quer" zerstört und anschließend damit gedroht haben,  wenn der Film gezeigt würde,  werde man "mit 30, 40 Leuten" wiederkommen und "aufräumen". Das "Argument" der Störer: Politik habe im Verein nichts zu suchen. Die Veranstalter sagten die Filmvorführung kurzerhand ab, um die anwesenden Besucher zu schützen.  

Die öffentlichen Reaktionen folgten prompt und waren deutlich. So spricht "Rot-Weiss Essen" in einer Stellungnahme von "rechten Drohgebärden" und schreibt: "Wir distanzieren uns mit aller Deutlichkeit und ohne Wenn und Aber von den Aktionen solcher Personen. Weder die Androhung von Gewalt noch die Unterdrückung von freier Meinungsäußerung sind mit den Werten des Vereins vereinbar". Und weiter: "Gegen Diskriminierung und menschenverachtende Weltanschauungen einzustehen ist eine Aufgabe, die nicht am Stadiontor endet. Wir werden hier mit allen relevanten Gruppen gemeinsam agieren und entschieden gegen solche Tendenzen vorgehen."

Auch die AWO Essen distanziert sich von den Vorkommnissen und schreibt in einer Stellungnahme auf ihrer Website: "Eine demokratische Gesellschaft, für die die AWO seit ihrer Gründung einsteht, kann eine solche Unterdrückung von Meinungsfreiheit nicht dulden. Die AWO Essen als Trägerin des Fanprojektes, wird deshalb diese Erpressung nicht hinnehmen und setzt sich schnellstens mit dem Verein, Vertretern der Stadt Essen und dem DFB in Verbindung. Ziel ist eine breite und gemeinsame Vorgehensweise gegen Einschüchterungen und Gewaltdrohungen."

Das Bündnis "Essen stellt sich quer" hat sich nach einer internen E-Mail-Abstimmung mittlerweile dazu entschlossen,  Anzeige gegen die Störer zu erstatten. "Es geht in unserer demokratischen Gesellschaft nicht, dass es hergelaufenen obskuren Gestalten gelingt mittels Drohung, Nötigung und Sachbeschädigungen eine öffentliche Veranstaltung zu unterbinden", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.  Dort wird auch begrüßt, dass "Rot-Weiss Essen" sich bereit erklärt habe, den Film "Blut muss fließen" im Essener Stadion zu zeigen. Auch der Regisseur des Films, Peter Ohlendorf, habe sich erfreut gezeigt, "das 1:0 für Rechts in einen Sieg der demokratischen Öffentlichkeit" verwandeln zu können. 

Auf der rechtsextremen Website altermedia wird die Aktion der Hooligans dagegen gefeiert: "Meinen Dank an die <<Stoerer>>", schreibt beispielsweise ein Nutzer. Ein anderer kommentiert: "Herzlichen Glückwunsch an die Aktivisten! Sie handeln zu aktuellen, gesellschaftlichen Problemen. Dies wünschte ich mir vom nationalen Wiederstand." (Fehler im Original). Und ein dritter User freut sich: "Offenbar hat die <<Gewalt>> gewirkt... ". 

Duisburg: Rechte Hools und Neonazis attackieren "Kohorte"

In Duisburg wurden nach dem Drittligaspiel des MSV gegen den 1. FC Saarbrücken Ultras der Gruppe "Kohorte" von rechten Hooligans und Neonazis brutal angegriffen. Mehrere Personen sollen verletzt worden sein. Hintergrund des gewalttätigen Angriffs war offenbar ein Transparent  der antirassistischen "Kohorte", auf dem sich die Gruppe solidarisch mit den "Ultras Braunschweig" zeigte: "Täter-Opfer-Rolle vertauscht? Schäm dich, Eintracht Braunschweig", war dort zu lesen. Für die rechten Hooligans reichte dieses harmlose Statement offenbar aus, um Mitglieder der "Kohorte" zu attackieren. Die "Begründung" der Duisburger Hooligans ist dabei identisch mit der, der Essener: Politik habe im Stadion nichts zu suchen. Die "Kohorte" habe mit dem Banner eine zuvor getroffene entsprechende Absprache gebrochen, so der Vorwurf.  Allerdings: Schon diese "Einigung" war offenbar "unter dem Eindruck der Präsenz körperlich deutlich überlegener Hools" zustande gekommen, wie die taz schreibt.

Die Ultras bestätigen dies in einer Stellungnahme zu den Vorfällen nach dem Spiel: "Um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden, fügten wir uns angesichts des deutlich einseitigen Kräfteverhältnis, hielten aber auch im Rahmen dieser Ansage fest, dass das Thema Antirassismus für uns wichtig ist und wir diese Arbeit für notwendig halten und uns der Verzichtsaufforderung nur angesichts der Konsequenzen, die uns beispielsweise in Leipzig durch den Angriff auf unseren Bus gezeigt wurden, beugen". Die Gruppe stellt dort aber auch klar:  "Dass wir uns jetzt mit bestimmten Ultrasgruppen nicht mehr solidarisieren dürfen, wenn sie verboten werden, weil deren politische Einstellung nicht jedem gefällt, war zu keinem Zeitpunkt Teil des Gespräches ".  Am Ende ihrer Stellungnahme appellieren die Ultras: "Wir rufen den Verein, das Fanprojekt und alle MSV-Fans dazu auf, den Worten von einer bunten Kurve Taten folgen zu lassen und dafür zu sorgen, dass sich beim MSV jeder Mensch wohl fühlt. Dass bestimmte Fangruppen den anderen Fans ihre Meinung gewaltsam aufzwingen wollen und gewisse Meinungsäußerungen Angriffe nach sich ziehen kann niemand der sich dem MSV verbunden fühlt tolerieren".

Ausgerechnet vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken war in einer groß angelegten Aktion ein von Fans gestaltetes Transparent präsentiert worden, auf dem zu lesen war: "Für Integration, Respekt und Toleranz". Ein klares "Bekenntnis gegen Diskriminierung und Gewalt", wie der Verein auf seiner Website schreibt.  Und in einer kurzen Stellungnahme äußert sich der MSV dort auch zu den Vorfällen nach dem Spiel: "Nicht nur im Rahmen der FARE ACTION WEEK haben die Gremien, Fans und Mitarbeiter des MSV Duisburg eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass man gemeinschaftlich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ist und dazu aufgefordert, sich für mehr Toleranz und Integration einzusetzen". Und:  "Wir haben uns immer für ein Miteinander ausgesprochen, umso entsetzter waren wir über die Information, dass sich verschiedene MSV Gruppierungen untereinander geschlagen haben". Der Verein hält dabei auch fest: "Gewalt ist ein absolutes NO – GO!".

"Das Bündnis Aktiver Fußballfans sieht es als die Pflicht des Vereins MSV Duisburg an, alles ihm Mögliche zu unternehmen, um der Gesamtheit seiner Fans einen sicheren Stadionbesuch zu ermöglichen. Die inzwischen erfolgte öffentliche Distanzierung von Gewaltaktionen kann dabei nur der erste Schritt sein", heißt es in einer Pressemitteilung des B.A.F.F. Gleichzeitig stellt das Bündnis fest: "Der zugrunde liegende Konflikt in der Fanszene ist in Fankreisen allgemein bekannt und dürfte auch für den MSV Duisburg keine Neuigkeit sein: Ganz normale antirassistische/antidiskriminierende Positionen, die für jeden Stadionbesucher eine Selbstverständlichkeit sein sollten, werden als <<links>> und somit den unpolitischen <<Kurvenfrieden>> störend etikettiert. Eine perfide Taktik, die rechten Gruppen einen zunehmenden Einfluss in den Kurven überhaupt erst ermöglicht". Und weiter: "Rechtsradikale Hooligans wollen ihre Sichtweise der gesamten Fanszene aufzwingen und versuchen, die einzige Gruppe, die sich offen dagegen wehrt, zu zerschlagen, auch mit körperlicher Gewalt. Zivilcourage wird immer wieder, auch von Vereinen und Verbänden,  gefordert; im Falle des Falles werden Fans, die sich nicht mit der Vorherrschaft von Nazis zufrieden geben, aber allein gelassen". 

Schon länger warnen Experten davor, dass rechte Hooligans zunehmend versuchen, die Ultra-Szene mit Gewalt  in ihrem Sinne zu beeinflussen. Nach den Ereignissen in Aachen, Braunschweig und Dortmund scheinen jetzt auch die Vorfälle in Essen und Duisburg dies zu bestätigen. Es ist an der Zeit, diesen Trend zu stoppen.

 

 

 

 

 

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