Ultragruppen mit klar faschistischer Gesinnung: Ultras Sur und Frente Atlético.
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CL- Finale: Nazis in den Kurven

Am morgigen Samstag, dem 24. Mai, kommt es im UEFA Champions-League Finale in Lissabon zum Aufeinandertreffen der Stadtrivalen von Real und Atlético Madrid. Weltweit wird ein Millionenpublikum mit den beiden Mannschaften mitfiebern. Dem ist allerdings vielleicht weniger bekannt, dass bei beiden Vereinen auch krasse Neonazis in den Fankurven stehen, die offen Hitler feiern und etwa im Februar dem Kind eines schwarzen Gegenspielers zuriefen: "Möge Dein Vater sterben".

Von Joschka Fröschner

Im Madrider Estadio Vicente Calderón, der Heimat von Atlético, geben schon seit langem die Ultras von Frente Atlético 1982 den Ton an. Die Mitgliederzahl der Gruppe wird auf 3000 Personen geschätzt, das Mobilisierungspotential von Frente ist noch weitaus höher. Damit gilt Frente als die größte Ultra-Gruppierung Spaniens. Alleine der Blick auf das Logo der Gruppe dürfte Beobachter*innen zusammenzucken lassen. Darauf prangt mittig und gut sichtbar der Totenschädel der SS. Frente selbst erklärt sich, wie unter rechtsgerichteten Ultragruppen üblich, als unpolitisch. Bei genauerem Hinschauen entpuppt sich diese Behauptung allerdings als bloße Fassade. So gibt es Aufnahmen von der Anreise der Gruppe zum Auswärtsspiel bei Rayo Vallecano, bei dem eine Vielzahl der Mitglieder "Sieg Heil" grölend und mit dem Hitlergruß salutierend durch eine U-Bahn Station zieht. Auch im Stadion zeigt der Frente-Block minutenlang den Nazigruß, ohne dass sich im Auswärtsblock jemand daran zu stören scheint. Dass dies bei weitem kein Einzelfall ist, belegen weitere Fotos und Videos. Darüber hinaus veröffentlicht Frente Bilder von Tätowierungen mit rechter Symbolik auf seiner Internetpräsenz.

"Unser Kampf – Unser Ruhm"

Neutrale Besucher*innen von Atlético-Spielen berichten auch in jüngerer Vergangenheit von Unmengen faschistischer und neonazistischer Graffiti und Schmierereien in der Nachbarschaft des Vicente Calderón. Auswärtsfans werden schon mal mit faschistischen Parolen und Grüßen empfangen. Auch im Stadion selbst wird überaus positiv auf den Faschismus Bezug genommen. So organisierte Frente bei einem Spiel gegen Valencia im Jahr 2009 eine in schwarz-rot-weiß gehaltene Choreographie. Über dem Schriftzug "Nuestra Lucha – Nuestra Gloria" [Unser Kampf – Unser Ruhm] wurde ein riesiges Bild von zwei Soldaten mit Maschinengewehren enthüllt. Auch wenn die Uniformen der Soldaten nicht zweifelsfrei zuzuordnen sind, sind ihre Waffen deutlich erkennbar. Hierbei handelt es sich um das "MG 42", welches auch als "Hitlersäge" bekannt ist und von der deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg eingesetzt wurde. Ende vergangenen Jahres teilte Frente erneut ein Bild von der Choreo über ihren offiziellen Twitter-Account.

Aitor Zabaleta – Von Atlético-Skinheads ermordet

Bis heute feiert und besingt Frente die brutale Ermordung des Real Sociedad San Sebastian- Anhängers Aitor Zabaleta durch den Nazi-Skinhead Ricardo Guerra Cuadrado im Jahr 1998. Weitere Atlético-Fans mussten sich wegen des Mordes ebenfalls vor Gericht verantworten. Cuadrado war Mitglied der neonazistischen Hooligan-Gruppierung Bastión 1903, welche sich im Umfeld von Frente bewegte und mit denen die Gruppe gemeinsame Auswärtsfahrten organisierte. Der Anhang baskischer Mannschaften ist von jeher ein Dorn im Auge rechter Atlético-Fans, die sich positiv auf den Madrilenischen Zentralismus und den Franco-Faschismus beziehen.

Schwarze Spieler gegnerischer Mannschaften werden bei Atlético regelmäßig zur Zielscheibe rassistischer Sprechchöre. Zuletzt musste sich Marcélo, brasilianischer Spieler in Diensten von Real, bei einem Spiel im Februar 2014 "Affenlaute", sowie den Gesang "Marcelo ist ein Affe" anhören. Als er nach dem Spiel mit seinem Kind über den Platz lief, wurde "Möge dein Vater sterben"  in Richtung des Kindes gesungen.  Anfang dieses Monats wurde der Levante-Spieler Papakouli Diop mit "Affenlauten" und Gesten aus der Frente-Ecke bedacht. So ist es wenig überraschend, das linke Fussballfans von Fortuna Düsseldorf Anstoß an einer Frente-Fahne nahmen, die von den "Bushwackers", einer Düsseldorfer Hooligangruppe, an den Stadionzaun gehängt wurde.

"Ultras Sur" – Wiederkehr nach Ausschluss

Die Zustände im Estadio Santiago Bernabéu von Real Madrid sind nur wenig besser. Hier waren die 1980 gegründeten "Ultras Sur" lange Zeit die dominante Gruppe. Sie wurden zunächst im Dezember letzten Jahres durch das Präsidium wegen rassistischer und faschistischer Ausfälle aus ihrer Kurve verbannt. In letzter Zeit hatte es internen Zwist bei den "Ultras Sur" gegeben – die spanische Zeitung "Mundo Deportivo" berichtete von einer größeren Anzahl von neonazistischen Neu-Mitgliedern, die die alte Hierarchie der "Ultras Sur" in Frage stellten. Von Ultra-Seite wird ein politischer Zusammenhang mit den internen Kämpfen aber bestritten. Völlig überraschend durfte aber Anfang 2014 ein Teil der "Ultras Sur" ins Stadion zurück.

Unabhängig davon sind die "Ultras Sur" schon länger eine Gruppe mit klar faschistischer Ausrichtung. Im spanischen Pokalfinale 2011 wurde ein Transparent mit der Aufschrift "Happy Birthday 18" enthüllt. Die 18 ist Szene-Code für Adolf Hitler (nach den Buchstaben A und H), das Spiel fand am 20. April statt, dem Geburtstag Hitlers. Zwei Jahre zuvor wurde Real Madrid wegen Hakenkreuz-Fahnen zur Kasse gebeten.

"Siempre fascista, siempre madridista"

Die "Ultras Sur" werden ebenfalls verdächtigt, für ein Plakat aus dem Jahr 2013 verantwortlich gewesen zu sein. Auf diesem waren das Konterfei Hitlers und des damaligen Trainers Jose Mourinho zu sehen, zusammen mit der Aufschrift "Heil Mou". In der Vergangenheit waren auch faschistische Graffiti mit eindeutigem Bezug zu den "Ultras Sur" in der Nähe des Santiago Bernabéu zu finden. "Siempre fascista, siempre madridista" [Immer Faschist, immer Madrilene] ist einer der Slogans der Gruppierung. Im Oktober 2013, bei einem Spiel gegen den morgigen Finalgegner Atlético, zeigten "Ultras Sur"- Mitglieder wieder Hakenkreuz-Fahnen, dazu ein Banner mit dem Deutschen Wort "Totenkopf"- auch dies eine Referenz zur Waffen-SS.

Gut möglich, dass dieser Vorfall den Ausschlag gab, die Macht der "Ultras Sur" im Santiago Bernabéu einzuschränken. Bedenklich allerdings, dass es keinen Monat dauerte, bis Real Madrid von seiner harten Linie gegenüber der Gruppierung abrückte. Dabei würde eine klare Haltung der Verantwortungsträger entscheidend dazu beitragen, den Einfluss der Faschisten in den Stadien von Real und Atlético zu vermindern.

 

 

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