Anfang des Jahres zeigten sich die "Aachen Ultras" ein letztes Mal im Stadion. Der Grund für den Rückzug: Angriffe durch rechte Fans
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"Alles andere als gern gesehene Gäste"

Nach der NPD versucht nun auch die Partei "Die Rechte" sich bei Fans und Vereinen anzubiedern und auf diese Weise ihre menschenfeindliche Ideologie zu verbreiten. So beispielsweise der Kreisverband Aachen. Doch die Alemannia distanziert sich erneut von neonazistischen Umtrieben in ihrem Umfeld.

Von Joachim Wolf

In einem am 7. Juli unter dem Titel "Gedanken eines Alemannen" auf der Website der Partei "Die Rechte -Aachen und Heinsberg" veröffentlichten Text beklagt ein Autor unter dem Pseudonym "Fritz Brand" den Niedergang  seines Vereins. Als Schuldige für die Misere nennt er die Vereinsführung, "die nicht am nachhaltigen Fortschritt der Alemannia interessiert" gewesen sei, sondern "daran, ihre eigenen Interessen und Wünsche zu erfüllen".  Als Beispiel hierfür nennt der Verfasser das neue Stadion, das er als "seelenlose(n) Betonklotz, den man gegen dutzende europäische Stadien eintauschen könnte" bezeichnet. Sind dies noch Kritikpunkte, die vermutlich von vielen "normalen" Fans geteilt werden, wird die wahre Gesinnung des  Autors nur wenig später deutlicher: "Fritz Brand" kritisiert den neuen Sportdirektor Erik Meijer, weil dieser versprochen habe, Spieler zu verpflichten "mit denen sich die Fans identifizieren können", stattdessen habe er aber einen "Afrikaner" verpflichtet, "welcher bis dato noch kein deutsches Wort über die Lippen gebracht hat."    

Auch auf den Konflikt innerhalb der Fanszene von Alemannia Aachen, bei dem die antirassistisch orientierten "Aachen Ultras" sich nach wiederholten Angriffen  von Mitgliedern der rechtsoffenen Fangruppe "Karlsbande" Anfang 2013 aus dem Stadion zurückgezogen hatten, geht der Autor ein- mit seiner ganz eigenen, verdrehten  Sicht der Dinge. Grundtenor: Schuld an diesem Konflikt seien "Linksextremisten" und "abenteuerlustige Jugendliche ohne Orientierung", die versucht hätten, aus dem Verein ein "zweites St. Pauli" zu machen. Die Angriffe auf die "Aachen Ultras" bezeichnet der Autor dementsprechend als eine Art "Notwehr" gegen diesen Versuch, in eine angeblich "unpolitische Fanszene" antirassistische Themen zu tragen.  Auch unterstellt der Autor den "Aachen Ultras", sie hätten sich nur aufgelöst, da sie keine mediale Aufmerksamkeit mehr bekommen hätten und diese "Selbstauflösung" dann gemeinsam mit "Schlägertrupps aus Babelsberg zelebriert", indem sie andere Fans beim Auswärtsspiel gegen Köln angegriffen hätten.

"Gern gesehene Gäste"?

Aber auch visuell versuchen Vertreter der Partei "Die Rechte" sich als Fußballfans in Szene zu setzen. Ähnlich wie zuvor Holger Apfel, der sich in diesem Jahr auf seiner Facebook-Seite mit einem Stück "Aufstiegsrasen" präsentierte und wenig später von Eintracht Braunschweig ein Stadionverbot erteilt bekam. So ist seit dem 30. Mai auch auf der Facebook-Seite des Aachener Kreisverbandes ein Bild zu sehen, dass einen jungen Mann während eines Fußballspiels im Innenraum eines Stadions zeigt. Er trägt Jeans, Turnschuhe und unter seiner schwarzen Jacke einen Fanschal des Vereins Alemannia Aachen. Unter dem Foto ist zu lesen: "Mitglieder der Partei 'Die Rechte' sind im Gegensatz zu Holger Apfel in deutschen Stadien gern gesehene Gäste". Der Mann auf dem Bild ist Andre Plum, Kreisvorsitzender der Partei "Die Rechte" und langjähriges Führungsmitglied der mittlerweile verbotenen "Kameradschaft Aachener Land". Auch gute Kontakte in die rechtslastige Hooligan- und Ultra-Szene von Alemannia Aachen werden ihm nachgesagt.

"Verein und Fans haben sich mehrfach vom Rechtsextremismus distanziert"

Auf Anfrage von fussball-gegen-nazis.de stellt Alemannia Aachen nun klar, "dass Rechtsradikale bei uns alles andere als gern gesehene Gäste sind. Nicht nur wir als Verein, sondern auch die große Mehrheit unserer Fans hat sich wiederholt von Rechtsextremismus und Rassismus distanziert und wird dies auch in Zukunft tun." Auch verweist der Aachener Fanbeauftragte Lutz van Hasselt darauf, dass Symbole und Handlungen mit rechtsradikalem Hintergrund am Tivoli verboten seien und mit Stadionverboten geahndet würden. Gleichzeitig heißt es in der Stellungnahme aber auch: "Gegen unerwünschte Gäste im allgemeinen sind die juristischen Möglichkeiten leider begrenzt; das Problem bedarf einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion, mit der ein Sportverein alleine überfordert ist."

Dies ist nicht die erste Positionierung von Alemannia Aachen gegen neonazistische Umtriebe. So hatten Verein und Fanklubs Anfang 2012 eine "gemeinsame Erklärung" veröffentlicht, in der es unter anderem heißt:  "Wir fordern alle Fangruppen auf, sich in aller Deutlichkeit von Gewalt, Rassismus, Antisemitismus und jeglichem politischen Extremismus zu distanzieren und Gewalttätern und politischen Agitatoren keinen Platz in ihren Reihen zu bieten." Und im März 2012 hatte die Alemannia gemeinsam mit der Stadt Aachen eine Aktion gegen Rechtsextremismus gestartet, bei der unter anderem auf Plakaten und Anzeigen die Slogans "Wir sind die Fans, Nazis sind es nicht" und "Rechts steht im Abseits" verbreitet wurden.  

"Lippenbekenntnissen müssen Taten folgen"

Allerdings musste der Verein sich im Laufes des Konfliktes zwischen den "Aachen Ultras" und der "Karlsbande" auch Kritik gefallen lassen. So hatte beispielsweise der Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekt,  Michael Gabriel, kritisiert: "Die Ultras sind alleingelassen worden vom Verein, von der Stadt und dem Rest der Zuschauer. Das ist sehr besorgniserregend, gerade in einer Zeit, da es an mehreren Orten diese Probleme gibt". Zwei Vertreter der "Aachen Ultras" nannten in einem Interview mit der FAZ die Positionierungen von Alemannia Aachen gegen rechts außerdem rein "plakativ".  Und das Bündnis aktiver Fußballfans (BAFF) hatte in einer Stellungnahme auf seiner Homepage den Verein aufgefordert, "endlich seinen Lippenbekenntnissen Taten folgen zu lassen und ein engagiertes Vorgehen gegen rechtsradikale und faschistische Gruppen im Stadion zu entwickeln!". Die Vorwürfe von Seiten der Fans hatte Alemannia Aachen wiederum als falsch zurückgewiesen.

Welche Folgen nun die erneute Stellungnahme des Vereins gegen rechtsextreme Umtriebe in seinem Umfeld haben wird, bleibt abzuwarten.

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