Titelbild des Flyers zu #Jugendarbeit aus der Flyer-Reihe der Amadeu Antonio Stiftung Digital zum Umgang mit Hate Speech.

Was tun, wenn mir Hate Speech in der Jugendarbeit begegnet?

Hate Speech betrifft Heranwachsende in besonderer Weise. 98 % der Jugendlichen ab 14 besitzen ein Smartphone (JIM-Studie 2017) und nutzen es intensiv für Kommunikation, Information und Unterhaltung. Dabei begegnen nach Studien rund 30 % der 14- bis 35-jährigen hasserfüllten Posts oder nicht vertrauenswürdigen Medien – und zwar in ihren eigenen Peer-Netzwerken, also unter Freund*innen und in Interessengemeinschaften. Was Sie dann tun sollen, wissen aber die wenigsten. Daher ist es wichtig, im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit auf Hate Speech einzugehen und einen reflektierten Umgang mit Medien zu fördern.

 

Digitalen Lebensraum von Jugendlichen ernst nehmen

Das Web 2.0 ist ein Sozialraum und Teil der Lebenswelt von jungen Menschen. Nehmen Sie ihn als Pädagog*in oder Lehrer*in ernst. Dies gilt besonders, wenn dort Diskriminierungen oder Mobbing stattfinden. Ein selbstlaufender Schulchat ist wie ein Online-Schulhof – wenn dort Hate Speech, Abwertung und Ausgrenzung passieren, hat dies Einfluss auf die Atmosphäre der Klasse oder gar der ganzen Schule.

 

Informationskompetenz stabilisieren, Quellen- und Faktencheck etablieren

Desinformationen sind Teil destruktiver Prozesse, die den gesellschaftlichen Frieden stören wollen – und deshalb bei Demokratiefeinden besonders beliebt. Präventiv hilft es, Jugendlichen beizubringen, Quellen und Medien zu hinterfragen. Üben Sie ein, welche Mechanismen zur Verfügung stehen: Was unterscheidet eine seriöse von einer tendenziösen Quelle? Gibt es die Informationen aus verschiedenen Quellen? Stimmen genannte Fakten? Haben wir es mit journalistischen Fehlern zu tun oder mit absichtlicher Manipulation? Lassen Sie ein vorhandenes Bild etwa durch eine Rückwärtssuche laufen: Stammt es wirklich aus dem genannten Zusammenhang oder wird es vielleicht seit Jahren für Propaganda verwendet? Es gilt auch ein Bewusstsein dafür zu wecken, dass sich nicht alles prüfen lässt –wir aber deshalb auch nicht unkritisch allem trauen sollten, was im Internet steht.

 

Nachfragen statt Stigmatisieren

Bei problematischen Postings ist einfaches Nachfragen die erste Hilfe – und manchmal bereits eine schnelle Lösung. Verständnisfragen decken kommunikative Missverständnisse auf und geben der*dem Jugendlichen die Chance, das Posting selbst zu überprüfen und zu reflektieren. Häufig im Prozess des Heranwachsens sind etwa Grenzüberschreitungen, bei denen es nicht primär um die Diskriminierung geht, sondern vielmehr um Aufmerksamkeit oder andere Bedürfnisse, wie z.B. Teil der Gruppe zu werden, die über ein Thema kommuniziert.

 

Diskriminierungen und Strategien entlarven und benennen

Es ist wichtig, Diskriminierung und menschenverachtende Äußerungen im Netz als solche zu benennen, um die davon Betroffenen zu schützen und die Abwertung nicht als etwas Akzeptiertes stehen zu lassen. Sinnvoll ist, dies begründet zu tun: Was ist an der Aussage rassistisch, islamfeindlich, antisemitisch? Und Ausweichstrategien als solche zu benennen: Eine Aussage ist nicht weniger abwertend, wenn ich dazu sage, dass ich a) es nicht so meine, b) es doch nur ein Scherz sei, c) ich jemanden aus der herabgesetzten Gruppe kenne, der das aber auch so sieht, ...

 

Organisierte Demokratiefeinde im Netz in der Diskussion erkennen und Strategien einschätzen

Demokratiefeindliche Gruppen, die eine Ideologie der Ungleichwertigkeit vertreten – wie etwa Rechtsextreme und Islamisten – nutzen das Internet strategisch, um ihre Ideologie zu verbreiten und Jugendliche anzusprechen. Sie verwenden vielfältige Gestaltungen (Instagram-Filter-Ästhetik, Popkultur) und überraschende Zugänge – bei Rechtsextremen etwa vorgebliches Engagement für Umweltschutz, gegen Kindesmissbrauch oder Nachbarschaftshilfen, die sich dann aber gegen Geflüchtete richten. Informieren Sie sich über im Umfeld Ihrer Jugendlichen aktive Gruppen und ihre Anspracheformen, um darauf reagieren zu können.

 

Ignorieren ist die schlechteste Lösung!

Der einfachste Umgang mit Hass-Inhalten ist das anonyme Melden an die Sozialen Netzwerke. Üben Sie das mit den Jugendlichen! Darüber hinaus können Sie zweifelhafte Inhalte auch an die www.internet-beschwerdestelle.de schicken. Dort werden Fälle von Hate Speech juristisch geprüft und entsprechend zur Löschung oder Anzeige gebracht.

 

Bereiten Sie Gegenrede vor

Wie geht gute Gegenrede? Argumentieren können Sie mit Jugendlichen üben, eine Gruppe kann sich gegenseitig unterstützen und Feedback geben. Dies gilt umso mehr, falls Sie eine Online- oder Offline-Aktion starten, bei der Sie Widerspruch erwarten. Sprechen Sie mit den Jugendlichen auch über Datenschutz, Bildrechte und Privatsphäre-Einstellungen, bevor Sie sich in eine aufgeladene Debatte stürzen und dort auf geschlossene Weltbilder oder provozierende Trolle treffen.

 

Geben Sie Utopien und neuen demokratischen Narrativen Raum

Geben Sie Jugendlichen den Raum, über sich und ihre Rolle im Netz nachzudenken: Welches Web wünschen sie sich? Lassen Sie Utopien für eine demokratische und inklusive digitale Zukunft Raum. Fördern Sie Beteiligung und Mitbestimmung, aber auch Strategien, mit Konflikten umzugehen. Wenn Jugendliche lernen, aktiv und konstruktiv im Internet für Demokratie, Respekt und Minderheitenschutz einzutreten, stärkt das die digitale Zivilgesellschaft von morgen.

 

 

ENGAGIEREN SIE SICH MIT UNS!

 

Ich will selbst eine Initiative gründen.

Die Amadeu Antonio Stiftung berät, fördert und vernetzt Projekte:
www.amadeu-antonio-stiftung.de/projektfoerderung

 

Ich will helfen, die Debattenkultur im Internet zu verbessern.

Beratung, Fortbildung, Qualifizierung und Unterstützungbieten:

 

Ich möchte an meiner Schule/Bildungseinrichtung einen Workshop veranstalten, damit noch mehr Menschen in der Lage sind, gegen Hate Speech zu argumentieren.

Bundesweites Workshop-Angebot »Hate Speech begegnen«, umgesetzt von jungen Trainer*innen nach dem peer trainer-Prinzip:
www.amadeu-antonio-stiftung.de/peer-training

 

 

INFORMATIONEN UND MATERIALIEN

 

Belltower.News – Netz für digitale Zivilgesellschaft

Tagesaktuelles journalistisches Informationsportal zu Demokratie-Gefährdung on- und offline
www.belltower.news

Publikationen der Amadeu Antonio Stiftung

Praktische Handreichungen für die demokratische Zivilgesellschaft, kostenlos, gedruckt oder zum Download verfügbar unter:
www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/#Soziale_Netzwerke

 

 

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