Der Verfassungsschutzbericht 2017 wurde am 24.07.2018 veröffentlicht.
AAS

Verfassungsschutzbericht 2017: Die neuesten Zahlen zum Rechtsextremismus

Am 24.07., mit zweiwöchiger Verspätung, veröffentlichte der Verfassungsschutz seinen Bericht für das Jahr 2017. 24.000 Rechtsextreme zählt die Behörde und 16.500 Reichbürger, davon sind 950 rechtsextrem.

Von Stefan Lauer

Außer der Kleinstpartei "3. Weg", haben alle vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Parteien 2017 Mitglieder verloren. Die NPD schrumpft von 5.000 auf 4.500 Mitglieder, "die Rechte" von 700 auf 650, Pro NRW von 500 auf 400. Der "3. Weg" wuchs von 350 zu 500 Mitgliedern.

6.300 Personen sind in "parteiunabhängigen bzw. parteiungebundenen Strukturen" organisiert, dazu zählen auch die 900 rechtsextremen Reichsbürger und die 500 Mitglieder der rechtsextremen "Identitären Bewegung", die im Vergleich zu 2016 200 Mitglieder gewonnen hat: "Die IBD verfügt in Deutschland über etwa 500 Mitglieder (2016: 300)", so der Verfassungsschutzbericht. Die "Identitären" werden allerdings nur als "Verdachtsfall" im Bericht geführt.

Dazu kommt ein sehr großer Kreis, das "weitgehend unstrukturierte rechtsextreme Personenpotential", der 12.900 Menschen ausmacht. Damit sind Personen gemeint, die keiner Partei, Gruppe oder einer anderen Organisation angehören, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, aber trotzdem rechtsextremes Gedankengut verbreiten. Weder Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) noch Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen haben bisher eine Erklärung für diese Zahlen. Der Minister kündigte eine Studie an, die das Innenministerium "bereits im nächsten Jahr" veröffentlichen will und die erklären soll, wie und warum sich "soviele Bürger in diesem Maße radikalisieren". Über die sogenannte "Neue Rechte" verliert der Bericht übrigens kein Wort. Die AfD kommt lediglich als Opfer "linksextremistischer Gewalt" vor.

Mehr als die Hälfte der insgesamt 24.000 Rechtsextremen – auch diese Zahl ist gewachsen, 2016 waren es 23.100 – sind "gewaltorientiert". Der Bericht zählt 12.700 Personen für 2017, 2016 waren es noch 12.100.

Trotzdem sanken die Zahlen "rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten". 2016 gab es noch 1.600 Übergriffe, 2017, laut Verfassungsschutz 1.054. Die Zahl der Körperverletzungsdelikte sank von 1.313 (2016)auf 904 im Jahr 2017. 42 Brandstiftungen gab es 2017. Genaue Gründe dafür kann die Behörde nicht nennen, der Bericht spekuliert, dass der Rückgang mit der "konsequenten Verurteilungspraxis vieler Gerichte" zu tun hat, die "teil hohe Haftstrafen für die Täter" verhängten.

Der Verfassungsschutz warnt weiterhin vor dem hohen Gewaltpotential, das auch "rechtsterroristische Ansätze" nicht ausschließt. "Auch schwerste Straftaten von radikalisierten Einzeltätern, die keiner Organisation zugehörig sind, bleiben ein – teils schwer zu kalkulierendes – Risiko und bilden ein hohes Gefährdungsmoment im Rechtsextremismus."

Der Bereich Rechtsterrorismus kommt demzufolge auch relativ breit im aktuellen Bericht vor. Die Behörde benennt mehrere Gruppierungen, die beobachtet und gegebenfalls auch vor Gericht gestellt wurden, bevor es in den meisten Fällen zu Gewalt kam. Dazu gehört die Gruppe Freital, die Old School Society (OSS), die "Freie Kameradschaft Dresden", Combat 18 und die "Kameradschaft Aryans".

Weiteres Gewicht legt der Bericht auf Rechtsrock, der vom Verfassungsschutz als wichtiger Türöffner zur rechtsextremen Szene gesehen wird. Dabei führt der Bericht gesondert vier Veranstaltungen auf, eine davon in Gera, die übrigen in Themar: "Allein die vier aufgeführten Musik- und Rednerveranstaltungen in Thüringen hatten zusammengenommen ungefähr genauso viele Besucher wie alle rechtsextremistischen Konzerte im Jahr 2016."

Reichsbürger zählt der Verfassungsschutz etwa 16.500, das sind 6.500 mehr als noch 2016. 900 davon gelten als Rechtsextreme (2016: 500-600). Besonders besorgniserregend hier:  "Der Anteil von knapp 7  % der Szeneangehörigen mit waffenrechtlichen Erlaubnissen liegt höher als in der Gesamtbevölkerung (ca. 2 %)."

Mehr zum Bericht und Einschätzungen dazu in Kürze auf Belltower.News.

 

 

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