Seit kurzem ist die Kleidermarke „Reconquista“ (rcqt) zur Freude größerer Teile der rechten Szene unter dem Motto „Reconquista reloaded“ wieder in Produktion und käuflich erwerbbar. Die T-Shirts verpacken Rassismus, Antisemitismus oder Islamfeindlichkeit modern und mehr oder weniger verrätselt - und dürften sowohl Anhängern der "neuen Rechten" wie auch den "Autonomen Nationalisten" gefallen.
Von Valentina Huthmacher
„Reconquista“ wurde im Jahr 2008 über die Online-Plattform „Spreadshirt“ vertrieben, bis diese über die politische Ausrichtung der Marke informiert wurde und den Reconquista-Shop abschaltete. Der ehemalige Macher Arne Schemmerling hat die mittlerweile geschützte Marke nach einem Interview mit "Endstation rechts" mit allem drum und dran an das Berliner Start-Up-Unternehmen „Deunatex Limited“ verkauft. Dieses vermarktet die sportlichen Kleider und Accessoires zu Preisen herkömmlicher Markenkleidung nun direkt über die firmeneigene Website.
„Reconquista“ bezeichnet in der Geschichtsschreibung die Rückeroberung der maurisch-muslimisch besetzten iberischen Halbinsel durch die Christen. In Bezug auf die Marke soll diese Benennung wohl die reaktionäre und islamfeindliche Position gegenüber denjenigen demonstrieren, die den Namen verstehen.
Die Marke versteht sich laut ihrer Website als cool, widerständig und „feschistisch“ („Feschismus“ bezeichnet den aufgehübschten, modernisierten und attraktiv gemachten Faschismus eines Jörg Haider).
Der Name „Reconquista“ war und ist Programm - islamfeindliche Motive sind in der Mehrzahl, wobei einige der Motive denen der vorherigen Produktionsphase der Marke entsprechen. Weitere Motive bilden einen Rundumschlag gegen diverse Feindbilder der Szene - Antisemitismus, EU-Kritik, Rassismus, Behindertenfeindlichkeit in Kombination mit Regierungskritik, sowie Belustigung über GegnerInnen werden auf den Produkten verarbeitet.
Es scheint, dass „Reconquista“ intellektuell anspruchsvolle und "geistreiche" Inhalte anbieten und sich damit von anderen, direkteren Marken der Szene absetzen möchte. Dass ersteres gelingt, ist nicht unbedingt gegeben. Einerseits setzt die Gestaltung auf einen gewissen Bildungs- und Informationsgrad der TrägerInnen und BetrachterInnen, andererseits scheinen einige Motive nicht besonders gut durchdacht.
Ist der Sinn und Zweck eines Slogan-T-Shirts, schnell verständliche Information zu vermitteln, schaffen dies nur wenige der Reconquista-Motive, so zum Beispiel der Schriftzug „Ein Ring uns zu knechten“ im Sternenkreis des EU-Symbols.
Bei den Motiven, die nicht sofort verständlich sind, setzen die DesignerInnen wohl darauf, dass die Botschaft durch den Tragekontext verständlich wird: in der Rechtsaußen-Szene euphemisiert das Wort „Heimreise“ Abschiebungen - das entsprechende Motiv in arabisierter Schrift mit Palme ist ohne rechtsextremen Kontext allerdings nicht eindeutig.
Das Motiv „Deus vult“ in Kombination mit dem Jerusalemkreuz könnte für viele Betrachter in und außerhalb der Szene zu viel voraussetzen: "Deus vult" ("Gott will es!") war der Schlachtruf des ersten Kreuzzugs 1095 zur Befreiung Jerusalems, das von muslimischen Sarazenen besetzt war. Immerhin erinnert die Kreuz-Gestaltung an ein Kreuz mit Haken, das die rechtsextreme Szene verehrt.
„Pro Abendland“ spricht eine wesentlich deutlichere Sprache: hier zielt jemand mit Pfeil und Bogen auf ein außerhalb des Bildes liegendes Ziel, welches dank der Bildunterschrift schnell klar wird. Assoziieren lässt sich hier einiges von der Gewaltaufforderung bis zur sich selbst als „rechtsdemokratisch“ bezeichnenden Pro-Bewegung, die mit diesem Slogan (zu einem anderen Motiv) wirbt.
Auch gegenüber Anleihen aus linken Kreisen ist „Reconquista“ ganz im Stil der Autonomen Nationalisten offen: „Stasi 2.0 kippen“ versteht nur, wer die „Schäublone“ kennt, das Portrait Schäubles mit dem Untertitel „Stasi 2.0“, die in der linken Szene zum Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung und ähnliches verwendet wurde. Die Reconquista-Version ersetzt das Portrait allerdings durch eine behindertenfeindliche Illustration: das umgekippte Piktogramm eines Rollifahrers.
Ähnlich wie bei der Marke „Ansgar Aryan“ sind die Produkte von „Reconquista“ eher unauffällig und erwecken den Anschein unpolitischer Sport- und Alltagsbekleidung. Dies macht die TrägerInnen nur für diejenigen identifizierbar, die die Marke kennen oder die Botschaften zu dechiffrieren wissen.
Den Besuchern von Rechtsaußen-Online-Portalen jedenfalls gefallen die Shirts: "RR" meint bei "Gesamtrechts" anerkennend (Fehler im Original): "Witzig und intelligent, da sieht man mal wieder den unterschied zu den primivien Nazimotiven einesn NPD-Versandes." Ein Kommentator auf der Internetseite der "Blauen Narzisse" meint: "Das wird die Linken aber ankotzen, jetzt trägt das Böse auf der rechten Seite auch noch geistreiche Bekleidung." Dass sich deren Bedeutung teilweise den eigenen "Kameraden" nicht erschließen wird, findet nur "Penner" nicht gut: "Rechte sollte man generell am guten Aussehen, und nicht an kryptischen Parolen erkennen."
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