Im Internet haben wir und viele andere einen „Summer of Hate“ erlebt. Massiv wie nie werden Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Rassismus und Hate Speech engagieren – oder auch nur dagegen sprechen – verbal angegriffen, bedroht und verleumdet. Während versucht wird, mit Vergewaltigungs- oder Gewaltandrohungen, Aufrufen zu Shitstorms, Facebook-Negativbewertungen und Verleumdungen Menschen oder Organisationen mundtot zu machen, wird zugleich von Zensur, Selbstjustiz, Denunziantentum und Stasi durch Gutmenschen, Linksextremisten, „Die-da-oben“ oder die (jüdische) Weltverschwörung halluziniert. Aber vielleicht haben die Hater_innen einfach ein paar Dinge nicht verstanden? Wir erklären das gern noch einmal.
Von Simone Rafael
- Sich für Respekt im Umgang und faktisch basierte Auseinandersetzungen zu engagieren, ist keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, keine Zensur und keine Stasi.
- Einhaltung von Spielregeln / Gemeinschaftsstandards / AGBs zu fordern, ist keine Zensur.
- Meinungsfreiheit heißt nicht, dass man überall ungestört hetzen darf – oder dass jemand einem dabei zuhören oder dafür Webspace zur Verfügung stellen muss.
- Meinungsfreiheit heißt nicht, dass man andere bedrohen oder verleumden darf – und noch weniger, dass derjenige das kommentarlos hinnehmen müsste.
- Informations-Seiten sind keine Internet-Pranger.
- Eine Broschüre, die für Erscheinungsformen von Hate Speech sensibilisiert, ist keine Anleitung für
o Facebook, was gelöscht werden soll
o das Justizministerium / die Bundesregierung / die Polizei, was verboten werden soll - Die Einhaltung geltender Gesetze zu fordern ist weder eine Verschärfung von Gesetzen noch eine Zensur oder Stasi.
- „Eine Zensur findet nicht statt“ heißt, dass keine Vor-Zensur stattfindet – aber natürlich können veröffentlichte / geäußerte Dinge gelöscht oder strafrechtlich geahndet, wenn sie gegen die Gesetze oder das Hausrecht verstoßen.
- Ein Internet mit weniger Hate Speech wäre ein Internet mit weniger Bedrohung, Beleidigung, Verleumdung, Abwertung.
- Es ist nicht linksextrem, sich für Vielfalt und Demokratie einzusetzen.
- Sich gegen Hassede einzusetzen, heißt für uns …
… Für einen vernünftigen, nicht-diskriminierenden Umgang miteinander und eine respektvolle Gesprächskultur einzutreten. - Sich gegen Hassrede einzusetzen, heißt für uns nicht …
… Gewalt zu propagieren – auch nicht gegen Hater_innen
… Hater_innen als Personen anzugreifen, sie vertreiben zu wollen oder mundtot machen zu wollen. Es geht lediglich um den Ton und /oder den hasserfüllten Inhalt.
… zu bestimmten Themen eine Diskussion unmöglich zu machen. Es kann und wird im Internet über alles diskutiert. Wir möchten nur, dass es ohne Beleidigungen und Pöbeleien funktioniert, dass die Diskutierenden sich zuhören und nicht nur ihre Weltsicht reproduzieren wollen. - Wir diskutieren deshalb mit Menschen, die anderer Meinung sind als wir, über ihre Weltsicht, hören ihre Kritik, beantworten ihre Fragen. Solange dies ohne Beleidigungen, Beschimpfungen, Verleumdungen usw. vor sich geht.
- Wer (unlautere) Machenschaften aufdeckt, Netzwerke und Phänomene beschreibt, ist kein Denunziant, sondern trägt zur Meinungsbildung bei.
- Dasselbe gilt für diejenigen, die unlautere Inhalte widerlegen und richtig stellen.
- Wer eine Meinung hat und sie äußert, gibt damit keinen Freifahrtsschein für Beschimpfungen, Hass und Hetze.
Heute, am 26.09.2016, findet die Konferenz „Gemeinsam gegen den Hass im Netz – wo stehen wir?“ des Bundesjustizministeriums statt, die Bilanz nach einem Jahr „Task Force“ gegen Hassrede ziehen will. Netz gegen Nazis und die Amadeu Antonio Stiftung saßen seit der ersten Sitzung am 28. September 2015 als Vertreter der engagierten Zivilgesellschaft in dieser Runde aus Mitarbeitenden verschiedener Bundesministerium, verschiedener Sozialer Netzwerke und NGOs (vgl. ngn). Seitdem werden wir von einer Hasskampagne vor allem von rechtsextremer und rechtspopulistischer Seite begleitet, die die Lügen verbreitet, auf die wir hier Antworten formuliert haben.
Um den Ansatz unserer Arbeit noch einmal klar zu formulieren:
- Beim Thema Hassrede ist unser Anliegen, Gegenrede gegen Rassismus, Antisemitismus und alle anderen Formen von Hass auf Gruppen zu ermutigen, zu stärken und zu beraten. Löschungen setzen zwar ein Zeichen, bearbeiten das Problem aber nicht. Es sind Löschungen weder Ziel noch Inhalt unserer Arbeit.
- Weder haben wir jemals Löschlisten oder ähnliches erstellt, noch haben wir Interesse daran. Gelöschte Seiten oder Profile werden in Sekunden neu erstellt. Sie sind außerdem Sache der Social-Media-Unternehmen, und / oder der Justiz.
- Wir setzen uns für die inhaltliche Auseinandersetzung einsetzen und für Aktionen für gelebte Demokratie und Vielfalt.
Mehr zu unserer Arbeit in der Task Force und den Kooperationen mit Sozialen Netzwerken wie Facebook und Google in den FAQs der Amadeu Antonio Stiftung oder ausführlich hier.
Vergleiche:
- Klarstellung: Was sagt die Amadeu Antonio Stiftung? (August 2016)
- Rechtsextreme Kampagne gegen die Amadeu Antonio Stiftung (April 2016)
Mehr im Internet:
Das Foto wurde veröffentlicht von "Straßenfotografie Hamburg" auf Flickr unter Creative Commons Lizenz CC BY-NC-ND 2.0.