Rechtsextreme und vor allem antiziganistische, antisemitische und homophobe Einstellungen finden in Rumänien breite Zustimmung. Ein Überblick über die wichtigsten Parteien, ihre politischen Konzepte und Kampagnenthemen.
Von Michael Lausberg
Die "Großrumänienpartei" (PRM)
Die extreme Rechte in Rumänien besteht vor allem aus drei Parteien und Organisationen. Erstens ist die „Großrumänienpartei“ (Partidul România Mare, PRM) mit ihrem bis Mitte 2013 amtierenden Vorsitzenden Corneliu Vadim Tudor zu nennen, die bei Wahlen sehr erfolgreich und in Teilen der rumänischen Bevölkerung fest verankert ist. Bei den Parlamentswahlen 2004 erhielt die PRM 13% der Stimmen. Tudor bekam bei den Präsidentschaftswahlen sogar 32%. Er bezeichnete sich selbst als „Tribun“; „Tribuni“ werden in der rumänischen Geschichte nationalistische Kämpfer_innen für die Selbstverteidigung der rumänischen Gemeinden in Siebenbürgen gegen die Revolutionsregierung in Ungarn 1848 genannt. Der PRM-Abgeordnete und NS-Apologet Dumitru Dragomir stellte die Forderung auf, „Juden zu Seife zu verarbeiten". Dragomir ist Herausgeber des neonazistischen Magazins „Atac a la persona" mit der regelmäßigen Rubrik „Zvastika".
Die PRM betreibt eine systematische Hetze gegen Roma und Ungar_innen, die größten Minderheiten des Landes. Sie agitiert gegen die EU, die fortschreitende Globalisierung und äußert sich antisemitisch. Die Partei fordert die „Wiederangliederung“ der ukrainischen Bukowina, des südlichen Bessarabiens und des Gebietes Moldawiens in Form eines „Großrumäniens“ nach dem historischen Vorbild bis zur russischen Besetzung 1812. Im EU-Parlament war die PRM war Mitglied der rechten ITS-Fraktion („Identität, Tradition, Souveränität"); intensivere Kontakte bestehen mit dem französischen Front National.
Noua Dreapta (ND)
Die Noua Dreapta („Neue Rechte“ ND) wurde 1999 in Bukarest gegründet und hat in größeren Städten Rumäniens mehrere Ortsgruppen. Ihr ideologisches Vorbild ist Corneliu Zelea Codreanu, der Gründer der ultranationalistischen Legionärsbewegung „Schwert des Erzengels Michael“. Das Symbol der ND ist das keltische Kreuz in der Regel auf einem grünen Hintergrund, was an die Insignien der Eisernen Garde Codreanus erinnert. Jedes Jahr am 30. 11 organisiert die ND in der Nähe des Dorfes Tancabesti bei Bukarest einen Marsch zu Ehren Codreanus, der dort 1938 mit anderen Legionären auf Befehl des damaligen Königs umgebracht wurde. In der ND sind viele Student_innen mit gefestigtem nationalistischem und rassistischem Weltbild aktiv, was eine Intellektualisierung der Organisation zur Folge hat. Die ND gibt eigene Zeitschriften wie „Militant“ und „Student“ raus, in denen Vergangenheitsmythen beschworen und Hetze gegen Andersdenkende und Minderheiten betrieben wird.
Religionsmystik mit Rassismus
Programmatisch geht bei der ND rumänisch-orthodoxe Religionsmystik einher mit Rassismus vor allem gegen Roma und die ungarische Minderheit, Homophobie und Antiglobalisierung. Eine der zentralen Forderungen der ND ist die Zwangsabtreibung für Romni und die Schaffung von „Reservaten“, in denen Roma getrennt von der übrigen Bevölkerung wie während der Apartheid in Südafrika leben sollten. Eine EU-Mitgliedschaft Rumäniens wird vehement abgelehnt. Die Ortsgruppe in Timisoara veranstaltete im September 2006 ein Symposium gegen den EU-Beitritt Rumäniens ab 2007. Die ND will ein „Großrumänien“ nach dem historischen Vorbild bis zur russischen Besetzung 1812 auf rassistischer Grundlage schaffen. Das System der parlamentarischen Demokratie wird abgelehnt, stattdessen soll eine autokratische Regierung geschaffen werden. Einige Angehörige der ND bevorzugen sogar eine Neuauflage der Monarchie.
Die ND ist nicht als politische Partei registriert und kann daher nicht in Wahlen teilnehmen. Es gibt keine registrierte Mitgliedschaft, es wird aber von 1.000-2.000 Personen ausgegangen. Die ND ist Teil der Europäischen Nationalen Front, einer Dachorganisation von extrem rechten Organisationen in ganz Europa. Es existieren intensive Kontakte zur neonazistischen NPD. Sowohl beim „Fest der Völker“ in Jena 2005 als auch auf einer NPD-Kundgebung am 8.5. 2005 in Berlin durfte der ND-Generalsekretär Claudiu Mihutiu eine Rede halten.
Gewalttätige Homophobie
Im Juni 2006 fand in Bukarest eine Gaypride-Parade statt, gegen die Mitglieder der ND vor Gericht zogen, um ein Verbot der Veranstaltung zu erwirken. Als dies misslang, organisierte die ND einen Aufmarsch unter dem Motto „Marsch für Normalität und gegen Homosexualität“, an dem ca. 900 Menschen teilnahmen, darunter viele rumänisch-orthodoxe Gläubige mit Kreuzen. Am Ende des Marsches wurden Teilnehmer_innen der Gaypride-Parade angegriffen und verletzt. Am 15. März 2008, dem ungarischen Nationalfeiertag, organisierte die ND eine antiungarische Kundgebung in Cluj-Napoca gegen die dortigen Feierlichkeiten der ungarischen Minderheit. Dabei kam es zu Übergriffen der ND auf Angehörige der ungarischen Minderheit. Nach diesem Vorfall forderten zwei ungarische Mitglieder des rumänischen Parlaments ein Verbot der ND; der Vorstoß konnte aber nicht durchgesetzt werden.
„Partei der nationalen Vereinigung Rumäniens“ (PUNR)
Der „Partei der nationalen Vereinigung Rumäniens“ (PUNR) geht es vor allem um die Errichtung eines „Großrumäniens“ und die hegemoniale Stellung des Landes in Südosteuropa. Die PUNR ist eher als nationalistische Splitterpartei zu betrachten, da sie nicht die Akzeptanz der ND oder der PRM in Teilen der Bevölkerung besitzt.
Organisierte neonazistische Gruppen außerhalb der oben beschriebenen Parteien wie zum Beispiel in der BRD die „Freien Kameradschaften“ oder rechte Skinheads spielen zwar zahlenmäßig eine geringe Rolle, stellen aber immer ein Bedrohungsszenario für Roma oder andere Minderheiten dar. Ende Juli 1993 gründete sich in der südrumänischen Stadt Ploiesti die „Organisation für den Kampf gegen die Zigeuner“ (OLIT). Ihr „Präsident“ erklärte: „Alle verschiedener Delikte schuldige Zigeuner, die das Gesetz nicht bestraft, werden wir hart bestrafen, und zwar gemäß ihren Taten. Die Rumänen werden von Zigeunern zusammengeschlagen, ausgeraubt und abgestochen. Und was macht die Polizei? Hält sich raus! Wir müssen die Ordnung im Lande wiederherstellen.“[6] In unregelmäßigen Abständen gibt es auch Übergriffe von rassistischen Hooligans in und außerhalb der Fußballstadien.
Der Verfasser Michael Lausberg ist Politikwissenschaftler und Publizist, Dr. phil, studierte Pädagogik, Philosophie, Politikwissenschaften und Neuere Geschichte sowie den Aufbaustudiengang Interkulturelle Pädagogik an den Universitäten Aachen, Köln und Amsterdam. Er promovierte an der RWTH Aachen mit einer Arbeit mit dem Titel „Die extreme Rechte in Nordrhein-Westfalen 1946-1971“. Seit 2007 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS). Regelmäßige Veröffentlichungen im Migazin, DISS-Journal, bei Kritisch Lesen und in der Tabula Rasa.