Antimuslimischer Rassismus wird in den Sozialen Netzwerken von verschiedensten Seiten betrieben: Beim Ängsteschüren vor "Überfremdung" treffen sich NPD-Anhänger*innen, Hardcore-Nazis, Rechtspopulist*innen und Alltags-Rassist*innen.
Von Joachim Wolf
Der Button erinnert mit seiner roten Sonne auf gelbem Grund an den bekannten Anstecker „Atomkraft? Nein Danke!“. Dies ist Absicht und ein weiteres Beispiel dafür, wie Rechtspopulist/innen und Rechtsextreme eine Symbolik übernehmen, die ursprünglich aus anderen politischen Zusammenhängen kommt. Diese Sonne guckt grimmig und trägt einen schwarzen Bart. Daneben steht der Slogan: „Islamisierung? Nein danke!“. Rechtspopulist/innen und Neonazis drücken so ihre Ablehnung des Islam aus, dem sie pauschalisierend unterstellen, aggressiv und feindlich zu sein. Islamfeind/innen nutzen in den Sozialen Netzwerke gerne Buttons auf ihren Profilbildern, um ihre Überzeugungen auf den ersten Blick mit aller Welt zu teilen. So sind Buttons mit dem - unter anderem von Geert Wilders verwendeten - Logo einer durchgestrichenen Moschee verbreitet. Slogans wie „Multi-Kulti? Nein danke!“, „No Sharia“ und „Alle wissen: Sarrazin hat Recht“ sind beliebt. Einige dieser Nutzer/innen bekennen sich zur NPD oder zu den „Autonomen Nationalist/innen“, andere zu rechtspopulistischen Parteien wie „Pro Deutschland“ oder „Die Freiheit“. Viele aber verwenden diese Buttons, ohne sich dabei zu einer Rechtsaußen-Organisation zu bekennen. Islamfeindliche Sprüche und Symboliken kommen nicht nur bei Rechtsextremen und Rechtspopulist/innen, sondern scheinbar auch bei der breiten Bevölkerung an.
Zahlreiche Gruppen und Kommentare zeugen von islamfeindlichen Einstellungen. „Türken-Wulff ist nicht unser Präsident“ und „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ heißen beispielsweise entsprechende Seiten auf Facebook. Mögen diese Gruppennamen noch relativ harmlos daherkommen und somit breitere Teile der Bevölkerung ansprechen, so lassen die Kommentare in solchen Gruppen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Ein Nutzer der Seite „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ kommentiert das Bild einer brennenden Moschee mit den Worten: “Toller Anblick, gibt es den auch in Deutschland?“. Die Macher/innen der Seite, die dieses Bild veröffentlicht haben, geben sich intellektueller: „Transplantatabstoßung: durch Immunreaktion bedingte Wirt-Transplant-Reaktion zur Abstoßung des Transplantats“ schreiben sie. An anderer Stelle „übersetzen“ sie dies selber mit: „Moslems sind eine parasitäre Menschengruppe, die allein nichts zustande bekommen. Der Wirt Europa wird sich demnächst brachialer Gewalt wehren“. Im Web 2.0 lassen Nutzer/innen ihren rassistischen Gewaltphantasien gegen Muslim/innen oft freien Lauf - wohl auch, weil sie sich durch die Anonymität des Netzes sicher fühlen. Rechtsextreme wiederum versuchen, die islamfeindlichen Ressentiments zu nutzen. „Ich bin bereit für den heiligen Rassenkrieg“, schreibt ein Neonazi als Kommentar unter einen islamfeindlichen Button. „Querstellen gegen Überfremdung und Moscheenbau - Aachen bleibt unsere Stadt“ ist auf einem Flyer der örtlichen „Autonomen Nationalist/innen“ zu lesen, der über ein Facebook-Profil heruntergeladen werden kann. Ein anderes Profilbild zeigt vor einem Hintergrund, der einer Zigarettenschachtel ähnelt das bereits genannte Logo einer durchgestrichenen Moschee. Darunter ist der „Warnhinweis“ zu lesen: „Achtung: Die Islamisierung kann dein Volk töten!“. Der angebliche „Volkstod“ ist eines der großen Neonazi-Aufregungs-Themen (siehe „Die Unsterblichen“). Spannend sind beim Thema Islamfeindschaft die Querfronten: Einige islamfeindliche Profile, die sogar rechtsextreme Terminologie verwenden, geben vor, eine pro-israelische Intention zu verfolgen.
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Dieser Text ist ein Auszug aus der neuen Broschüre von www.belltower.news und no-nazi.net: "Zwischen Propaganda und Mimikry - Neonazi-Strategien in Sozialen Netzwerken". Sie steht hier zum Download bereit . Die Printausgabe ist leider bereits vergriffen. Über das Projekt no-nazi.net bieten wir auch Workshops zum Thema "Nazis in Sozialen Netzwerken" an.
Mehr aus der Broschüre auf netz-gegen-nazis.de:
| Broschüre 2012
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| Rechtsextreme Archetypen in Sozialen Netzwerken