Germanenkult, NS-Propaganda und vermummte Neonazis: Rechtsextreme in Ostwestfalen-Lippe

Die "Kameradschaft Höxter" findet sich aktuell mit Unterwanderungsstrategien in den Medien. Insgesamt zeigt ein Blick auf die Region Ostwestfalen-Lippe beispielhaft, wo und wie eine rechsextreme Erlebniswelt aus Politik, Kultur und Anlaufpunkten funktioniert - und was passiert, wenn sie auf Widerstand aus der Mehrheitsgesellschaft stößt.

Von Joachim Wolf

Zurzeit steht in Ostwestfalen-Lippe vor allem die „Kameradschaft Höxter“ in der Öffentlichkeit, da der Bürgermeister der Stadt Steinheim, Joachim Franzke (CDU), zwei Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung zu Gesprächen getroffen hat. Nach Bekanntwerden der Treffen hatte Franzke in einer Stellungnahme erklärt, er habe von der politischen Ausrichtung seiner Gesprächspartner nichts gewusst. Die Opposition bezweifelt dies und wirft ihm vor, er habe mit dem Treffen Neonazis eine Plattform gegeben. Die Rechtsextremen brüsten sich derweil im Internet mit ihrem „Coup“.

Laut Rouven Schäfer, Referent beim AKE-Bildungswerk (Projekt Regionale Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus) in Vlotho, ist die „Kameradschaft Höxter“ zurzeit die aktivste neonazistische Gruppierung in Ostwestfalen-Lippe. Sie habe ein Vakuum ausgefüllt, das nach den Haftstrafen für Mitglieder der ehemaligen „Nationalen Offensive Schaumburg“ und durch den Weg- bzw. den Rückzug regionaler Führungskader entstanden sei. Auch die „Kultur Initiative Detmold“ (KID) spricht der „Freien Kameradschaft Höxter“ eine „Art Vormachtstellung“ innerhalb der regionalen Neonazi-Strukturen zu.

„Freie Kameradschaft Höxter“:

Zum Kern der „Freien Kameradschaft Höxter“, die seit 2007 unter verschiedenen Namen aktiv ist, zählt der Staatsschutz Bielefeld in einem aktuellen Bericht ca. 5 Personen, zum „weiteren Umfeld“ der „Kameradschaft “ gehören demnach „bis zu 25 Personen“. Das regionale Mobilisierungspotential der Neonazis schätzt die Polizei auf ca. 50 Personen. Laut der "Kulturinitiative Detmold" (KID) sollen die Mitglieder der Kameradschaft zwischen 17 und 26 Jahre alt sein. Der Bielefelder Staatsschutz schreibt Mitgliedern der „Freien Kameradschaft Höxter“ Verstöße gegen das Versammlungsrecht und Landfriedensbruch zu. Aktuell bestehe der Verdacht, „dass sich einzelne Mitglieder der FK Höxter den Autonomen Nationalisten annähern“, heißt es außerdem im Bericht der Polizei. Und tatsächlich zeigt ein Video auf einer regionalen rechtsextremen Plattform derzeit schwarz gekleidete und teilweise vermummte Neonazis, die Aufkleber verkleben, Flugblätter verteilen sowie mit dem Label „FK Höxter“ unterzeichnete Transparente hochhalten und dabei bengalische Lichter zünden. Alles Stilelemente, die von linken Autonomen übernommenen wurden und Neonazi-Gruppierungen wie die „Autonomen Nationalisten“ vor allem für Jugendliche interessant machen. Zu den Aktivitäten der „FK Höxter“ gehören aber auch die Organisation von Konzerten und die (Mit-)Organisation von und Teilnahme an rechtsextremen Aufmärschen. So hat die rechtsextreme Gruppierung im Februar 2009 ein Konzert in Augustdorf veranstaltet, an dem ca. 100 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Laut Staatsschutz hat die „FK Höxter“ bereits mehrere Konzerte dieser Art durchgeführt. Nach Angaben der KID trafen sich außerdem im Oktober 2009 „mehrere Dutzend“ Rechtsradikale in der Nähe von Steinheim zum einem Informationstreffen über den „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf. „Die FK Höxter ist wesentlich an der Organisation des Marsches beteiligt“, sagt Rouven Schäfer. Bis vor kurzem war die „Kameradschaft“ im Internet auch mit einer eigenen, nicht sonderlich gut gemachten, aber regelmäßig aktualisierten, Website vertreten. Seit Ende Februar 2010 findet sich auf der Seite allerdings der Hinweis, dass das Netzangebot der „FK Höxter“ nur noch eingeschränkt verfügbar sei. Die Neonazis verweisen auf die Website „westfalen-nord“, auf der auch aktuelle Berichte aus der Region Höxter zu finden seien. Als Auflösung wollen die Rechtsextremen den Schritt aber nicht verstanden wissen.

„Westfalen-Nord“ und „Kehrusker“

Mittlerweile werden auch andere Seiten von Rechtsextremen aus Ostwestfalen-Lippe auf die Seite „westfalen-nord“ umgeleitet. So die ehemals regelmäßig aktualisierte Seite der „Freien Kameradschaft Gütersloh“ und der „Freien Kameradschaft Lippe“. Damit geht auch ein auffälliger stilistischer Wandel einher: War die ehemalige Seite der „FK Gütersloh“ beispielsweise noch stark am Stil der „Autonomen Nationalisten“ angelehnt, so ist die Aufmachung von „westfalen-nord“ nun offen nationalsozialistisch: Unter anderem ist dort unter einem im Stile der NS-Propaganda gehaltenem Bild das Göbbels -Zitat „Unser Ziel ist die Freiheit unseres Reiches und ein Reich der sozialen Gerechtigkeit in einer kommenden, glücklichen Zukunft“ zu lesen. Benannt ist die Seite außerdem nach einem NSDAP-Gau. Und: Sie bezeichnet sich selbst als „national und sozialistisch“. Auf der Website finden sich sowohl Berichte über lokale als auch über bundesweite Aktionen der Neonazis. „Westfalen-Nord“ ist somit als Versuch zu werten, die lokalen Strukturen zu vernetzen und zu bündeln. Eine Funktion, die zuvor noch die Seite der Gütersloher Neonazis innehatte. Wer genau hinter der Plattform steckt, ist allerdings nur zu vermuten. Laut „Kulturinitiative Detmold“ wurde eine Jahresauftaktveranstaltung von „Westfalen-Nord“ im Januar von der „FK Höxter“ organisiert. Auch das AKE-Bildungswerk vermutet diese Neonazis hinter der Website. So seien im September 2009 Mitglieder der „Freien Kameradschaft Höxter“ bei einer Demonstration mit einem Transparent von „Westfalen Nord“ aufgetreten. Der Staatschutz bringt dagegen die Website in Verbindung mit der „FK Gütersloh“.

Eine weitere regionale rechtsextreme Plattform ist das „Kehrusker-Netz“. Hier finden sich ebenso wie auf „westfalen-nord“ regionale und überregionale Berichte und Themen. Von der Aufmachung her ist die Seite eher einem rechtsextremen Germanenkult zuzuordnen. So zeigt sie das Bild des Herrmanndenkmals und Runen. In einer Selbstdarstellung auf der Seite heißt es unter anderem: „Wir sind (…) ein durch den Reichsgedanken und durch den Willen zum Widerstand gegen Verwahrlosung, Landnahme durch Fremde und Fremdherrschaft überhaupt zusammengefügte Gemeinschaft von Deutschen, die noch Deutsche sein wollen.“ Als „Forderungen und Ziele“ werden auf der Seite dann unter anderem „die Abwicklung des Staatsfragments und Staatsprovisoriums BRD und Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des deutschen Reiches“ sowie die „Wiedereingliederung der deutschen Ostgebiete einschließlich Sudetenland und Südtirol“ genannt. Außerdem heißt es: „Artfremde Kunst wird nicht verboten, aber auch nicht mehr auf unsere Kosten gefördert!“. In ihrer inhaltlichen Ausrichtung steht „Kehrusker-Netz“ also der Seite „westfalen-nord“ an Deutlichkeit in nichts nach. Und: Ebenso wie „westfalen-nord“ ist vermutlich auch „kehrusker“ der Versuch, die lokalen Kräfte zu bündeln. Mitte März 2010 soll ein von „kehrusker“ und „neue ordnung“ organisiertes Treffen zur „Koordinierung und Neuordnung“ stattgefunden haben, bei dem „Mitglieder verschiedener Gruppierungen und unterschiedlichen Alters“ anwesend gewesen sein sollen. Genauer wird man nicht. Das Ergebnis einer Anfrage beim Provider nennt Mathias Schwier aus Minden als Besitzer der Seite, der auch mit zahlreichen Artikel hier und auf anderen rechten Portalen vertreten ist.

FK Lippe:

In Lippe hat sich laut Staatsschutz eine rechte Gruppierung von ca. sieben Personen etabliert, die unter der Führung zweier bekannter Rechtsextremen stehen soll. Die Gruppe ist unter dem Label „FK Lippe“ ebenso aktiv wie unter dem Namen „Autonome Nationalisten Lippe“. Auch von dieser Gruppierung finden sich vereinzelt Videos im Internet. Diese beschränken sich allerdings auf das Abfilmen von Graffitis der „Kameradschaft“, unterlegt mit aggressiver Musik und eher schlichten Farbspielereien. Im Internet findet sich auch ein unter dem Label „FK Lippe“ verfasster Bericht über eine Spontandemo von „31 Nationalen Sozialisten“ im Dezember 2008 vor dem Haus eines Schuldirektors, bei dem kinderpornographisches Material gefunden worden war.

FK Gütersloh:

In Gütersloh stehen laut Bielefelder Staatsschutz zurzeit zwei Führungspersonen „im besonderen Blickpunkt“, da sie Kontakte zu den „Autonomen Nationalisten“ in Ahlen unterhalten sollen und im Verdacht stehen, im Bereich Gütersloh eine Gruppe „Autonomer Nationalisten“ zu gründen. Vor einigen Jahren hatten lokale Neonazis mit Unterstützung anderer regionaler und auswärtiger Kräfte zwei Demonstrationen in der Kreisstadt durchgeführt und waren dabei auf massiven Widerstand gestoßen. Hierin liegt vermutlich auch ein Grund dafür, dass die Strukturen in Gütersloh geschwächt wurden. Horst Köhler vom Staatsschutz in Bielefeld nennt den Wegzug von Führungskadern als weiteren Grund hierfür. Er sieht hierin ein Beispiel dafür, wie stark neonazistische Strukturen von einzelnen Personen abhängig sind. Im Internet wurde zuletzt unter dem Label „Freie Kameradschaft Gütersloh“ über eine Veranstaltung mit dem ehemaligen Pfleger von Rudolf Hess und Dr. Olav Rose, berichtet, die im März 2008 „in Ostwestfalen“ stattgefunden haben soll. Bei der Veranstaltung sollen „über 100 Zuhörer“ anwesend gewesen sein. Außerdem findet man im Netz einen Bericht über Werbeaktionen für den „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf, die Anfang 2010 in Schloßholte-Stukenbrock und in Verl (beides Kreis Gütersloh) stattgefunden haben sollen. Wer diese Aktionen durchgeführt hat, wird allerdings nicht gesagt.

Kreis Gütersloh: Z-Versand und „Recht und Wahrheit“:

In Herzebrock-Clarholz (Kreis Gütersloh) haben außerdem laut Impressum sowohl der Z-Versand als auch die Zeitschrift “Recht und Wahrheit“ ihren Sitz. Der Herausgeber der Zeitschrift „Recht und Wahrheit“ ist seit Sommer 2009 der ehemalige Anführer der 1992 verbotenen „Nationalistischen Front“, Meinolf Schönborn. Dieser wird im Impressum der Website auch als Inhaber des Z-Versandes genannt. Auf der Seite des Versandes wird dementsprechend auch die Zeitschrift „Recht und Wahrheit“ beworben. Neben rechtsextremer Literatur, Bekleidung und Musik kann man beim Z-Versand auch Schlagstöcke, Messer, Schwerter und Armbrüste bestellen. „Recht und Wahrheit“ bezeichnet sich selbst als „aufrichtiges Zweimonatsmagazin“. Im letzten Jahr warb Schönborn in der Zeitschrift mehrfach für Veranstaltungen im Raum Erfurt. Eine „Herbsttagung“ Anfang Oktober 2009, zu der Schönborn einlud, soll unter anderem auch von Kameradschaften aus Ostwestfalen-Lippe unterstützt worden sein. Ob Schönborn seinen Aktionsschwerpunkt auf Dauer nach Thüringen verlegt, bleibt abzuwarten.

Paderborn:

Im aktuellen Bericht des Staatsschutzes werden die engen Kontakte zwischen Mitgliedern der „Freien Kameradschaft Höxter“ und Neonazis aus Paderborn betont. Gleichzeitig heißt es dort: „Zwar sind Bestrebungen zum Aufbau einer eigenen Kameradschaft feststellbar, jedoch scheinen gegenwärtig keine festen Strukturen zu bestehen“. Außerdem berichten die Staatsschützer, dass „vereinzelt Angehörige der rechten Szene aus Paderborn im Jahreszeitraum auch durch Körperverletzungsdelikte in Erscheinung getreten“ seien. Dies seien vorwiegend „Taten unter Alkoholeinfluss und aus einer Gruppe heraus“ gewesen. Und: „Teilweise sind diese Delikte auch im Zusammenhang mit der Fanszene des Fußballclubs SC Paderborn zu sehen“. So griff im April 2009 eine Gruppe von ca. 15 Rechten in der Paderborner Innenstadt einige Punks mit Flaschen und Feuerwerkskörpern an. Verletzt wurde dabei niemand. Nach Angaben der Angegriffenen sollen die Täter aus der Anhängerschaft des SC Paderborn und dem „Sturm Höxter“ stammen. Im Bericht des Staatsschutzes ist außerdem zu lesen, dass seit Oktober 2009 ein aus dem süddeutschen Raum nach Paderborn gezogener Rechter das Internetradio „Netzradio Germania“ betreibt. Die Staatsanwaltschaft überprüfe derzeit, ob Texte oder Liedbeiträge eine strafrechtliche Relevanz besitzen.

Bielefeld:

Um den ehemaligen Führungskader der Bielefelder Kameradschaft, Bernd Stehmann, ist es dagegen seit einigen Jahren weitestgehend ruhig geworden. Ein Grund hierfür ist vermutlich auch der starke Widerstand gegen seine Aktivitäten in der Region. Stehmann sei zwar nach Angaben des AKE-Bildungswerkes noch auf rechtsextremen Demonstrationen gesichtet worden, er habe dort aber keinerlei organisatorische Rolle gespielt. Allerdings: Stehmann wird seit einiger Zeit im Impressum der Bielefelder NPD-Seite als „redaktionell verantwortlich“ genannt. Für Rouven Schäfer vom AKE-Bildungswerk ist dieses Impressum allerdings „völlig veraltet“. Interessant: Die Adresse im Ruhrgebiet, die im Impressum der Bielefelder NPD genannt wird, steht auch im Impressum der Mobilisierungsseite für den rechtsextremen „Trauermarsch“ in Stolberg. Und: Sie steht auch beim Webauftritt der NRW-NPD im Impressum. Allerdings wird sie auf den genannten Seiten jeweils mit einem anderen Namen in Verbindung gebracht.

Mit dem Rückzug von Stehmann gibt es in Bielefeld keine aktive Kameradschaftsszene mehr. Auf dem rechtsextremen Internetportal „westfalen-nord“ findet sich aktuell allerdings zumindest ein Bericht über eine Werbeaktion für den „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf, die in Bielefeld stattgefunden haben soll. Wer diese Aktion durchgeführt hat, wird allerdings nicht erwähnt. Außerdem ist auf der Seite ein Artikel über „Ausländerkriminalität“ und „Multi-Kulti-Wahn“ in Bielefeld nachzulesen. Die Universitätsstadt scheint also zumindest noch im Blickpunkt der lokalen Neonazis zu liegen. Laut Impressum ansässig in Bielefeld ist auch das Label „Wewelsburg Records“, dem auch ein Internet-Versand angeschlossen ist. Der letzte Eintrag unter „news“ auf der Seite des Versandes ist allerdings vom November 2009. Im März 2009 wurden im Rahmen einer bundesweiten Aktion auch sieben Objekte in Bielefeld, Paderborn, Herford und Gütersloh durchsucht. Dabei wurden laut Staatsschutz Tonträger und Computer als Beweismittel sichergestellt. Die Ermittlungen dauern an. Der Hintergrund: Das LKA Stuttgart hatte gemeinsam mit dem BKA gegen ein mittlerweile nicht mehr existierendes rechtes Internet-Aktionshaus, das in den Jahren 2006/07 ein zentrales Verkaufsmedium der rechtsradikalen Szene darstellte, ermittelt.

DSC Arminia Bielefeld:

In den 1980er Jahren war der DCS Arminia Bielefeld berüchtigt für rechtsextreme Fans und Hooligans. Auch deshalb wurde von 1984 bis 1986 ein erstes Fanprojekt in Bielefeld initiiert, dessen erfolgreiche Arbeit Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer in einer wissenschaftlichen Arbeit dokumentierte. Auch das aktuelle Fanprojekt, gestartet 1996, beschäftigt sich unter anderem mit dem Problem des Rechtsextremismus und Rassismus innerhalb und außerhalb des Stadions. Im Moment gebe es zwar noch einzelne rechte Fans bei der Arminia, so Jörg Hansmeier vom Bielefelder Fanprojekt, diese seien aber im Stadion nicht organisiert und würden dort auch nicht offen auftreten. Zum einen, weil in der Stadionordnung das Verbot unter anderem von „rassistischem, fremdenfeindlichem, antisemitischem sowie rechts- oder linksradikalem Propagandamaterial“ festgeschrieben ist. Zum anderen, weil die rechten Fans wissen, dass der öffentliche Druck auf sie bei jedem rechtsextremen oder rassistischen Vorfall sehr groß sein wird. „Und wir sind Teil dieses öffentlichen Drucks“, betont Hansmeier. Denn: das Bielefelder Fanprojekt arbeitet immer wieder auch gegen Rechtsextremismus im Stadion. So hat das Projekt beispielsweise zusammen mit dem Bielefelder Fanclub „The Firm“ einen Info-Abend zum Thema „Rechtsextremismus in der polnischen Fanszene“ veranstaltet. Außerdem hat das Fanprojekt Fortbildungen für andere Fanprojekte zum Thema „Rechtsrock“ organisiert. Auch einzelne Fangruppierungen der Arminia engagieren sich offen gegen Neonazis in den Kurven, wie eben beispielsweise „The Firm“. In der Satzung dieses Fanclubs ist festgeschrieben: „Der Fanclub verwahrt sich gegen jede Art von Gewaltausübung, rassistische, neonazistische oder sonstige diskriminierende Äußerungen sowohl in als auch außerhalb der Fußballstadien“. Der Idealfall aber sei es, wenn die Fans im Stadion selbst auf rechtsextreme oder rassistische Vorfälle reagieren würden, sagt Hansmeier. So geschehen bei einem Spiel gegen den 1. FC Union Berlin Ende 2009. Hier hielten ein paar Jugendliche in der Bielefelder Südkurve einen Schal mit Keltenkreuzen hoch und wurden von den anderen Arminia-Fans sofort mit „Nazis Raus!“-Rufen bedacht. Daraufhin nahmen die Jugendlichen den Schal sofort wieder herunter. Ob diese Fans aus dem Umfeld des DSC oder aus dem des BFC Dynamo – einige Fans des Erzrivalen von Union Berlin konnten an diesem Tag in das Bielefelder Stadion gelangen – stammten, ist allerdings nicht bekannt. Aktuell berichten lokale Medien allerdings darüber, dass Neonazis im Bielefelder Stadion mit einer Flyer-Aktion für den rechtsextremen „Trauermarsch“ in Bad Nenndorf geworben haben. „Ein Sprecher des DSC Arminia bedauerte zutiefst die Aktion auf der Alm. Verein und Fans stellten sich stets offen und aktiv gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“, schreibt die Bielefelder Zeitung „Neue Westfälische“.

Externsteine, Herrmannsdenkmal und Wewelsburg

Die Externsteine, das Hermannsdenkmal und die Wewelsburg sind nach wie vor beliebte Anlaufpunkte auch für Rechte und Rechtsextreme aus der gesamten Bundesrepublik. So findet sich auf der Website „Westfalen Nord“ ein Bericht vom Februar 2010, über eine Fahrt von „Kameraden aus dem Paderborner Land“ zur Wewelsburg. Außerdem
trafen sich am 3. Oktober 2009 gleich drei Delegationen rechtsextremer Parteien und Gruppen am Herrmannsdenkmal, ohne voneinander zu wissen - darunter Mitglieder der NPD und der „Jungen Nationaldemokraten“.

NPD:

Die rechtsextreme NPD hat laut Bielefelder Staatsschutz „sowohl hinsichtlich ihrer Mitgliederzahl als auch ihrer Aktivitäten keinerlei Bedeutung“ in der Region. Die Ergebnisse der rechtsextremen Partei bei den letzten Bundestagswahlen liegen im Bereich von unter 1 Prozent. Im Internet werden drei lokale Verbände der NPD genannt: In Bielefeld, im Raum Lippe und im Raum Minden-Lübbecke. Allerdings wird nur die Seite der Bielefelder NPD relativ regelmäßig aktualisiert. Auf dem Webauftritt der NPD-Lippe ist die letzte aktuelle Meldung dagegen vom August 2009. Der Kreisverband Minden-Lübbecke besitzt gar keinen eigenen Webauftritt. Als Kontaktadresse für den Verband findet sich nur eine Postfachadresse in Bielefeld im Netz. Und: Im Impressum der Seite wird dieselbe Person als redaktionell verantwortlich genannt, die offenbar auch real die NPD-Seite in Bielefeld betreut: Markus Pohl.

Republikaner:

Die rechten Republikaner konnten bei der Kommunalwahl 2009 in Ostwestfalen-Lippe jeweils ein Mandat in Minden, Porta-Westfalica und Minden-Lübbecke erlangen. Sie erreichten dabei fast immer nur knapp über 1% der Stimmen. In Minden-Lübbecke verloren die Republikaner dabei allerdings eins ihrer zwei Mandate. Ulrich Manes, bislang Kreisvorsitzender und Kreistagsabgeordneter in Minden für die Republikaner, erklärte nach Angaben von Pro-NRW im März 2010 seinen Übertritt zur Pro-Partei. Laut Internet gibt es einen Kreisverband der Republikaner in Bielefeld, Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke und Paderborn. Diese Verbände besitzen zwar eigene Webauftritte- diese werden allerdings offenbar nicht redaktionell bearbeitet. Die Seite des KV Minden-Lübbecke ist die Einzige, die halbwegs regelmäßig aktualisiert wird.

Pro NRW:

Bei der Kommunalwahl 2009 konnte die rechtspopulistische Partei Pro NRW in Lemgo mit 1,86 % der Stimmen einen Sitz im Stadtrat erlangen. Zuvor hatte Pro NRW allerdings angekündigt, flächendeckend in Ostwestfalen-Lippe antreten zu wollen. Nach Schäfers Angaben war der gewählte Abgeordnete von Pro-NRW, Fabian Thies, zwar bei den Ratssitzungen anwesend, ist dort aber bisher noch nicht aktiv geworden. Thiess tritt auch bei der Landtagswahl in NRW an. Die Wahlkampfabschlusstour von Pro NRW soll am 3. Mai in Porta Westfalica starten. Als weitere Stationen sollen unter anderem Minden, Bielefeld und Gütersloh folgen. Im Internet werden Kontaktdaten für Pro-NRW Kreisverbände in Bielefeld, Lippe und Minden-Lübbecke genannt.

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