Sascha Roßmüller beim der Konferenz der europäischen Rechten in Brno, Tschechien
Screenshot Facebook

Europäische Faschisten hoffen auf Revolution im Osten

Vertreter von nationalistischen oder offen faschistischen Parteien aus Deutschland, Italien, Großbritannien, Griechenland, Spanien, der Slowakei und Belgien haben sich in Tschechien getroffen, um über das Thema „die Zukunft Europas, die Aufgabe nationalistischer Parteien in der heutigen Zeit und die Bewältigung der Invasion von Immigration auf unseren Kontinent“ zu sprechen. Auf diesem Vernetzungstreffen waren zwar keine Journalisten zugelassen, hier dennoch die Inhalte, um die es bei diesem Neonazi-Treffen ging und eine Einschätzung. 

 

Markus Pape, Prag

Prag, 23. November 2017 - Unter Ausschluss der Öffentlichkeit fand Mitte November im tschechischen Brno (Brünn) eine Konferenz der (APF, Allianz für Frieden und Freiheit) unter Teilnahme von Führungsmitgliedern der APF statt. Soweit bekannt, hatte der Gastgeber, die tschechische Splitterpartei Dělnická strana sociální spravedlnosti (DSSS, Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit), keine Journalisten unabhängiger Medien zur Berichterstattung eingeladen. 

Als einzige öffentliche Informationsquelle für das Konferenzgeschehen dient somit derzeit eine Pressemitteilung des Gastgebers, der tschechischen DSSS. Angeblich von Hynek Rint geschrieben, gewährt sie, wenn auch nicht unbedingt der vollen Wahrheit entsprechend, doch ein gewissen Einblick in das Konferenzgeschehen. Einen Kurzbericht über ihren eigenen Auftritt veröffentlichte auch die rumänische Partei Die neue Rechte auf ihrem Profil, demzufolge Vertreter von nationalistischen oder offen faschistischen Parteien aus Deutschland, Italien, Großbritannien, Griechenland, Spanien, der Slowakei und Belgien teilnahmen. Laut DSSS bestimmten den Kongress vom Thema her „die Zukunft Europas, die Aufgabe nationalistischer Parteien in der heutigen Zeit und die Bewältigung der Invasion von Immigration auf unseren Kontinent.“

 

Der Gastgeber DSSS ist Nachfolgepartei der Dělnická strana (DS, Arbeiterpartei), die 2010 vom tschechischen Obersten Verwaltungsgericht verboten wurde, wobei fast die gesamte Parteiführung in die schon vor dem Verbot als Reservelösung gegründete Partei DSSS übergelaufen ist. Das einzige, was sich tatsächlich geändert hat: die DSSS zieht heute im Gegensatz ihrem Vorgänger nicht mehr mit uniformierten Schutzstaffeln durch mehrheitlich von Roma bewohnte Siedlungen in Tschechien, um die „weiße“ Bevölkerung zum Widerstand aufzuwiegeln und ihnen die Solidarität der „Arbeiter“ zuzusichern.

 

Ende 2008 war das Fass übergelaufen, als ein Mob von Hunderten von DS-Anhängern sich nach einer Wahlkampfkundgebung mit der Polizei eine mehrstündige Straßenschlacht um Janov, eine mehrheitlich von armen Roma bewohnten Plattenbausiedlung im nordböhmischen Litvinov, geliefert hatte. Bei den tschechischen Parlamentswahlen vom Oktober 2017 kam die Partei übrigens auf ganze 0,2 Prozent der Stimmen, was die Partei jedoch wie üblich zu keinerlei Personalwechsel ihrer Führung veranlasste. Von tschechischer Seite aus zählten zu den Konferenzteilnehmern in Brno auch Mitglieder der „Arbeiterjugend“, der Jugendorganisation von DS und später auch DSSS, die allerdings nicht gemeinsam mit ihrer Mutterpartei verboten wurde.

 

Deutscher Rechter mit linken Sprüchen

Nun zum Inhalt der Redebeiträge der Konferenz: laut DSSS ging es dem Führungsmitglied der Nationaldemokratischen Partei (NPD) Sascha Roßmüller, seines Zeichens ehemaliges Mitglied der Bandidos, einer deutschen Rockergilde, vor allem darum, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Dort, wo Fremdbestimmung herrsche, gebe es keine Freiheit. Außerdem betonte er, „unsere Frauen“ seien zu schön dafür, um sich unter einer Burka zu verstecken. Seiner Ansicht nach stehe das internationale Kapital hinter dem gegenwärtigen System. Die DSSS zitiert ihn mit dem alten kommunistischen Kampfruf „Das Kapital muss der Arbeit dienen und nicht die Arbeit dem Kapital“.

 

Der aus Zagreb stammende kroatische Publizist, Übersetzer, Universitätsprofessor und US-Bürger Tomislav Sunić, behandelte in seinem Vortrag die Aufgabe des Nationalismus in der heutigen Zeit. Die gesamte europäische Geschichte sei eine Geschichte von Bürgerkriegen und heute hätten die Europäer gemeinsam die Chance, paradoxerweise wegen dem Zustrom von afro-asiatischen Immigranten, ihre „weiße und europäische Identität“ neu zu formen. Da Europa aber heute vom Konsum bestimmt werde, seien seine Schutzpatrone nicht mehr Heilige wie etwa Georg oder Michael, sondern Fußballspieler, Hollywoodstars oder Spekulanten der Europäischen Zentralbank.

 

An diese eher frustrierte Position von Sunić knüpfte Nick Griffin, Jurist und Vizepräsident der APF an. Auch der ehemalige Abgeordnete des Europäischen Parlaments und Präsident der rechtsradikalen British National Party (BNP) behauptete, dass die traditionellen europäischen Werte heute mit Füßen getreten würden, wenn die Massen McDonalds frönen. Er fügte hinzu, dass die V4-, gemeint sind die Visegrad-Staaten (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn), dazu bestimmt seien Bastion und Zukunft Europas zu werden. Der größte Schatz überhaupt – die Kinder – würden dort sicher sein und gemeinsam mit den Kindeskindern eines Tages die „verlorenen Länder“ befreien. Bis dahin würde sich jedoch das westliche liberale Europa abschaffen, da allein nach Deutschland und Großbritannien Millionen Migranten im wehrfähigen Alter gekommen seien, wobei die britische Armee nur 40 Tausend Mann unter Waffen habe.

 

Visegradstaaten als Vorreiter der nationalen Revolution

Die rumänischen Nationalisten repräsentierte in Brno Christi Dumitru, der Abteilungsleiter für Außenbeziehungen der Partei Nuova Draepta (ND, Die neue Rechte). Er malte den Teufel eines konföderierten oder zentralisierten Europas an die Wand, in dem das ehemalige Diktat Moskaus durch ein Diktat Brüssels ersetzt werden würde. Das angeblich angesteuerte Projekt der Vereinigten Europäischen Staaten lehne er ab, da dieses nur die gewärtige Krise durch ihre Flüchtlingspolitik, Niedergang der traditionellen Familie vertiefen würde.

 

Der Vorsitzende der DSSS und Vorstandsmitglied der APF Tomáš Vandas meinte, dass die Migrationswelle radikal bewältigt werden müsse, nicht jedoch durch auf der Stelle treten. „Schluss mit einer humanistischen Politik des menschlichen Antlitzes.“ Die Flüchtlinge dürften nicht mehr das Gefühl haben, dass die europäischen Länder sie aufnehmen und sich um sie kümmern werden. „Wir müssen uns in erster Linie um unsere eigenen Bürger kümmern und ihnen Sicherheit geben“. Heute würde die Freiheit schrittweise durch ständiges Reglementieren, Beschnüffeln, Anordnungen, Strafen und Sanktionen beschnitten werden. Das neue totalitäre Regime sei in seinem Handeln schlimmer als das vorherige, das man heute schon als milde bezeichnen könne.

 

Martin Beluský, stellvertretender Vorsitzende der Partei Ľudová strana Naše Slovensko (ĽSNS, Volkspartei Unsere Slowakei) und einer von 14 Abgeordneten der Partei im slowakischen Parlament widmete sich in seiner Rede der politischen Situation in der Slowakei, in der sich die Regierung immer mehr auf die Seite von Brüssel stellen und tatsächliche Nationalisten angreifen würde. Diese forderten, dass der Staat die eigenen Leute unterstützt und nicht Flüchtlinge. Von denen gibt es – ganz nebenbei gesagt – nur ein paar Dutzend in der Slowakei. Ähnlich wie der ehemaligen DS steht übrigens auch der ĽSNS ein Parteiverbot ins Haus, wobei auch diese bereits eine unlängst gegründete Reservepartei bereithält.

 

Mit Christentum zum ersehnten Restart

Der derzeitige Präsident der APF und Vorsitzender der italienischen faschistischen Splitterpartei Forza Nuova (FN, Neue Kraft) Roberto Fiore, der neulich auf dem bei dem Nationalistenaufmarsch in Warschau gesprochen hatte, befasste sich in seinem Vortrag mit dem sich angeblich verändernden Osteuropa. Seiner Ansicht sei dies ein „ein Block, der Brüssel widerstehe“ und den anderen Staaten Europas zeigen werde, dass eine nationale Revolution möglich sei. Die Rettung Europas würden drei Kräfte erreichen, erstens eine Regierung, die das Volk schütze und dessen Bildung unterstütze, zweitens die Kirche, in der das Priestertum die Gläubigen bei deren Reproduktion unterstützen würde, drittens eine nationale Bewegung, die nicht nur Negatives benennen wird, jedoch auch einen Plan für einen Restart haben würde. Der Reichtum eines Landes bestehe in der Landwirtschaft, nicht in Banken. Im Blick auf die Religion fügte er hinzu, dass seine Anhänger hinter dem Christentum stehen, auch ohne unbedingt gläubig sein zu müssen. Der Islam könne nur mit dem Christentum besiegt werden.

 

Fazit eines Treffens weit Abgeschlagener

Alles in allem etwas dürftig, führt sich einer vor Augen, dass einige dieser Möchtegern-Politiker vor Jahren noch großen Zulauf hatten, heute aber weit abgeschlagen hinter professionellen und stellenweise durchaus erfolgreichen Populistenparteien hinterherschlurfen. Tatsächlich erfolgreiche Nationalisten wie Marine le Pen  von der französischen Front National oder Geert Wilders von der niederländischen rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid (Partei für die Freiheit) schickten nicht einmal einen Vertreter nach Brno.

 

Die beiden Letztgenannten kommen stattdessen am 15. Dezember nach Prag, jedoch auf Einladung von Tomio Okamura, dem Vorsitzenden der tschechischen rechts-populistischen Partei Svoboda a přímá demokracie (SPD, Freiheit und direkte Demokratie). Diese hat kürzlich mit  satten zehn Prozent auf Anhieb den vierten Platz bei den diesjährigen Wahlen zum tschechischen Parlament belegt. Dort macht sie nun mit der populistisch-liberalen Partei Akce nespokojených občanů (Aktion unzufriedener Bürger) des tschechischen Milliardärs Andrej Babiš, dem mit etwa 30 Prozent der Wählerstimmen haushohen Wahlgewinner von 2017, und der links-populistischen Komunistická strana Čech a Moravy (KSČM – Kommunistische Partei von Böhmen und Mähren) gemeinsame Sache.

 

-- Am 25. Mai 2018 tritt die Datenschutzgrundverordnung (DSVGO) in Kraft. Die Rechtslage für Fotos ist unklar. Bis sich daran etwas ändert, machen wir Personen, die auf Fotos zu sehen sind, unkenntlich. --

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