Neonazi-Invasion in Themar bei "Rock gegen Überfremdung" 2017
KA

Erneute Rechtsrock-Invasion in Themar an diesem Wochenende

Die meisten Bewohner*innen im südthüringischen Themar wollen nichts mit Neonazis zu tun haben. Und dennoch reisen an diesem Wochenende wieder etliche Rechtsextreme in die knapp 3.000-Einwohner-Gemeinde, um ihren rechten Lifestyle auf einem Festival zu feiern. Doch die Stadt wehrt sich gegen das Nazi-Großevent.

 

Von Kira Ayyadi

 

Die letzten Wochen sah es so aus, als könnte das zweitägige Neonazi-Festival „Tag der nationalen Bewegung“ in Themar aus Naturschutzgründen verhindert werden. Da das Event seltene Vögel beim Brüten störe, hatte der Landkreis Hildburghausen das Festival zunächst verboten. Am Mittwochabend kippte das Verwaltungsgericht Meiningen dann allerdings das Verbot. Für eine erhebliche Störung im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes liege keine ausreichende Gefahrenprognose vor, stellte es fest. Diese Entscheidung könnte der rechtsextremen Szene an diesem Wochenende einigen Aufwind geben.

Außerdem kippte das Verwaltungsgericht Meiningen am Freitag ein generelles Alkoholverbot. Zuvor hatte der Landkreis ein striktes Alkoholverbot als Auflage für die Veranstaltung erreichen wollen. Dagegen wehrte sich der Veranstalter juristisch. Nun dürfen auf dem Rechtsrock-Konzert ab 20 Uhr Bier und Bier-Mischgetränke ausgeschenkt werden.  

 

Auch dieses NPD-Festival steht unter dem Deckmantel des Versammlungsrechts

Das Motto „Tag der nationalen Bewegung“ ist dabei offenbar bewusst überparteilich gewählt, um möglichst viele Teile der rechtsextremen Szene in das beschauliche Themar zu locken. Auch dieses Event ist wieder als politische Kundgebung angemeldet. Unter dem Deckmantel des Versammlungsrechts haben die Veranstalter nicht nur steuerrechtliche Vorteile, es erschwert auch Restriktionen gegen das Event.

Um den Anschein einer politischen Veranstaltung zu wahren, wird es auch Redebeiträge geben, hauptsächlich von NPD-Kadern wie Frank Franz, Udo Voigt, Thorsten Heise, aber auch die Neonazis Michael Brück und Sascha Krolzig von „Die Rechte“ dürfen ans Mikro. Interessant ist, dass kein Vertreter von „Der III. Weg“ angekündigt ist. Nach den großen Nazi-Events 2017 kritisierten Vertreter dieser nationalsozialistischen Kleinstpartei den starken Konsum-Faktor.

 

Gelder finanzieren die rechtsextreme Szene, bis hin zum NSU

Und in der Tat: Auf dem größten Nazi-Konzert vergangenes Jahr in Themar „Rock gegen Überfremdung II“, zu dem über 6.000 Neonazis aus ganz Europa angereist waren, wurden mindestens 210.000 Euro umgesetzt. Das führte dazu, dass im April Razzien bei den Veranstaltern Tommy Frenck und Patrick Schröder durchgeführt wurden. Es stünde der Verdacht im Raum, sie hätten die Einnahmen nicht korrekt versteuert.

Auch das kommende Wochenende dürfte für die rechtsextreme Szene wieder ziemlich profitabel werden: Ein Tagesticket für Freitag kostet 15, eines für Samstag 35 und ein Wochenendticket 45 Euro. Der Gewinn aus solchen Veranstaltungen wandert zum einen in die Taschen der Veranstalter, zum anderen fließt er zurück in die rechtsextreme Szene. Nutznießer vom „Tag der nationalen Bewegung“ dürfte unter anderem die „Gefangenenhilfe Freundeskreis“ sein, die Geld für inhaftierte Kamerad*innen sammelt. Prominentester Profiteur dürfte  Ralf Wohlleben sein, Angeklagter im NSU-Prozess mit guten Verbindungen in die Rechtsrock-Szene.

Neben Redebeiträgen wird es jede Menge hasserfüllte Musik geben. Neben Klassikern der rechtsextremen Musik wie die Band „Die Lunikoff Verschwörung“ um den umtriebigen Sänger Michael Regner und „Kategorie C“, wird es auch „Nationalen Sprechgesang“, also NS-Rap, von „Mic Revolt“, und italienischen NS-Metal von  „Acciaio Vincente“ geben.

 

Bundesweite Mobilisierung in extremistischen Kreisen

Anmelder des Hass-Events ist Sebastian Schmidtke, Bundesorganisationsleiter im Bundesvorstand der NPD. Offiziell rechnet er mit 800 Besucher*innen. Nach Einschätzung des Thüringer Verfassungsschutzes werden weit mehr Rechte zu dem Festival kommen, als vom Veranstalter angemeldet. Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan J. Kramer sagte, er beobachte mit Sorge, dass in extremistischen Kreisen bundesweit mobilisiert und auch zu Gewalt aufgerufen werde.

 

Vielfältige Proteste aus der Zivilgesellschaft

Doch gegen dieses zutiefst rassistische, antisemitische und menschenverachtende Event wird es auch Protest geben. Mit „Tagen der Weltoffenheit“ will ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis ein deutliches Zeichen gegen das Nazi-Konzert setzen. Bereits am Freitag um 19 Uhr wird in der Stadtkirche zum Friedensgottesdienst eingeladen. Ab 20 Uhr ist dann auf dem Kirchplatz eine Demonstration unter der Überschrift „Themar braucht dich! - Weltoffenheit, Mitmenschlichkeit und Demokratie verteidigen!“ geplant. Am Samstag werden die Proteste unter anderem mit einer Protestmeile und einem Gedenken an die Opfer rechtsextremer Tötungsdelikte fortgesetzt. 

 

 

„Kein Bett für Nazis“

In einem offenen Brief rief das Bündnis darüber hinaus Hoteliers, Gastronomen und Campingplatzbetreiber*innen dazu auf, den Neonazis keine Unterkunft anzubieten. Gleichzeitig forderte das Bündnis Thüringer Bürger*innen auf, die Aktion „Kein Bett für Nazis“ zu unterstützen und zum Beispiel am Wochenende ein Zimmer in Südthüringen zu buchen, damit für die Teilnehmer*innen des Festivals weniger Platz sei.

 

Das Bünfdnis bittet auf seiner Webseite:

"Kommen Sie nach Themar und unterstützen Sie uns! Setzen Sie ein Zeichen gegen Nationalismus und Rechtsextremismus."

Alle die sich an den Protestaktionen beteiligen wollen, sollten ausschließlich aus Richtung Meiningen anreisen. Gleichzeitig können die Zufahrten aus Richtung Lengfeld und Wachenbrunn sowie Beinerstadt genutzt werden.

 

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