Dresden: 10.000 gegen Neonazis und „sächsische Verhältnisse“

Die Demonstration am vergangenen Samstag war ein voller Erfolg. Ein breites Bündnis aus antifaschistischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, Parteien, Gewerkschaften und Gemeinden hatte zum Protest aufgerufen. Dieser richtete sich nicht nur gegen Neonazis und ihre menschenverachtende Ideologie, sondern auch gegen die Kriminalisierung von Demonstrant/innen seitens der sächsischen Ermittlungsbehörden.

Von Olga Wendtke

Die Neonazis hatten ihre Anmeldung für eine Demonstration am 18. Februar in Dresden zurückgezogen. Trotzdem fanden mehrere tausend Menschen aus ganz Deutschland den Weg in die sächsische Hauptstadt. Obwohl bis zum Schluss nicht klar war, ob Neonazis spontan aufmarschieren würden, fuhren über 100 Busse nach Dresden.

Erinnerung an die Opfer rechter und rassistischer Gewalt

Um 11:00 versammelten sich nach Angaben des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ 10.000 Demonstrant/innen am Dresdner Hauptbahnhof. Eine Aktion erinnerte an die 182 Opfer, die seit der Wende durch rassistische, antisemitische und rechte Gewalt ums Leben kamen. Auf zahlreichen Schildern innerhalb der Demo waren ihre Namen zu lesen. Die Demonstration führte durch das Regierungsviertel zum Haus der Begegnung. Dieses wurde im vergangenen Jahr nach erfolgreichen Blockaden gegen den Naziaufmarsch durchsucht. Auch inhaltlich orientierte sich die Demonstration an der Kritik der „sächsischen Verhältnisse“. Gewaltsam geräumte Blockaden, Pfefferspray und Pepperball- Waffen der Polizei sowie die strafrechtliche Verfolgung von Blockierer/innen in den vergangenen Jahren wurden in zahlreichen Reden und auf Transparenten kritisiert. Anders als in den vergangen Jahren hielt die Polizei sich jedoch diesmal im Hintergrund. Und auch sie sprach kurz danach von einem friedlichen Verlauf der Veranstaltung.

Und die Nazis...?

Einzelne Neonazis versuchten die in der Vergangenheit oftmals eindrucksvolle Demonstration in Dresden durch kleine, bundesweite Demonstrationen und Mahnwachen zu ersetzen. Dieses Ziel gelang ihnen jedoch nicht. In Worms, Fürth, Gera, Winnenden, Minden und Leipzig versammelten sich jeweils etwa 100 Neonazis. Anders als von der Szene erhofft, wurde diesen Minidemonstrationen jedoch keine Aufmerksamkeit geschenkt. Die vergangene Woche zeigte, dass die Neonaziszene im Hinblick auf kommende Großdemonstrationen vor vielen großen Fragezeichen steht. Die Szene scheint sich in Protest- und Demonstrationsformen immer uneiniger zu werden. Es hat sich gezeigt, dass große Events wie in Dresden durch erfolgreiche Blockaden und Gegenproteste nicht mehr mobilisierungsfähig sind. Veranstalter/innen versuchen, durch dezentrale Aktionen einen Weg aus der Misere zu finden. Die Neonazis scheinen resigniert zu haben: Sie haben keine Lust mehr, stundenlang in Polizeikesseln rumzustehen oder durch komplett leere Industriegelände zu laufen. Spontane und aktionsorientierte Aktionen wie die „Unsterblichen-Demonstrationen“ oder die Mobilisierungsphasen vor den Großevents gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Wie die Neonaziszene in Zukunft mit dieser Veränderung umgehen wird, wird sich zeigen. Eins ist jedoch sicher: Der Erfolg ist klar auf der Seite der demokratischen und antifaschistischen Organisationen zusehen.

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