Der Sänger der Kasseler Neonazi-Band "Hauptkampflinie" veröffentlicht eine Erklärung, dass er aus der rechtsextremen Szene aussteigt, weil seine Überzeugungen ein Fehler waren. Interessant sind auch die Einstiegs- und Ausstiegsgründe.
Von Simone Rafael
"Nun bin ich also endlich ausgestiegen und weiß, was dieser ganze Kram eigentlich war, nämlich nur eine Haufen Müll." Das Zitat stammt aus einer Stellungnahme, die Oliver Podjaski jüngst herausgab, Gründer und Sänger der rechtsextremen Band "Hauptkampflinie" (HKL), und die auf dem Blog "Oire Szene. Infos zu Rechtsrock und Grauzone" publiziert wurde. "Hauptkampflinie" wurde laut Podjaski im Jahr 2009 aufgelöst. Auf "16 Jahre in der 'rechtsradikalen Szene'" könne er nun zurückblicken, so der Sänger, der 1996 "Hauptkampflinie" gründete und davor Mitglieder der Düsseldorfer Rechtsrockband 08/15 war. Über 20 CDs hat die Band hervorgebracht, mit Titeln wie "Völkermordzentrale" (1999, indiziert), "Odins Krieger" (2004), "Aus dem Ghetto" (indiziert), "Der Traum vom Reich" (2006).
Auch wenn Ausstiegsbekundungen auch Lippenbekenntnisse sein können, äußert sich Oliver Podjaski in seinem Statement reflektiert und explizit über Einstiegs- und Ausstiegsgründe aus der Szene. "Nationalismus und sowie eine gewisse Ausländerfeindlichkeit" habe er schon im Elternhaus kennen gelernt, was aber "keine Entschuldigung für mein Handeln" sein solle. "So führte mich mein Weg vom rechten Wähler [gemeint ist die NPD, die Red.], zum aktiven 'Republikaner'-Mitglied, bis zu meiner ersten Rechtsrock Band." Auf "White Power"-Konzerten gewöhnte sich Podjaski an den Duktus der Szene: "Anfangs war ich noch etwas geschockt davon [offene NS-Verherrlichung, die Red.], doch irgendwann wurde das zur Normalität. Man stumpfte richtig ab und machte sich gar keine großen Gedanken mehr darüber."
Gestört habe ihn schon zu aktiven Zeiten die Gewaltbereitschaft großer Teile der Szene wie auch die Profilierungssucht einzelner Akteure. Zum Ausstieg hätten aber vor allem die allmähliche Auseinandersetzung mit den inhalten des Neonazismus. "Auch heute gibt es Menschen die sich als Nationalisten bezeichnen, überall auf der Welt und ich war einer von ihnen. Jetzt empfinde ich den Nationalismus aber als etwas das den Geist der Menschen vergiftet. Die Berufung auf seine Herkunft und sein Heimatland, die Abgrenzung gegenüber anderen Menschen kann nichts Gutes sein und wird nie was Gutes bringen. [...] Egal wo Menschen glauben sie seien etwas Besseres als andere, erzeugt das nur Hass und Konflikte" [Fehler im Original]. Auch in der Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und dem Nationalsozialismus musste Podjaski feststellen: "So ging ich viele Punkte der rechten Weltanschauung durch und die Antwort war immer wieder: 'Nein, daran kann ich doch nicht wirklich glauben.'"
Dies wünscht der ehemalige "HKL"-Sänger auch seinen ehemaligen Kameraden: "Für die ehemaligen „Kameraden“ bin ich wahrscheinlich sowieso ein Verräter, obwohl die Masse der Rechtsradikalen ihr eigenen Prinzipien täglich brechen. Sie gehen zu McDonalds, oder essen Döner, haben teilweise sogar freundschaftlichen Kontakt zu sogenannten Ausländern, doch auf der NPD-Demo marschieren sie gegen Überfremdung und daheim hören sie Landser."
Er wünscht sich "friedliches Zusammenleben", auch wenn ihm das schwer möglich scheint, und zieht das Fazit: "Ich kann nur jeden warnen, sich auf diesen ganzen Kram einzulassen und sich hinter Leute zu stellen die von Ehre, Treue und Vaterland sprechen. Deutschland soll der Götze sein den alle anbeten sollen, und wer nicht deutsch ist, ist gerade noch als Sklave gut. Denkt darüber nach, wie widerlich, pervers und arrogant eine solche Meinung ist!"
Das Handeln Oliver Podjaskis in der Zukunft wird zeigen, wie ernst diese Worte gemeint sind. Auf Internetseiten aus der rechtsextremen Szene hat indes erwartbar die Diskreditierung bereits begonnen.
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