"Hol dir deine Stadt zurück"

"Islamisch = gefährlich!" Das ist die Formel der Rechtspopulisten. Den Moscheebau in Deutschland zu verteufeln, ist für sie eine gute Methode zum Stimmenfang. "Hol dir deine Stadt zurück. Auf zum Protest gegen Moscheebau, Ausländerwahlrecht und Multikultur“, unter diesem Motto gab es vor wenigen Wochen eine Demonstration von Neonazis in Gladbeck. Ende September planen die "Bürgerbewegung pro Köln“ (Pro Köln) sowie die "Bürgerbewegung pro NRW“ (Pro NRW) einen "Anti-Islamisierungskongress“ in Köln.

Von Alexander Häusler und Hans-Peter Killguss

Mehrere hundert Besucher aus ganz Europa werden für September erwartet. Sie werden in rechtspopulistischer Manier "gegen die Islamisierung und Überfremdung unserer europäischen Städte und gegen die Kölner Großmoschee“ auftreten. Die angekündigten Redner stammen aus dem Rechtsaußen-Spektrum Deutschlands und Europas - wie beispielsweise Filip Dewinter vom belgischen "Vlaams Belang", Jean Marie Le Pen von der französischen „Front National“ und Andreas Mölzer von der FPÖ.

Anti-Islam-Kampagnen als zentrales Thema

Mit dem "Anti-Islamisierungskongress“ schwimmen die Rechtspopulisten auf einer Welle, die auch bei anderen extrem rechten Gruppen propagandistisch hoch im Kurs steht. Die extreme Rechte sieht – nicht nur in Deutschland – aktuell in populistischen und rassistischen Kampagnen gegen "den“ Islam ein Erfolgsrezept für ihre Propaganda. War früher in diesen Kreisen die simple Parole "Ausländer raus“ Ausdruck eines dumpfen Rassismus, so versteckt sich dieser Rassismus inzwischen nicht selten hinter populistischen Parolen zur Verteidigung von "deutscher Leitkultur“ und "christlichem Abendland“ gegen "Islamisierung“ und "Moscheebau“.

Mangelnde Differenzierung

Derartige Kampagnen gelten in rechtsextremen Kreisen als gesellschaftlich konsensfähig. Sie sind wahrscheinlich vor allem deshalb konsensfähig, weil die breite öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema Islam und Moscheebau geprägt davon ist, zwischen Islam und fundamentalistischen Ausdrucksformen oftmals nicht zu unterscheiden. "Pro NRW“ spricht gleichermaßen vom "Anti-Islamkongress“ wie vom "Anti-Islamisierungskongress“, wenn es um die Veranstaltung im September geht, und betreibt damit bewusst eine begriffliche Verwischung. Der Untertitel des Kongresses "Nein zu Moscheebau, Nein zu Minaretten, Nein zu Muezzinruf“ zeigt ebenfalls, dass es nicht um Islamismus, sondern um die Mobilisierung von Ressentiments gegenüber dem Islam geht.

Der Islam wird in der Öffentlichkeit mitunter als eine gewaltförmige und archaische "Ausländerreligion“ dargestellt, für die es in den europäischen Gesellschaften angeblich keinen Platz gäbe. Die Zustimmung zu derartigen rechtspopulistischen oder extrem rechten Inhalten wird durch Debatten gefördert, die Konflikte in Begrifflichkeiten des Ethnischen ausdrücken und vor allem auf vermeintliche kulturell-religiöse Differenzen oder Mentalitätsunterschiede statt auf ihren sozialen Ursprung zurückführen.
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Weit verbreitete Islamfeindlichkeit

Politische Instrumentalisierungen dieses Themenfeldes verstärken ein gesellschaftliches Klima der Angst, das negative Auswirkungen auf die Gestaltung eines interkulturellen Zusammenlebens hat. Laut der jährlichen Studien zur „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ fühlen sich über ein Drittel der Befragten durch die Anwesenheit von Muslimen "wie Fremde im eigenen Land.“ Die Zustimmung zu einem Zuwanderungsverbot ist von 24 Prozent in 2002 auf 28,5 Prozent in 2006 gestiegen, in 2007 allerdings auf gleichem Niveau geblieben. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Mai 2006 sprachen sich mehr als die Hälfte der Befragten für ein Verbot von Moscheebauten aus, weil in "manchen islamischen Ländern keine Kirchen gebaut werden dürfen“. Zudem vertraten 56 Prozent der Befragten die Ansicht es herrsche "zur Zeit ein Kampf der Kulturen“.

Anknüpfungspunkte in die Mitte

Solche Bedrohungsgefühle werden politisch gezielt von Rechts geschürt und für eigene Zwecke instrumentalisiert. So verkündete der von der Kölner CDU zur „Pro“-Bewegung übergetretene Jörg Uckermann in der rechtsextremen Zeitschrift "Nation & Europa“: "Auf jeden Fall gäbe es ein sofort abrufbares Potential von bis zu 25 Prozent der Wähler für einen rechtspopulistischen Politikansatz. Roland Schill hat in Hamburg vorgemacht, was möglich ist, wenn Teile der Medien mitspielen.“ Daher forderte er, man solle "mit den Medien geschickt spielen und Stimmungen aufgreifen und kanalisieren.“ Hier kommt das instrumentelle Verhältnis der populistischen Rechtsaußen-Partei zu dem "Angstthema“ Islam deutlich zum Ausdruck.

Mit einer Aneinanderreihung von Schlagworten und Plattitüden versucht "pro NRW“ sich zu der Anti-Islam-Partei in Nordrhein-Westfalen zu inszenieren. Die „Pro“-Bewegung möchte sich als Organisation darstellen, die als einzige die Sorgen und Nöte des "kleinen Mannes“ aufgreift und sich für dessen Interessen gegen
"korrumpierte und inländerfeindliche Politik der Altparteien“ und "Multi-Kulti-Apostel“ (Pro Köln) einsetzt. Dies soll mit dem "Anti-Islamisierungskongress“ erneut unter Beweis gestellt werden.

Startschuss für den Wahlkampf 2009

Mit dem "Anti-Islamisierungskongress“ soll gleichzeitig ein medienträchtiger Auftakt des Wahlkampfes für die Kommunalwahl 2009 gesetzt werden. "Pro Köln“ und "Pro NRW“ hoffen hier-
bei auf ein gutes Ergebnis: "Eine seriöse und demokratische Protestbewegung von Rechts hat im kommenden Jahr alle Chancen, den berechtigten Unmut der Bevölkerung parlamentarisch
zu kanalisieren“, heißt es dort.

Die „Pro“-Bewegung ist jedoch keinesfalls eine seriöse und demokratische Kraft: Ihre Inhalte sind rassistisch und von Vorurteilen gegenüber Minderheiten geprägt, während ihre maßgeblichen Akteure rechtsextremen Organisationen entstammen. "Pro Köln“ und "Pro NRW“ verweisen in ihrer Propaganda gegen Islam und Moscheebau regelmäßig auf ihre internationalen Kontakte zu extrem rechten und rechtspopulistischen Parteien wie dem "Vlaams Belang“ aus Belgien oder der FPÖ aus Österreich.

Zum Thema:
| Rechtspopulistische und rechtsextreme Wählervereinigungen

| Reportage: Schüler gegen Rechts in Köln

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