Der Landkreis Hildburghausen ist gebeutelt durch drei Rechtsrock-Veranstaltungen im Juli – und hatte eine Idee: Das Landratsamt erkannte dem größten Konzert, „Rock gegen Überfremdung“, den Status als „politische Demonstration“ ab, stufte es als kommerzielle Veranstaltung ein – wogegen die Veranstalter klagten. Nun entschied das Verwaltungsgericht Meiningen: „Rock gegen Überfremdung“ sei doch eine politische Demonstration. Das Landratsamt geht in die nächste Instanz.
Von Simone Rafael
Es geht um das Konzert „Rock gegen Überfremdung – Identität und Kultur bewahren“ am 15. Juli in Themar, einem 2.900 Einwohner-Ort in Thüringen. Es ist das zweite von drei Konzerten, die in Thüringen für Juli 2017 angekündigt sind: Bereits am Wochenende fand am 1. Juli das von NPD-Funktionär Gordon Richter organisierte Festival „Rock für Deutschland “ in Gera statt, das 750 Neonazis in die Region zog. Und am 29. Juli gibt es noch „Rock für Identität“ (organisiert von NPD-Kader Patrick Schröder), ebenfalls in Themar auf dem Gelände des AfD-Abgeordneten Bodo Dressel, der inzwischen aus der Partei ausgetreten ist.
Welchen Unterschied macht es, ob “Rock gegen Überfremdung” eine kommerzielle Veranstaltung oder eine politische Demonstration ist?
Eine politische Versammlung ist im Sinne der Versammlungsfreiheit vom Grundgesetz geschützt und ihre Durchführung muss vom Staat gewährleistet werden. Das heißt etwa, dass Sicherheit wie Polizei vor Ort von der Allgemeinheit finanziert werden.
Bei einer kommerziellen Veranstaltung muss der Veranstalter für Ordnung und Sicherheit sorgen und etwa Kosten für Polizeieinsätze übernehmen. Es gibt strengere Auflagen als bei Demonstrationen, etwa müssten Veranstalter für ausreichend Toilette oder Parkplätze sorgen. Auch Umweltschutzauflagen wären denkbar.
Die Kreisverwaltung
- Sieht im „Rock gegen Überfremdung“-Konzert keine politische Demonstration, weil
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dafür Eintritt gezahlt werden muss und auch auf dem Gelände Geld eingenommen wird über den Verkauf von T-Shirts, CDs und Snacks – wie bei anderen Vergnügungsveranstaltungen auch,bei anderen politischen Versammlungen jedoch nicht.
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Neben rund einem Dutzend Redner werden sieben Bands auftreten.
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Interessant dazu ist ein Rechtsgutachten „Vereinbarkeit von Rechtsrockkonzerten mit dem Grundgesetz und dem Versammlungsrecht“, dass die Grünen-Fraktion im Thüringer Landtag bei Prof. Dr. Günter Frankenberg von der Goethe-Universität Frankfurt am Main in Auftrag gegeben hat. Dies ergab, dass eine verstärkte Prüfung der Ordnungsbehörden sinnvoll sei, um das Gesamtgepräge eines Rechtsrock-Konzerts zu prüfen, ob es tatsächlich eine politische Versammlung sei. Es weist aber auch darauf hin, dass in diesen Fällen eine Einzelfallprüfung unabdingbar ist – und dass es schwierig sein kann, mit Grundrechten auf ein Verbot von Rechtsrock-Konzerte zu hoffen. Denn selbst wenn der Versammlungscharakter aberkannt wird, können weitere Grundrechte eine solche Veranstaltung dennoch ermöglichen (z.B. Berufs- und Gewerbefreiheit, Kunstfreiheit, Weltanschauungsfreiheit, Meinungsfreiheit) – allerdings unter anderen Bedingungen.
Die Veranstalter
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Veranstalter ist der bekannte und umtriebige Neonazis Tommy Frenck, der im benachbarten Kloster Veßra das Gasthaus „Goldener Löwe“ als Treffpunkt der Szene betreibt. Hier organisiert er auch einen Versandhandel mit rechtsextremen Devotionalien. Organisiert wird das Festival von der Gruppierung „Turonen / Garde 20“, zu der u.a. ehemalige Angeklagte des „Ballstädt-Prozesses“ gehören.
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haben gegen die Entscheidung geklagt, weil durch die Aberkennung des Status als „politische Versammlung“ massive Auflagen und Kosten auf sie zukommen würden – eventuell sogar so hohe, dass die Veranstaltung ausfallen würde.
Der Veranstalter auf Facebook
Das Verwaltungsgericht Meiningen
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sieht eine „gemischte Veranstaltung“ mit Elementen der öffentlichen Meinungsbildung und Elementen der Unterhaltung.
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sieht (aber) einen Vorrang der Versammlungsfreiheit.
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sieht durch Redebeiträge und Infotische, aber auch durch die politischen Botschaften, die über die Musik verkündet werden, gerechtfertigt, dass „Rock gegen Überfremdung – Identität und Kultur bewahren“ eine politische Versammlung sei.
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Das „Erheben von Eintrittsgeldern oder Gewinnerzielungsabsichten“ seien im konkreten Fall nicht so wichtig, dass damit der Versammlungscharakter in Frage gestellt sei.
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Das heißt: Gerade weil es rechtsextreme, menschenfeindliche Hetze ist, muss es der Steuerzahler bezahlen.
Das Landratsamt Hildburghausen
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Hat nun angekündigt, das Urteil nicht zu akzeptieren und in die nächste Instanz zu gehen. Nun ist das Verfahren am Oberverwaltungsgericht Weimar anhängig.
Veranstaltungswerbung auf Facebook. Die Redner_innen werden so vorgestellt: Frenck =Bündnis Zukunft Hildburghausen (ja, das ist eine rechtsextreme Gruppe); Skoda und Riefling = Freier Nationalist"; Krolzig = "ie Rechte" Jaeschke = NPD; Fischer = III. Weg; Schenk = Wir leiben Meinigen; Köckert = Thügida; Nikitin = White Rex (Nazimarke aus Russland).
Thüringer Engagierte:
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Die Mobile Beratung in Thüringen fände ebenfalls wichtig, dass über den Charakter solcher Rechtsrock-Veranstaltung eine höchstrichterliche Entscheidung gefällt werden – gerade Thüringen ist eine Schwerpunktregion für solche Konzerte.
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Abgeordnete, die in Thüringen gegen Rechtsextremismus engagiert sind, wie Madeleine Henfling (Grüne) oder Katharina König-Preuss (Linke), kritisierten erneut, dass die Veranstalter solcher Konzerte Gewinne erwirtschaften, die in die rechtsextreme Szene fließen.
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Katharina König-Preuss sagte gegenüber dem ND, es sei der Öffentlichkeit kaum vermittelbar, warum in Hamburg ein angemeldetes Camp von G20-Gegnern nachts von Hundertschaften der Polizei geräumt werde, weil ihm der versammlungsrechtliche Charakter aberkannt worden sei, während in Thüringen bis zu 5.000 Neonazis zusammenkommen, Eintritt zahlen und bei brauner Hassmusik feiern dürfen – unter dem Schutz des Staates.
Gegenproteste
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Weil juristische Auseinandersetzungen ja immer nur ein Teil der Auseinandersetzung mit rechtsextremen Veranstaltungen ist – und zwar einer mit ungewissem Ausgang -, werden bereits zahlreiche zivilgesellschaftliche Gegenproteste organisiert.
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Geplant sind breite Gegenproteste in der Stadt Themar selbst – bei den Vorbereitungstreffen waren 400 von insgesamt 2.900 Anwohner_innen!
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Am 14. Juli werden ab 18 Uhr Plakate und Banner in der Stadt aufgehängt (Treffpunkt Marktplatz), ab 20 Uhr Friedensgebet in der Stadtkirche Themar)
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Am 15. Juli soll es sechs Gegenveranstaltungen an verschiedenen Stellen der Stadt geben (vgl. Bündnis Kloster Veßra, dass auch einen Protestbrief geschrieben hat: „Diese kleine Stadt braucht Hilfe“)
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Protestkundgebungen an fünf verschiedenen Orten in der Stadt, Beginn 12 Uhr
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„Sport frei von Rassismus“: Street-Soccer und Sport, Tachbacher Straße
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„Was noch zu sagen wäre…“: Speakers' Corner, Lengfelder Straße
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„Regenbogenfest – raus aus dem braunen Sumpf“ , Meininger Straße
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„Mit allen Sinnen gegen Rechts“, Römhilder Straße
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„Kein ruhiges Hinterland“, Hildburghäuser Straße
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Demonstrationszug von Grimmelshausen nach Themar: Treffpunkt 11 Uhr, Bahnhof Themar (mehr dazu: http://themar.blogsport.eu)
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