+++ Razzia bei Esoterikern und „Reichsbürgern“: Im "Druiden" lodert der Hass +++ Berlin-Altglienicke: Naziparolen an Jugendclub gesprüht +++ Cottbus: NPD-Mann verlässt bei Schweigeminute für Holocaustopfer das Stadtparlament +++ Flüchtlingsfeindliche Plakataktion in Werder (Havel) +++
Razzia bei Esoterikern und „Reichsbürgern“: Im "Druiden" lodert der Hass
Langes weißes Haar, ein wallender Vollbart, sanfte, leicht brüchige Stimme – Burghard B. sieht in einem YouTube-Video aus wie ein harmloser Sonderling. Der Mann, der sich „Burgos von Buchonia“ nennt und als „keltischer Druide“ auftritt, verkündet in dem 2008 gedrehten Film, er fühle „vieles aus der früheren Zeit schon erlebt zu haben“. Doch aus dem friedfertig wirkenden Kauz, der auf Mittelaltermärkten auftrat, ist offenbar ein Rechtsextremist geworden. Einer, der sich mutmaßlich soweit radikalisiert hat, dass er an der Bildung einer Terrorgruppe beteiligt war, womöglich sogar als ein führender Kopf.
In Berlin-Moabit nahmen SEK-Beamte den 57-jährigen Claus R. fest, der zusammen mit seiner Freundin zu der Vereinigung gehören soll.
Politikwissenschaftler Jan Rathje von der Amadeu Antonio Stiftung erklärt im Interview, wie sich ein "Druide" in die Reichsideologie integrieren lässt. Sie sei relativ offen, was einzelne ideologische Elemente für die Gesamtkonstruktion angehe.
http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/201701/25/98032.html
Berlin-Altglienicke: Naziparolen an Jugendclub gesprüht
Unbekannte haben rassistische und rechtsextreme Parolen an die Hauswand eines Jugendclubs in Berlin-Altglienicke geschmiert. Eine Mitarbeiterin habe die Schmiereien am Dienstag entdeckt, teilte die Polizei am Mittwoch mit.
Cottbus: NPD-Mann verlässt bei Schweigeminute für Holocaustopfer das Stadtparlament
Das Cottbuser Stadtparlament hat am Mittwoch dem Holocaust-Überlebenden Max Schindler mit einer Schweigeminute gedacht. Der gebürtige Cottbuser starb mit 87 Jahren in San Diego. Von seiner Familie überlebten nur er und sein älterer Bruder Alfred den Holocaust. Heute erinnern Stolpersteine an die Familie Schindler vor ihrem einstigen Wohnhaus in der Calauer Straße. Bei der Schweigeminute für den verstorbenen Holocaust-Überlebenden Max Schindler verließ der NPD-Mann Ronny Zasowk den Raum.
Flüchtlingsfeindliche Plakataktion in Werder (Havel)
Werder (Havel) – Eine Stadt, zuplakatiert mit flüchtlingsfeindlichen Botschaften: Mehr als 30 Plakate, auf denen ein großes Stoppschild über einer Gruppe flüchtender Menschen steht, sind in der vergangenen Woche in Werder auf Stromkästen, an Laternen und Containern angebracht worden. Im Hintergrund ein von Minaretten umgebener, brennender Fernsehturm.
Brandenburg: Asylfeindliche Aktionen lassen nach
Auf das ganze Jahre gerechnet hat es 2016 in Brandenburg mit 100 asylfeindlichen und extrem rechten Demonstrationen ungefähr so viele gegeben wie 2015, als es 105 gewesen sind. Dies ist ein seit 1990 nie zuvor erreichtes Niveau. Das Moses-Mendelssohn-Zentrum (MMZ), das eine Statistik führt und am Mittwoch erstmals Untersuchungsergebnisse präsentierte, rechnete dabei Aufmärsche und Kundgebungen mit wenigstens 50 Teilnehmern. Auch kleinere Straßenaktionen mitgezählt, kommt das MMZ für 2016 auf 210 Veranstaltungen mit zusammen 17 300 Teilnehmern. 2015 waren es ebenfalls 210 Aktionen mit insgesamt 23 300 Teilnehmern. Zum Vergleich: In den Jahren 2004 bis 2014 hat es in Brandenburg jeweils nur vier bis elf einschlägige Aktionen gegeben.
Die Studie warnt jedoch auch: Die flüchtlingsfeindlichen Aktionen werden weniger, dafür aber radikaler.
Eklat im NSU-Prozess: „Eine Verhöhnung der Opfer“
Im NSU-Prozess hat es am Mittwoch einen Eklat gegeben. Fast alle Vertreter der Opferfamilien verließen aus Protest den Saal. Grund dafür war ein Antrag der Verteidigung des Angeklagten Ralf Wohlleben, die forderte, einen demografischen Sachverständigen dazu zu befragen, dass der von Rechtsradikalen verwendete Kampfbegriff "Volkstod" zulässig sei. Bei Wohlleben, einem früheren NPD-Funktionär, war bei einer Durchsuchung ein Feuerzeug mit der Aufschrift "Volkstod stoppen" gefunden worden.
- http://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-wohlleben-antrag-sorgt-fuer-eklat-im-nsu-prozess-1.3349936
- https://www.taz.de/!5378431/
Rechtsextremer aus Wurzen verleumdet Journalisten – Geldstrafe
Ein 27-jähriger Rechtsextremist aus Wurzen ist schuldig, einen Leipziger Internet-Journalisten als Kinderschänder öffentlich denunziert zu haben. Er hatte im März 2015 einen gefälschten und ausgedachten Fahndungsaufruf mit Namen und Foto des Journalisten bei Facebook ins Internet gestellt. Dort hatte er behauptet, der Journalist werde wegen sexueller Belästigung von Kindern polizeilich gesucht und um „Mithilfe bei Selbstjustiz“ gebeten. Das Amtsgericht Grimma erließ in einer ersten Verhandlung einen Strafbefehl von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro gegen den Angeklagten. Da dieser in Widerspruch ging, sollte am Mittwoch erneut verhandelt werden. Doch der mehrfach Vorbestrafte erschien nicht, ließ zwei Stunden vor Prozessbeginn mitteilen, seinen Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränken zu wollen. Mit anderen Worten: Wegen der von ihm geltend gemachten Mittellosigkeit setzte er auf eine niedrigere Strafe. Das Gericht reduzierte die Sanktion schließlich auf voraussichtlich 90 Tagessätze zu je 13 Euro, hinzu kommen entstandene Verfahrenskosten. Der Schuldspruch ist rechtskräftig.
- http://www.sz-online.de/sachsen/rechtsextremer-verleumdet-journalisten-3597687.html
- http://www.l-iz.de/leben/faelle-unfaelle/2017/01/facebook-hetze-gegen-l-iz-journalist-geldstrafe-fuer-rechten-kampfsportler-165575
Rechtsextremer Busfahrer darf Job behalten, Soldat nicht
Ein Bus- und Straßenbahnfahrer spricht auf einer Demo von Rechtsradikalen, den Dienstausweis gut sichtbar am Gürtel - und darf dennoch nicht fristlos gefeuert werden. Die Nürnberger Verkehrs-AG (VAG) muss den Mann wegen formaler Mängel trotz dessen öffentlichen Auftritts weiter beschäftigen: Eine entsprechende Kündigung des 54-Jährigen sei unwirksam, entschied das Arbeitsgericht Nürnberg am Mittwoch.
In einem etwas anders gelagteren Fall entschied das Düsseldorfer Verwaltungsgericht gegen einen Rechtsradikalen: Nach rechtslastigen Äußerungen ist ein Zeitsoldat zurecht aus der Bundeswehr entlassen worden. Das hat ein Richter am Mittwoch entschieden. Der 27-Jährige aus Solingen habe „gravierende charakterliche Mängel“ gezeigt und sich für eine Bundeswehr-Laufbahn als ungeeignet erwiesen, befand das Gericht.
Dresden: Stelldichein von Holocaust-Leugnern
Der Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg am 13. Februar rückt näher und damit auch das ritualisierte neonazistische Gedenken dazu. Die braune Inszenierung durch Instrumentalisierung eines geschichtlichen Ereignisses soll dabei schon am 11. Februar beginnen. Angemeldet wurde für den Samstag ein Trauerzug vom Dresdner Zwinger aus. Die verantwortliche Initiative nennt sich „Volkstreue Bürgerrechtsbewegung“. Dahinter steckt der notorische Revisionist Gerhard Ittner aus Zirndorf bei Nürnberg, der offenbar vornehmlich Holocaust-Leugnern eine öffentliche Plattform bieten möchte.
Dorfidylle am rechten Rand
Der 65-jährige Claus Voigt ist ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Gröden mit 1400 Einwohnern im Elbe-Elster-Kreis, die auf zwei Superlative verweisen kann: Auf die höchste Erhebung Brandenburgs mit auf 201,4 Metern – genau da steht der Aussichtsturm. Und noch eine Besonderheit gibt es. Bei Bundestagswahlen fährt die NPD in Gröden regelmäßig das brandenburgweit höchste Ergebnis ein. 2013 lag sie NPD hier bei 13,9 Prozent. Auf letzteren Superlativ ist Voigt nicht stolz. Er vermutet dahinter Enttäuschung durch die Politik, "die ihre Interessen oft über die der Randregionen stellt".
„Kontakte zur AfD intensiv überdenken“: Partei streitet in Thüringen mit Polizeigewerkschaft
Gewerkschaftschef Kai Christ hat Thüringer Polizisten dazu aufgerufen, etwaige Kontakte zur AfD „jetzt intensiv zu überdenken“. AfD-Sprecher Stefan Möller kritisierte dies als „vorläufigen traurigen Höhepunkt von Neutralitätspflichtverletzungen durch Gewerkschaftsvertreter“.
Nach Nazi-Lob: Bei der AfD folgt auf Distanzierung eine Nominierung
Die AfD in Marzahn-Hellersdorf baut weiter auf Bernd Pachal. Die Fraktion setzt sich damit dem Verdacht aus, nur auf Zeit gespielt zu haben, als sie sich vor Weihnachten "ausdrücklich und vollumfänglich" vom Lob ihres stellvertretenden Vorsitzenden für den Top-Nazi Reinhard Heydrich distanzierte. Wer dem "Schlächter von Prag" etwas Gutes abgewinnt, kann auch in MaHe für Sicherheit und Ordnung (und Bürgerdienste) sorgen, dachte sich die AfD offenbar – und nominierte Pachal für den Vorsitz des entsprechenden BVV-Ausschusses. Handfeste Konsequenzen aus der Distanzierung sind indessen nicht erkennbar.
Kolumne Björn Höcke: Ein total anderes Deutschland
Was Björn Höcke in Dresden gesagt hat, ist weder neu, noch ausnahmsweise unglücklich formuliert. Es folgt dem Konzept jener Rechtsextremen im "Flügel" der AfD.
Transsexualität und Politik: Die AfD-Wählerin
Dankwarth ist transsexuell – und wählt AfD. Dankwarth ist mit einer Muslima aus Zentralasien verheiratet und fürchtet den Untergang der deutschen Kultur. Dankwarth hat Angst vor dem Islam, aber hat selbst fünf Monate lang zu Allah gebetet. „Ich habe bisher keine Bomben gebaut. Und ich laufe auch nicht in schwarzen Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln rum.“ Iris Dankwarth lacht. Aber ein bisschen ernst meint sie es doch. Weil sie im Schützenverein trainiert, hat sie Angst, als Waffennärrin dargestellt zu werden.
Festgenommener „Neo-Druide“: Der nette Extremist von nebenan
Jahrelang lebte er im unterfränkischen Bischofsheim an der Rhön, gab Seminare und Führungen, kandidierte 2008 auf einer SPD-Liste für den Stadtrat. Und entwickelte sich dabei irgendwann zum rechtsextremen Wirrkopf. Je mehr Details über den festgenommenen "Neo-Druiden" bekannt werden, umso bizarrer wird das Bild.
Nach Nazi-Rede: Hamburgs AfD und der Eiertanz um Höcke
Björn Höcke, der Rechtsausleger der AfD, darf in der Partei bleiben. Trotz seiner Nazi-Rede über das Holocaust-Mahnmal in Berlin wird es vorerst kein Parteiausschlussverfahren geben. Wir fragten bei führenden Vertretern der AfD in Hamburg nach: Wie können Sie es eigentlich noch mit Ihrem Gewissen vereinbaren, in ein und derselben Partei mit Herrn Höcke zu sein? Was folgte war am Dienstagnachmittag ein ziemlicher Eiertanz. Die MOPO führte lange, sachliche Interviews mit AfD-Bürgerschaftsabgeordneten – am Ende aber zog der Pressesprecher der Partei alles, was etwa Dr. Alexander Wolf an scharfer Kritik an Höcke geäußert hatte, wieder zurück.
Neue Gegenkultur? Es rockt von rechts
Was zum Teufel ist mit der Rockmusik los? Sie galt als links und rebellisch. Nun aber häufen sich Auftritte rechtsnationaler Bands mit gesetzeswidrigen, rassistischen Texten. Die dummdreiste Aggression ist dabei durchaus erfolgreich.
Neu entdecktes Tagebuch von 1939 bis 1945: Jeder konnte es wissen
Ein Jahrhundert-Dokument: Von 1939 bis 1945 führte Friedrich Kellner, ein kleiner Justizbeamter in der hessischen Provinz, sein politisches Tagebuch. Es zeigt, wie viel der Normalbürger von den Verbrechen des NS-Regimes mitbekam. Jetzt wird Kellners Journal erstmals veröffentlicht.
So untergrub rechter Terror die Weimarer Republik
Die Bundesregierung geht von 10.000 Reichsbürgern in Deutschland aus. Wie das rechtsradikale Milieu schon einmal die deutsche Demokratie unterminiert hat, zeigen Hunderte Anschläge der 20er-Jahre.