Presseschau ... 24.03.2017

+++ Magdeburg: Unbekannter schubst, würgt und tritt 16-jährigen Syrer +++ Kirchheim unter Teck: Buttersäureangriff auf Vereinshaus +++ Weimar: Betrunkener brüllt Naziparolen und greift an +++ Kalbe (Sachsen-Anhalt): Rechtsextreme Parolen sorgen für Polizeieinsatz +++

 

Magdeburg: Unbekannter schubst, würgt und tritt 16-jährigen Syrer

Ein 16-jähriger Syrer ist in Magdeburg von einem Unbekannten gewürgt und getreten worden. Der Täter schlug dem Jugendlichen am Mittwochabend auf der Straße zunächst zwei Bälle aus der Hand, schubste ihn anschließend und würgte den 16-Jährigen, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Als der Jugendliche am Boden lag, trat der Täter weiter auf ihn ein und beleidigte ihn. Durch den Angriff zog sich der Syrer Verletzungen wie Hautabschürfungen und Hämatome zu.

 

Kirchheim unter Teck: Buttersäureangriff auf Vereinshaus

Am vergangenen Dienstag ereigneten sich zwei mutmaßlich rechtsextreme Angriffe in Kirchheim/ Teck (Baden-Württemberg) entdeckt. In das Vereinsheim „Volkshaus“ flog ein Stein und anschließend ein Glas mit Buttersäure. Ein Vereinsmitglied des „Volkshauses“ bemerkte am Dienstag Morgen an seiner privaten Hauseingangstüre die Aufschrift „ANTIFA SAU“ sowie seinen Nachnamen. Im „Volkshaus“ sitzen ein türkisch-kurdischer Verein, die Stelle für gemeindepsychiatrische und psychosoziale Versorgung im Landkreis Esslingen sowie ein Immobilienunternehmen. Der Vorfall rief ein Großaufgebot an Feuerwehr- und Polizeikräften auf den Plan, die Straße wurde gesperrt und durch die Buttersäure entfaltete sich ein übler Gestank. Der türkisch-kurdische Kulturverein bezieht den Vorfall auf sich und erklärt: „Wir werden uns von solchen Angriffen nicht einschüchtern lassen und sehen dies als Beweis für die Notwendigkeit antifaschistischer Arbeit und unseres Engagements gegen Rassismus.“

 

Weimar: Betrunkener brüllt Naziparolen und greift an

Volltrunken grölte ein Mann am Mittwoch in Weimar Nazi-Parolen und hob den Arm zum Hitlergruß. Er betrat ein Geschäft und fing sogleich an, rechtsradikale Parolen zu schwingen und seinen Arm zum Hitlergruß zu strecken. Ein Marktmitarbeiter verwies ihn des Platzes und erteilte Hausverbot. Ein Mitarbeiter führte den Mann wiederholt aus dem Markt und erteilte ihm Hausverbot. Er informierte die Polizei und daraufhin versuchte der Mann, ihn mit einer Glasflasche zu attackieren. Ein Zeuge schritt beherzt ein. Die Polizei ermittelte einen Alkoholwert von 3,08 Promille.

 

Kalbe (Sachsen-Anhalt): Rechtsextreme Parolen sorgen für Polizeieinsatz

Auf Grund von rechtsextremer Musik und Naziparolen, die aus einer Wohnung in Kalbe deutlich zu vernehmen waren, musste die Polizei am Donnerstag kurz nach Mitternacht ausrücken. Nachdem sie an der seiner Tür klingelten und klopften, öffnete der Wohnungsinhaber und hielt dabei eine Schreckschusspistole in der linken Hand, wobei der Lauf zum Boden und nicht auf die Polizei gerichtet war. Der Aufforderung, die Waffe abzulegen, kam er auch unverzüglich nach. Laut Polizei sagte er, dass er die Waffe genommen habe, weil er mit "der Mafia" rechnete. Die Waffe sowie der Laptop, auf welchem die rechtsradikale Musik abgespielt wurde, wurden zwecks Strafverfolgung sichergestellt.

 

Gotha: Aufkleber mit Nazi-Parolen an fremde Autos gepinnt

In Gotha sind in den vergangenen Wochen viele Aufkleber mit Nazi-Parolen aufgetaucht. Vor allem in Gotha-West, rund um die Stadthalle und in der Innenstadt seien solche Aufkleber an Laternenmasten und auf Autos angebracht wurden, berichtet ein Leser. Einige der Aufkleber trugen die Aufschrift "Nafris not welcome", also Nordafrikaner nicht willkommen, oder "I love Hitler".

 

Bespuckt, beleidigt, geschlagen: So viel Antisemitismus gab es 2016 in Berlin

Jüdinnen und Juden in Berlin werden bespuckt, auf ihre Fensterscheiben malte man Hakenkreuze, Holocaust-Denkmäler wurden geschändet und zerstört. Die Statistik der Senatsinnenverwaltung listet 197 Delikte auf, vorbehaltlich weiterer Ergänzungen. Der 2015 gegründeten Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) wurden im vergangenen Jahr sogar 470 judenfeindliche Vorfälle gemeldet. 17 körperliche Übergriffe, 18 Bedrohungen, 53 Sachbeschädigungen und 382 Fälle verletzenden Verhaltens – mündlich wie schriftlich. Warum RIAS so viel mehr Delikte erfasst hat als die Polizei? Projektleiter Benjamin Steinitz: „Das liegt zum Einen daran, dass wir auch Fälle dokumentieren, die strafrechtlich nicht relevant sind. Zum anderen wollen viele aufgrund ausbleibender Ermittlungserfolge und Sorge vor negativen Konsequenzen keine Anzeige erstatten.“ Kritiker werfen dem Senat zudem vor, die Statistik zu beschönigen. Bei vielen Taten gegen Juden würde eine antisemitische Motivation unterschlagen.

 

„Reichsbürger“ in der Südwestpfalz: Polizei durchsucht sieben Wohnungen

Mehr als 300 Polizisten haben am Dienstag bundesweit Wohnungen von sogenannten "Reichsbürgern" durchsucht. Auch in der Südwestpfalz waren Polizisten im Einsatz. Insgesamt hat die Polizei sieben Wohnungen und Geschäftsräume in der Region durchsucht. Im Haus eines sogenannten "Reichsbürgers" aus Höheischweiler bei Pirmasens beschlagnahmte die Polizei nach eigenen Angaben ein Gewehr, 18 Schuss Schrotmunition und zwei Cannabispflanzen. Auch in Merzalben und Hinterweidenthal durchsuchten Einsatzkräfte der Kripo verdächtige Häuser. Die Polizisten haben in den Wohnungen unter anderem Computer und gefälschte Dokumente sichergestellt.

 

Erlangen: Erneut Flugblätter der „Identitären“ in Briefkästen

Zum zweiten Mal sind Flugblätter mit extrem rechten Inhalt in Briefkästen eines Studentenwohnheims in Erlangen aufgetaucht. Wie eine Polizeisprecherin am Donnerstag sagte, hätten sie keine strafbaren Inhalte enthalten, daher werde nicht ermittelt. "Wir haben derartige Entwicklungen aber im Blick." Demnach stammten die Zettel von der rechtsextremen Gruppierung "Identitäre Bewegung". Das Studentenwerk habe die Flugblätter sofort der Polizei gemeldet. Sie enthielten eindeutig rechte Inhalte, seien aber so formuliert, dass sie juristisch unangreifbar seien, schreibt die Zeitung.

 

Dresden: Kleingarten-Chef will Nazis aus seiner Anlage vertreiben

Blumen, Beete, braune Töne: Während sich am Tage die Mitglieder der „Gartenfreunde Sommerland“ in Strehlen liebevoll um ihre Hecken kümmern, gedeihte hier über fast zwei Jahre ein Treffpunkt der Dresdner Neonazi-Szene. Nun will der Vereinsvorsitzende diesen Umtrieben den Stecker ziehen. 2015 meldete sich Ex-Landtagsmitglied René Despang (45, NPD) im Vereinsheim - um eine Geburtagsfeier sei es gegangen - bald wurden die sogenannten Feiern regelmäßig, Despang bezeichnet sie feste Größe in Dresden.

 

Jeweils vier Jahre Haft für Brandanschlag auf Flüchtlingsheim in Porta Westfalica

Im Prozess wegen eines Brandanschlags auf ein Flüchtlingsheim in Porta Westfalica hat das Landgericht Bielefeld am Donnerstag (23.03.2017) drei Männer zu jeweils vier Jahren Haft verurteilt. Eine Frau erhielt wegen Beihilfe eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten. Das Schwurgericht wertete den Angriff der Gruppe als gemeinschaftliche schwere Brandstiftung. Es folgte damit nicht der Bewertung der Staatsanwaltschaft, die die Tat als versuchten Mord eingestuft hatte. Die Richter hatten Zweifel, dass Menschen getötet werden sollten. Zwei der Angeklagten hatten im September 2015 zwei Molotow-Cocktails auf das Gebäude geworfen. Die Frau hatte die Männer zum Tatort gefahren. Einer der Brandsätze blieb an einem Zaun hängen, der andere setzte die Fassade in Brand. Die Gruppe hatte die Tat in weiten Teilen eingeräumt. Sie hatten sich entschuldigt und gaben als Motiv Wut auf Flüchtlinge an.

 

Holocaust-Leugner: Acht Monate Knast

Ein 53-jähriger Mann aus dem Landkreis ist jetzt wegen Volksverhetzung in vier Fällen und Beleidigung vom Amtsgericht Regensburg zu acht Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden.. Er soll im vergangenen Jahr auf einer von ihm betriebenen Internetseite Fotografien und Texte eingestellt haben, die zum Hass gegen Asylbewerber aufstachelten. Außerdem habe er via Internet den Holocaust geleugnet. Unter anderem stellte der Mann auf einer eigenen Website ein Foto mit dem Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslager in Auschwitz auf seine Website, auf der folgender Text zu lesen war: „Ausschwitz Lügen: Überlebender gesteht! Alles erfunden.“ Der Angeklagte, der sich während der gesamten Prozessdauer weigerte, auf der Anklagebank Platz zu nehmen, erklärte stehend, er sei kein Rassist. Selbst seine Ehefrau sei Ausländerin. Die Bilder und Texte, meinte er, „geben nicht mein Gedankengut wieder, sondern das des Verfassers. Ich habe diese Einträge nicht verfasst.“ Sie seien auch in anderen Medien veröffentlicht worden. Zudem betreibe er besagte Website inzwischen nicht mehr. Zu der Anmerkung des Staatsanwalts, der Angeklagte sei ein „Querulant“, meinte dieser: „Stimmt. Ich bin auch in gewisser Hinsicht Nationalsozialist. Aber jeder hat das Recht hier zu leben, außer die, die den Frieden stören.“

 

Nürnberger rief auf, Flüchtlingsheim niederzubrennen – Drei Monate Haft auf Bewährung

Ein Nürnberger soll am 14. Juni 2016 in einem Facebook-Kommentar seinem Hass freien Lauf gelassen, über ein geplantes Asylbewerberheim gewettert und geschrieben haben, dieses solle, sobald es steht, gleich in Brand gesetzt werden. Der Angeklagte nutzt sein Recht zu schweigen, sagt dann aber doch Dinge wie "der Kommentar hat sich doch nur auf einen anderen Kommentar bezogen" und "ich habe das definitiv nicht geschrieben". Der Angeklagte ist wegen Volksverhetzung bereits zu einer Geldstrafe verurteilt worden - und zwar kurz bevor er diesen Kommentar auf Facebook absetzte. Er wird schließlich zu drei Monaten Haft verurteilt – ausgesetzt zur Bewährung.

 

67-Jährige legte am Flughafen „Reichsbürger“-Pass vor – 1.500 Euro Strafe

Am 9. Dezember 2015 hatte Gerlinde G. im Terminal 1 des Flughafens an einem Schalter zum beabsichtigten Check-in einen Reisepass des „Deutschen Reiches“ vorgelegt. Die zum Schalter gerufene Polizei erstattete Anzeige gegen die Rentnerin. Sie erhielt daraufhin einen Strafbefehl über eine Geldstrafe in Höhe von 1500 Euro, gegen den sie Widerspruch einlegte. Deshalb sollte am Donnerstag vor dem Amtsgericht Hamburg Mitte verhandelt werden, doch die Angeklagte erschien nicht zur Verhandlung. Der Strafbescheid wurde damit gültig. Gleiches gilt für einen Fall, der am Donnerstag vor dem Amtsgericht St.Georg verhandelt werden sollte und der ebenfalls mangels Erscheinen der Angeklagten ausfiel. Die „Reichsbürgerin“ hatte im Februar 2016 einer Gerichtsverhandlung beigewohnt, in der es ebenfalls um einen Anhänger der „Reichsbürger“-Bewegung ging. Ayse K. störte die Verhandlung und weigerte sich, nach Aufforderung des Richters den Saal zu verlassen. Sie erhielt eine Geldstrafe über 300 Euro.

 

Dresden: Freispruch für René Despang

Nach drei Verhandlungstagen und der Vernehmung einer Reihe Zeugen wurde der ehemalige NPD-Landtagsabgeordnete René Despang freigesprochen. Der 45-jährige Maler hat sich gegen einen Strafbefehl zur Wehr gesetzt. „Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht nachweisen“, sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Despang soll am Herrentag 2015 zusammen mit weiteren Aktivisten der rechtsextremen Szene Dresdens am Haltepunkt Dobritz den Hitlergruß gezeigt und dabei ausländerfeindliche Parolen gegrölt haben. Ein junger Mann hatte das skurrile Treiben gegen 17 Uhr beobachtet und die Polizei alarmiert. Die Beamten stellten vor Ort acht mehr oder weniger volltrunkene Herrentags-Ausflügler fest, darunter den Angeklagten, mit allein fast zwei Promille Alkohol im Blut. Despang hatte 300 Euro Geldstrafe wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nicht akzeptiert.

 

Geldbuße nach Bedrohung von Kind und Mutter am Rande von Pegida-Demo

Die Staatsanwaltschaft Dresden hat das Ermittlungsverfahren gegen zwei Männer wegen eines Angriffs auf ein 10-jähriges Mädchen und seine Mutter am Rande einer Pegida-Demo am Wiener Platz gegen Zahlung von Geldbußen eingestellt. Beide Männer haben jeweils ein niedriges dreistelliges Bußgeld an die Staatskasse gezahlt, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase auf unsere Anfrage. Im Juli vergangenen Jahres hatte ein Mann Gegendemonstranten ein Transparent entrissen, daraufhin stürzte die Mutter auf ihre Tochter, das Mädchen kam ins Krankenhaus. Die 10-Jährige erlitt laut Staatsanwaltschaft Prellungen und Schürfwunden.

 

Nach Messerstecherei: Strafanzeigen wegen Hass im Internet

Das Dessauer „Projekt Gegenpart“ hat wegen rassistischer Hasskommentare unter zwei Facebook-Posts sechs Strafanzeigen wegen öffentlichen Aufrufen zu Straftaten und Volksverhetzung gestellt. Das hat das Mobile Beratungsteam gegen Rechtsextremismus in Anhalt am Mittwoch mitgeteilt. Die Kommentare standen auf der Facebook-Seite der neurechten Initiative „Der Schild“ und eines sächsischen NPD-Aktivisten. „Der Schild“ hatte am Wochenende ein Video veröffentlicht, dass Teile einer Auseinandersetzung zwischen zwei 17 und 23 Jahre alten Syrern und zwei 35-jährigen Deutschen zeigt, die am Sonnabend durch Messerstiche verletzt wurden. Tat und Video hatten für viele Diskussionen im Internet gesorgt.

 

Ballstädt-Prozess: Nebenklage sieht Fehleinschätzung zum rechtsextremen Hintergrund

Im Prozess um den Überfall auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt (Landkreis Gotha) vor drei Jahren haben Vertreter der Nebenklage der zuständigen Strafkammer vorgeworfen, einen rechtsextremen Hintergrund der Tat nicht ausreichend zu berücksichtigen. Es sei „fehlerhaft“, dass die Strafkammer davon ausgehe, die politische Einstellung der Angeklagten sei für dieses Strafverfahren ohne Belang, erklärte der Nebenklage-Anwalt Sven Adam am Mittwoch in der Verhandlung vor dem Landgericht Erfurt.

 

Rassismus in Brandenburg: „Es pöbeln auch normale' Bürger“

In Brandenburg hat es vergangenes Jahr zehn Prozent mehr politisch motivierte Straftaten gegeben. Nach der Kriminalitätsstatistik waren es insgesamt etwa 2.200 Fälle, 1.700 davon mit rechtsextremistischem Hintergrund. Susanne Kschenka vom Mobilen Beratungsteam Cottbus sagte, auch in ihrer Stadt gebe es zunehmenden Rassismus auch im Alltag - und das nicht nur von Neonazis.

 

Youtube-Gespräch über Antisemitismus: Der einzig logische Rassismus

Jan Böhmermann meinte es vermutlich gut, als er dem des Antisemitismus bezichtigten Rapper Felix „Kollegah“ Blume ein Treffen mit der russisch-jüdischen Autorin Kat Kaufmann und dem in Israel geborenen Satiriker Shahak Shapira vorschlug. Das 45-minütige Gespräch ist seit Dienstag auf Youtube zu sehen, obwohl Folter in Deutschland untersagt ist. Wer bislang allen Ernstes behauptet hat, Blume sei eigentlich ein intelligenter Jurastudent, der den primitiven Proll Kollegah lediglich mimt, dem sind nun endgültig die Argumente ausgegangen.

 

Interview Terrorprozess in Freital: "Wir reden hier nicht über ein paar Böller"

Kati Lang, Vertreterin der Nebenklage im Freital-Verfahren, wirft den Ermittlern in Sachsen Fehler vor. Die rechte Motivation der Täter sei zum Teil ausgeblendet worden.

 

Kommentar: Die Pressekritiker des Tages sind – AfD und Pegida

Der Presserat komme „seinen Kritikern entgegen“, so die Neue Osnabrücker Zeitung am Donnerstag. Das ist nett gesagt, denn mit Änderung der Richtlinie 12.1 des »Pressekodex« ist das Gremium nicht gegenüber irgendwem eingeknickt, sondern gegenüber AfD und Pegida. Und Bild. Besagter Passus regelt die Nennung der Nationalität von Verdächtigen. Bislang galt, die Herkunft nur dann zu veröffentlichen, wenn ein »begründbarer Sachbezug« zur Tat bestand. Der Auftragsmörder der Cosa Nostra konnte also »Sizilianer« genannt werden, denn in diesem Fall spielt die Herkunft eine Rolle. Beim Handtaschenräuber oder Scheckbetrüger war es – zu Recht – unerheblich, ob er aus Holland oder Moldawien stammt. Er hat die Tasche ja nicht deshalb geklaut; den Wechsel nicht gefälscht, weil er kein Bundesbürger ist. Diebe gibt es überall. Die Cosa Nostra nur in Sizilien.

 

V-Junge und Gendarm

Hat sie, oder hat sie nicht? Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern soll über Jahre einen V-Mann eingesetzt haben, den sie bereits als 15-Jährigen und ohne Wissen der Eltern angeworben habe. Die Vorwürfe erhob der Rechtsanwalt des heute 29-jährigen Betroffenen, Peter-Michael Diestel. Demnach sollte der Jugendliche ab 2003 zunächst über Drogengeschäfte in seinem Heimatort berichten. Auf ihn aufmerksam geworden sei die Polizei durch eine Zeugenaussage des Jugendlichen. Später habe er als Mitglied der PDS-Jugendorganisation „solid“ im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm 2007 auch Gipfelgegner und Linken-Politiker ausgehorcht, so der Vorwurf.

 

Eine Kulturgeschichte des Nazivergleichs: Alles Nazis außer Mutti

Die Mode der Nazi-Vergleiche beginnt schon 1924, und sie endet nicht an Reinhard Meys Gartenzaun. Eine kleine Kulturgeschichte. Die ersten Nazis waren die Sozis. Zumindest, wenn es nach den Kommunisten ginge. Bereits 1924, als noch kaum jemand das Wort Nazi benutzte, prägte der sowjetische Ideologe Grigorij Sinowjew die Sozialfaschismusthese. Ihm zufolge stellte die Sozialdemokratie den „linken Flügel des Faschismus“ dar und war daher vorrangig zu bekämpfen.

 

Identitäre AfD-Funktionäre

Offiziell gibt es keine Zusammenarbeit zwischen der AfD und der durch den Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung (IB). Doch immer wieder tauchen deren rechtsextreme Aktivisten in Strukturen der rechtspopulisitischen Partei auf. Im Schweriner Landtag arbeitet nun ein Unterstützer der Identitären für die AfD-Fraktion ausgerechnet im sicherheitsrelevanten Innenausschuss. Der Vorsitzende dieses Ausschusses ist AfD-Abgeordneter und zudem Mitglied einer Kontrollkommission für den Verfassungsschutz. Auch eine frühere IB-Anhängerin ist jetzt Funktionärin der „Jungen Alternative“.

 

Intellektueller Faschismus

Der AfD-Philosoph Marc Jongen will die „Thymosspannung“ der Deutschen ­erhöhen, um sie wehrhaft gegen „die Fremden“ zu machen. „Migration und Thymostraining“, so lautete der Titel des Vortrags, den der Karlsruher Philosoph und stellvertretende Landesvorsitzende der »Alternative für Deutschland« (AfD) in Baden-Württemberg, Marc Jongen, am 17. Februar im Rahmen der sogenannten Winterakademie des „Instituts für Staatspolitik“ hielt. Der gebürtige Italiener Jongen, der seit 2011 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, erfreut sich in diesen Kreises besonderer Beliebtheit. Er prägte die Programmdiskussion der AfD, als deren »Parteiphilosoph« er gilt, und ist das besonders gehegte Ziehkind seines Doktorvaters, des an der Karlsruher Hochschule für Gestaltung lehrenden Philosophen und Kulturwissenschaftlers Peter Sloterdijk.

 

Saar-AfD: „Feuersturm“ auf den Landtag

Für jene in der AfD, die auf einen soliden und seriösen Ruf ihrer Partei Wert legen, muss ihr saarländischer Landesverband ein Graus sein – eigentlich. In Wahlkampfzeiten werden alle Bedenken beiseite gewischt. Die Saar-AfD verkörpert vieles, was AfDler, die sich „gemäßigt“ nennen, schaudern lässt. Da ist – erstens – der Landesvorsitzende Josef Dörr mit seinem Hang zu pathetischem Gedröhn. Zuweilen philosophiert er über die „Glut einer mächtigen Wut“. Das klingt dann so: „Die Missstände in unserem Land sind der Wind, der diese Glut entfacht. Eine Flamme kommt zur anderen Flamme. Die Flammen wachsen zu einem Flammenmeer und schließlich zu einem Feuersturm. Dieser Feuersturm wird alles hinwegfegen und vernichten, was schlecht ist.“

 

Über dunkelhäutige Menschen in der AfD

Wissen Sie, was ein Oxymoron ist? Ich wusste es lange nicht. Es ist ein Wort, dessen zwei Teile sich inhaltlich widersprechen. Manchen Menschen scheint die Tatsache, dass die Alternative für Deutschland auch dunkelhäutige Parteimitglieder und Funktionäre hat, ein solcher Widerspruch in sich zu sein. Entweder – so die Schlussfolgerung – sind diese Menschen in der falschen Partei, oder sie sind in der richtigen Partei. Sind sie aber bei der Alternative für Deutschland richtig aufgehoben, wie könne man die Partei dann noch als rassistisch einstufen? Ich glaube, da kann ich helfen: Die Hautfarbe einer Person ist eine Äußerlichkeit. Wir sind es, die daraus ideologisch Verortungen ableiten und deshalb glauben, ein dunkelhäutiger Mensch könne nicht ideologisch verirrt genug sein, um in der AfD zu landen. Weit gefehlt!

 

Neue Studie von Volker Weiß: Das Abendland als Kampfbegriff

In seiner für den Leipziger Buchpreis nominierten Studie „Die autoritäre Revolte“ beschäftigt sich Volker Weiß mit der neurechten Szene, ihrer aktuellen Ideologie und historischen Vorläufern.

 

Dunja Hayali gibt „Junge Freiheit“ ein Interview – „Wir müssen die Meinung des anderen aushalten können“

Es dürfte eines der ungewöhnlichsten Interviews des Jahres sein: ZDF-Moderatorin Dunja Hayali hat sich den Fragen der rechtsaußen-Wochenzeitung „Junge Freiheit“ gestellt. In dem Gespräch plädiert sie für einen offenen Dialog ungeachtet politischer Positionen.

 

Dating App für rassistische Singles ohne Niveau

Hierzulande wirbt das Dating-Portal Elite Partner mit dem Slogan "Für Singles mit Niveau" und möchte damit vor allem Alleinstehende mit höherem Bildungsniveau miteinander verbinden. So ähnlich muss wohl auch der Ansatz der Macher der App Highblood gewesen sein. Der Versuch ging nur völlig daneben. Die Dating-App aus Singapur, die mit dem Slogan "Rise above all" wirbt, richtet sich an diejenigen, die ihre Liebschaften anhand ihres Kontostandes aussuchen. Mit der neuen Werbekampagne, die das Unternehmen auf Facebook postete, wird klar, was man bei Highblood definitiv nicht findet: Escorts, Hausmädchen und vor allen Dingen "banglas". "Banglas" ist ein rassistischer Begriff für bangladeschische Wanderarbeiter in Singapur. Im vergangenen Jahr waren dort rund 315.000 Bauarbeiter aus Bangladesch beschäftigt.

 

Forscher entwickeln Künstliche Intelligenz, die rassistische Codes entschlüsselt

Rechtsextreme entwickeln auf Twitter eigene Codes, um die Filter der Plattform zu überlisten. Forscher haben nun ein Programm entwickelt, das diese verfremdeten Begriffe mitlernt und entschlüsseln kann.  Um zu vermeiden, dass ihre Tweets von den KI-Filtern der Plattform als Hate Speech erkannt werden, entwickelten sie alternative Codes. Weil eine Künstliche Intelligenzen etwa identifizieren können, dass es sich bei Aussagen wie „gas all jews“ um Hassrede handelt, änderten sich die Tweets der Rechtsextremen dahingehend, dass Begriffe wie „jew“, „black“ oder „mexican“ durch Codeworte ersetzt wurden, die besonders häufig im Internet auftauchen. In diesem Fall handelte es sich um „skype“, „google“ und „yahoo“.

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