Presseschau... 18.05.2016

+++ Rheinsberg: Schläger greif jungen Syrer an +++ Hitlergruß und Flaschenwürfe in Lübeck +++ Rassistische Parolen an Unterkunft für Geflüchtete in Pfarrkirchen +++ Moschee in Erfurt: So sieht der Anti-Islam-Kurs der AfD in der Praxis aus +++

 

Rheinsberg: Schläger greif jungen Syrer an

Ein 24 Jahre alter Mann hat am Pfingstmontag einen 17-jährigen Syrer angegriffen. Der polizeibekannte und stark betrunkene Mann hatte den 17-Jährigen bepöbelt und geschlagen. Der 17-Jährige Angegriffene hatte nach der Attacke seine Bekannten gerufen, die den 24-Jährigen zur Rede stellen wollten. Dabei zog dieser offenbar eine Gasdruckpistole und richtete sie auf den Syrer. In der folgenden Rangelei wurde ein 18-jähriger Syrer leicht verletzt. Drei Tatverdächtige konnten ermittelt werden. Der 24-Jährige (1,99 Promille), sowie zwei seiner ebenso alkoholisierten Begleiter (18 und 23 Jahre alt) wurden gestellt und in Gewahrsam genommen. Die Waffe ist sichergestellt worden. Ob der 24-Jährige mit rassistischen Motiven handelte, wird nun geprüft.

 

Hitlergruß und Flaschenwürfe in Lübeck

Am Dienstagabend haben in Lübeck mehrere junge Männer den Hitlergruß gezeigt und mit leeren Bierflaschen geworfen. Passanten, die sich dadurch bedroht fühlten, riefen die Polizei. Die konnte vier Rechtsradikale in Gewahrsam nehmen. Zwei von ihnen leisteten jedoch heftigen Widerstand, dabei wurde ein Polizeibeamter an der Hand verletzt und musste zur Behandlung ins Krankenhaus. Auch ein Passant soll verletzt worden sein.

 

Rassistische Parolen an Unterkunft für Geflüchtete in Pfarrkirchen

Unbekannte Täter haben rassistische Parolen an die Hauswand einer Asylunterkunft in Pfarrkirchen (Bayern) gesprüht. Die Polizei ermittelt nun wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung durch Graffiti, wie die Beamten am Dienstag mitteilten. In der Nacht auf Montag seien zwei Schriftzüge von vier und zweieinhalb Metern Länge an zwei Außenwänden des Gebäudes angebracht worden.

 

Moschee in Erfurt: So sieht der Anti-Islam-Kurs der AfD in der Praxis aus

Eine muslimische Gemeinde will in Erfurt eine Moschee bauen. AfD-Landeschef Höcke sieht das als Teil eines "Landnahmeprojekts" und kündigt Widerstand an - mit Unterstützung von Pegida. In Erfurt bietet sich nun also die Gelegenheit, den Islam-Kurs der AfD einem ersten Praxistest zu unterziehen. Die Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft will eine Moschee in der Hauptstadt Thüringens bauen lassen, es wäre der erste Neubau eines muslimischen Gotteshauses im Freistaat. Die AfD will das verhindern. Ihre Kampagne lässt erahnen, wie schmutzig es werden dürfte, wenn die Partei sich in den kommenden Monaten und Jahren über den Widerstand gegen einen angeblich expansiven Islam zu profilieren sucht.
Björn Höcke, Fraktionschef in Thüringen, wo die AfD besonders deutschtümelnd auftritt, hatte den geplanten Bau Ende vergangener Woche als "Teil eines langfristigen Landnahmeprojekts" bezeichnet. Die Muslime werden in dieser Logik zu Eroberern, die AfD zur ersten Verteidigungslinie - und Erfurt zum Testfall einer antimuslimischen Eindämmungspolitik. Am Dienstag stellten Höcke und seine Fraktion nun ein Maßnahmenpaket vor, das den Bau dieser Moschee verhindern und den Bau jeder anderen Moschee in Zukunft praktisch unmöglich machen soll.

 

Schulverweis für den AfD-Lehrer Höcke

Björn Höcke gehört zu den bundesweit bekanntesten AfD-Politikern. Schlagzeilen macht er regelmäßig mit umstrittenen und grenzwertigen Äußerungen. Mit seinen Aussagen zum Islam könnte er eine rote Linie überschritten haben, die ihm beruflich noch zum Verhängnis werden könnte. Politiker von SPD und Grünen halten jedenfalls eine Rückkehr des beurlaubten Geschichtslehrers in den hessischen Schuldienst für ausgeschlossen. Die FDP hält gar ein Disziplinarverfahren gegen Höcke für denkbar, an dessen Ende sogar seine Entlassung als Beamter stehen könnte.
„Wer die Religionsfreiheit infrage stellt, verlässt den Boden unserer Verfassung, und ist zur Erziehung unserer Kinder ungeeignet. Sollte Herr Höcke also jemals in den Landesdienst zurückkehren, kann er auf keinen Fall unterrichten“, sagte der Vize-Vorsitzende der Bundes-SPD und Chef der SPD im hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel.
Der Direktor der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Joachim Wieland, erläutert, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts diese dienstrechtliche Treuepflicht verlange, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung zu „bejahen“, auch soweit sie im Wege einer Verfassungsänderung veränderbar sei. „Die Äußerungen von Herrn Höcke verletzen diese Treueplicht, weil der Bau von Moscheen durch das Grundrecht der Religionsfreiheit geschützt ist und Herr Höcke sich über dieses Gebot der Verfassung hinwegsetzt“.

 

Zerstört geglaubte NSU-Akte gibt es als Kopie

Eine NSU-Akte, die nach dem Hochwasser in Chemnitz 2010 als verschwunden galt, gibt es als Kopie. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Valentin Lippmann, bestätigte, dass sie sich in den Unterlagen des sächsischen Untersuchungsausschusses befindet.
Bekannt geworden war der Vorgang, nachdem der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags die Akten aus Sachsen angefordert hatte. Im Unternehmen des ehemaligen V-Mannes Marschner sollen die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gearbeitet haben. Der Neonazi war unter dem Tarnnamen "Primus" jahrelang als Informant für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig.
Das sächsische Innenministerium bestätigte dem MDR die Existenz der Aktenkopie. Ein Sprecher sagte, sie sei nicht nur vorhanden, sondern sogar bereits am 15. April dem Untersuchungsausschuss des Bundestags vorgelegt worden. Polizei und Justiz hätten im Umfang der Beweisbeschlüsse in ihrem Zuständigkeitsbereich entsprechend recherchiert und die Untersuchungsausschüsse über ihre jeweiligen Ergebnisse korrekt informiert.

 

V-Mann Marschner überfiel mit Zschäpe-Freundin eine Kneipe

Ralf Marschner war enger mit dem NSU-Umfeld verbandelt als bisher bekannt. Das belegen Akten über eine Schlägerei im Jahr 2001. Warum wurde das Verfahren nicht in den Münchner Prozess eingeführt?
Am 21. April 2001 hatten Marschner und die damals 19-jährige Susann Eminger, einer der engsten Vertrauten von Beate Zschäpe, eine Kneipenschlägerei in Zwickau angezettelt. Susann Eminger hieß damals noch H., war aber bereits mit André Eminger liiert. André Eminger ist in München vor dem Oberlandesgericht als mutmaßlicher Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) angeklagt und seit 2005 mit Susann verheiratet. Gegen sie und Marschner wurde aufgrund des brutalen Überfalls ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingeleitet.
Dass ausgerechnet Susann Eminger, die sich bis zur Selbstenttarnung des NSU im November 2011 regelmäßig mit Beate Zschäpe traf, gemeinsam mit dem V-Mann Marschner derart auffällig geworden ist, wirft abermals ein Schlaglicht auf die Ermittlungsmethoden des Bundeskriminalamts (BKA) und der Bundesanwaltschaft.
Denn das Verfahren von Eminger und Marschner wurde nicht in den Münchener Prozess eingeführt, sondern wird als Teil des sogenannten Strukturermittlungsverfahrens von der Bundesanwaltschaft unter Verschluss gehalten. Dass Susann Eminger schon 2001 so eng mit einem V-Mann bekannt war und dass man gemeinsam eine Kneipe überfiel, sind allerdings wichtige Informationen, um das Unterstützergeflecht des NSU in Zwickau einordnen zu können.

 

Schnittstelle im rechten Sumpf

Die nächsten beiden Sitzungen des NSU-Untersuchungsausschusses versprechen, spannend zu werden. Am kommenden Freitag werden zwei nordhessische Polizisten als Zeugen gehört, die privat Kontakte zu „Blood and Honour“ gehabt haben sollen. Für die darauf folgende Sitzung, am 6. Juni, ist der ehemalige Verfassungsschützer Andreas Temme geladen. Auch er hatte einen Draht zu dem inzwischen verbotenen Neonazi-Netzwerk – dienstlich und möglicherweise auch privat.
Einer der beiden Polizisten, die am Freitag geladen sind, der inzwischen frühpensionierte Carsten C., gehörte nach Recherchen der Frankfurter Rundschau dem Kasseler Rockerclub Chicanos an. Der wiederum unterstützt die Bandidos, die mit organisierter Kriminalität in Verbindung gebracht werden. Mehr noch: Der frühere Neonazi Michel F., ein Facebook-Freund von Carsten C., soll Mitglied der Bandidos gewesen sein. Es heißt, Michel F. habe einem ehemaligen Mitglied der Dortmunder „Blood and Honour“-Band „Oidoxie“ zwei halbautomatische Waffen angeboten.
Der Rechtsrock-Fachmann Jan Raabe hält es für erwiesen, „dass Personen aus dem Unterstützkreis des NSU Kontakte hatten zu Personen aus der rechten Dortmunder Musikszene“. Und: Es habe „eine enge Verbindung zwischen Dortmunder und Kasseler Rechtsextremisten gegeben“. Mindestens einmal wollte „Oidoxie“ bei den Kasseler Bandidos auftreten.

 

Hessen: Verdächtiger wegen Schüssen auf Flüchtlingsunterkunft festgenommen

Anfang Januar dieses Jahres war auf eine Flüchtlingsunterkunft im hessischen Dreieich geschossen worden. Mehr als vier Monate später ist nun auch ein zweiter Tatverdächtiger gefasst. Es handele sich um einen 27 Jahre alten Mann, teilte die Staatsanwaltschaft Darmstadt mit.
Es bestehe ein "dringender Tatverdacht des mittäterschaftlich versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung" gegen den Beschuldigten. Er sei in den Niederlanden festgenommen worden. Ein erster, ebenfalls 27 Jahre alter Verdächtiger war bereits Mitte April gefasst worden und kam in Untersuchungshaft.
Auf die Flüchtlingsunterkunft waren in der Nacht zum 4. Januar mehrere Schüsse abgefeuert worden. Dabei wurde ein 23-jähriger Bewohner im Schlaf leicht am Bein verletzt. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen versuchten Mordes ein.

 

„Mein Mandant ist kein Nazi und hat eine Erklärung“ – Hitlergruß und SS-Shirt in Freital

Thomas I. ist kein Neonazi, da sind sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung in ihren Plädoyers einig. Dem 33-Jährigen wird am Amtsgericht Dippoldiswalde vorgeworfen, im April 2015 auf einer Demonstration in Freital einen Hitlergruß gezeigt zu haben. Außerdem wurde er im September 2015 mit einem „Bossmodus“-T-Shirt erwischt – das „SS“ war eine Doppelsiegrune, darüber ein Balken: „zensiert“. Beides ist strafbar als Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Thomas I. bestreitet, den Hitlergruß gezeigt zu haben. „Ich habe meinen Bruder gegrüßt“, sagte der gebürtige Freitaler vor Gericht. Er habe nur „normal“ den Arm gehoben, nicht ausgestreckt. Auch beim T-Shirt sei er sich keiner Schuld bewusst. Er habe es bei Fußballspielen von Dynamo Dresden an, weil es schwarz-gelb ist. „Es war mir nicht bewusst, dass es irgendwelche Runen sind.“
I.s Verteidiger forderte Freispruch. Die Richterin wollte der Erklärung jedoch nicht folgen, sah den Hitlergruß als erwiesen an und zeigte sich auch berzeugt davon, dass der Angeklagte durchaus wusste, was für ein T-Shirt er spazieren führt. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

 

„Ein dummer Fehler“ – Jugendarrest für Volksverhetzung auf Facebook

Ein Geständiger 20-Jähriger erhält vor dem Amtsgericht Ebersberg Jugendarrest, weil er ausländerfeindliche Drohungen auf Facebook veröffentlichte. Auf die Frage, weshalb er sich öffentlich beleidigend und drohend über Ausländer geäußert hatte, gab es vom Angeklagten keine Erklärung. "Das ist eine gute Frage, das kann ich schlecht beantworten", sagte der 20-Jährige, der im Juni 2015 über das soziale Internet-Netzwerk Facebook gegen Ausländer gehetzt hatte.
In einem Posting auf seiner öffentlichen Profilseite hatte der Angeklagte aus dem Landkreis Ebersberg Ausländern Gewalt angedroht und in Betracht gezogen, jemanden mit seinem Auto zu überfahren. Außerdem hatte er in seinem Posting angegeben, ausländerfeindlich eingestellt zu sein.
Der 20-jährige zeigte sich sofort geständig: Es sei "ein dummer Fehler" gewesen, der "nie wieder passieren" werde. Er habe einfach das Nächstbeste geschrieben, ohne die Sache zu überdenken. Am Ende lautete das Urteil eine Woche Jugendarrest. Unter anderem, da Brüche in seiner Biografie zu erkennen seien und die impulsive Tat für einen Jugendlichen typisch einzuordnen sei, erklärte Richter Kaltbeitzer. Dem Angeklagten wurde zugute gehalten, dass er seine Tat unverzüglich zugegeben hatte und der Beitrag auf seiner Profilseite nur für wenige Minuten zu sehen war und dann wieder gelöscht wurde.

 

Wegen Auschwitz-Tattoo erneut vor Gericht

Das Gerichtsverfahren gegen den brandenburgischen NPD-Funktionär Marcel Zech wegen Volksverhetzung geht in die nächste Instanz. Sowohl Zech selbst als auch die Staatsanwaltschaft hätten Berufung eingelegt, sagte eine Sprecherin des Landgerichts Neuruppin am Dienstag. Das Verfahren beginnt am 29. August.
Das Amtsgericht Oranienburg hatte den 27-jährigen Zech, der für die rechtsextreme NPD unter anderem im Kreistag Barnim sitzt, wegen Volksverhetzung und Billigung von NS-Verbrechen zu sechs Monaten Haft verurteilt, weil er KZ-Tätowierungen öffentlich im November vorigen Jahres in einem Oranienburger Spaßbad gezeigt hatte. Die Haftstrafe war auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden, die Staatsanwaltschaft hatte zehn Monate ohne Bewährung gefordert.
Zech hatte sich in dem Verfahren von dem rechtsextremen Anwalt Wolfram Nahrath vertreten lassen, der unter anderem die 1994 verbotene Wiking-Jugend leitete und Anwalt des im Münchner NSU-Prozess angeklagten Neonazis Ralf Wohlleben ist.

 

Rechtsrock: An jedem dritten Tag gibt’s ein Neonazi-Konzert

Rechtsrock bleibt weiterhin ein beliebtes Rekrutierungsmittel von und für Neonazis. Im ersten Quartal dieses Jahres fand bundesweit an mehr als jedem dritten Tag ein rechtsextremes Konzert statt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. In den ersten drei Monaten dieses Jahres hätten 39 Konzerte, „Liederabende“ und Aufritte von rechten Musikern auf Veranstaltungen der Parteien NPD und „Die Rechte“ stattgefunden haben. Damit übersteigt die Zahl deutlich die Zählungen sowohl des ersten als auch des zweiten Quartals 2015. Geht man von den durchschnittlichen Nachmeldungen aus dem vergangenen Jahr aus, dürfte sich die Zahl auf dem hohen Niveau des vierten Quartals 2015 bewegen – nach den jetzt gelieferten Nachmeldungen wurden zwischen Oktober und Dezember 2015 insgesamt 46 solcher Veranstaltungen gezählt.
Doch in der Antwort werden nur die öffentlich angekündigten Veranstaltungen aufgelistet. Bei konspirativ angekündigten oder vorbereiteten Events beruft sich die Bundesregierung auf die vertraulichen Informationen und den Quellenschutz eventuell eingesetzter V-Leute. Schon die Zählung rechtsextremer Konzerte in Thüringen von der „Mobilen Beratung in Thüringen“ (Mobit) macht die problematische Schieflage beim Erkenntnisgewinn deutlich. Die Berater zählten im vergangenen Jahr 46 Musikveranstaltungen von Neonazis im Freistaat. Damit hätte mehr als Drittel der von der Bundesregierung gezählten Konzerte 2015 in Thüringen stattgefunden.

 

Die Rechte: Neonazi Worch steuert weiterhin Mini-Partei

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt führte die Neonazi-Splitterpartei die Rechte am Pfingstsonntag ihren Bundesparteitag durch – und bestätigte ihren Gründer Christian Worch als Bundes-Chef. Als Gastrednerin sei nach Parteiangaben Ester Seitz aufgetreten, die sich im vergangenen Jahr noch von einem bayerischen Pegida-Ableger aufgrund dessen radikaler Ausrichtung distanziert hatte.
Von der Partei, die Christian Worch einst zwischen der radikaleren NPD und den Republikanern bzw. der Pro-Bewegung positioniert sehen wollte, ist nicht viel geblieben. Der umtriebige Neonazi verfolgte 2013 das Ziel, auf dem Erbe der von der NPD geschluckten DVU eine schlagkräftige Organisation aufzubauen, die der ungeliebten Truppe um den damaligen Vorsitzenden Holger Apfel auch auf parlamentarischer Ebene Konkurrenz machen sollte. Drei Jahre und mehrere gescheiterte Wahlteilnahmen später sorgt die Rechte allenfalls als Auffangbecken für Mitglieder verbotener Kameradschaften und mit gezielten Provokationen für Aufsehen, ist darüber hinaus aber politisch bedeutungslos. Auf Facebook ist sie nach der Abschaltung ihrer Seiten vor einigen Monaten weiterhin nicht vertreten.

 

Der Mob und die Moscheen

Muslime wollen in Erfurt eine Moschee errichten - die erste in Thüringen. Pegida und AfD mobilisieren dagegen. Wo ist eigentlich das Problem? Eine Religionsgemeinschaft möchte in einem Gewerbegebiet in Erfurt ein Gotteshaus errichten, ganz abgelegen also. Die Nachbarn, schreibt die lokale Presse, sind die Erfurter Feuerwehr, das Technische Hilfswerk und der Deutsche Kraftfahrzeug-Überwachungsverein Dekra. Die 70 Gemeindemitglieder, die dort beten wollen, werden also vermutlich weder für einen Stau auf der Bundesstraße sorgen noch alle öffentlichen Parkplätze im Gewerbegebiet blockieren oder am gegenüberliegenden Acker alle Wildblumen pflücken.
Trotzdem wittert Björn Höcke, der Fraktionsvorsitzende der AfD in Thüringen, bereits ein "langfristiges Landnahmeprojekt" hinter dem Bauvorhaben und kündigt ominös ein "Maßnahmenpaket" dagegen an. Den Auftakt bildet an diesem Mittwoch ein Konzert mit dem Titel "Unser Land, unsere Kultur, unsere Entscheidung", ein Grußwort von Pegida inklusive.

 

Wie reaktionär hätten Sie’s denn gerne? Die Schweizer NZZ fischt in rechten Gewässern

Schon oft in letzter Zeit musste man zur Kenntnis nehmen, dass die NZZ sich kaum mehr gegen politische und intellektuelle Strömungen weit rechts im politischen Spektrum abgrenzen mag. Der Ton wird rauer, die Fronten härter. Dort hatte der Publi­zist Heribert Seifert (68) kürzlich viel Platz erhalten, um in einer sich besorgt gebenden Medienkritik über „Wutjournalisten“ und ihre angebliche „kommunikative Rüpelei“ in den „traditionellen Medien“ sich seinerseits in Rage zu schreiben. Die politische Distanz vieler führender Medien in der Bundesrepu­blik zur unverhüllt islamfeindlichen AfD wird dabei mit ätzender Kritik, ja mit unverhohlenem Spott überzogen. Das ist an sich kein Zufall. Schon oft in letzter Zeit mussten die LeserInnen zur Kenntnis nehmen, dass die NZZ sich kaum mehr gegen politische und intellektuelle Strömungen weit rechts im politischen Spektrum – innerhalb wie ausserhalb der Schweiz – abgrenzen mag. Der Ton wird rauer, die Fronten härter.
Doch wer ist Heribert Seifert? Seifert zeigt in der NZZ – er schreibt hier seit Jahren immer wieder – eher seine glattgekämmte Seite, um noch als „liberal“ durchzugehen. Er kann aber auch anders. Artikel von ihm erscheinen ausser in der NZZ häufig in der Internet-Zeitschrift eigentümlich frei (ef), die von Politologen als „rechtsliberal“, „rechtsnational“ oder auch als „rechtsextrem“ eingestuft wird, und deren Macher um den Publizisten André F. Lichtschlag sich als „Anarchokapitalisten“ und „Libertäre“ bezeichnen. Seiferts Medienbashing, dem die NZZ regelmässig ihre Spalten öffnet, findet auch dort statt. Ja, „die“ Medien – bzw., so Seifert, die „zunehmend wie Verlautbarungsorgane einer Besatzungsmacht agierenden Leitmedien“ – sind zusammen mit der Regierung Merkel und der „links­grünen Diktatur“ Zielscheibe seiner, gelinde gesagt, spitzen Feder.

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