Presseschau ... 13.06.2016

+++ 16-jähriger Geflüchteter in Osterburg verprügelt +++ Rassistischer Angriff in Eichwalde +++ Pfarrhaus in Köln angezündet, in dem Geflüchtete wohnen +++ Deutsche Hooligans zeigen Reichskriegsflagge und Hitlergruß in Lille +++ Hitlergruß auf der Berliner Fanmeile +++ Dresden: Islam-Infostand mit Schweinefleisch beworfen und beleidigt +++ Gedenkstein für ermordeten Kamal Kilade am Leipziger Hauptbahnhof beschädigt

 

16-jähriger Geflüchteter in Osterburg verprügelt

Ein 16-jähriger Geflüchteter wurde in Osterburg (Sachse-Anhalt) von zwei unbekannten Tätern angegriffen. Sie umklammerten den jungen Mann und schlugen ihm mit der Faust ins Gesicht. Die Tat geschah bereits am 30. Mai, wie die Polizei am Freitag mitteilte.
Der syrische Geflüchtete war gegen 7.20 Uhr auf dem Gelände des Osterburger Busbahnhofes unterwegs, als er von zwei unbekannten Männern angegriffen und geschlagen wurde. Nach bisherigen Erkenntnissen begegneten die beiden Täter dem Jungen auf offener Straße und beleidigten ihn zunächst. Anschließend wurde der Syrer umklammert und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Dann ließen die Täter von ihm ab und flüchteten. Die Täter sollen zwischen 17 und 18 Jahren alt sein.

 

Rassistischer Angriff in Eichwalde

Während des „Rosenfestes“ in Eichwalde (Brandenburg) soll es nach Angaben der Polizei zu einem rassistischen Übergriff gekommen sein. Demnach soll am Rande des Festes in der Nacht von Freitag auf Samstag ein dunkelhäutiger Mann von mehreren Tatverdächtigten zusammengeschlagen und wegen seiner vermeintlichen Herkunft beleidigt worden sein. Die Polizei konnte zwei Tatverdächtige im Alter von 16 und 17 Jahren ermitteln.

 

Pfarrhaus in Köln angezündet, in dem Geflüchtete wohnen

Eine Flüchtlingsfamilie aus dem Irak hat zum zweiten Mal alles verloren. Das Pfarrhaus im Kölner Stadtteil Rondorf, in dem sie untergebracht worden war, ist von Unbekannten in Brand gesetzt worden. Die acht Menschen blieben unverletzt, weil sie zufällig nicht anwesend waren. Das Pfarrhaus ist im Inneren völlig ausgebrannt. Die Polizei geht von Brandstiftung aus und hat eine Ermittlungsgruppe eingerichtet.

 

Deutsche Hooligans zeigen Reichskriegsflagge und Hitlergruß in Lille

Kurz vor dem ersten Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft machen die deutschen Fans in Lille schon auf sich aufmerksam. Neben tausenden friedlich feiernden Deutschland-Fans haben sich nämlich auch zahlreiche rechte Hooligans aus Deutschland in der nordfranzösischen Stadt versammelt.
Die angereisten Hools zeigten ihre rechte Gesinnung sowie rechte Symbolik mitten in der Innenstadt völlig offen zur Schau. Laut dem Tagesspiegel wurden Lieder wie „Wir sind wieder einmarschiert" und „Deutschland Hooligans" angestimmt. Zudem soll es über den ganzen Tag verteilt zu Hitlergrüßen und „Sieg Heil"-Rufen gekommen sein.

 

Hitlergruß auf der Berliner Fanmeile

Auch auf der Berliner Fanmeile gab es am Sonntagabend eine hässliche Szene: Etwa eine halbe Stunde vor Beginn des Spiels zwischen Deutschland und der Ukraine zeigte ein Zuschauer aus einer Gruppe von etwa zehn mutmaßlich Rechtsradikalen heraus, zum Teil mit einschlägigen Tattoos, wiederholt den Hitlergruß.
Als die Pressefotografen auf die Bühne kamen, um die Menge zu fotografieren, rief die Gruppe "Lügenpresse, Lügenpresse". Beim Abspielen der Nationalhymne sangen sie die Erste Strophe des Deutschlandlieds mit "Deutschland, Deutschland über alles".

 

Dresden: Islam-Infostand mit Schweinefleisch beworfen und beleidigt

In der Dresdner Neustadt sind am Sonnabendnachmittag die Betreiber eines Islam-Infostandes mit Schweinefleisch beworfen worden. Zudem wurden sie aus einer Gruppe von 15 Personen heraus beleidigt. Eine Frau habe einen 18-Jährigen Passanten, der sich gegen die Angreifer stellte, ins Gesicht geschlagen, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Dresden. Der Info-Stand sei von der türkisch-islamischen Gemeinde in Dresden betrieben worden.
Polizeibeamte, die wegen der Bilderberg-Konferenz in der Stadt unterwegs waren, hätten die Gruppierung wenig später ausfindig gemacht und die Personalien festgestellt. In sozialen Netzwerken wurde verbreitet, dass hinter dem Angriff Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling steckt. Sie selbst schreibt auf ihrer Web-Seite, sie sei mit ihrer Gruppe von einer Anti-Bilderberg-Aktion in die Dresdner Neustadt gezogen. An dem Stand hätten sie immer wieder "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" skandiert. Dann seien "Personen" aufgetaucht, die Speckwürfel auf die Muslime und den Stand geworfen hätten.

 

Gedenkstein für ermordeten Kamal Kilade am Leipziger Hauptbahnhof beschädigt

Der Gedenkort für den 2010 von Neonazis in Leipzig ermordeten Kamal Kilade ist schwer beschädigt worden. Ein Teil der Erinnerungstafel aus Plexiglas, die vor zweieinhalb Jahren im Namen der Stadt Leipzig auf einem Stein im Müllerpark gegenüber des Hauptbahnhofes angebracht wurde, ist abgebrochen und verschwunden. Der abgebildete Abschiedsbrief von Kilades Mutter an ihren Sohn ist dadurch zu großen Teilen nicht mehr lesbar. Über die Täter ist noch nichts bekannt.
Kamal Kilade war in den Morgenstunden des 24. Oktober 2010 von den Neonazis Daniel K. und Marcus E. vor dem Leipziger Hauptbahnhof ermordet worden. Nach Überzeugung des Gerichts war der gebürtige Iraker von den beiden Tätern aufgrund seines ausländischen Aussehens erst angepöbelt und anschließend mit einem Messer attackiert worden. Der Haupttäter Marcus E. wurde 2011 zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt, sein Komplize erhielt drei Jahre Freiheitsentzug.

 

SPD will AfDler vom Verfassungsschutz beobachten lassen

Nach Auffassung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann sollten bestimmte AfD-Politiker vom Verfassungsschutz beobachtet werden. „Einzelne AfD-Agitatoren haben ein klar rechtsextremistisches Weltbild“, sagte er. „Da sollte der Verfassungsschutz hinschauen.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, alles, was AfD-Politiker sagten, habe er bereits gehört – „im Zweifel von meinem eigenen Vater, der bis zum letzten Atemzug ein Nazi war“.
Gabriel sagte am Sonntag, der AfD gehe es vor allem darum, „reaktionäre Ideen zu befördern“. AfD-Politiker wie Bundesvize Alexander Gauland wollten zurück „in die verklemmte und verdruckste alte westdeutsche Republik der 60er Jahre: Wo die Frauen noch zuhause waren, Ausländer, Schwule und Lesben gefälligst unsichtbar zu sein hatten und abends beim Bier alte Wehrmachtslieder gesungen wurde. Fürchterlich“, resümierte Gabriel.

 

Rechtsextreme in Deutschland: Ihr Kampf geht weiter

Mit dem Niedergang der NPD ist am extrem rechten Ende des politischen Spektrums eine Lücke aufgegangen. Die NPD war als Neonazi-Partei bekannt, doch nun ist sie so gut wie pleite. Ihr droht ein Verbot, und mit der Wandlung ihres Ex-Parteichefs zu einem Gastwirt auf Mallorca hat sie sich der Lächerlichkeit preisgegeben. In diese Lücke strömen nun neue Gruppen, Institutionen und Personen.
Um die Köpfe kämpfen zahlreiche rechte Publizisten, der Kopp-Verlag, die Zeitschrift Compact, Blogs wie „Politically Incorrect“ und auch viele Facebook-Kanäle wie der von Mario R.. Um die Straße kämpfen zahlreiche Gruppen, die sich die Marke „Pegida“ aufdrücken. Und um die Parlamente kämpft, sehr erfolgreich, die AfD.
Beim Personal ist der Übergang graduell: Kameradschaftsnazis laufen bei zahlreichen Pegida-Demos mit, AfD-Politiker und neurechte Publizisten reden bei Pegida, neurechte Publizisten besuchen AfD-Wahlpartys. Während AfDler zum Protest gegen den Erfurter Moscheebau aufrufen, bekommen sie Schützenhilfe von Neonazis, die zur Brandstiftung aufrufen. Ihre Bekannten treten bei rechtsextremen Demos mit offenen Bezügen zum Nationalsozialismus auf – und sagen dort nicht viel anderes als AfDler anderswo.

 

Gewalt bei der EM: Die Hooligans sind zurück

Auch die deutsche Hooligan-Szene ist durchaus noch aktiv. Das zeigte nicht zuletzt die „HoGeSa“-Kundgebung im vergangenen Jahr in Köln, bei der es zu Gewaltausbrüchen auch gegen Journalisten kam. Gerade bei Auswärtsspielen gehört das Prügeln oft immer noch dazu. Einige der Hooligans, die 1998 Nivel fast umbrachten, sollen inzwischen hochrangige Mitglieder von Rockerbanden sein.

 

Der Attentäter von Orlando: Islamist, homophob, beides?

Omar Mateen ist der Name, jenes Mannes, der am Sonntag in einem Homosexuellen-Klub in Orlando im US-Staat Florida 50 Menschen erschoss und rund ebenso viele verletzte. Die Polizei hat die Identität des Mannes bekannt gegeben. Mateen hat für die weltgrößte Sicherheitsfirma G4S gearbeitet. Dies bestätigte ein Sprecher des britischen Unternehmens in der Nacht auf Montag. Der Mann sei seit 2007 für G4S tätig gewesen und habe im Dienst eine Waffe getragen.
Nach Angaben des FBI bekannte er sich in einem Anruf bei der Polizei kurz vor der Bluttat zu der Terrorgruppe. Die Ermittlungsbehörden legten sich aber zunächst nicht auf ein Motiv fest. Der Vater des mutmaßlichen Täters sagte dem Sender MSNBC, er glaube nicht an ein religiöses Motiv. Stattdessen deutete er an, dass sein Sohn starke Antipathien gegen Homosexuelle gehegt habe. Omar sei einmal extrem wütend geworden, als sich zwei Männer in der Öffentlichkeit geküsst hätten. "Sie tun das, und mein Sohn sieht zu", habe er gesagt.

 

Syrer bewusstlos geprügelt – Rechte Schläger kommen auf Bewährung frei

Die drei Flüchtlinge warten an einer Bushaltestelle in Wassenberg (Nordrhein-Westfalen), als der Schlägertrupp naht: mit Schlagstock, Quarzsandhandschuhen und Stahlkappenschuhen. Die vier heute 18 bis 20 Jahre alten Männer gehen im Januar 2015 rüber zu den Flüchtlingen. Es gibt Provokationen. Einer aus dem Trupp kriegt einen Anruf: Er muss zum Mittagessen nach Hause. Dafür wird ein anderer Kumpel per WhatsApp gerufen: "Die Asylheimer machen wieder Stress", zitiert Jugendrichterin Claudia Loch am Freitag in ihrer Urteilsbegründung die Nachricht.
Der Hitlergruß wird gezeigt und dann der Angriff: Zwei Flüchtlinge können fliehen, der dritte bekommt mit dem Schlagstock einen Schlag in die Knie und geht zu Boden. Einer tritt mit seinen schweren Stahlkappenschuhen gegen den Kopf. Er brüstet sich später damit im Internet.
Das Jugendschöffengericht Heinsberg verurteilte die Angreifer wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen zwischen einem Jahr und zwei Monaten und einem Jahr und neun Monaten – ausgesetzt zur Bewährung. Nur der fünfte Kumpel, der zum Mittagessen nach Hause ging, muss neun Monate ins Jugendgefängnis. Zwei Monate vorher habe er einen der Verurteilten ermuntert, einen Flüchtling vor einem Supermarkt zu verprügeln. Der Vater, der seinen Sohn nach der WhatsApp-Nachricht zu der Schlägerei gefahren hatte, wird von der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung freigesprochen. Er habe nicht gewusst, dass er seinen Jungen zu einer Prügelei bringe. Er hatte der Tat aus der Ferne zugesehen.

 

Zehn Monate Haft auf Bewährung für rassistischen Angriff auf Discotoilette

Zwei junge Männer saßen auf der Anklagebank in Schwandorf (Bayern). Einer schwieg, der andere machte Angaben. Der 24-Jährige aus Schwandorf gab den Übergriff zumindest teilweise zu. Er ging am 22. Februar 2015 weit nach Mitternacht auf der Toilette einer Disko in Burglengenfeld vonstatten und ließ einen in Augsburg wohnenden türkischen Staatsangehörigen zur Zielscheibe massiver Attacken werden.
Der 33-Jährige wusch sich gerade die Hände, als er von hinten angegriffen wurde. "Heil Hitler" ertönte, kurz darauf "Sieg Heil" und "Kanake". Dann, so berichtete der Mann vor Amtsrichterin Petra Froschauer, sei er mit Hieben ins Gesicht niedergestreckt und, dann am Boden liegen, mit Tritten malträtiert worden. Das Opfer trug schwere Gesichtsverletzungen und einen Gallenblasenriss davon.
Das Opfer konnte nur einen Täter identifizieren. Der gab den Angriff zu, bestritt aber, rechtsradikale Parolen gerufne zu haben. Der 24-jährige Angreifer wurde zu zehn Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Er muss außerdem 150 unentgeltlich Arbeitsstunden in einem Flüchtlingsheim ableisten. Der zweite Angeklagte erhielt einen Freispruch.

 

Duisburger erfand Vergewaltigungsgeschichten über Flüchtlinge – Bewährungsstrafe

Ein 62-jähriger Duisserner wurde am Freitag vom Duisburger Landgericht der Volksverhetzung für sculdig befunden. Ein Strafrichter verurteilte ihn wegen Volksverhetzung zu neun Monaten mit Bewährung.
In einer Facebook-Gruppe hatte er am 14. Oktober 2015 behauptet, fünf junge Mädchen aus Kleve seien auf dem Schulweg von Flüchtlingen entführt, vergewaltigt und schwer verletzt worden. Der Fall werde von Behörden und Medien bewusst verschwiegen.
Der Vorfall war frei erfunden, lediglich hatte ein Gynasium, in dessen Turnhalle Flüchtlinge einquartiert worden waren, über ein Internet-Portal die Schüler zu bestimmten Verhaltensmaßnahmen aufgefordert.
Weil der Angeklagte ein Teilgeständnis ablegte und bislang unbestraft war, setzte der Richter die Strafe zur Bewährung aus. Zudem muss der Duisserner 500 Euro Geldbuße zahlen – an den Verein „Pro Asyl“.

 

Kommissar im Verdacht der Volksverhetzung

Weil er sich rechtsextrem auf Facebook geäußert haben soll, steht ein Kriminalkommissar des Landespolizeipräsidiums Saarland im Verdacht der Volksverhetzung. Beamte des Staatsschutzes am Freitag die Saarbrücker Büroräume und die Püttlinger Wohnung des 52-Jährigen durchsucht. Der Beamte soll sich auf Facebook rechtsextrem sowie volksverhetzend geäußert haben. Dabei soll es unter anderem um die im Privatbriefkasten von Justizminister Maas gefundene Patronenhülse gegangen sein. Der Beschuldigte arbeitet in der technischen Abteilung des Polizeipräsidiums und ist dort für Telefonüberwachung zuständig.

 

„Identitäre Bewegung" in Europa: Très chic, très hip, très rechtsradikal

Sie sind wenige, aber sie wollen Aufmerksamkeit: Die "Identitären" - eine neurechte Gruppe, die irgendwo zwischen Neonazis, rechten Intellektuellen und Hipstertum agiert. Doch wie stark sind sie in Deutschland wirklich?
Die "Identitären" wollen ihre neurechte Ideologie mit subversiven Elementen aufpeppen. Dazu gehören Aktionen wie die an Luther-Denkmälern vor wenigen Tagen, oder auch die "Besetzung" von SPD-Parteizentralen, wie vor einem Jahr in Berlin und Hamburg. Auf Videos von der Aktion ist zu sehen, wie etwa ein halbes Dutzend Aktivisten auf dem Balkon der SPD-Zentrale in Hamburg Flaggen schwenkt - und offenkundig schnell wieder verschwindet. Von einer Besetzung konnte also eigentlich keine Rede sein.
Über die „Identitären“ in Berlin sagt Bianca Klose von der "Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“: "Ein stabiler Aktivistenkern von zehn bis fünfzehn Personen versucht seitdem beständig, durch öffentlichkeitswirksame Provokationen auf sich aufmerksam zu machen. Eine überschaubare Zahl von Aktivisten taucht überraschend auf und verschwindet in der Regel ebenso schnell wieder. Sie wählen für sie symbolisch aufgeladene Orte, an denen kein nennenswerter Widerstand zu erwarten ist."
In Berlin rekrutieren sich die "Identitären" nach Beobachtungen der MBR vornehmlich aus einem männlichen, jungakademischen Milieu von Burschenschaftsstudenten und Gymnasiasten. Die IB versteht sich als "aktivistischer Arm der Neuen Rechten" mit einem "elitären Politikanspruch". Und dieser Anspruch folgt dem Konzept der "Meta-Politik". Das Ziel ist eine Kulturrevolution von rechts. Man möchte ein rechtes Lebensgefühl schaffen: wild, unangepasst, idealistisch.

 

„Identitäre“ Grüße aus Moskau: Rechtsextreme Allianz mit dem Osten

Die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ pflegt enge Kontakte mit Russland. Wien wird zusehends Knotenpunkt "eurasischer" Propagandisten. Für die „Identitäre Bewegung" war es ein Coup: Als der staatsnahe russische Sender RT (vormals Russia Today) über die österreichische Bundespräsidentenwahl berichtete, interviewte er keinen Politologen oder Meinungsforscher – sondern einen Rechtsextremisten. Alexander Markovics, ehemaliger Chef der „Identitären Bewegung“, durfte allein und vor einem internationalen Publikum seine radikalen Thesen vorstellen.
Der russische Staatssender hat offenbar gefallen an der Gruppe gefunden: Auf der Facebook-Seite "RT Play" findet sich ein aufwendig produziertes Video, das die Rechtsextremen charmant inszeniert.
Es gibt in der Ideologie von russischen Nationalisten und neurechten Gruppen große Überschneidungen, etwa Antiamerikanismus und Hass auf Homosexuelle. Die Szene umfasst Medienportale wie "Compact" und das FPÖ-nahe "unzensuriert.at", aber auch Bewegungen wie Pegida.
Eine Schlüsselrolle nehmen dabei der Deutschrusse Jurij Kofner und sein "Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit" ein. Der 28-jährige Absolvent der staatlichen Universität für internationale Beziehungen in Moskau veröffentlicht regelmäßig im "Compact"-Magazin und ist ein fleißiger Netzwerker. Fotos zeigen Kofner mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Gleichzeitig prahlt er mit Bildern, die ihn in voller Kampfmontur und mit schweren Waffen zeigen. Kofner spricht von einem "Nato-Faschismus", er will eine "eurasische Gemeinschaft" von "Lissabon bis Wladiwostok". Kofner vertritt eine extrem rechte Ideologie, die gut zu den Identitären passt. Mit Maximilian Dvorak-Stocker ist ein Vertreter der österreichischen „Identitären“ im Vorstand von Kofners Zentrum für Kontintentale Zusammenarbeit.

 

„Identitären“-Demo in Wien scheitert an antifaschistischen Blockaden

Bei der Demonstration der rechtsextremen „Identitären“ ist es am Samstag in Wien zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei schritt beim Aufeinandertreffen des Demonstrationszugs mit linken Gegendemonstranten ein und setzte Pfefferspray gegen beide Seiten ein. An der Demonstration der „Identitären“ nahmen laut Polizei zeitweise bis zu 1.000 Personen teil, ebenso viele an den Gegendemonstrationen.
Mit Parolen wie "Heimat, Freiheit, Tradition, Multikulti Endstation" und "Europa für Europäer, Antifa nach Nordkorea" kamen sie allerdings nur wenige Meter, da Gegendemonstranten offenbar die weitreichende Polizeiabsperrungen umgehen konnten.

 

„Identitäre“ sind keine harmlosen Patrioten im Hipstergewand

Die Störaktionen der sogenannten Identitären häufen sich. Die rechtsextreme Gruppe stürmt Theateraufführungen, Parteigebäude und neuerdings Vorlesungen. Nicht nur die Parolen, die Ideologie und die gewalttätigen Aktionen der „Identitären“ sind besorgniserregend, sondern auch der unbeholfene Umgang der Medien mit ihnen. Obwohl der Verfassungsschutz die Gruppe beobachtet und als rechtsextrem einstuft, wird sie in Medienberichten oft lediglich als "rechtsgerichtet", ihre Mitglieder als "Aktivisten" bezeichnet.
Nicht nur die Parolen, die Ideologie und die gewalttätigen Aktionen der „Identitären“ sind besorgniserregend, sondern auch der unbeholfene Umgang der Medien mit ihnen. Obwohl der Verfassungsschutz die Gruppe beobachtet und als rechtsextrem einstuft, wird sie in Medienberichten oft lediglich als "rechtsgerichtet", ihre Mitglieder als "Aktivisten" bezeichnet.
Aber: Ihre Vertreter gehen wie selbstverständlich von der Ungleichwertigkeit von Menschen aus, verfolgen die rassistische Vorstellung einer homogenen Volksgemeinschaft und sehen die Mehrheitsgesellschaft in einem Abwehrkampf gegen alles Fremde. Springerstiefel und Hitlergrüße sind schon lange nicht mehr einzige Indikatoren für rechtsextreme Taten und faschistoides Gedankengut.

 

Neue Gruppe im Havelland: Rechte Bürgerwehr in Rathenow

Rathenow - In der havelländischen Kleinstadt Rathenow organisiert sich seit mehreren Monaten eine Bürgerwehr. Ihr Anführer: Ein mutmaßlicher Rechtsextremist, der wegen Brandstiftung vor Gericht steht. Die Gründung einer Bürgerwehr hatte das rechte „Bürgerbündnis Havelland“, das regelmäßig Anti-Asyl-Demos in der Region veranstaltet, schon vor Wochen angekündigt. Nach eigenen Angaben wegen der Vorfälle der Kölner Silvesternacht.
Dem Anführer der neuen Bürgerwehr, dem 22-jährigen Eric U., wird vorgeworfen, zwischen 2012 und 2013 mehrere Brände gelegt zu haben. Auch ein Mehrfamilienhaus, das er selbst mit seiner Familie bewohnte, soll er in Brand gesteckt haben. Er wurde zu einer Hftstrafe verurteilt, das Berufungsverfahren läuft derzeit noch.

 

Flüchtlingsfeindliche Stimmung in Teltow: Rechte Hetze an Laternen

Flüchtlingsfeindliche Aufkleber an Straßenlaternen, Flugblätter von Rechtsextremen, Rathausmitarbeiter, die bedroht werden und eine Ehrenamtliche, deren Haus mit Eiern beworfen wurde. In der Region Teltow wird seit Anfang des Jahres massiv Stimmung gegen Flüchtlinge und deren Helfer gemacht. Das bestätigt Conrad Wilitzki, Sprecher des Netzwerks Tolerantes Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf.
Bisher galt Teltow in Brandenburg als Beispiel für gelungene Integration. Was ist passiert ? Laut Netzwerksprecher Wilitzki zwei Dinge: Ein in der Szene bekannter Neonazi soll Anfang des Jahres aus der Haft entlassen worden sein. Zudem wurde die Facebook-Seite „Stahnsdorf-Teltow-Kleinmachnow wehrt sich“ erstellt, die fast täglich Hetze betreibe. Rund 600 Personen haben die Seite mit „gefällt mir“ markiert. Der Brandenburger Verfassungsschutz stuft die Seite als „rechtsextremistisch beeinflusst“ ein.

 

Reichsbürger: "König von Deutschland" in U-Haft

Der selbsternannte "König von Deutschland", Peter Fitzek aus Wittenberg, sitzt in Untersuchungshaft. Das teilte das Landgericht Halle am Mittwoch mit. Der 50-Jährige soll gegen das Kreditwesengesetz verstoßen haben. Außerdem wird ihm schwere Untreue in 27 Fällen vorgeworfen. Der Mann soll in dem von ihm selbst ausgerufenen "Reich" eine Bank gegründet und Anleger um ihr Geld gebracht haben.
Da die Staatsanwaltschaft von einer hohen Fluchtgefahr ausging, wurde vom Landgericht Halle die Untersuchungshaft verfügt. Bereits im April verurteilte das Landgericht Dessau-Roßlau Fitzek zu 15 Monaten Gefängnis, weil er mehrfach ohne Fahrerlaubnis hinterm Steuer erwischt wurde. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Fitzek Berufung eingelegt hat.
Der gelernte Koch hatte 2012 auf dem Gelände eines ehemaligen Krankenhauses in Wittenberg das "Königreich Deutschland ausgerufen - mit eigener Bank, eigener Krankenversicherung, eigenen Ausweisen und Führerscheinen. Seitdem steht er mit der Justiz im Clinch.

 

Container-Flüchtlingsdorf: Vom Protest zur friedlichen Koexistenz

Kaum eine der Berliner Not- und Sammelunterkünfte für Flüchtlinge ist so bekämpft worden wie das erste Containerdorf im Köpenicker Allende- Viertel vor eineinhalb Jahren. Die Anlieger waren anfangs aufs Heftigste beunruhigt. Es gab Demonstrationen. Und fast ein Jahr hielten NPD-Anhänger noch Mahnwachen vor der Unterkunft. Inzwischen hat sich die Lage deutlich entspannt. Wie ist das gelungen und was ist der Stand der Dinge eineinhalb Jahre danach?

 

Der Bruder von V-Mann Corelli: "An einen natürlichen Tod glaube ich nicht"

Der V-Mann Thomas Richter berichtete fast 20 Jahre aus der Nazi-Szene. Dabei kam er dem NSU-Trio sehr nah. Nun werfen sein Leben und Sterben Fragen auf. Vor allem sein Bruder will Antworten.
"Da sind so viele Widersprüche. Zum Beispiel: Thomas ist im Bad umgefallen und hat sich dann bis ins Schlafzimmer geschleppt. Durch den Korridor, und genau dort stand das Festnetztelefon. Da kann mir doch keiner erzählen, dass er es bei einem angeblichen Zuckerschock nicht mehr geschafft haben soll, die Tasten 112 zu drücken?"

 

Wie soll man sie nennen? Faschisten Populisten Reaktionäre Rassisten Nationalisten Rechtsradikale Nazis?

Ein Phänomen sucht einen Namen: Sind es Rechtsradikale, Populisten, Extremisten? Und bilden sie überhaupt eine Gruppe – die Gaulands und Hofers, Sarrazins und Le Pens? Gehört Donald Trump zu ihnen, und was wäre mit dem ungarischen Premier Viktor Orbán oder dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, die dessen Wahlsieg herbeiwünschen?
Begriffe sind mehr als nur Namen. Sie enthalten Strategien. Eine politische Bezeichnung definiert den Gegner: Wenn der AfD-Vizechef Alexander Gauland als Nationalkonservativer bezeichnet wird, dann löst das andere Handlungen aus, als wenn jemand feststellt, der Mann sei ein Salonfaschist. Mit dem einen diskutiert man, den anderen lädt man gar nicht erst ein.

 

„Die sogenannte Mitte ist ein unlogischer Ort“

Der Soziologe Prof. Dr. Armin Nassehi von der LudwigMaximilians-Universität in München im Interview.

Ist Rechtspopulismus der Normalfall der Moderne?

Nassehi: Der Rechtspopulismus ist nicht der Normalfall, aber er scheint ein Problem zu lösen, sonst gäbe es ihn nicht. Letztlich zielt der Rechtspopulismus auf die zentrale Erfahrung der Moderne. Sie ist so anstrengend, weil kaum etwas zusammenpasst und es für alles auch andere Lösungen geben könnte. Das hört sich abstrakt an, zeigt sich aber schon im Alltag, etwa bei Berufskarrieren. Nichts ist festgelegt, hinterher weiß man, dass es Wahrscheinlichkeiten gibt, dass Menschen aus bestimmten Schichten bestimmte Berufe ergreifen, aus bestimmten Bildungsschichten bestimmte Leute heiraten, oder bestimmte Milieus jeweilige Stile mögen: Aber es könnte prinzipiell auch anders sein. Selbst wenn es so kommt, wie es kommen musste, muss man es noch begründen. Das ist das Verrückte der modernen Welt! Man kann sie kaum beschreiben. Um ihre Strukturen auf den Begriff zu bringen, brauchen wir verfremdende Medien – Statistiken zum Beispiel oder Expertenkulturen.
Hier wächst die Sehnsucht nach einfachen Chiffren, nach simplen Erklärungen, nach Einschluss - und Ausschluss. Rechtes Denken glaubt, einen Hebel angeben zu können: eine größere Homogenität der Bevölkerung – gewissermaßen als hilfloses Therapeutikum dafür, kompliziertere Beschreibungen der Gesellschaft zu vermeiden.

 

Nationalsozialisten in den USA: Die Feier der „weißen Rasse“

Die Wände sind voller Hakenkreuze, auf dem Souvenirtisch liegt Wehrmachtskram, CDs, Bücher, Deutschland-Aufkleber fürs Auto, SS-Runenmagnete für den Kühlschrank: im Hinterzimmer der Peach Oyster Bar wurde schon alles für die "Feier der weißen Rasse" hergerichtet. Es sieht aus wie während der Drehpause eines Tarantino-Films, angsteinflößend und albern zugleich. Ein dreifaches "Sieg Heil!" hallt durch den Raum, dann sagt Jeff Schoep mit sanfter Stimme: "Sie haben sich unsere Konföderierten-Flagge genommen. Sie werden sich weitere Dinge holen. Unsere Rasse ist in Gefahr".
Seit den Terroranschlägen in New York 2001 wächst die rechtsextreme Szene Amerikas, schreiben die Rassismuswächter vom Southern Poverty Law Center. Menschen wie Jeff Schoep oder dem Ku-Klux-Klan-Mann Will Quigg graut vor dem Jahr 2042, in dem die Vereinigten Staaten von Amerika kein weißes Land mehr sein werden, in Kalifornien sind die Weißen schon eine Minderheit. Latinos und Asiaten machen einen immer größeren Anteil der Gesamtbevölkerung aus, vor allem aber nehmen interkulturelle Ehen zu, für Nazis ist das die größte Ohrfeige von allen. Dass Weiße freiwillig ihr Blut vermischen, ist für sie ein Verrat.
Die Aussicht, dass Donald Trump der nächste Präsident des Landes werden könnte, ist für die Rassisten in Georgia die erste gute Nachricht aus Washington seit langer Zeit. Mit ihm würde sich noch einmal alles ändern, ist man sich hier sicher.

 

Helma Maaß, 92 Jahre, muss sich bald für 266.390-fachen Mord in Auschwitz verantworten

Helma Maaß, 92 Jahre alt, muss sich bald vor dem Landgericht Kiel verantworten, weil sie im Vernichtungslager Auschwitz als „Nachrichtenmaid“ arbeitete. Die Anklage lautet auf Beihilfe zu 266.390-fachem Mord. Die Geschichte einer Frau, die unbedingt zur SS wollte.
Ein Altenheim in Neumünster, etwa 100 Kilometer nördlich von Hamburg. Hier verbringt Helma Maaß, 92, ihren Lebensabend in einem kleinen Appartement im ersten Stock. "Frau Maaß sitzt schon im Speisesaal", sagt eine Mitarbeiterin des Altenheims an einem Tag im vergangenen Dezember zum Besucher. Den Gang runter, eine Biegung nach links, und da sitzt sie, eine alte Frau mit einer dunklen Brille, die sie wegen einer Augenkrankheit tragen muss. Sie blickt geradeaus und scheint auf das Mittagessen zu warten, es ist kurz vor zwölf Uhr. "Guten Tag, Frau Maaß, kann ich mit Ihnen über Auschwitz sprechen?"

 

Leo Fischer über die Bilderberger: Verschwörer mit menschlichem Antlitz

Vorbei sind die Zeiten, in denen man sich in schmucken Pyramiden, im Schatten gewaltiger Menhire oder in unheimlichen Karpatenschlössern traf. Vorbei die Zeiten, als man per Tombola bestimmte, welche Länder miteinander Krieg zu führen haben und welche Krankheiten man auf die Menschheit loslässt. Heute trifft sich die von langjährigen Beobachtern wie Ken Jebsen oder Prof. Axel Stoll scharf kritisierte Weltregierung ausgerechnet im freudlosen Dresden, in einem ganz ordinären Kempinski-Hotel.
Stehen die »Bilderberger« am Ende gar vor der Insolvenz? Die Anzeichen sind deutlich: Wenn sogar Ursula von der Leyen zu so einem Treffen zugelassen wird, ist die Konferenz endgültig auf dem Niveau einer Zahnärztekonferenz angekommen. Eine Welt ohne Bilderberger – wäre sie überhaupt vorstellbar? Oder sogar nur wünschbar? Seit die Bilderberger 1887 die Weltregierungsverantwortung von den bayerischen Illuminaten übernommen haben, sieht ihre Bilanz jedenfalls trist aus. Die Illuminaten brachten demokratische Revolutionen, allgemeine Schulpflicht und den Goldstandard; die »Bilderberger« drei Weltkriege, Internetpornos und Zahnbürsten mit Bluetooth-Anschluss.

 

Ist Verfassungsschutz-Chef Maaßen ein russischer Agent?

Nein, ist er natürlich nicht, aber die Frage kann man ja mal stellen, oder? Hans-Georg Maaßen glaubt, Edward Snowden sei ein russischer Spion. Nicht, dass er Beweise für seine Behauptung hätte. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz findet nur – aufgrund seiner Erfahrung als Geheimdienstler, wie er sagte –, dass es plausibel sei. Es gibt kein Indiz für diese Theorie. Sie ist nach allem, was bisher bekannt wurde, abenteuerlich. Selbst hohe amerikanische Geheimdienstler gehen nicht so weit. Die einzigen, die diese Theorie verbreiten, sind Hans-Georg Maaßen und Patrick Sensburg.
"Haben Sie einen Beleg dafür, dass Snowden ein russischer Agent ist?", fragte André Hahn von der Linkspartei im NSA-Ausschuss. "Nein", sagte Maaßen. "Aber es hätte eine hohe Plausibilität."

Snowden reagierte auf Twitter mit folgendem Tweet:

Die Snowden-Dokumente beweisen weltweite Überwachungsoperationen bis in den letzten Winkel der Privatsphäre? Nein, sagen Maaßen und viele andere Zeugen im Untersuchungsausschuss. Originale dieser Papiere habe nie jemand gesehen, das seien nur von Medien veröffentlichte Kopien unklarer Herkunft und unklarer Glaubwürdigkeit. Das Handy der Kanzlerin wurde abgehört? "Mutmaßlich" wurde es das, sagte Maaßen.

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