Presseschau ... 12.12.2016

+++ Eingeschlagene Fenster, verwüstete Räume: Angriff auf Flüchtlingsprojekt in Frankfurt +++ Steinwurf auf Geflüchtetenunterkunft in der Sächsischen Schweiz +++ Birkenwerder (Brandenburg): Brandanschlag auf Bus von antirassistischer Initiative +++ Dortmund: Neonazis beleidigen Mann rassistisch, provozieren Kneipenschlägerei +++

 

Eingeschlagene Fenster, verwüstete Räume: Angriff auf Flüchtlingsprojekt in Frankfurt

Unbekannte haben die Räume des Cafés der Frankfurter Gruppe Project Shelter im Stadtteil Bornheim angegriffen. Die Täter haben ein rassistisches Bekennerschreiben hinterlassen. Die antirassistische Gruppe engagiert sich seit zwei Jahren für Migranten, die keine Unterkunft haben und auf der Straße leben - viele der Aktivisten sind selbst Flüchtlinge.Am Samstagabend demonstrierten in Frankfurt 100 Menschen gegen den Anschlag.

 

Steinwurf auf Geflüchtetenunterkunft in der Sächsischen Schweiz

Unbekannte haben in der Nacht zu Sonntag eine Asylunterkunft in Berggießhübel (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) attackiert. Sie warfen einen etwa zehn mal 15 Zentimeter großen Stein durch eine Fensterscheibe im Erdgeschoss des Gebäudes, teilte die Polizeidirektion Dresden am Sonntag mit. In dem betroffenen Raum hätten sich zur Tatzeit fünf Personen befunden, von denen niemand verletzt wurde.

 

Birkenwerder (Brandenburg): Brandanschlag auf Bus von antirassistischer Initiative

In Birkenwerder (Brandenburg) ist in der Nacht zu Freitag ein Kleinbus angezündet worden. Das Fahrzeug gehört dem regional tätigen Verein „Nordbahngemeinden mit Courage“. Dieser ist Teil des Aktionsbündnisses „Brandenburg gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“. Die Polizei geht nach ersten Erkenntnissen von Brandstiftung aus. Auf dem Dach ist ein Schild mit der Aufschrift „Refugees Welcome“ und „Willkommenskultur gestalten“ montiert

 

Dortmund: Neonazis beleidigen Mann rassistisch, provozieren Kneipenschlägerei

Zwei Aktivisten der rechten Szene wurden in der Nacht zu Freitag (9. Dezember) nach einer gefährlichen Körperverletzung, Widerstand und rassistischen Beleidigungen festgenommen. Ein 35-jähriger Dortmunder war nach eigenen Aussagen in einer Kneipe in der Dortmunder Innenstadt von zwei Männern (25 und 29) rassistisch beleidigt worden. Der 29-Jährige Agressor soll sogar versucht haben, dem Dortmunder mit einem Glas ins Gesicht zu schlagen. Aus dieser Situation heraus entwickelte sich eine Schlägerei mit mehreren Personen. Die Polizei nahm die beiden polizeibekannten tatverdächtigen fest. Bei dem 29-Jährigen handelt es sich um ein führendes Mitglied des Kreisverbandes der Partei „Die Rechte“ in Hamm.

 

Wismar: Vier Männer rauben 20-Jährigen aus Ghana aus und äußern sich rassistisch

Ein 20 Jahre alter Ghanaer ist am Donnerstagabend von vier Männern in Wismar ausgeraubt worden. Wenig später meldete sich eine Bekannte des Geschädigten bei der Polizei und gab an, die Täter im Stadtteil Friedenshof gesehen zu haben. Mit Hilfe der Zeugin gelang es, die polizeibekannten Männer ausfindig zu machen. Die alkoholisierten Männer äußerten sich während der Anzeigenaufnahme rassistisch.

 

Remscheid: Angriff auf „Weltladen“ – Scheiben eingeworfen

Bereits am Freitag, dem 2. Dezember wurden die Schaufenster des „Weltladens“ in Remnscheid von einem 30 mal 30 Zentimeter großen Steingebilde zetrümmert. Es war der insgesamt dritte Vandalismusfall an dem Laden. „Es besteht der dringende Verdacht, dass der Angriff von Rechtsradikalen kam“, berichtet Polizeisprecherin Anja Meis. Die Ermittler sehen auch eine Verbindung zu Schmierereien mit rechten Parolen, die sie sowohl in Wermelskirchen als auch in Lennep entdeckten.

 

Professor für NS-Pädagogik der Uni Frankfurt in Drohbriefen beschimpft

Mutmaßliche Neonazis haben den Leiter der Forschungsstelle NS-Pädagogik an der Frankfurter Goethe-Universität beschimpft. In einem anonymen Drohbrief bezeichneten sie den Erziehungswissenschaftler Professor Benjamin Ortmeyer unter anderem als „Überfremdungsaktivisten“, wie der Asta mitteilte.

 

Hakenkreuze und „NPD“ an Kirche in Moers gesprüht

Unbekannte hatten in der Nacht zu Sonntag ein Hakenkreuz auf eine Kirche in Moers NNRW) gesprüht. An einer Tür gegenüber hinterließen sie einen NPD-Schriftzug. Am Sonntag Abend fand in der Kirche ein Konzert unter dem Motto "Schalom – Kirche trifft Synagoge“ statt. "Ich sehe da einen direkten Zusammenhang", sagt Martin Behnisch-Wittig, Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die das Konzert mitorganisiert hatte.

 

„Identitäre“ hängen Banner an Münchner Kirche

Aktivisten der sogenannten Identitären Bewegung haben am Wochenende eine gelbe Fahne mit dem Logo der rechtsextremen Organisation und der Aufschrift „Minga ist identitär“ an das Baugerüst einer Kirche in München gehängt. Polizisten haben das Plakat nach der Entdeckung sofort abgenommen.

 

Ärzte, Unternehmer, Erzieher – Wer bestellt bei „Migrantenschreck“?

Hunderte Deutsche haben in diesem Jahr illegale Waffen im Netz bestellt, um auf Migranten zu schießen. Interne Daten zeigen das Ausmaß des menschenverachtenden Geschäfts.

 

Polizei fasst mutmaßlichen Bombenleger von Dresden – er war Redner bei Pegida

Nach dem Brandanschlag auf die Fatih Camii Moschee in Dresden-Cotta hat die Polizei einen Tatverdächtigen gefasst. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft lebt der 30-Jährige allein in Dresden. Er ist auch bei Pegida als Redner aufgetreten, entsprechende Videos auf Youtube belegen das. So stand der Tatverdächtige Nino K. am 13. Juli 2015 in Dresden auf der Bühne, wo er sich als in Dresden geboren und zum „harten Pegida-Kern“ gehörend vorstellte.

 

600 Verfahren gegen Neonazi-Kameradschaftler aus Sachsen

Unter früheren Mitgliedern verbotener Neonazi-Kameradschaften gibt es offenbar Beziehungen zur organisierten Kriminalität und einige Neonazis sind Mehrfach-Intensiv-Täter. Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der sächischen Grünen, wollte wissen, wie viele Strafverfahren es seit dem Verbot von Neonazi-Organisationen wie "Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS), "Sturm 34" in Mittweida oder "Nationale Sozialisten" in Döbeln und Chemnitz gegen deren ehemalige Mitglieder gab. 617 Verfahren wurden seit den Verboten geführt, die Delikte reichen von Betrug bis Kinderpornografie.

 

Neonazi wegen Anschlag auf Justizministerwohnung vor Gericht – VS hatte linke Täter vermutet

Die Fassungslosigkeit war groß, als vor einem Jahr der Anschlag mit Pflastersteinen und Buttersäure auf die Wohnung des Justizministers verübt wurde. Schnell war für Verfassungsschutz und Polizei klar: Tatmuster und die Zielperson können nur auf einen linken Angriff hindeuten. Innenminister Markus Ulbig verurteilte die „neue Qualität linker Gewalt“. Der Hauptverdächtige Thomas K., der jetzt gemeinsam mit einem Komplizen für die Tat vor Gericht steht, ist jedoch schon lange als gewalttätiger Hooligan und Neonazi bekannt. Seine DNA-Spuren wurden am Tatort gefunden.

 

Urteil: „Deutschland den Deutschen“ ist legale Meinungsäußerung

Die Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ allein ist keine Volksverhetzung, sondern eine Meinungsäußerung. So hat am Donnerstag das Amtsgericht in Oschersleben im Fall Johannes W. entschieden. Ihm wurde vorgeworfen, die Parole mit dem Zusatz „Neun Millimeter“ – eine Kalibergöße – bei einer „Mahnwache“ der Partei „Die Rechte“ in Oschersleben gerufen zu haben. Das konnte ihm der Richter jedoch nicht nachweisen und sprach ihn frei.

Rosenheim: Polizist verbreitete im Dienst "Reichsbürger"-Thesen – suspendiert

Ein Polizeibeamter aus Oberbayern soll im Dienst Gedankengut der "Reichsbürger"-Bewegung verbreitet haben. Der Mann sei am Donnerstag mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd am Freitag mit. Gegen den Beamten war ein Disziplinverfahren eingeleitet worden, weil der Mann einen "Staatsangehörigkeitsausweis" beantragt hatte. Im Laufe der Ermittlungen sei dann bekannt geworden, dass der Polizist während der Arbeit Gedankengut der "Reichsbürger" verbreitet habe.

 

Geheimnisverrat an Freitaler Neonazis: Sächsische Polizei suspendiert Beamten

Ein Beamter soll die rechtsextreme "Gruppe Freital" über Polizeieinsätze informiert haben. Erst jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Mann. Dabei hatten die Neonazis ihn schon 2015 belastet.

Der Schatten: Im Verfahren gegen die Gruppe Freital wird es heikel. Mischten Verfassungsschutz und Polizei mit? Hätte ein Anschlag verhindert werden können?

 

Erfundenes Zitat auf Facebook – Künast stellt Strafanzeige

Der Mord in Freiburg wurde im Netz genutzt, um Renate Künast mit einem falschen Zitat zu verunglimpfen. Die Grünen-Politikerin hat Anzeige erstattet, Facebook hat sich bei ihr entschuldigt – nachdem der Konzern zunächst tagelang untätig blieb.

 

Bundesverfassungsgericht: Wird die NPD nur im Osten verboten?

Im Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD bahnt sich ein überraschender Richterspruch in Karlsruhe an. Das Bundesverfassungsgericht könnte ein Teilverbot der Partei verkünden. Aber was kann so ein Urteil bewirken?

 

Niederlande: Geert Wilders wegen Diskriminierung und Beleidigung verurteilt ­– bleibt aber straflos

Rechtspopulist Geert Wilders ist der Diskriminierung und Beleidigung von Marokkanern schuldig gesprochen worden. Jedoch verhängten die Richter in Amsterdam keine Strafe. Ein Schuldspruch reiche als Strafe aus, befand das Gericht. Wilders bezeichnete das Gericht als wahnsinnig.

 

Pegida, Hogesa, viertes Reich? AfD-Abgeordneter nutzt Wirmer-Flagge als Hintergrundbild

Die Nominierung des AfD-Landtagsabgeordneten Bert Obereiner für die Kontrollkommission zur Überwachung des Verfassungsschutzes sorgte nicht zuletzt aufgrund dessen Teilnahme an rechtsextremen Demos für harsche Kritik. In einer Landtagsrede in Schwerin am Mittwoch zeigte er sich ahnungslos. Nun ist ein Foto aufgetaucht, das Obereiners Hintergrundbild auf dem Mobiltelefon zeigt: die äußerst umstrittene „Wirmer-Flagge“.

 

Zwickau: Kampf gegen den „Nazi-Kiez“

Rechtsextreme bedrohen in Chemnitz Politiker, auf ein alternatives Kulturzentrum wird ein Sprengstoffanschlag verübt. Ihr Ziel ist offenbar, ein eigenes Viertel von Gleichgesinnten zu etablieren. Susanne Schaper hat zu spüren bekommen, was die Rechtsextremen von Andersdenkenden halten. Sie ist Abgeordnete der Linkspartei im Sächsischen Landtag und steht vor dem Eckhaus, in dem sie bis vor Kurzem ihr Bürgerbüro hatte.

 

VS-Akte über Neonazi Michael Berger wurde am Tag nach seinem Mord an drei Polizisten gelöscht

Nur einen Tag nach dem Mord von Michael Berger an drei Polizisten in Dortmund und Waltrop am 14. Juni 2000 hat der NRW-Verfassungsschutz angeordnet, eine über Berger angelegte Akte zu löschen. Das wurde am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss in Düsseldorf bekannt.

 

Debatte zum Umgang mit Rechtspopulisten: Es ist falsch, sich der AfD zu verweigern

In manchen Berliner Bezirken wird die Wahl von AfD-Stadträten verhindert. Doch die Partei wird nicht verschwinden, wenn man sie ignoriert. Ein Kommentar.

 

Hetze im Internet: Wenn "Du Volksverräter" straflos bleibt

"Kümmeltürken" und "Moslem-Scheiß" - der Grünen-Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu kassiert jede Menge Hass. Doch die Ermittlungsverfahren werden überwiegend eingestellt. Die Begründungen für die Einstellung sind unterschiedlich – mal wurden die Täter nicht gefunden, mal behaupteten die, ihre Accounts seien gehackt worden. Besonders übel stoßen Mutlu jedoch die Fälle auf, in denen Beschimpfungen von den Ermittlern nicht als strafbar angesehen wurden.

 

Ist das Diskriminierung? Berliner Gastronom will keine AfD-Mitglieder

Billy Wagner bedient in seinem Berliner Gourmet-Restaurant alle – außer AfD-Mitglieder. Ist das nicht diskriminierend?

 

Community-Management in Online-Medien: Wenn Hass und Wut zum Alltag werden

Was tun, wenn sich in Kommentarspalten der blanke Hass entlädt? Wenn Leser ihre Weltanschauung mit der Keule verteidigen? Zwei Community-Managerinnen aus großen deutschen Zeitungsredaktionen erzählen aus ihrem Alltag.

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