Presseschau ... 12.07.2016

+++ Premnitz (Brandenburg): Brandanschläge auf Wohnungen von Geflüchteten +++ Stuttgart: Transperson auf befahrene Straße gestoßen +++ Gäste des "Yiddish Summer"-Festivals in Weimar antisemitisch beleidigt +++ Englischsprachige Naziparolen im Eisenacher Stadtgebiet gesprüht +++ Nächtliche Naziparolen in Magdeburg

 

Premnitz (Brandenburg): Brandanschläge auf Wohnungen von Geflüchteten

In Premnitz (Havelland) hat es in der Nacht zu Dienstag offenbar Brandanschläge auf zwei von Geflüchteten bewohnte Wohnungen gegeben. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei waren zwei Parterrewohnungen betroffen. An den Balkonen sei versucht worden, Brände zu legen. Auch Balkonmöbel seien in Brand geraten. Die Bewohner hätten die Brände allerdings selbst löschen können.
"Wir gehen von Brandstiftung aus", sagte Polizeisprecher Heiko Schmidt. Ob es sich um gezielte, rassistische Brandanschläge auf die Wohnungen von Geflüchteten handelte, müsse nun näher untersucht werden.
Das Havelland gilt bei den Sicherheitsbehörden als Schwerpunkt der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg. In Nauen war erst im Frühjahr eine Neonazi-Terrorzelle ausgehoben worden, die für den Brandanschlag auf eine als Asylunterkunft vorgesehene Turnhalle verantwortlich sein soll. Die Halle war im Sommer 2015 bei dem Anschlag komplett zerstört worden. Die Gruppe, deren Kopf der NPD-Funktionär Maik S. ist, wird auch für Anschläge auf das Parteibüro der Linkspartei und auf ein Auto zweier Kommunalpolitiker der Linken verantwortlich gemacht.

 

Stuttgart: Transperson auf befahrene Straße gestoßen

Nur durch eine Vollbremsung konnte eine Autofahrerin am Samstagabend ein schweres Unglück verhindern. Nach Angaben der Stuttgarter Polizei hatten drei junge Männer im Alter zwischen 16 und 18 Jahren gegen 21.45 Uhr einen laut Polizeibericht "transsexuellen Mann" angegriffen und geschlagen. Einer der drei Männer hatte das 22-jährige Gewaltopfer, das in Begleitung einer 23-jährigen Freundin war, zunächst aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes und seiner Bekleidung verbal beleidigt und dann im Laufe einer körperlichen Auseinandersetzung auf die Fahrbahn gestoßen.
Eine heranfahrende 22 Jahre alte Autofahrerin konnte durch ihre schnelle Reaktion gerade noch das Überrollen der am Boden liegenden Transperson verhindern. Alarmierte Polizeibeamte nahmen die drei Tatverdächtigen, die zunächst geflüchtet waren, kurze Zeit später vorläufig fest.

 

Gäste des "Yiddish Summer"-Festivals in Weimar antisemitisch beleidigt

Gäste und Organisatoren des Musikfestivals „Yiddish Summer“ sind in Weimar antisemitisch beleidigt worden. Ein Mann habe am Sonntag vor den Räumlichkeiten der Veranstalter aus einem vorbeifahrenden Auto antijüdische Parolen gegen die Gruppe gerufen, teilte die Polizei am Montag mit. Passanten merkten sich das Kennzeichen des mit zwei Insassen besetzten Autos und alarmierten die Polizei.
Als mutmaßlichen Täter ermittelte diese einen 34 Jahre alten Mann, der bereits mehrfach wegen politisch motivierter Straftaten in Erscheinung getreten sei.
Das am vergangenen Wochenende eröffnete Festival „Yiddish Summer“ gilt als wichtiger Treffpunkt für Künstler und Dozenten aus aller Welt, die sich mit der jiddischen Kultur beschäftigen.

 

Englischsprachige Naziparolen im Eisenacher Stadtgebiet gesprüht

In Eisenach haben Unbekannte in der Nacht zu Sonntag an einer Bahnunterführung ein weißes Bettlaken mit einer englischsprachigen Aufschrift, die übersetzt so viel bedeutet wie "Hitler hatte recht", aufgehängt, meldet die Polizei.
In der folgenden Nacht gab es außerdem einen weiteren Vorfall: Mehrere Vermummte seien von Zeugen dabei beobachtet worden, wie sie mit Eimern umherliefen. Die Polizei entdeckte die Aufschrift „NS Area“ an den Fassaden von größtenteils verlassenen Häusern, ein Mann konnte gestellt werden.

 

Nächtliche Naziparolen in Magdeburg

Polizeibeamte sind in der Nacht zum Sonntag gegen 2 Uhr in eine Gartensparte im Magdeburger Stadtteil Alte Neustadt gerufen worden. Laut Zeugenaussage wurden dort rechtsextremistische Parolen gerufen. Vor Ort trafen die Beamten auf vier Männer im Alter von 24 bis 30 Jahren, die der Polizei bereits bekannt sind. Es laufen Ermittlungen.

 

Arbeiterwohlfahrt will Mitgliedern der AfD kündigen

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Sachsen-Anhalt will künftig genau hinschauen, was ihre Mitglieder und Beschäftigten in ihrer Freizeit treiben. Genauer: Welches Parteibuch sie haben. Sollte dies von der AfD sein, könnten Mitarbeiter und Mitglieder des Verbandes demnächst zu unerfreulichen Gesprächen eingeladen werden.
Die AWO will künftig prüfen, ob eine Mitgliedschaft in der AfD mit dem Engagement im Sozialverband vereinbar ist. „Sollten Mitarbeitende der AWO oder ein Mitglied sich zu rechtsextremen, rassistischen und menschenverachtenden Haltungen bekennen, ist eine Kündigung oder eine Auflösung der Mitgliedschaft mit der AWO anzustreben“, heißt es auf Seiten des Verbands. Und zwar bundesweit.
Die Partei widerspreche den Grundwerten der AWO, die für Solidarität und Toleranz stehe. Juristen bezweifeln jedoch, dass der AWO-Beschluss ohne Weiteres umsetzbar ist. „Ich habe schwere Bedenken, dass Sie jemandem kündigen können, weil er Mitglied einer demokratisch gewählten Partei ist“, sagt Rechtsanwalt Rainer Wilde, Jura-Dozent an der Martin-Luther-Universität in Halle.

 

Überwachung durch den Verfassungsschutz? Die AfD ist eine Partei ohne Prinzipien

Tatsächlich agieren Teile der AfD im Graubereich zur Verfassungsfeindlichkeit. Das zeigt sich, wo es um Kontakte zu Pegida geht oder zur „Identitären Bewegung“, die seit Längerem im Visier des Verfassungsschutzes sind. Dass Politiker nun aber öffentlich eine nachrichtendienstliche Beobachtung der AfD fordern, erscheint kontraproduktiv. Es droht ein Märtyrereffekt.
Wirklich gefährlich werden könnte der AfD etwas ganz anderes – der Eindruck nämlich, dass ihren Spitzenpolitikern zum Zwecke des Machterhalts und -erwerbs so ziemlich jedes Mittel recht ist. Das ist genau der Vorwurf, der an der AfD-Basis seit Jahr und Tag gegen die Konkurrenzparteien erhoben wird. Für die Beantwortung dieser Frage hilft es, sich noch einmal die Geschehnisse rund um den Fall des AfD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon vor Augen zu führen.

 

Angst vor beruflichen Nachteilen: AfD-Jugend distanziert sich von „Identitärer Bewegung“

Die Nachwuchsorganisation der AfD will nichts mehr mit den Anhängern völkischen Gedankenguts zu tun haben. Sie denkt dabei an die berufliche Zukunft einiger Mitglieder.
Die Bundesvorsitzenden der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA), Sven Tritschler und Markus Frohnmaier, haben sich am Sonntag von der fremdenfeindlichen und völkischen „Identitären Bewegung Deutschland“ (IBD) distanziert.
„Antragsteller, die sich in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation betätigen oder betätigt haben, werden von uns konsequent abgelehnt“, sagte Frohnmaier.
„Uns sind keine aktiven Kader der Identitären Bewegung in der JA bekannt“, sagte Frohnmaier. Es habe einen Besuch einer Demonstration der österreichischen „Identitären Bewegung“ in Wien durch „Einzelpersonen“ der deutschen JA gegeben. „Wir missbilligen das.“ Der Co-Bundesvorsitzende Tritschler sagte der F.A.Z. mit Blick auf Staatsbedienstete in der JA, für die eine Nähe zu verfassungsfeindlichen Organisationen berufliche Nachteile bedeuten könnten: „Wir sind es den Soldaten, Polizisten und Beamten unter uns schuldig, eine klare Linie zu ziehen. Und das machen wir auch.“

 

Nach Jagd auf Flüchtlinge: Ermittlungen gegen Ex-Pegida-Frontfrau Festerling

Die sächsische Justiz wollte nicht. Nun hat die Hamburger Polizei nach der Bulgarien-Mission von Tatjana Festerling ein Ermittlungsverfahren gegen die Ex-Frontfrau von Pegida eingeleitet.
Die Polizei verdächtigt Ex-Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling nach ihrer Bulgarien-Mission, sich des "Anwerbens für einen fremden Militärdienst" schuldig gemacht zu haben. Sie hat deshalb ein Ermittlungsverfahren gemäß Paragraph 109 h des Strafgesetzbuches eingeleitet, wie die Behörde auf Tagesspiegel-Anfrage mitteilte.
Festerling hatte Ende Juni gemeinsam mit dem niederländischen Pegida-Aktivisten Edwin Wagensveld Bulgarien besucht. Sie schloss sich in der Grenzregion zur Türkei für einen Tag einer paramilitärischen Bürgerwehr an, die dort Flüchtlinge jagt. Auf Facebook gepostete Fotos zeigen sie in Bulgarien in Tarnkleidung, umringt von teils vermummten Männern.
Festerling hatte Ende Juni gemeinsam mit dem niederländischen Pegida-Aktivisten Edwin Wagensveld Bulgarien besucht. Sie schloss sich in der Grenzregion zur Türkei für einen Tag einer paramilitärischen Bürgerwehr an, die dort Flüchtlinge jagt. Auf Facebook gepostete Fotos zeigen sie in Bulgarien in Tarnkleidung, umringt von teils vermummten Männern.

 

Bei Pegida und Bachmann ist die Luft raus

Immer weniger Teilnehmer, Demonstrationen fallen aus, Bachmann nimmt nicht mehr teil, die ehemals Vertrauten zerfleischen sich im Internet. Bei Pegida ist die Luft raus.
Pegida macht Pause. Am gestrigen Montag wollten die Islam- und Asylfeinde nicht demonstrieren. Das hat Siegfried Däbritz, rechte Hand von Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann am vergangenen Montag angekündigt.
Gemessen an der größten Pegida-Kundgebung im Januar 2015 ist die Organisation auf Zwergengröße geschrumpft. Die Polizei sprach damals von rund 25 000 Demoteilnehmern, am vergangenen Montag waren es nur noch um die 2000. Daran ändern auch die Aufrufe von Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz nichts, die regelmäßig dazu auffordern, jeder Demoteilnehmer solle noch einen weiteren Menschen mitbringen.

 

Urteil im Mordfall Luke Holland: Kein Nazi, nur Hitlerbüste im Wohnzimmer

Elf Jahre muss der Mörder des 31-jährigen Briten Luke Holland in Haft. So lautet das Urteil, das das Berliner Landgericht am Montag über Rolf Z. verhängte. Das Gericht befand den 63-Jährigen für schuldig, am Morgen des 20. September 2015 den damals 31-jährigen Briten Luke Holland vor einer Bar in Berlin-Neukölln mit einer Schrotflinte erschossen zu haben: ohne vorher in irgendeiner Weise zu dem Getöteten in Beziehung gestanden oder auch nur mit ihm kommuniziert zu haben.
Nicht nur wegen dieses fehlenden Tatmotivs hatte der Fall Aufsehen erregt. Z.s Name war auch bei den Ermittlungen um einen anderen, bis heute ungeklärten Mord aufgetaucht: dem an Burak B., der am 5. April 2012 mit 22 Jahren ebenfalls in Neukölln und ebenfalls am frühen Morgen auf offener Straße erschossen worden war. Auch hier war der Tat keinerlei Kontakt zwischen Täter und Opfer vorausgegangen.
Er habe ihren Sohn erschossen, weil der vor der Bar in englischer Sprache telefoniert habe, sind die Eltern des Getöteten und ihre Nebenklageanwälte überzeugt. Sie hatten lebenslänglich gefordert.  In der Wohnung des Täters waren neben Waffen Nazidevotionalien wie eine Hitlerbüste gefunden worden.

 

Aschheim: Vergewaltigung „durch afrikanisch aussehende Männer“ frei erfunden

Eine angebliche Vergewaltigung einer 21-jährigen Frau nach einem Dorffest in Aschheim (Bayern) durch zwei dunkelhäutige Täter war frei erfunden. Das hat ein Sprecher des Polizeipräsidiums München am Dienstagmorgen bestätigt. Er sprach von einer "Schutzbehauptung" der jungen Frau, die am Montag stundenlang vernommen worden war.
Bereits am Sonntag waren nach widersprüchlichen Zeugenaussagen Zweifel an der Vergewaltigungsversion aufgetaucht. Ein Freund der Frau hatte die angebliche Tat am Sonntag bei der Polizei angezeigt. Sie sei auf dem Heimweg von dem Fest von zwei afrikanisch aussehenden Männern in ein Gebüsch bei Kirchheim gezogen worden, hatte es zunächst geheißen.

 

Volksverhetzung: 62-Jähriger für Facebookposts zu Bewährungsstrafe verurteilt

Für Volksverhetzung in 18 Fällen, darunter neun in Tateinheit mit dem Aufruf zu Straftaten und einem Fall des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, wurde ein 62-jähriger Mann vom Amtsgericht Heidenheim (Baden-Württemberg) zu einer Haftstrafe von einem Jahr, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, verurteilt. Der Mann muss außerdem 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Auf Posts der Lokalzeitung im sozialen Netzwerk reagierte der Mann mit Einträgen wie „Asylantenpack raus“, „rausjagen, abschießen“ und dem Aufruf, mittels Waffengewalt gegen Asylbewerber und Muslime vorzugehen. Die teils vor Rechtschreibfehlern strotzenden Kraftausdrücke, die er dabei verwendete, bezeichnete der vorsitzende Richter als „brutale und intensive Sprache“.
Der Angeklagte erklärte während der Verhandlung, eigentlich gar nichts gegen Ausländer zu haben, „ich kenne sogar viele.“ Seine persönliche für ihn sehr frustrierende Situation habe ihn zu den Einträgen bewogen. „Ich bin Frührentner, Mitte des Monats ist der Geldbeutel leer. Und wenn ich dann sehe, was manche alles bekommen, rege ich mich eben auf“ Ich bin nun mal ein Raketenmännchen, wenn ich manchmal etwas lese, drehe ich durch.“

 

„Identitäre“ Propaganda-Aktionen in München, Hamburg, Frankfurt und Leipzig

In München stellte sich am Sonntag ein Dutzend Akteur_innen der "Identitären Bewegung" (IB) kurz mit Transparenten in die Mittelhalle des Hauptbahnhofes und verteilt dazu Flyer ("No way - You will not make europe home"). Die rassistische Versammlung soll sich gegen eine "Willkommenskultur" gegenüber Geflüchteten richten.
Im Nachhinein veröffentlichen die "Identitäre Bewegung Bayern" und die "Identitäre Bewegung Deutschland" Fotos dieses Auftritts und ähnlicher Aktionen in den Hauptbahnhöfen Hamburgs und Frankfurts. Im Begleittext hetzt die IB massiv rassistisch: Geflüchtete werden als "apokalyptische Reiter" bezeichnet, "die die Vorhut für gesellschaftliche Zersetzung durch Migration, Kriminalität und Wohlfahrtsverlust bilden".

In Leipzig berichtet die Polizei von einer Flyeraktion der „Identitären“ in dem Einkaufszentrum „Höfe am Brühl“. Laut Polizei kippten am Samstag Unbekannte mehrere Säcke mit Papierschnipseln von einer obere Etage über Einkaufenden aus. Auf den Papierstreifen war ein sogenannter Hashtag gedruckt. Mit dem Begriff sollen Internetnutzer beim sozialen Netzwerk twitter auf fremdenfeindliche Inhalte gelenkt werden. Die Aktion fand kurz vor der Legida-Demonstration statt.

 

Identitäre Bewegung: "Wir haben es mit neu verpacktem Rassismus zu tun"

Simbach, Ende Juni. Die Kleinstadt ähnelt einem Kriegsgebiet. Aufgerissene Straßen, verlassene Häuser, vollgestopfte Container. Eine Regenflut hatte den niederbayerischen Ort verwüstet. Die Bilder gingen um die Welt. Weil es Bürokraten aber bis heute nicht geschafft hätten, den Leuten wirklich effektiv zu helfen, stellte die sogenannte Identitäre Bewegung (IB) kurzerhand einen Trupp von 30 jungen Leuten aus Bayern und Österreich zusammen, um aufzuräumen. Bald gibt es Bilder davon im Netz. Über 13.000 Aufrufe sammelt das Video auf Facebook.
IB-Aktivisten schippen Schlamm, räumen Schutt weg. Die Botschaft ist klar: Wir packen an! "Die Gemeinschaft wächst zusammen, und man tut was Sinnvolles", verkündet der Vorsitzende der Identitären Bewegung Bayern, Sebastian Zeilinger. "Uns geht's ja schließlich um unsere Heimat, um unser Volk." Die Identitären, wie sich die Mitglieder kurz nennen, räumen aber nicht nur Dreck weg, sondern laden ihn auch ab.

Eine Annäherung an die „Identitären“ gibt es auch beim Deutschlandfunk zu lesen. Ein Anruf bei der Identitären Bewegung in Deutschland. Es meldet sich Daniel Fiß, er sei autorisiert, mit der Presse zu sprechen, erklärt er. Wir konfrontieren ihn mit Häuslers Vorwürfen: Verbreitet die IBD Rassismus? Nein, sagt Fiß, man thematisiere lediglich "soziale Tendenzen" und "religiöse Systeme"; so würden nicht der Islam oder der einzelne Muslim attackiert, sondern die Praktiken dieser Religion. Rechts?  Es gebe "Verbindungslinien zu Neuen Rechten", vor allem aber wolle man in einem "verfassungsgemäßen Rahmen" einen Gegenpol zum linken Deutschland darstellen.

 

Rassismus: Haue in Aue

Ein Reporter hat den Rassismus in Aue kritisiert, die Stadt wurde wütend. Nun traute er sich erneut hin.
Thelen stammt aus Bonn, er lebt seit Kurzem in Leipzig, und er hatte vor einiger Zeit eine Idee. Er wollte Sachsen, diese in Verruf gekommene Gegend, verstehen. Er wollte wissen, was dran ist an dem Vorwurf, dass die Sachsen einen Hang zum Rechtspopulismus hätten. Gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Victor fuhr er mehrere Wochen durch kleine und große Orte, berichtete darüber auf einem Internetblog. In einem Interview mit der ZEIT sagte er zu seinen Recherchen: „ Uns wurde schnell klar, das Problem ist nicht kleiner, als die Medien es machen – sondern es ist eher größer."
Die Kleinstadt Aue im Erzgebirge, eine der Stationen von Thelens Reise, kam dabei besonders schlecht weg. Die Worte lösten in Aue einen Sturm der Entrüstung aus. Unter den Leuten, die sich aufregten, waren der Oberbürgermeister, Stadträte, Unternehmer. Auch die Lokalzeitung mischte mit. In der vergangenen Woche ist er wieder nach Aue gefahren. Die Mitglieder des Stadtrats haben ihn zu einer Diskussionsrunde eingeladen.

 

Berlin: Geflüchtete protestieren gegen ihre Verlegung in Großunterkunft

In Berlin-Neukölln protestieren etwa zwei Dutzend (die Behörden sprechen von lediglich 15) palästinensische, syrische und irakische Flüchtlinge gegen ihre Verlegung in eine neue Unterkunft. Denn für die Bewohner soll es nicht etwa in ein kleineres Heim oder eine private Wohnung gehen, sondern in die Großunterkunft Tempelhof. 90 der 120 ehemaligen Bewohner der Jahnsporthalle in Neukölln sind bereits dorthin umgezogen. Nour und seine Mitstreiter wollen nicht dorthin.
„Zehn Monate lang haben wir mit hundert Menschen auf engstem Raum zusammen gelebt“, begründet Nour seinen Widerstand. „Und jetzt sollen wir mit tausend Menschen im Tempelhof leben?“ Man merkt Nour, der weder seinen Nachnamen noch sein Foto in der Zeitung sehen will, Ungeduld und Frustration an. Die Massenunterkunft in Tempelhof sei kein Ort an dem man sich integrieren oder soziale Kontakte knüpfen könne. Dort gebe es auch Drogendealer. Keiner wolle dort wohnen. Seit Freitag campieren die Protestierer vor der verschlossenen Jahnsporthalle, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Am Montag organisierten sie einen Demonstrationszug zum Rathaus Neukölln.
„Wir wollen arbeiten, studieren und uns integrieren“, sagt Nour. Das ginge nicht in einer Massenunterkunft ohne Privatsphäre.

 

Eine britische Neonazi-Gruppe hat kürzlich die „Miss Hitler 2016“ gekürt

In Großbritannien wurde vor Kurzem eine junge Schottin von der Neonazi-Gruppe National Action zur „Miss Hitler 2016" gekürt. Der Wettbewerb fand über soziale Netzwerke statt, um die weiblichen Mitglieder der männerdominierten Neonazigruppe zu präsentieren, die laut eigener Aussage vorwiegend aus jungen Männern „von Anfang bis Mitte 20" besteht.
National Action hat den Wettbewerb ursprünglich über Facebook ins Leben gerufen, doch das soziale Netzwerk hat die Seite der Gruppe gelöscht. Nach dem Ausschluss setzte National Action seinen Wettbewerb über Twitter fort und erhielten dort mehrere Bewerbungen von Frauen, die sich selbst als „Lady of the Lolocaust", „BuchenwaldPrincess" oder „Eva Bin Gassin" bezeichneten.
Die Fotos der Gewinnerinnen der „Miss Hitler 2016" erschienen zusammen mit einem kurzen Interview auf dem Blog von National Action. Auf die Frage „Wenn du jemanden umbringen und damit davon kommen könntest, wen würdest du dann umbringen und warum?" antwortete „Miss Hitler 2016", dass sie sich für Angela Merkel entscheiden würde und fügte an, dass sie sie „in eines ihrer Camps sperren und ihre geliebten Flüchtlinge den Rest machen lassen würde."

 

Der tägliche Hass im Internet

Polizeipräsidenten neigen eher nicht zu großen Ansprachen an die Internetgemeinde. Hubertus Andrä ist da wohl eine Ausnahme. Am 20. August 2015 appellierte Münchens Polizeichef an die Facebook-Öffentlichkeit, doch bitte im Netz zu unterlassen, was im "Real Life" auch nicht erlaubt ist. "Volksverhetzung bleibt auch im Web eine Straftat", warnte Andrä auf der Facebook-Seite der Münchner Polizei.
Und knapp ein Jahr später? Ist Hubertus Andrä inzwischen mit seiner Botschaft durchgedrungen? Eher nicht. "Gerade beim Thema Flüchtlinge ist die Bandbreite an widerlichen und rassistischen Kommentaren mittlerweile enorm", sagt Marcus Buschmüller. Er ist der Vorsitzende von Aida, der Münchner antifaschistischen Informationsstelle, und dokumentiert die Aktivitäten der rechten Szene seit 26 Jahren.

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