+++ Rassistischer Angriff in Bremen nach Halbfinalspiel +++ Braunschweig: Nazischläger in der Innenstadt nach Halbfinale +++ Geflüchtete in Limburg überfallen +++ Brand vor türkischem Supermarkt gelegt +++ Berlin: Wohnwagen abgebrannt - neben Standort für umstrittenes Flüchtlingsheim +++ Berlin: Rechtsrock und Hitlergruß bei Junggesellenabschied auf Boot
Rassistischer Angriff in Bremen nach Halbfinalspiel
Im Bremer Ostertorviertel ist es nach dem EM-Halbfinalspiel am vergangenen Donnerstag zu einem rassistisch motivierten Übergriff auf einen 17-jährigen Bremer mit dunkler Hautfarbe gekommen. Das Opfer wurde laut Polizeiangaben von einer fünfköpfigen Gruppe bedrängt und beleidigt. Das Quintett soll zuvor lautstark verfassungswidrige Parolen gerufen haben. Der Staatsschutz ermittelt.
Wie die Polizei mitteilte, stiegen gegen 0.40 Uhr drei Männer und zwei Frauen aus einer Straßenbahn. Laut Zeugenaussagen riefen sie zuvor rechte Parolen. Einer aus der Gruppe ging demnach auf den 17-jährigen Bremer zu und bedrängte und beschimpfte ihn mit rassistischen Ausdrücken. Alle fünf Angreifer trugen ein Deutschlandtrikot.
Zwei 45 und 61 Jahre alte Männer bekamen den Vorfall mit und eilten dem Jugendlichen zu Hilfe. Sie wurden daraufhin mit einer Flasche und einem Fahrrad beworfen, verletzten sich aber nur leicht. Anschließend stieg die Gruppe wieder in die Straßenbahn.
Braunschweig: Nazischläger in der Innenstadt nach Halbfinale
Am Donnerstagabend waren in Braunschweig gegen 23 Uhr zwei Männer unterwegs, die nach Polizeiangaben extrem rechte Parolen gerufen und einen Mann geschlagen haben sollen. Die beiden sollen einen 32-jährigen Mann verprügelt haben und traten auch noch auf ihn ein, als er schon am Boden lag.
Die Beamten stellten die beiden 17 und 24 Jahre alten Beschuldigten. Der 17-Jährige sei stark alkoholisiert gewesen und wurde von der Polizei seinem Vater übergeben. Unkooperativ zeigte sich der 24-Jährige. Er beleidigte und beschimpfte die Polizisten und zeigte den Hitlergruß. Die Nacht verbrachte der Mann in Polizeigewahrsam.
Geflüchtete in Limburg überfallen
In der Nacht auf Freitag sind in Limburg (Hessen) zwei Geflüchtete überfallen und ausgeraubt worden. Zwei algerische Asylbewerber wurden von vier bislang unbekannten Männern angegriffen. Beide wurden mit Schlägen und Tritten traktiert, einer der Algerier wurde von einem der Täter mit einer abgebrochenen Flasche verletzt. Anschließend nahmen die aggressiven Täter ein Handy, Bargeld und Ausweisdokumente an sich. Einer der beiden Geflüchteten musste im Krankenhaus behandelt werden.
Brand vor türkischem Supermarkt gelegt
Eine Anwohnerin hat in der Nacht zum Freitag um drei Uhr einen Kleinbrand vor einem türkischen Supermarkt in Ichenhausen (Bayern) bemerkt. Zu diesem Zeitpunkt brannten Zeitungen, die vor dem Geschäft auf einer Palette gelagert waren, meldet die Polizei.
Der verständigte Besitzer konnte das Feuer selbst löschen. Wie bei diesem Vorfall auch eine Scheibe zu Bruch gehen konnte, ist derzeit Gegenstand der Ermittlungen. Die Polizei schließt einen „fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus“, ein Bekennerschreiben liege derzeit allerdings nicht vor.
- http://www.augsburger-allgemeine.de/krumbach/Brand-vor-tuerkischem-Supermarkt-gelegt-id38394417.html
Berlin: Wohnwagen abgebrannt - neben Standort für umstrittenes Flüchtlingsheim
In Berlin-Altglienicke ist am Freitagabend ein Wohnwagen bis auf das Fahrgestell heruntergebrannt. Das Fahrzeug stand laut Polizei in unmittelbarer Nähe zum Standort für ein geplantes Flüchtlingsheim, gegen das Anwohner seit Wochen auf die Straße gehen. Ein Brandkommissariat hat die Ermittlungen übernommen. "Eine Brandstiftung kann nicht ausgeschlossen werden", erklärte das Polizeipräsidium. Dennoch gehen die Ermittler derzeit nicht von einer politischen Straftat aus.
Berlin: Rechtsrock und Hitlergruß bei Junggesellenabschied auf Boot
Beamte der Wasserschutzpolizei stoppten am Samstagabend in Mitte ein Boot, weil von dort aus laut Zeugen Musik mit rechtsradikalem Inhalt abgespielt worden war. Konkret sagen die Zeugen, sie hätten ein Lied der Rechtsrock-Band "Die Lunikoff Verschwörung" gehört, das auf dem Index steht.
Der Zeuge, der die Polizei alarmierte, gab auch an, ein Mann habe auf dem Boot den rechten Arm zum Hitlergruß gehoben. Auf dem Boot befanden sich anlässlich eines Junggesellenabschieds insgesamt zehn Männer und zwei Frauen. Die Musik auf dem Boot wurde von einem an Lautsprecher angeschlossenen Handy eines 38-Jährigen abgespielt. Der Mann bestritt den Vorwurf verbotene Musik abgespielt zu haben. Das Handy wurde daher als Beweismittel sichergestellt.
Vom Schmuddelkind zum Schattenchef: Wie Höcke sich ins Machtzentrum vorarbeitet
Vor gut einem Jahr stand Björn Höcke kurz vor dem Rauswurf aus der AfD. Der Bundesvorstand – damals noch unter Führung von Bernd Lucke – beschloss ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Fraktionschef im Thüringer Landtag einzuleiten.
Auch nachdem sich Parteigründer Lucke und seine Getreuen von der AfD abgespalten hatten und die Partei spürbar nach rechts gerückt war, war Höcke weiterhin umstritten: Höcke hatte sich über die „Reproduktionsstrategie“ von „Afrikanern“ ausgelassen. Im Dezember vergangenen Jahres forderte der AfD-Bundesvorstand Höcke auf, zu überprüfen, ob die AfD noch die richtige Partei für ihn sei.
Höcke war immer der Rechtsaußen der AfD. Doch nun scheint er in der Mitte der Partei angekommen zu sein – und sie mehr und mehr zu vereinnahmen. Gauland und Meuthen hofieren Höcke geradezu.
Geschichtsrevisionisten in der AfD
Innerhalb der AfD gibt es ein Netz von kruden Geschichtsrevisionisten – mit Kontakten zu rechtsextremen Organisationen. Andreas Lichert aus dem Landesvorstand der Partei gehört dazu.
Ein Ort des Geschehens ist die 2013 von Lichert ins Leben gerufene „Projektwerkstatt Karben“. Ein Treffpunkt und Veranstaltungsraum für Aktivisten und Vordenker der sogenannten Neuen Rechten. Lichert selbst ist bis heute Vorsitzender des Trägervereins des „Instituts für Staatspolitik“ (IfS), der wichtigsten Denkfabrik der Neuen Rechten in Deutschland. Und auch der Referent an jenem 10. April ist politisch eindeutig verortbar. Sein Name: Sebastian Pella. Der Historiker hatte 2011 für einen Eklat gesorgt, als bekanntwurde, dass er regelmäßig für rechte Zeitschriften schrieb und ein Buch in einem rechtsextremen Verlag veröffentlicht hatte.
Anderthalb Monate nach seinem Auftritt in Licherts Projektwerkstatt besucht Sebastian Pella eine andere Veranstaltung. Vom 23. bis 25. Mai 2014 tagt im thüringischen Kirchheim die Gesellschaft für freie Publizistik (GfP). Hinter dem harmlos klingenden Namen verbirgt sich die nach Ansicht des baden-württembergischen Verfassungsschutzes „größte rechtsextreme Kulturvereinigung“ in Deutschland. Ein Zusammenschluss rechtsextremer Publizisten und Wissenschaftler, gegründet von ehemaligen SS- und NSDAP-Mitgliedern, der in der Vergangenheit auch Holocaustleugnern ein Podium bot.
Islam-Buch: Hat die AfD Thüringen dafür Steuergelder missbraucht?
In dem Buch "Der Islam – Fakten und Argumente" stellt die Thüringer AfD-Fraktion ihre Sichtweise über den Islam dar. Bezahlt wurde es von Fraktionsmitteln. Doch es gibt Zweifel, ob es bei dem Buch einen direkten Bezug zur parlamentarischen Arbeit in Thüringen gibt. Der Thüringer Rechnungshof prüft nun, ob Steuergelder missbraucht wurden.
AfD-Politiker werden vom Verfassungsschutz beobachtet
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat nach dem Streit um antisemitische Äußerungen des Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon dazu aufgerufen, die AfD mit Blick auf eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz neu zu bewerten. „Der Verfassungsschutz muss ein scharfes Auge auf die AfD und einzelne Personen aus dieser Partei haben: Wenn die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, muss gehandelt werden“, sagte Strobl.
Bei einzelnen Politikern ist genau das offenbar schon der Fall: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und mehrere Landesämter prüfen derzeit anhand öffentlicher Quellen, ob die Partei oder einzelne ihrer Strömungen Beobachtungsobjekt werden sollen. Zudem werden schon jetzt Einzelpersonen aus der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet. Aussagen und Kontakte führender AfD-Politiker stehen gegenwärtig im Fokus einer Prüfung, bei der es darum geht, ob „die AfD die freiheitliche demokratische Grundordnung ganz oder in Teilen einschränken beziehungsweise abschaffen möchte“.
NSU: Verfassungsschutz hat auf allen Ebenen versagt
In der Affäre um den früheren V-Mann „Corelli“ werden dem Bundesamt für Verfassungsschutz etliche „Regelverstöße und Schwachstellen“ auf allen Ebenen vorgeworfen. In einem vertraulichen Untersuchungsbericht des früheren Ministerialdirektors Reinhard Rupprecht sei die Rede von einem „Versagen der vierfach gestaffelten Dienst- und Fachaufsicht im BfV - von der Amtsleitung, über die Abteilungsleitung, Referatsgruppen- und Referatsleitung“.
Inzwischen sind 23 Handys aufgetaucht, die der 2014 gestorbene Spitzel „Corelli“ für die Neonazi-Szene und sein V-Mann-Führer im BfV genutzt haben sollen. Kontrollen und Aufsicht über die Zusammenarbeit des V-Manns und seines V-Mann-Führers im BfV gab es offenbar nur wenig. Der Fall ist brisant im Zusammenhang mit der Mordserie der Neonazi-NSU-Terrorzelle, da weiterhin Verdachtsmomente bestehen, dass „Corelli“ einen Hinweis auf oder sogar Kontakt zu den mutmaßlichen Mördern der Terrorzelle hatte.
NSU-Untersuchungsausschuss in Brandenburg: Verfassungsschutz im Visier der Aufklärer
Ein Untersuchungsausschuss soll die Rolle der brandenburgischen Sicherheits- und Justizbehörden im NSU-Komplex beleuchten. Was ist fünf Jahre nach Auffliegen der Terrorzelle noch aufzudecken? Welche Fragen sind um „Piatto“ und andere V-Leute noch offen?
Hätte Brandenburg die rechte Terrorserie verhindern können?
Ja, lautet der Vorwurf von Nebenklagevertretern im NSU-Prozess. „Piattos“ Nachricht hätte zur Ergreifung des Trios führen können, bevor überhaupt der erste Mord geschah. Wie die Information verwertet wurde, will der Ausschuss klären.
Welche weiteren Verbindungen gibt es nach Brandenburg?
Die Festnahme des Mitangeklagten André Eminger erfolgte in Grabow (Potsdam-Mittelmark) auf dem Grundstück seines Bruders Maik, der Kopf der Neonazi-Splitterpartei „Der III. Weg“ ist. Hat er seinen Bruder unterstützt?
Behörden bekommen mehr Personal für Islamismus als für Neonazis
Die Sicherheitsbehörden des Bundes – insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt (BKA) – haben ihr Personal zur Abwehr des Islamismus nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in erheblich größerem Maße aufgestockt, als sie es nach dem 4. November 2011 im Bereich Rechtsextremismus taten, als Zug um Zug die Taten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) bekannt wurden. Das ergibt sich aus der Antwort der Bunderegierung auf eine Kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion.
Demnach wurde beim Verfassungsschutz 2003 die Abteilung „Islamistische Gewalt/Islamismus“ gegründet und seither durch 329 Neueinstellungen gestärkt, ein knappes Drittel davon mit Fachhochschulabsolventen. Dem BKA wurde seit 2001 über 800 neue Planstellen im Bereich Terrorabwehr gewährt – ergänzt durch zusätzliche Mitarbeiter im Bundeskanzleramt sowie beim Bundesnachrichtendienst.
Nach dem Auffliegen des NSU hat das Bundesamt für Verfassungsschutz hingegen der Antwort zufolge „erstmals mit dem Haushalt 2016 neue Planstellen für den Bereich rechtsextreme Gewalt/Terrorismus erhalten“. Vorher kam es durch Umstrukturierungen zu 35 Neueinstellungen. Dem BKA sind in dem Bereich mit dem Haushalt 2013 laut Angaben der Bundesregierung 30 neue Planstellen zugegangen.
Bestohlen, verfolgt, verprügelt: Übergriffe auf Flüchtlinge in Niederbayern
Türsteher weisen Flüchtlinge mit einem Faustschlag ab, Drogenjunkies beklauen sie im Park, Hundebesitzer lassen im Wald ihr Tier auf sie los: Diese Fälle, die junge Flüchtlinge einem Journalisten erzählten, stehen in keinem Polizeibericht. Sie zeigen, wie schwer das Leben in Niedebayern für junge Flüchtlinge ist, wie abweisen ein Teil der Bevölkerung auf sie reagiert.
Verfahren um Nazi-Bilder in Whatsapp-Gruppe: Nicht strafbar weil nicht öffentlich
Im Dezember 2015 waren in der WhatsApp-Gruppe einer Musikkapelle aus Ehingen (Baden-Württemberg) eindeutig rechtsextreme Inhalte aufgetaucht. Hakenkreuze, Judenhetze, Schwarze mit und ohne Lendenschurz, Adolf Hitler in NS-Montur. Ein Verfahren wegen Volksverhetzung ist nun eingestellt worden.
Das ehemalige Mitglied der Kapelle hatte eingeräumt, in der Whatsapp-Gruppe der Faschings-Musikkapelle im Dezember 2015 verschiedene Bilder mit rechtsextremen Inhalten gepostet zu haben.
Sowohl der Straftatbestand der Volksverhetzung als auch das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen setze ein Verbreiten der Schriften oder Bilder voraus. Davon könne erst ausgegangen werden, wenn es der Täter darauf angelegt hat, die Schriften einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen.
„Nach Rechtsprechung reicht die Weitergabe an einzelne bestimmte Dritte nicht aus“, heißt es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft. In dem konkreten Fall sei der Adressatenkreis zahlenmäßig beschränkt auf einzelne Mitglieder der Faschingskapelle gewesen und somit überschaubar.
Reker-Attentäter geht in Revision: Ex-Nazi-Rocker als Anwalt?
14 Jahre Haft wegen versuchten Mordes. Schon nach dem Urteil am 1. Juli hatte Reker-Attentäter Frank S. (45) angekündigt: „Ich gehe in Revision!” Jetzt hat er die Ankündigung wahr gemacht – laut Oberlandesgericht Düsseldorf gleich drei Mal: Demnach hat nicht nur Frank S. selber und sein Verteidiger Jasper Marten Revision eingelegt. Sondern auch ein weiterer Anwalt. Bei ihm handelt es sich um Steffen Hammer aus Reutlingen.
Immer wieder hatte Frank S. im Prozess nach einem neuen „rechten” Verteidiger gesucht, hatte ein entsprechendes Plakate vor sich positioniert. Denn seine Anwälte wollte er nicht mehr.
Ist Steffen Hammer der Szene-Anwalt, den der Reker-Attentäter gesucht hat? Hammer hat zumindest schon Neonazis vertreten, war außerdem Sänger in der Rechtsrockband „Noie Werte“. Mit deren Musik waren die Bekennervideos der NSU unterlegt. So auch das Video mit Paulchen Panther und den Mordopfern.
Polizeieinsatz in Oschersleben wegen Falschmeldung über Angriff von Geflüchteten
Eine Falschmeldung über einen Angriff von Geflüchteten hat einen Einsatz der Polizei in Oschersleben im Landkreis Börde ausgelöst und für Verwirrung gesorgt. Ein Mann hatte behauptet, am Freitagabend von Asylbewerbern angegriffen und verletzt worden zu sein. Anschließend versteckte er sich in einem Maisfeld. Die Einsatzkräfte suchten nach dem Mann unter anderem mit einem Hubschrauber.
Ein Angriff von Asylbewerbern habe nicht stattgefunden. Der Mann habe wirre Geschichten erzählt und sich selbst verletzt. Der Mann werde deswegen in einem Krankenhaus behandelt.
Andrea Röpke: „Nazi-Siedler sind ein Riesen-Problem“
Sie gilt als Expertin für das Thema Rechtsextremismus in Deutschland: Die Politologin Andrea Röpke (51) wurde für ihre Arbeit schon mit zahlreichen Preisen bedacht, erhielt beispielsweise 2015 vom Zentralrat der Juden den Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage.
Welche Verhältnisse herrschen in 20, 30 Jahren im niedersächsischen Wendland oder in Mecklenburg-Vorpommern, wenn es nach den Völkischen Siedlern geht?
Ja, dann würde es straff, soldatisch geführte Dörfer geben, vermutlich nach dem Vorbild der „Reichsmusterdörfer“ der NS-Zeit. Es würde ein biologistisches Weltbild vorherrschen, die „Starken“ hätten die Macht, das Schwache hätte keine Chance. Frauen würden auf ihre Rolle als „deutsche Mütter“ reduziert, hätten nicht die gleichen Rechte wie die Männer. Der Rassegedanke würde vorherrschen.
Ein Teil der Siedler sind Neo-Artamanen, andere gehören der Nazi-Sekte „Artgemeinschaft“ an. Was ist der Unterschied? Was wollen die?
Die „Artgemeinschaft“ ist mit Sicherheit die gefährlichste Organisation. Diese rassistische Sekte wurde vor Jahren durch die Arierzucht-Pläne ihres damaligen Anführers Jürgen Rieger aus Hamburg bekannt. Heutzutage siedeln viele von denen in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Mehrmals im Jahr treffen sich Hunderte Artgemeinschafts-Anhänger mit ihren Kindern verborgen im Thüringer Wald. Die Behörden schauen weg, obwohl viele von ihnen als radikale Neonazis bekannt sind.
Nur noch 100 Neonazis bei „Legida“-Demo in Leipzig
Bei Demonstrationen von „Legida“ und einem Bündnis gegen die rassistische Bewegung ist es am Samstag in Leipzig friedlich geblieben. Wie die Polizei der sächsischen Messestadt mitteilte, waren nur rund 100 Teilnehmer dem Aufruf von „Legida“ gefolgt. Wegen der geringen Teilnehmerzahl wurde die Route der Demonstration in der Innenstadt verkürzt.
Eine Gegenveranstaltung verzeichnete nach Polizeiangaben 120 Teilnehmer. Die Demonstration richtete sich gegen einen mutmaßlichen Angriff auf einen „Legida“-Ordner am vergangenen Montag. Der 37-Jährige wurde von Vermummten vor seinem Wohnhaus in Böhlen bei Leipzig zusammengeschlagen.
Blauhelmtruppen nach Sachsen
Der sächsische Grünenchef Jürgen Kasek ist zur Zielscheibe von Rechtsradikalen geworden - Eine Mitverantwortung tragen AfD und CDU.
Das Leben des 36-jährigen sächsischen Grünen-Vorsitzendem und Mitorganisators der Legida-Gegenproteste hat sich in den vergangenen Tagen schlagartig verändert. Die anonymen Drohanrufe, die endlosen beleidigenden Hassmails und Nachrichten in sozialen Netzwerken – zum Teil unter Klarnamen und mit Veröffentlichungen von Kaseks Adressen – sind das eine. Nazis, die sich bedrohend vor seiner Kanzlei versammelt haben sowie ein Transparent in der Nähe seiner Arbeit mit der Aufschrift „Kasek = Auftragskiller“ das andere. „Nicht wenige wünschen meinen Tod“, sagt der Politiker ernüchtert.
Laut dem Grünen begann es schon vor dem Angriff von Vermummten auf einen Legida-Ordner. „Es hat sich angedeutet“, berichtet Kasek. „Seit einem halben Jahr habe ich bei Pegida einen eigenen Hashtag, Lutz Bachmann hatte mich immer wieder in seinen Reden erwähnt.“ Gleichzeitig schwört sich jedoch nicht nur die sächsische Rechte auf den Politiker als zentrales Feindbild ein. Auch das einflussreiche rechtsradikale Magazin „Compact“ des Querfrontideologen Jürgen Elsässer sowie die neurechte „Blaue Narzisse“ von Felix Menzel haben sich jüngst an der Kampagne gegen Kasek mit Artikeln beteiligt.
Leipzig zeigt gleichzeitig auf, wie eng die AfD mit der rechtsradikalen Szene zusammenarbeitet. Die Rechtspopulisten hatten in der Messestadt schon immer den Schulterschluss zu Legida gesucht, obwohl dort von Anfang an bekannte Neonazis, rechte Hooligans oder völkische Identitäre mitmarschierten. Bestes Beispiel ist der Islamwissenschaftler Hans-Thomas Tillschneider, der dem rechten Flügen der AfD, der „Patriotischen Plattform“, angehört. In Leipzig half er beim Aufbau von Legida mit und trat dort auch regelmäßig als Redner und „Berater“ auf.
Doch die Probleme reichen in Sachsen tiefer in Richtung Mitte der Gesellschaft. „Die einzige demokratische Partei, von der ich keine Solidaritätsbekundungen erhalten habe, ist die CDU“, berichtet Kasek.
Polizei verhindert Neonazi-Konzert der „Aryan Warriors“
Mit einem Hubschrauber und mehr als 100 Polizisten hat die Polizei am Samstagabend ein neonazistisches Konzert in Nadrensee im Landkreis Vorpommern-Greifswald verhindert. Bei dem rund neunstündigen Einsatz beschlagnahmten die Beamten Instrumente einer aus Sachsen angereisten und als rechtsextremistisch eingestuften Band, wie die Polizei am Sonntag mitteilte.
Auf dem Konzert sollte laut Polizei unter anderem die Band "Überzeugungstäter Vogtland" aus Sachsen spielen. Die Gruppe wird seit 2011 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistische Musikgruppe geführt. Außerdem sollten weitere Neonazi-Bands aus Mecklenburg-Vorpommern und Berlin auftreten, die indizierte Songs in ihrem Repertoire haben.
Gegenüber dem Veranstalter, der aus Ueckermünde kommt, sprach die Polizei das Konzertverbot aus. Rund 40 Mitglieder der Neonazi-Kameradschaft „Aryan Warriors“ aus Ueckermünde waren nach Nadrensee gereist. Sie wollten nach Angaben der Polizei das 15-jährige Bestehen ihrer Vereinigung feiern. Das Konzert sei konspirativ vorbereitet worden. Den Polizisten gelang es schließlich, ein leerstehendes Wirtshaus als geplanten Veranstaltungsort auszumachen.
NPD-Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern: „Einsatzgruppe“ für die Schicksalswahl
Die NPD in Mecklenburg-Vorpommern stellt die Weichen auf Wahlkampf. Der von NPD-Frontmann Udo Pastörs zuletzt mehrfach angekündigte „größte Wahlkampf aller Zeiten“ (Gröwaz) nimmt konkrete Züge an. Während in einigen Landesteilen Mecklenburg-Vorpommerns bereits die ersten Plakate hängen – die Partei hat dabei offensichtlich jedes in irgendeinem Keller gelagerte noch so alte Motiv an die Laternen gebracht –, umreißt Pastörs in einem mehrseitigen Interview mit dem Parteipropagandablatt Deutsche Stimme (DS) die Kampagne.
Der Landesvorstand habe sich für einen „Personenwahlkampf“ entschieden, gibt der 63-Jährige zum Besten. Außerdem würde die NPD die Sozialpolitik und die Innere Sicherheit in den Mittelpunkt rücken. Dazu gehöre die „ausufernde Ausländerkriminalität mit Mord und Totschlag, Raub und Vergewaltigung“, schalte der vorbestrafte Kader in den überzeichnenden Hetzmodus. Ein weiteres Standbein ist für den NPD-Spitzenkandidaten der Kampf um die „Identitätsbewahrung unserer Nation“. Jüngst hatte sein Bundeschef Frank Franz geraten, das Augenmerk nicht unbedingt auf die „Abstammungsfrage“ zu legen, da dieses Thema beim „normalen“ Wähler wenig Anklang verspreche.
Franken: Neonazis machen Jagd mit der Kamera
Als sich jüngst fünf Antifaschisten vor dem Fürther Amtsgericht verantworten mussten, weil sie bei einer Kundgebung der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ gegen Polizeibeamte Widerstand geleistet haben sollen, saßen auch drei Neonazis im Gerichtssaal. Einer von ihnen: Kai Zimmermann, ein unter anderem wegen Körperverletzung vorbestrafter Kader des Dritten Wegs und Vorstandsmitglied der rechten Tarnorganisation „Bürgerinitiative Soziales Fürth“.
Zimmermann, seit kurzem „Gebietsverbandsleiter Süd“ des Dritten Wegs, fotografierte vor dem Amtsgericht Unterstützer der Angeklagten. Auch einen Journalisten der Fürther Nachrichten lichtete er mehrfach ab. Bereits im Mai war auf der Internetseite des Dritten Wegs das Foto eines FN-Redakteurs mit Namen veröffentlicht worden, der über eine Verhandlung gegen einen Nazigegner berichtet hatte, der auch Zimmermann beiwohnte. Die Absicht der Rechtsextremen ist klar: Einschüchterung. Bilder von Nazigegnern landen nicht selten in sogenannten „Anti-Antifa“- Karteien. Mehrfach wurden auf einschlägigen Internetseiten persönliche Daten veröffentlicht und daraufhin Autos und Wohnhäuser der Betroffenen angegriffen.
Da sich Zimmermann bei der Verhandlung in Fürth als Pressevertreter ausgab, konnte er vor dem Gerichtsgebäude unbehelligt von der Polizei agieren. Auch im Gerichtssaal saß er als Journalist.
AfD in Friedrichshain-Kreuzberg: Die Alternativsten
Hier gewinnt ein linker Grüner verlässlich ein Direktmandat für den Deutschen Bundestag. Hier kommt schon die CDU bei Wahlen kaum auf zweistellige Ergebnisse. Hier haben 38 Prozent der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Hier fordert die Bürgermeisterin Coffeeshops und verbietet sexistische Werbung. Und hier – gerade hier – will Frank Scheermesser, studierter Maschinenbau-Ingenieur aus Sachsen, 1984 der Ost-CDU beigetreten, nach dem Mauerfall nach Kreuzberg gezogen, kandidieren. Für die AfD.
Scheermesser, geschieden, alleinstehend, geht die Treppen seines Hauses hinab ins Erdgeschoss und macht sich wieder bereit. Noch bevor er an einer der Wohnungstüren klingeln kann, öffnet sich die zur Straße. Ein Mann mit Einkaufstüte kommt herein: „Mann, Frank, dass du das jetzt auch im Haus machst, ist echt das Allerletzte.“ Scheermesser versucht zu erklären, es gehe ihm um Demokratie, um mehr Bürgerbeteiligung. „Lies doch einmal etwas über deine Partei, was die sonst so machen“, sagt der Mann. „Da wird einiges falsch dargestellt“, sagt Scheermesser. Der Mann dreht sich um, schüttelt den Kopf, steigt die Treppen hinauf. „Und wehe, du klingelst bei uns!“
Niedersächsischer CDU-Politiker will Existenz von Chemtrails überprüfen lassen
Schon seit Jahren treibt das Thema Chemtrails Verschwörungstheoretiker um: Flugzeuge versprühen demnach gefährliche Chemikalien in der Luft. Jetzt will ein niedersächsicher CDU-Politiker die abstruse Theorie offiziell überprüfen lassen.
Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion im niedersächsischen Landtag, Martin Bäumer, erklärte, er wil das "Thema ein für alle Mal aus der Welt schaffen".
In zwei Antworten auf parlamentarische Anfragen von Bäumer hatte das Umweltministerium in Hannover zuletzt bekundet, dies nicht untersuchen zu wollen. Das Ministerium begründete das unter anderem mit Kosten im fünfstelligen Euro-Bereich.
Kritik an der Anfrage kommt vom umweltpolitischen Sprecher der Grünen, Volker Bajus. Der sagte: "Martin Bäumer ist wieder auf den Spuren der Verschwörungstheoretiker unterwegs." Er wundere sich, "dass der umweltpolitische Sprecher der CDU sich mit solchen Spinnereien beschäftigt."
Rechte Diskurshoheit: Vom Wohnen in der Defensive
Brexit, Xenophobie, Nationalismus und Abschottung: Die Linke hat den großen Erzählungen von rechts wenig entgegenzusetzen.
Der Brexit lässt sich, bei aller Unterschiedlichkeit, mit einem anderen großformatigen Ereignis vergleichen: als sich Hunderttausende von Flüchtenden im Sommer vergangenen Jahres über Grenzregularien hinwegsetzten. Zwei historische Momente, die unvorstellbar waren und nach herkömmlichen Kategorien auch ungeplant.
Die beiden Ereignisse stehen für die zwei großen verändernden Kräfte dieser Zeit: Im Fall der Flüchtlinge war es die schiere Not, die ihnen die Kraft verlieh, das (uns) Undenkbare zu vollbringen und sich Räume zu nehmen. Im Fall Brexit ist es die gegenläufige Kraft: Nationalismus, Abschottung.
Alle die hier sind, sind von hier: Für das Konzept der Stadtbürgerschaft
Für das Konzept der Cityzenship: Das Recht zu bleiben und die Demokratisierung der Stadtgesellschaft. Ein Vorschlag.
Historisch markiert das Konzept der Bürgerschaft das Eintreten der Massen in die Politik. Wir schlagen die Erneuerung des Konzepts der Bürgerschaft auf der Grundlage der Stadt vor. Der Ausschlussmechanismus der nationalen Staatsbürgerschaft kann durch eine Stadtbürgerschaft/Cityzenship überwunden werden, deren wesentliches Kriterium die Tatsache des Hierseins ist. Alle, die hier sind, sind von hier! Wir schlagen damit gleichzeitig vor, das Nationale als Identitäten-Maschine durch das Urbane zu ersetzen.
CSD in München: Ernste Botschaft, fröhliche Parade
Stop killing us!" steht auf schwarzen Schildern, auf anderen "Heute Orlando, morgen München?" Es sind bedrückende Sätze, mit denen am Samstag viele Menschen in München an das Massaker in dem Homosexuellen-Club in Orlando am 12. Juni gedenken. Der Christopher Street Day (CSD) in München ist traditionell nicht nur eine riesige Party, auf der jährlich Zehntausende für die Rechte von Homosexuellen eintreten und die große schwul-lesbische und Transgender-Community in München feiern. Es ist auch eine politische Großdemonstration. Der CSD sei "dieses Jahr auch den Opfern von Orlando gewidmet und allen Opfern von homophober Gewalt weltweit", ruft Veranstalter Thomas Niederbühl von der Rosa Liste. Und mehr Menschen denn je sind der diesjährigen Pride-Parade gefolgt. 86 verschiedene Gruppen und Wagen, 10 000 Teilnehmer und 115 000 Zuschauer säumen am Samstagmittag die Straßen der Münchner Innenstadt.
Facebook erhält Negativpreis „Verschlossene Auster" wegen Umgang mit Hate Speech
Facebook kann sich künftig ebenbürtig mit Atomkonzernen, der Katholischen Kirche, Wladimir Putin, der Rüstungsfirma Heckler & Koch, Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) oder dem früheren Bahn- und Berliner-Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn fühlen: Nach den Genannten hat nun auch der US-Konzern den Negativpreis Verschlossene Auster zuerkannt bekommen, den die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche jährlich an den "Informationsblockierer des Jahres" verleiht.
Das soziale Netzwerk erhält die wenig schmeichelhafte Auszeichnung dem Verein nach für seinen "intransparenten Umgang mit Hasskommentaren". Dass Menschen Facebook für Online-Hetze missbrauchten, liege zwar nicht in der Verantwortung des Unternehmens, hieß es zur Begründung. "Wie die Firma dagegen vorgeht allerdings schon." An diesem Punkt sei nicht erkennbar geworden, ob, wann und welchen Kriterien Facebook Hass-Postings lösche. Nachforschungen auch von Journalisten dazu seien weitgehend ins Leere gelaufen.
Die Internet-Plattform sei zum "Katalysator für den Hass" geworden, monierte der frühere schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert in seiner "Laudatio". Facebook lehnte die Einladung der Journalisten zu ihrer Jahreskonferenz nach Hamburg ab. Das Unternehmen widerspreche in einigen Punkten und könne "somit die 'Verschlossene Auster' nicht annehmen", teilte Sprecherin Tina Kulow mit.