+++ Zwei Feuer in zwei Wochen: Brandstiftung in Münsteraner Geflüchtetenunterkunft +++ Schüsse auf Wohnhaus in Dresden – Palästinensischer Bewohner verletzt +++ Freital und Dresden: Jugendliche rufen Nazi-Parolen und sprühen Hakenkreuze +++ Rassistischer Überfall in Magdeburg +++ Rechtsextreme in Gräfenhainichen: Vermummt und mit Fackeln durch die Stadt
Zwei Feuer in zwei Wochen: Brandstiftung in Münsteraner Geflüchtetenunterkunft
Ein Feuer in der Nach zu Samstag hat in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Münster Hiltrup erheblichen Schaden angerichtet. "Wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass unbekannte Täter den Brand im Erdgeschoss der Unterkunft vorsätzlich gelegt haben", erklärte der zuständige Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt am Samstag. Möglicherweise hätten sich die Täter durch ein Fenster an der Rückseite gewaltsam Zutritt verschafft.
Zeugen hatten gegen 1.37 Uhr in der Nacht die Flammen in der Nacht bemerkt und die Rettungskräfte gerufen. Die Feuerwehr löschte den Brand. Der Schaden liegt im sechsstelligen Bereich. Verletzt wurde niemand. In dem Gebäude, das als Flüchtlingsunterkunft vorbereitet wird, habe es nun zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen gebrannt. Eigentlich sollte die Unterkunft seit Mittwoch bewohnt sein; durch den ersten Brand wurden die Arbeiten verzögert.
Schüsse auf Wohnhaus in Dresden – Palästinensischer Bewohner verletzt
In Dresden-Löbtau hat ein Unbekannter mehrfach ein Wohnhaus mit einem Luftgewehr beschossen. Dabei ist ein 52-jähriger Mann aus Palästina im Gesicht getroffen und leicht verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, habe der langjährige Anwohner nachts nach eigenen Angaben bis zu 30 Schüsse gehört. Offenbar wurde mehrfach ein Fenster beschossen. Als er auf den Balkon seiner Wohnung im zweiten Obergeschoss ging, um nach dem Rechten zu sehen, wurde er von einem Diabolo-Geschoss im Gesicht getroffen. Nach Aussagen der Polizei gibt es bisher keine Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund.
Freital und Dresden: Jugendliche rufen Nazi-Parolen und sprühen Hakenkreuze
Jugendliche haben in Freital und Dresden Nazi-Parolen gerufen und Hakenkreuze gesprüht. Ein Zeuge hatte die Polizei am Samstagabend informiert, dass aus einer Gruppe in Freital heraus mehrfach «Sieg Heil» gerufen wurden. Die Beamten trafen auf fünf 15-Jährige, die bei einer Befragung die Rufe zugaben. In Dresden machte ebenfalls ein Zeuge die Polizei darauf aufmerksam, dass drei Jugendliche an Garagen Graffiti sprühten. Es handelte sich nach Polizeiangaben vom Sonntag um Hakenkreuze und SS-Runen. In beiden Fällen wird jetzt wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt.
Offenbar rassistischer Überfall in Magdeburg
In Magdeburg hat es in der Nacht zu Donnerstag vergangener Woche offenbar einen rassistischen Übergriff gegeben. Ein 25-jähriger Mann aus dem Iran soll auf dem Weg zur Tankstelle unvermittelt von drei bis vier unbekannten Männern von hinten angegriffen und zu Boden gestoßen worden sein, wie die Polizei am Donnerstag unter Berufung auf das Opfer mitteilte. Die Tatverdächtigen sollen mit Fäusten auf den Iraner eingeschlagen haben. Er erlitt bei dem Übergriff Verletzungen im Gesichtsbereich, die ambulant behandelt werden mussten.
Nach Aussagen des Opfers hatten die Männer kurze beziehungsweise keine Haare und sprachen Deutsch, hieß es weiter. Die Männer konnten unerkannt fliehen.
Rechtsextreme in Gräfenhainichen: Vermummt und mit Fackeln durch die Stadt
Ein offenbar rechtsextrem motivierter Aufmarsch war am späten Freitagabend Grund für einen Polizei- und Feuerwehreinsatz in Gräfenhainichen (Gräfenhainichen). Wie die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost am Samstagmorgen mitteilte, hatten sich etwa 15 bis 20 schwarz Gekleidete zu einem Aufmarsch in der Heidestadt versammelt.
Die Personen, deren Gesichter teilweise mit weißen Masken bedeckt waren, zogen mit Bannern, Fackeln und Trommeln durch die Stadt zum Kirchplatz. Dort wurden die Fackeln auf einen Haufen geworfen.
Die Stadt wurde im vergangenen Winter bundesweit bekannt, weil auf ein ehemaliges Bürogebäude, dass als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge umgebaut wurde, immer wieder Anschläge verübt wurden. Kurz vor der Fertigstellung der Unterkunft für 80 Asylbewerber war das Gebäude komplett unter Wasser gesetzt worden. Später hatten Unbekannte auf den Bau scharf geschossen, Wachleute im Gebäude waren damals durch Glück unverletzt geblieben.
Gotha: Naziparolen auf der Party gegröhlt
Für einen Partygast in Gotha (Thüringen) hat eine feucht-fröhliche Feier in der Nacht zum Sonntag im Polizeigewahrsam geendet. Der betrunkene 43-Jährige wollte nicht nur nicht nach Hause gehen, sondern er begann nach Polizeiangaben vom Sonntag Nazi-Parolen zu brüllen. Bei einer Durchsuchung fanden die Beamten nicht zugelassene Pyrotechnik bei ihm. Auf der Polizeiwache sei er aggressiv geblieben und habe die Matratze seiner Zelle zerrissen. Die Polizei ermittelt nun wegen einer ganzen Reihe von Straftaten gegen den 43-Jährigen.
Antisemitismus in der AfD: Im Eiferer-Modus gegen Juden
Dass der AfD-Abgeordnete Wolfgang Gedeon krude Thesen verbreitet, wusste der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen seit Jahren. Konsequenzen hatte das bisher nicht. Wenn Wolfgang Gedeon den Einzug in den Landtag schaffe, sagte der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen Ende Oktober 2015 im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen, dann werde das „nicht vergnüglich“. Etwa 20 Prozent der AfD-Mitglieder seien im „Eiferer-Modus“. Meuthen wusste also seit langem, welche Diskussionen ihm drohen könnten. Denn Gedeon, dem wegen zweier Buchpublikationen vorgeworfen wird, antisemitisches Gedankengut verbreitet zu haben, ist in der baden-württembergischen AfD kein Unbekannter. Auf den Parteitagen in Kirchheim/Teck im Oktober 2014 und in Karlsruhe im Januar 2015 waren Gedeons Wortbeiträge bei gemäßigten AfD-Mitgliedern gefürchtet.
Gedeon macht das Judentum als „inneren“ und den Islam als „äußeren“ Feind des „christlichen Abendlandes“ aus. Ein paar Seiten zuvor unterstellt Gedeon dem Judentum, an einer „Versklavung der Menschheit im messianischen Reich der Juden“ zu arbeiten. Großen Anstoß nimmt Gedeon auch an der historischen Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus und an der Rolle, die das Gedenken an den Holocaust in der Öffentlichkeit spielt. In Bezug auf Hannah Arendt kommt Gedeon auch auf „die Frau an sich“ zu sprechen: „Philosophische Abstraktion fällt dem weiblichen Hirn offensichtlich noch schwerer als mathematische, was im Übrigen nicht schlimm ist. Denn die gegenteilige Fähigkeit des Pragmatismus ist für das Leben genauso wichtig“, schreibt Gedeon.
„Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund: 1000 Nazis und ein Hitler-Transparent
In Zeiten von „Pegida“, „Identitärer Bewegung“ und Initiativen gegen Flüchtlingsunterkünfte kann man trefflich darüber streiten, was ein „Naziaufmarsch“ ist. Nicht an der Spitze jeder rassistischen Bewegung stehen Nazis. Was am Samstag allerdings in Dortmund stattgefunden hat, war ein Aufmarsch von Neonazis, wie man es sich in Albträumen vorstellt. Ein Haus im Stadtteil Dorstfeld, den die lokale rechtsextreme Szene als „Nazikiez“ für sich beansprucht, war mit Fahnen in den Farben schwarz-weiß-rot geschmückt. Über der Eingangstür hing ein Transparent mit der Aufschrift „Htlr“.
Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet und anderen europäischen Ländern von den Niederlanden bis Ungarn hatten sich zum achten „Tag der deutschen Zukunft“ versammelt. Das Besondere an dieser Demonstration ist, dass hier alle relevanten neonazistischen Gruppen an einem Strang ziehen. Nazis aus den Parteien „Der Dritte Weg“, „Die Rechte“, „NPD“ und die so genannten „Freien Kameradschaften“ kommen bei diesem Event zusammen. So wundert es auch nicht, dass sich um die 1000 Neonazis in Dortmund versammelten. An Radikalität hatte es der Aufmarsch durchaus in sich.
Der Protest gegen den Naziaufmarsch war allerdings auch so groß wie sonst selten in Dortmund. Insgesamt waren etwa 5.000 Menschen gegen die Rechten auf die Straße gegangen. Es gab eine Demonstration mit 2.500 Teilnehmern. Die „Spiegelbarrikaden“ – große, aufblasbare Würfel – waren überall zu sehen und wurden ganz unterschiedlich eingesetzt.
Zum Beispiel als Mauer, um die Nazis symbolisch fernzuhalten, oder für ein spontanes „Volleyball“ mit der Polizei über Absperrungen hinweg. Die Beamten reagierten sehr unterschiedlich auf die Würfel, an Stellen an denen linke Nazi-Gegner die Würfel dazu benutzen wollten, gegen Polizisten anzurennen, wurden die Würfel schnell von den Einsatzkräften zerstört.
Dormund erlebte damit auch den größten Polizeieinsatz der städtischen Demogeschichte. Die Polizei war mit etwa 5.000 Einsatzkräften vor Ort. Sie legten das öffentliche Leben in weiten Teilen des Dortmunder Westens, der Nordstadt und im Bereich des Hauptbahnhofs über Stunden lahm, um das Aufeinandertreffen von linken Autonomen mit Neonazis zu verhindern. Ein schwieriger, aber auch ein diskussionswürdiger Einsatz.
Es kam über Stunden zu verschiedentlichen Zusammenstößen, als Demonstranten an verschiedenen Stellen versuchten, Sperrstellen der Polizei zu überwinden. Es kam bei den teils gewaltsamen Auseinandersetzungen – mit Pyrotechnik, fliegenden Flaschen sowie versammlungsrechtlichen Verstößen – zu 22 vorübergehenden Festnahmen. Allerdings gingen die Provokationen und Übergriffe nicht immer von den Antifaschisten aus: Punktuell schlugen u.a. auch Beamte der Einsatzhundertschaften aus Bayern und Berlin über die Stränge und sorgten für unnötige Eskalationen.
Nur zwei Teilnehmer: Nazidemo in Bad Segeberg abgesagt
Die groß angekündigte Demonstration eines bekennenden Rechtsextremisten in Bad Segeberg (Schleswig-Holstein) wurde am Sonnabend aus Mangel an Teilnehmern abgesagt: Es waren genau zwei Demonstranten gekommen.
Neben dem Demo-Initiator hatte sich nur ein weiterer Sympathisant, der an dem Marsch unter dem Motto „Asylmissbrauch stoppen – Gegen die Merkel-Politik“ teilnehmen wollte, auf dem Parkplatz der Mehrzweckhalle vor dem Städtischen Gymnasium eingefunden. Doch selbst dieser war zum geplanten Startzeitpunkt wieder verschwunden.
„Die Mindestteilnehmerzahl liegt bei drei – die wurde nicht erreicht, deswegen findet die Demonstration nicht statt“, erklärte Silke Westphal, Sprecherin der Polizeidirektion Bad Segeberg vor Ort. Die Polizei war mit 170 Beamten vor Ort, auch hatten sich gegen die beiden Neonazis 50 Gegendemonstranten eingefunden.
Pogida-Gründer Müller verprügelt seine Freundin im Rausch auf offener Straße
Es war nicht seine erste Gewalttat: Der Pogida-Gründer Christian Müller hat im Rausch auf offener Straße seine Freundin verprügelt. Gegen ihn wird nun wegen schwerer Körperverletzung ermittelt. Müller ist noch auf Bewährung. Schon mehrfach verfiel er betrunken in wahre Gewaltexzesse, folterte seine Opfer sogar. Auch dieses Mal berichten zeugen, dass er seine24-jährige Freundin brutal verprügelte. Beim Eintreffen der alarmierten Polizei tat das Pärchen so, als wäre nicht passiert.
Die Polizeibeamten nahmen Müller vorläufig fest und in Gewahrsam. Es war eine Vorsichtmaßnahme: Weil Müller weiter äußerst aggressiv war und bei der Polizei als brutaler Gewalttäter registriert ist. Ein Alkoholtest ergab, dass Müller knapp 2,3 Promille intus hatte. Er konnte sich dann im Polizeigewahrsam ausnüchtern.
Besonders bizarr ist übrigens, was Müller tat, nachdem er am Donnerstag aus dem Polizeigewahrsam kam: Er wollte eine neuerliche Pogida-Demo anmelden. Nur Stunden nachdem Müller am Bassinplatz seine Lebenspartnerin verprügelt hat, gegen 16.30 Uhr, rief Müller über den Notruf 110 bei der Polizei an und erklärte, eine Demonstration anmelden zu wollen. Müller war so betrunken, dass er den Beamten nicht einmal sagen konnte, unter welchem Motto die Demonstration stehen sollte.
Nach Todesdrohungen gegen Neonazi-Gegner: Ermittlungen eingestellt
Nach per E-Mail verschickten Todesdrohungen an Neonazi-Gegner im Großraum Nürnberg hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen zu dem Fall einstellen müssen. Dies sagte eine Sprecherin der Behörde am Freitag und bestätigte damit einen Bericht des Bayerischen Rundfunks. Die Absender konnten nicht ausfindig gemacht werden. Klar war nur, dass die E-Mails von einem Computer-Server im asiatischen Raum abgesetzt wurden. Die Absender nannten sich "Nationalisten-Franken".
Politiker, Wissenschaftler und Journalisten aus Franken hatten im November 2015 fingierte, individuell gestaltete Todesanzeigen erhalten. Einige von ihnen stellten Strafantrag und erklärten, dass sie sich von den Drohungen nicht einschüchtern ließen.
Antifas verhindern AfD-Auftritt bei Kölner Kulturfestival
Der Auftritt war heftig umstritten, nun fällt er nach Protesten ganz aus: Durch den Widerstand von etwa 150 Menschen auf dem Kölner Kulturfestival „Birlikte“ (türkisch: Zusammenstehen) wurde ein Auftritt des AfD-Mitbegründers Konrad Adam buchstäblich in letzter Minute verhindert. Kurz bevor die Veranstaltung beginnen sollte, besetzten Gegner der Rechtspartei das Podium des Veranstaltungssaales und entrollten ein Transparent auf dem sie „Keine Bühne der AfD“ forderten. Die unter anderem vom „Westdeutschen Rundfunk“ organisierte Diskussion wurde deshalb kurzfristig abgesagt.
Rostock: Rechte hetzen gegen minderjährige Flüchtlinge
Auf rechten Facebook-Seiten wurde seit Mittwoch gegen eine Gruppe Flüchtlinge in einem Rostocker Stadtteil mobil gemacht. Zwei Abende in Folge versammelten sich Neonazis und Flüchtlingsgegner vor Ort – die Polizei musste gegenüber dem deutlich alkoholisierten Mob mehrere Ermittlungsverfahren einleiten.
Wie so oft formierte sich der „Widerstand“ gegen Flüchtlinge zuerst virtuell. Auf mehreren Facebook-Seiten von „Patrioten“ und Mitgliedern der Rostocker Kameradschaftsszene wurden seit Mittwoch Nachrichten gestreut, in denen von einem angeblichen „Sammelbecken für Islamisten“ die Rede ist. Nach eigenen Aussagen hätten sich mehrere Flüchtlingsgegner daraufhin vor dem vermeintlichen Treffpunkt im Rostocker Stadtteil Groß Klein versammelt. Diese seien von Flüchtlingen „massiv bedrängt und teilweise bedroht“ worden. Gezielt wurde auch auf Facebook die Stimmung weiter angeheizt: „Es wird nicht mehr lange dauern, bis die Lage dort eskaliert.“
Rund 80 Personen fanden sich vor der Begegnungsstätte ein, um den vor allem jungen syrischen Flüchtlingen Unterstützung anzubieten. Auch Polizeieinsatzkräfte waren vor Ort, als sich rund 40 Flüchtlingsgegner versammelten. Diese versuchten, so heißt es in der Pressemitteilung der Polizei, „die Versammlung zu stören“. So wurde unter anderem versucht, die Unterstützer der Flüchtlingsgruppe aus nächster Nähe abzufilmen.
Massive Hassattacken: Rechte Morddrohungen gegen Spitzenpolitiker
Die Zahl der Todesdrohungen gegen Cem Özdemir ist so hoch wie noch nie. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas erhält nach eigener Aussage "Morddrohungen mit Ort, Datum, Uhrzeit". Nach massiven Drohungen tauscht sich Grünen-Chef Cem Özdemir einem Medienbericht zufolge mit den zuständigen Behörden über Sicherheitsmaßnahmen aus. Özdemirs Büroleiter Marc Berthold sagte der „Welt am Sonntag”, man sei „mit dem BKA in Abstimmung”. Er fügte an: „Schmähungen und Beleidigungen sind wir durchaus gewohnt, aber so eine hohe Zahl von Todesdrohungen haben wir noch nie erlebt.”
Jürgen Elsässer: Vom Antideutschen zum rechten Volkstribun
Er vermischt Publizistik und Aktivismus, spricht bei Demos sowie Konferenzen – und wandert dabei politisch stetig weiter nach rechts. Was treibt Jürgen Elsässer? Der Mann, der immer nach Extrempositionen sucht, wird von ehemaligen Weggefährten zumeist als geltungssüchtiger Charakter beschrieben. Seine Bündnispartner wechselte er oft wenig wählerisch. In seinem Lebensabschnitt als Linker schrieb er auch über die extreme Rechte: Er kennt seine neuen Verbündeten also genau, auch deren Bedürfnisse – und kann diese „Zielgruppe“ exakt bedienen.
- https://patrick-gensing.info/2016/06/03/juergen-elsaesser-vom-antideutschen-zum-rechten-volkstribun/
Arnsdorf: Wenn ein Dorf überkocht
Im sächsischen Arnsdorf haben vier Männer einen Iraker aus einem Supermarkt gezerrt. In dem Ort rumort es schon länger, niemand sieht in dem Vorfall ein Problem. Die Polizei hält das Vorgehen der Männer für richtig.
Journalisten kommen von überall her, um sich ein Bild zu machen von diesem Städtchen, das bislang abseits der Öffentlichkeit lag. Sie sind allerdings nicht gerne gesehen, die meisten Bewohner weigern sich mit Journalisten zu reden und wollen sich schon gar nicht zitieren lassen. "Wärt ihr auch gekommen, wenn sie einen Deutschen überwältigt hätten?", fragt ein Passant Journalisten. "Das wird doch alles aufgebauscht, kein Wunder, dass euch keiner mehr glaubt."
Thüringens VS-Chef Kramer im Interview: „Wir müssen konsequent aufräumen“
Im Gespräch: Der Thüringer Verfassungsschutz-Chef Stephan J. Kramer über Demokratie, das Problem der Geheimdienste und die Gefahr von Rechts.
nd: Wir stehen immer noch fassungslos vor einem der größten Skandale der Sicherheitsbehörden in der Bundesrepublik: die Verstrickung in den NSU-Skandal. Immer wieder kommen erschreckende Dinge heraus, die vorher nicht bekannt waren.
Kramer: Ich will die aktuelle Situation überhaupt nicht schönreden. Nach dieser Katastrophe, ein rechtsterroristisches Netzwerk nicht ausschalten zu können, hat die Politik hier in Thüringen drastische Konsequenzen gezogen und die Kontrollmechanismen und Befugnisse des Verfassungsschutzes restriktiv festgelegt. Aus Sicht eines Verfassungsschützers sind die Schellen so eng angelegt, dass ich manchmal etwas stöhne. Aber klar ist auch: Nach dem NSU-Skandal ist Kosmetik keine Alternative. Wir müssen konsequent aufräumen und einen substanziellen Neuanfang hinbekommen. Nur so können wir versuchen das Vertrauen zurückgewinnen.
„Genderwahnsinn“: Die vielen Gegner des Feminismus
Die Angst vor dem „Genderwahnsinn“ verbindet die Mitte mit dem rechten Rand. Woher kommt die Wut auf sexuelle Vielfalt? Was macht Antifeminismus so attraktiv? Und wie steht er zum Rassismus? In der Böll-Stiftung wagten Gender-Experten eine Analyse ihrer Gegner.
AfD, Pegida, oder der Front National verbinden reaktionäre Rollenbilder und Rechtspopulismus. Dennoch: An vorderster Front stehen oft selbstbewusste Frauen wie Frauke Petry oder Marine Le Pen. Und ein anderes Paradox: Wenn gegen Muslime zu Felde gezogen wird, dann stellen rechtspopulistische Bewegungen auf einmal die Rechte von Frauen in den Mittelpunkt.
Putins Trolle sind jung, cool und gewissenlos
Hasskommentare und Liebeserklärungen an Moskau – eine Aktivistin berichtet aus der Zentrale der Online-Propaganda. Zwei Monate hat sie dort gearbeitet. Russlands Trolle werden immer dreister. Blogger bekommen genaue Anweisungen, was und über welche Themen sie schreiben sollen. Ludmilla Sawtschuk, die ehemalige Mitarbeiterin, beschreibt eine solche Themenliste vom Januar 2015: die Ukraine, die USA, der oppositionelle Politiker Alexei Nawalny, die EU und das russische Verteidigungsministerium sollten in den Blogposts vorkommen. Außerdem mussten ihre Kollegen auf Russisch über Pegida-Demonstrationen in Deutschland und das Scheitern des Multikulturalismus schreiben. In gesonderten Abteilungen wurden Karikaturen gezeichnet, Videos produziert sowie auf Englisch Blogs und Online-Kommentare verfasst.
Die Arbeit der Trolle geht mittlerweile weit über Hasskommentare hinaus: Sie erfinden Nachrichten. 2014 etwa verbreiteten sie die falsche Information, dass es in einer Chemiefabrik im US-Bundesstaat Louisiana eine Explosion gegeben habe. Auch ein Video, in dem die Terrormiliz "Islamischer Staat" die Verantwortung für die fiktive Explosion übernahm, brachten sie im Internet in Umlauf.