Nach den Rechten sehen: Rassistische Attacke am Bahnhof in Merseburg +++ Rechtsextreme Hetze in Halle: Die Silberhöhe brodelt +++ Ziviler Kreuzzug: 6.000 bei "Marsch für das Leben", 1.000 Gegendemonstrant*innen.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Rassistische Attacke am Bahnhof in Merseburg
Zu einem Vorfall ist es am Abend des 20.09.2014 gegen 22:30 Uhr am Bahnhof von Merseburg gekommen. Nach Angaben eines Zeugen beleidigten dort mehrere Personen einen Afrikaner ausländerfeindlich. Der Geschädigte entfernte sich anschließend in unbekannte Richtung. Derzeit gibt es keine Hinweise zum Aufenthalt des Geschädigten (Halle-Spektrum, taz).
Dresden: Antisemitische Beleidigungen am Sonntag
Drei junge Männer sind in Dresden in der Nacht zu Sonntag antisemitisch beleidigt worden. Wie die Polizei mitteilte, waren die drei 21- und 25-Jährigen gegen 3.30 Uhr auf der Dresdner Schlossstraße unterwegs, als sie von zwei Unbekannten »mit antiisraelischen und antisemitischen Bemerkungen beleidigt« wurden. Die Täter hätten arabisch und deutsch mit Akzent gesprochen. Die drei Opfer seien aufgrund ihrer Kleidung als Juden erkennbar gewesen, hieß es weiter. Sie kommen aus den USA, Kanada und Frankreich (Jüdische Allgemeine).
Rechtsextreme Hetze in Halle: Die Silberhöhe brodelt
In Halle-Silberhöhe brodelt es. Seit rund drei Monaten leben Roma-Familien in der Plattenbausiedlung. Rechtsextreme hetzen gegen die Zuwanderer, doch Anwohner formieren sich gegen die Nazis (n24.de).
Warum in Bautzen so viele NPD wählen
In Bautzen soll ein Asylbewerberheim entstehen, für 500 Flüchtlinge. Die Anwohner sind aufgebracht, äußern Ängste, weil sie mit dem Plan für die Flüchtlingsunterkunft überrumpelt wurden – und wählen deshalb NPD und AfD (Berliner Zeitung).
Ziviler Kreuzzug: 6.000 bei "Marsch für das Leben", 1.000 Gegendemonstrant*innen
Begleitet von feministischen Gegenprotesten haben am Samstag in Berlin vor dem Kanzleramt rund 6000 christliche Fundamentalisten für eine Verschärfung der »Abtreibungsgesetze« und gegen Sterbehilfe demonstriert. Die Demonstration unter dem Motto »Marsch für das Leben«, zu der bundesweit mobilisiert worden war, fand bereits zum zehnten Mal statt. Der Unterstützerkreis reicht von rechtspopulistischen Vereinen wie »Zivile Koalition e.V.« der Europaabgeordneten der »Alternative für Deutschland« (AfD), Beatrix von Storch, über evangelische und katholische Initiativen bis hin zur »Jungen Union«. Grußworte kamen in diesem Jahr von Papst Franziskus, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx, sowie von einigen CDU-Abgeordneten. Erstmals versuchten mehr als 1000 antifaschistische und feministische Aktivisten, den Marsch durch Sitzblockaden zu beenden. Immer wieder kam es zu Zusammenstößen zwischen fanatischen Jesusanhängern und Gegendemonstrantinnen. Auf Sprüche wie »Kein Gott! Kein Staat! Kein Patriarchat« oder »Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben« wurden überwiegend männliche Abtreibungsgegner handgreiflich und nutzten die zahlreich mitgeführten weißen Kreuze für Drohgebärden. Die Aktivistinnen hielten mit aufgeblasenen Riesendildos und umgedrehten Kreuzen dagegen. Die Polizei räumte die Blockaden teils gewaltsam und nahm mehrere Personen fest (JW, Berliner Kurier)
Aktionstag von Juden und Muslimen: „Jeder religiöse Extremismus ist eine Gefahr“
Auf einem Aktionstag warnen Muslime und Juden vor Gewalt, Ausgrenzung und Rassismus. Bei der Kundgebung in einer Frankfurter Moschee betonten Vertreter der beiden Religionen die gemeinsamen Wurzeln (FAZ, Berliner Zeitung).
Brandenburg: AfD will missliebige Abgeordnete loswerden
Der Chef der brandenburgischen Alternative für Deutschland (AfD), Alexander Gauland, will sich nach SPIEGEL-Informationen einiger seiner designierten Landtagsabgeordneten entledigen, er fürchtet um seinen Ruf. Vergangenen Sonntag wurden elf AfDler in den Landtag in Potsdam gewählt, bei vieren ist mittlerweile öffentlich, dass sie zuvor Mitglied in rechtspopulistischen oder rechtsextremen Parteien waren (Spiegel online).
AfD in Hamburg: „Kultur, Tradition und Tugend“ und Rechtsaußen-Personal
Von der Hamburg-Wahl 2015 verspricht sich die AfD den ersten Triumph im Westen. In einem Programmentwurf beruft sie sich auf hanseatisch-bürgerliche Werte (taz). Das Personal dazu kommt aus der Schill-Partei, von der "Freiheit" und aus der NPD (taz).
Thilo Sarrazin zu Gast bei der AfD: Über „die Grenzen der Meinungsfreiheit“
Thilo Sarrazin sorgt für neuen Wirbel. Am Freitagabend ist der umstrittene Autor auf einer AfD-Veranstaltung zu Gast und soll über „die Grenzen der Meinungsfreiheit“ referieren. Dies nahm die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi zum Anlass, um Sarrazin einen Parteiaustritt nahezulegen. Wer an der Veranstaltung teilnehmen will, muss 74 Euro löhnen (Endstation rechts).
AfD Sachsen wirft einige Rechtslastige hinaus
Zwei Mitglieder mit rechter Vergangenheit mussten gehen. Einem weiteren droht ein Ausschlussverfahren, weil er gleichzeitig in der NPD ist. Für die AfD Sachsen ist es inzwischen eine Frage der politischen Hygiene: die Vergangenheit einiger ihrer Mitglieder. Zwei davon müssen sich nun eine neue politische Heimat suchen, einer hat schon eine. Wie Generalsekretär Uwe Wurlitzer mitteilte, habe eine Person die Partei freiwillig verlassen. Dabei handelt es sich um einen Mittdreißiger aus Zwickau, der Mitglied der rechtsextremistischen Rockband „Blitzkrieg“ gewesen sein soll. Auch ein Fördermitglied aus Dippoldiswalde sei selbst ausgetreten.
Unklar ist derzeit noch, auf welchem Weg Martin Hering aus der Sächsischen Schweiz die Partei verlässt. Der Betreiber eines „nationalen“ Versandhauses in Bad Schandau sitzt für die rechtsextreme NPD im Gemeinderat seines Heimatortes Gohrisch. Laut AfD-Sprecher Julien Wiesemann müsse geklärt werden, ob er überhaupt rechtmäßiges Mitglied sei, weil er die NPD-Mitgliedschaft verschwiegen hatte. Der Betreiber eines Pirnaer Bekleidungsgeschäfts namens „Rottweiler Ink“ darf dagegen bleiben (Sächsische Zeitung).
Linkspartei in Sachsen: "Populismus von links hilft nicht gegen die AfD"
Wenn sich am 29. Oktober der sächsische Landtag konstituiert, sitzen 14 Abgeordnete der Alternative für Deutschland im Plenum. Dafür gesorgt haben auch Wähler, die früher der LINKEN ihre Stimme gaben. Über Gründe dafür und den Umgang mit der neuen Partei im Parlament sprach nd-Korrespondent Hendrik Lasch mit Rico Gebhardt. Er ist Landeschef der LINKEN und führt auch deren 27 Mitglieder zählende Fraktion. Unter anderem wird er gefragt: Wie kommt es dann, dass sie einen erheblichen Teil ihrer Wähler bei der LINKEN rekrutieren konnte? Er sagt: Die LINKE kann sozialen Protest binden. Was wir nicht binden können und auch nicht zu binden versuchen sollten, ist Protest aus Wohlstandschauvinismus, der sich gegen Ausländer und »Fremde« richtet und derzeit zum Ausdruck kommt. Es gab ein Wählerpotenzial von uns, das Sozialprotest zum Ausdruck gebracht hat, aber tief im Inneren auch diesem Gedankengut anhing: dass man anderen Menschen die Schuld gibt, dass es einem schlecht geht. Sie haben jetzt eine Partei gefunden, bei der sie diesen Protest richtig adressiert wähnen. Dass aber jetzt Linke eine rechte Partei wählen - das glaube ich nicht (ND).
Rendsburg: Nazi-Verdacht in der Freien Waldorfschule
Ein Verwaltungsmitarbeiter der Rendsburger Waldorfschule wurde suspendiert: Er soll in Verbindung mit der rechten Szene stehen. Mit sofortiger Wirkung wurde der Mann jetzt von der Schule suspendiert. Der Mann habe in Gesprächen nicht überzeugend ausräumen können, in Kontakt mit den als verfassungswidrig eingestuften Vereinen „NeuDeutschland“, „Deutsches Polizeihilfswerk“ (DPHW) und „Reichsbürger“ zu stehen oder gestanden zu haben, teilte Thomas Felmy, Sprecher der LAG, mit (shz.de).
Hunderttausende Datensätze gesammelt: Ermittler blamieren sich bei Jagd nach Antifa-Gruppe
Jahrelang haben Staatsanwälte in Dresden ermittelt und nach SPIEGEL-Informationen Hunderttausende Daten gesammelt. Im Visier: angebliche Neonazi-Jäger aus Antifa-Kreisen. Doch die sogenannte Sportgruppe existiert offenbar nicht (Spiegel online).
Neonazis im Wuppertaler Flohmarkt-Prozess zu Haftstrafen verurteilt
Vor dem Gericht mussten sich die Rechtsextremisten Matthias D., Rene H., Michele D. und Mike D. verantworten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der brutale Überfall durch die Angeklagten auf Besucher des Flohmarktes in der Nacht vom 24. auf den 25. September 2011 in Wuppertal-Vohwinkel keine spontane Tat war, sondern auf einem vorgefassten Plan beruht habe. In seiner Urteilsbegründung sprach der vorsitzende Richter von regelrechten Jagdszenen in der Tatnacht. Demnach habe ein Faustschlag von Michele D. am Anfang des Tatplans gestanden, dem dann nahtlos ein koordinierter Überfall gefolgt sei. Aus heiterem Himmel habe eine Gruppe vermummter und teils bewaffneter Mitglieder der extremen Rechten vermeintliche politische Gegner angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Als dringend Tatverdächtige waren 15 Neonazis noch vor Ort in Gewahrsam genommen worden, nur vier wurden angeklagt. Im dritten Anlauf des Berufungsverfahrens wurde damit das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 15. März 2013 für drei der Angeklagten erhöht (njuuz.de).
Neonazi Wulff rechnet mit der NPD ab
Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich zu Wort melden würde. Nach dem desolaten Abschneiden der NPD bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg rechnet der Hamburger Landeschef Thomas Wulff in einem Brandbrief mit seiner Partei, ihrem „Aushilfsvorsitzenden“ Udo Pastörs und weiteren Spitzenfunktionären ab (Endstation rechts).
Braunes „Heldengedenken“ in Wunsiedel
Die Neonazi-Partei „Der III. Weg“ mobilisiert für den 15. November zum Aufmarsch nach Wunsiedel – und übernimmt damit ein Event des verbotenen „Freien Netzes Süd“ (Blick nach rechts, Endstation rechts).
180 Menschen demonstrieren gegen Glinder Tønsberg-Laden
Bürgerinitiative, Parteienbündnis und selbst Jugendliche aus Lübeck demonstrieren gegen den Glinder Tønsberg-Laden. Bürgermeister Rainhard Zug lobt Zusammenhalt in der Stadt im Kampf gegen rechts (Hamburger Abendblatt).
Zentralrat der Sinti und Roma kritisiert Änderung des Asylrechts
Neues Asylrecht durch einen Kompromiss zwischen der Bundesregierung und dem Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann: Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina gelten nun als sichere Herkunftsländer, wie es vor allem CDU und CSU gefordert hatten. Im Gegenzug setzten die Grünen mehrere ihrer Forderungen durch. So erhalten Asylbewerber und Flüchtlinge mehr Freiheit bei der Wahl von Wohnort und Arbeitsplatz. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig, nannte die Pläne „zynisch.“ Abgelehnte Asylbewerber aus den drei Balkanstaaten – das sind vor allem Angehörige der Minderheit der Roma – können damit schneller abgeschoben werden. Die schwarz-rote Bundesregierung rechnet damit, dass künftig auch deshalb weniger Menschen aus diesen Ländern Asylanträge stellen werden. Alle Asylbewerber können künftig leichter ihren Wohnort wechseln – die „Residenzpflicht“ wird gelockert. Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt wird erleichtert. Die sogenannte Vorrangprüfung, bei der festgestellt wird, ob es für eine Stelle nicht auch einen geeigneten deutschen Bewerber gibt, ist demnächst nicht mehr in so vielen Fällen vorgeschrieben wie bisher. Sachleistungen werden zum Teil durch Geldzahlungen ersetzt. Außerdem – und das war Kretschmann wohl auch wichtig – sollen Kommunen bei den Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge Hilfe erhalten (OVB, mdr). Nach seiner Asyl-Einigung mit der Bundesregierung hat der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), viel Kritik einstecken müssen. Durch Kretschmanns Ja war im Bundesrat am Freitag eine Mehrheit für die Abkürzung der Asylverfahren für Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zustande gekommen. Die Zahl der Asylbewerber ist seit Jahresbeginn stark angestiegen. Die Berliner Grünen-Chefin Bettina Jarasch verteidigte Kretschmanns Alleingang. Die Grünen hätten versucht, das Maximum herauszuholen. Bei einem Scheitern der Verhandlungen hätten die Grünen im Vermittlungsausschuss zudem keinen Einfluss mehr gehabt. Die frühere Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth sagte indes zu „Spiegel Online“, Kretschmanns Zustimmung zum Asyl-Kompromiss sei „nicht verantwortungsvoll, nicht in der Sache und nicht gegenüber der Partei“.Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag): „Es ist ein bisschen traurig, dass wir das Gefühl haben, in dieser Sache Manövriermasse zu sein für Kompromisse.“ „Die Leute, die in die genannten Staaten abgeschoben werden, werden in die Perspektivlosigkeit abgeschoben“, fügte Rose hinzu (Focus). Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sollen nach dem Willen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière im gleichen Umfang Flüchtlinge aufnehmen. "Es kann nicht sein, dass vier, fünf Länder die größte Anzahl der Flüchtlinge aufnehmen", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Seine Forderung: Flüchtlingskontingente für alle EU-Mitgliedstaaten (Tagessschau.de).
“The time is always right to do what is right”
1964 besuchte Martin Luther King jr. Berlin – 50 Jahre danach feiert die Stadt ein unwürdiges Gedenken des Menschenrechtlers (mut-gegen-rechte-gewalt.de).