Nach den Rechten sehen: Marzahn: Über Tausend Neonazis zu Demo gegen Flüchtlingsheime erwartet +++ Zwickauer Stadtrat erhält Drohbrief mit Hakenkreuz +++ „Islamischer Staat“: Digital vernetzt dank deutschen Neonazis.
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Marzahn: Über Tausend Neonazis zu Demo gegen Flüchtlingsheime erwartet
Für kommenden Samstag hat ein amtsbekannter Neonazi eine Demonstration in Marzahn- Hellersdorf angemeldet, auf der Rechte gegen den Bau von Flüchtlingsheimen in Berlin hetzen wollen. Um zusätzliche TeilnehmerInnen zu mobilisieren, übernehmen die Neonazis für das Demonstrationsmotto „Gemeinsam sind wir stark“ von den HoGeSa-Protesten. Die Parteien des Berliner Senats bezogen in einer gemeinsamen Erklärung Stellung gegen „plumpe Stimmungsmache und Hasspropaganda von Rechtspopulisten und Nazis“ im Zusammenhang mit den nach Berlin geflüchteten Menschen. Die Politiker riefen die Berliner dazu auf, sich der „menschenfeindlichen Hetze entgegenzustellen und friedlich dagegen zu protestieren“. Im Berliner Verfassungschutz- Ausschuss wird ein erhebliches Gewaltpotential für Samstag festgestellt. Zahlreiche Gegendemonstrationen sind angemeldet (Tagesspiegel, Welt).
Zwickauer Stadtrat erhält Drohbrief mit Hakenkreuz
Der Zwickauer Stadtrat René Hahn von der Partei „Die Linke“ wird von Neonazis bedroht. Der 33-Jährige erhielt einen entsprechenden Brief von einer Gruppierung mit dem Namen „Nationale Sozialisten Marienthal“. Hahn geht davon aus, dass er sich den Zorn der Neonazis zuzog, weil er vor ein paar Tagen in Zwickau Graffiti mit antisemitischen Sprüchen beseitigte. In dem Drohbrief wird Hahn eine „heiße Zeit“ angekündigt. Unter dem Schreiben steht ein Hakenkreuz (LVZ Online).
„Islamischer Staat“: Digital vernetzt dank deutschen Neonazis
Gerade erst nutzten Neonazis und rechtsradikale Hooligans Salafisten und den „Islamischen Staat“ (IS) als Aufhänger, um zu ihren Aufmärschen zu mobilisieren. Jetzt stellt sich heraus: Zur Kommunikation im Internet nutzt IS einen E-Mail-Service, den Rechtsradikale zur sicheren Informationsübermittlung gegründet haben. Der E-Mail-Dienst „0x300“ wird laut ARD-Magazin „Panorama“ von Neonazis aus dem Ruhrgebiet betrieben. Zahlreiche Kameradschaften und Neonazi-Gruppen sind über E-Mail-Adressen des Anbieters erreichbar - so etwa der "Nationale Widerstand Duisburg", die "Autonomen Nationalisten Göppingen", die "Kameradschaft Schwerin" oder die "Nationalen Sozialisten Nordharz". Im IS-Propagandablatt "Dabiq" wird zur Kontaktaufnahme eine E-Mail-Adresse genannt, die über den Dienstleister "0x300" betrieben wird. Interessenten sollen über diese Adresse mit dem "Al-Hayat-MediaCenter" der Terrormiliz in Verbindung treten können (Panorama).
Tatverdächtige nach Angriff auf Geflüchtete in Anklam gefasst
Eine Woche nach einem gewalttätigen Angriff auf drei Flüchtlinge in Anklam hat die Polizei alle Tatverdächtigen identifiziert. Neben einem 26-jährigen Mann, der bereits vernommen worden war, gelten jetzt auch ein 21-jähriger Mann und eine 19-jährige Frau als Beschuldigte, teilte die Polizei am Montag in Neubrandenburg mit. Alle seien einschlägig polizeibekannt. Auch fünf Kinder und Jugendliche im Alter von 13 bis 20 waren nach Angaben der Polizei an dem Angriff vor einer Woche beteiligt, bei dem drei Asylsuchende aus Afghanistan und dem Iran verletzt worden waren (SVZ).
Schweiz: Kriminelle Männer raus!
Einige Schweizer_innen haben genug von den rechtspopulistischen Parolen der SVP. Der SVP sei es bei ihrer Kampagne gegen „Masseneinwanderung“ ausschließlich um Rassismus gegangen – nicht um „Sicherheit“. Wäre letzteres der Fall, würde man wohl eher die Männer als Schuldige identifiziert haben, meint „Männer raus!“. Deswegen haben sie eine Kampagne gestartet, die die stumpfen Sprüche der Rechtspartei persifliert. Ihr Hauptargument: Nicht Ausländer seien überdurchschnittlich kriminell, sondern Männer. Der Gesetzesentwurf der Kampagne: Wenn ein Mann eine Straftat wie Mord, Totschlag, Menschenhandel oder Vergewaltigung begeht, wird er für mindestens zehn Jahre aus dem Alpenparadies verbannt. Die Initiative hat bis Mai 2016 Zeit, die für ein Referendum notwendigen 100.000 Unterschriften zusammenzukriegen (Taz).
Wieder Hannover: Rechte, Hools und Homophobe planen Demos
Für kommenden Samstag steht Hannover erneut unwillkommener Besuch aus der rechten Szene ins Haus: Ein Mitglied der Partei „Die Rechte“ hat für Samstag in Hannover eine Kundgebung gegen „linke Gewalt“ angemeldet. Anlass dafür seien Angriffe von linken Gegendemonstrant_innen auf Teilnehmer der „HoGeSa“-Demo am vergangenen Wochenende. Gleichzeitig soll auch eine „Demonstration für Alle“ stattfinden, die sich bei genauerem Hinsehen als Demonstration von erzkonservativen Homophoben entpuppt. Gegenproteste zu den Veranstaltungen werden erwartet (Taz).
Übergriffe im Flüchtlingsheim Burbach: Wachmann klagt gegen Entlassung
Einer der Wachmänner, denen Misshandlungen von Flüchtlingen in Burbach vorgeworfen werden, geht gerichtlich gegen seine fristlose Entlassung vor. Dem 47-Jährigen war gekündigt worden, nachdem seine Stimme auf einem Video aus der Unterkunft erkannt worden war. Der Mann hatte einem Geflüchteten Schläge angedroht, falls dieser sich nicht auf eine mit Erbrochenem verschmutzte Matratze lege (Kölner Stadtanzeiger).
Neonazi-Demos in Buch, Köpenick und Marzahn: Journalist_innen kritisieren Polizei
Vor der Großdemonstration am Samstag haben der Journalistenverband und Abgeordnete heftige Kritik am Verhalten der Polizei während der rechtsradikalen Aufmärsche in Buch, Köpenick und Marzahn an den vergangenen Tagen geäußert. Der Journalistenverband „dju“ beklagt, dass Rechtsextreme vor den Augen der Polizei Pressevertreter_innen massiv bedrängen und bedrohen konnten. Diese Vorfälle sind durch Fotos dokumentiert. Die Oppositionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus sehen akuten Handlungsbedarf durch Innensenator Henkel und wollen das Vorgehen der Polizei jetzt im Landesparlament thematisieren. Organisator_innen der Gegenproteste beklagen zudem, dass die Polizei sich ausschließlich auf ihre Kundgebungen fokussiert hätte, so dass der Protest schlecht wahrnehmbar gewesen sei (Störungsmelder).
München: Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende wieder offen
Die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in der Bayernkaserne in München steht Geflüchteten wieder offen. Sie war vor einem guten Monat unter großem Medienrummel wegen Überlastung geschlossen worden. Nun wurde umorganisiert, ein „Ankunftszentrum“ soll die Arbeit erleichtern. Zudem kommen deutlich weniger Flüchtlinge in München an als zuvor. Münchens Oberbürgermeister Reiter hofft, dass sich dank der Umstrukturierungen chaotische Zustände wie im Oktober nicht mehr wiederholen, als Flüchtlinge im Freien übernachten mussten (BR).
Stadtrat Dortmund: Neonazianfragen bringen künftig Geld gegen Rechts
Nach der „Juden-Anfrage“ der Partei „Die Rechte“ im Dortmunder Stadtrat ergreifen die lokalen Grünen nun Maßnahmen: Inspiriert von der Wunsiedel-Aktion „Rechts gegen Rechts“ werden künftig bei jeder Anfrage eines Neonazis aus den Parteien „NPD“ und „Die Rechte“ Spenden für ein Aussteigerprogramm gesammelt. Die 15 Fraktionsmitglieder werden ab sofort jede Ratsanfrage der Neonazis mit einer privaten Spende von insgesamt fünf Euro kontern. Das Geld geht an die Beratungsstelle "Come Back" für den Ausstieg aus der rechtsradikalen Szene. Die Grünen hoffen auf Unterstützung weiterer Fraktionen, Personen und Organisationen (Der Westen). Eine weitere Reaktion auf die Anfrage der Partei „Die Rechte“ erfolgte parteiübergreifend. Eine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus und Rassismus wurde verfasst. Diese gibt es im Wortlaut bei den „Ruhrbaronen“.
Österreich: FPÖ-Politiker zeigte Hitlergruß
In Österreich nichts Neues: Die FPÖ jagt von einem Skandal zum nächsten. Nun ist ein Foto aus dem Jahr 2006 aufgetaucht, das den Tullner FPÖ-Bezirksparteiobmann Andreas B. beim Hitler-Gruß zeigt. Der FPÖ-Politiker wurde beurlaubt und von den FPÖ-Arbeitnehmerinnen ausgeschlossen. Das Foto erklärt er so: „Es gab keinen nazistischen Hintergrund, wir haben Rapid [Rapid Wien, ein Fußballverein, Anmerk. der Redaktion] -Lieder gesungen.“ (Oe24).
Neonazi-Fackelmarsch in Gransee
Am Sonntagabend marschierten bis zu 90 Neonazis mit Fackeln durch die Stadt Gransee in Brandenburg– aus Protest gegen Flüchtlingsheime. Verantwortlich für den Aufzug der „Aktivisten des Nationalen Widerstandskampfes“ sind nach PNN-Recherchen Maik Eminger und das Neonazi-Netzwerk „Licht und Schatten“. Eminger ist der Zwillingsbruder des im Münchner NSU-Prozess mitangeklagten André Eminger, dem mutmaßlichen Hauptunterstützer des Terrortrios (PNN).
NSU-Prozess: Isoliertes Trio oder Terrornetzwerk?
Im Prozess zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) in München wurde erneut um die Frage gestritten, ob es sich beim NSU ausschließlich um ein Trio, oder gar ein Terror-Netzwerk handelte. Nebenkläger_innen wollten Zeugen aus dem Spektrum von „Combat 18“ (dem militanten Arm des neonazistischen Blood & Honour- Netzwerks) laden. Viele der Nebenkläger_innen sind der Überzeugung, dass das NSU-Trio eng an „Combat 18“-Strukturen angebunden war. Dem wiedersprach die Staatsanwaltschaft, und wies die Anträge auf Vorladung der Zeugen zurück (Stuttgarter Zeitung, Süddeutsche).
Worms: Protest gegen NPD-Anfragen im Stadtrat
Wegen teils unsinniger, teils eindeutig rechtsradikaler Anfragen des NPD-Stadtratmitgliedes Michael Weick hat ein Großteil der Ratsmitglieder die Stadtratssitzung verlassen. „Eine Anfrage zum sich anbahnenden Angriffskrieg von USA, Nato und EU auf Russland zu stellen, ist vollkommen abstrus“, urteilte SPD-Fraktionschef Timo Horst. Andere Anfragen, etwa zur Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund in Kindergärten oder der Betreuung von Asylsuchenden, verrieten eindeutig rechtsradikales Gedankengut, war sich Horst mit dem Rest der Ratsmitglieder vollkommen einig (Wormser Zeitung).
NS- Besatzungsherrschaft in Polen: Denkmalstreit
In Polen wird um zwei Denkmäler gestritten, dass die Helfer_innen verfolgter Jüd_innen ehren soll. In dem Streit geht es um zwei sich widersprechende historische Narrative, über die sich die Nation bis heute nicht hat einig werden können. Konservative Kreise vertreten die Auffassung, dass eine Vielzahl von Menschen Jüd_innen unterstützt hätte. Andere vertreten die Position, Jüd_innen seien ihrem von der SS besiegelten Schicksal überlassen worden – und dass sich Teile der polnischen Bevölkerung an antisemitischen Mordtaten beteiligt hätten. Auch die Warschauer internationale Historikerkonferenz mit dem Titel „Hilfe für Juden im besetzten Europa“ war von dieser Kontroverse geprägt (taz).
Eugenie Goldstern: Vergessene Pionierin europäischer Anthropologie
Eugenie Goldstern (1884 - 1942), war eine der führenden Forscher_innen im Bereich der Anthropologie. Anerkennung erfuhr sie jedoch wenig: Die österreichische Volkskunde, geprägt von Chauvinismus und Antisemitismus, hatte keinen Platz für die Wissenschaftlerin. Ihre Publikationen, sogar die Instandhaltung ihrer Sammlung im Volkskundemuseum musste sie selbst finanzieren. In der NS- Zeit wurde die Familie Goldstern aus Österreich verjagt, einigen von ihnen gelang die Flucht. Eugenie Goldstern jedoch nicht. „Während sich das Volkskundemuseum zum Tummelplatz nazistischer Umtriebe entwickelt, wird Goldstern am 14. Juni 1942 von den Nationalsozialisten nach Sobibor deportiert und umgebracht", heißt es auf der Website des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands. Bis heute erfährt das Werk von Goldstern in Österreich keine Würdigung (Die Standard).
Wie die NPD den Umweltschutz instrumentalisiert
Rechtsradikale Parteien versuchen verstärkt auch mit Ökothemen zu punkten. Ein Blick in das Parteiprogramm der NPD zeigt, dass „Umweltschutz“ als Thema stark vertreten ist: So ist die Rede vom Erhalt der Heimat und der Umwelt, und dem Menschen als Teil der Natur. Rüdiger Stein, Rechtsextremismus-Experte beim DGB, beschreibt die Hintergründe folgendermaßen: "Die NPD begreift den Umweltschutz so, dass sie bestimmte Menschen, beispielsweise Flüchtlinge, hier nicht haben, ihre Umwelt also vor diesen schützen will". Umweltschutz wird in Verbindung mit Rassenideologie zu aggressivem „Heimatschutz“ (SWR).