Nach den Rechten sehen: Erstmals Neonazi-Kundgebung in Dachau +++ Bandenmäßiger Betrug: Prozess gegen Pro-Köln-Mitglieder +++ Nach Brand in Hamm: Rassistisches Tatmotiv?
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Erstmals Neonazi-Kundgebung in Dachau
Etwa 30 Neonazis, unter ihnen der als Rechtsterrorist verurteilte Karl-Heinz Statzberger, haben sich am vergangenen Wochenende in Dachau versammelt und für eine 1.Mai-Demonstration geworben. Ein Affront, schließlich ist Dachau für immer mit den hier verübten Greueltaten der Nationalsozialisten verbunden. Nur circa 40 Dachauer Bürger*innen, die den Aufmarsch zufällig mitbekamen, protestierten spontan gegen ihn. Denn die Dachauer Behörden verschwiegen die Kundgebung, und stehen nun nicht nur wegen ihrer Informationspolitik in der Kritik (sueddeutsche.de).
Bandenmäßiger Betrug: Prozess gegen Pro-Köln-Mitglieder
Im Ende der vergangenen Woche angelaufenen Prozess gegen 4 Mitglieder der Stadtratsfraktion der rechtsextremen Gruppierung Pro-Köln wegen bandenmäßigen Betruges ist Jörg Uckermann nun in der JVA Ossendorf inhaftiert worden. Er war dem vergangenen Verhandlungstermin wegen einer angeblichen Erkrankung ferngeblieben. Den Pro-Köln Mitgliedern wird vorgeworfen, unrechtmäßig Geld für Rats-Sitzungen abgerechnet zu haben. So zahlte die Stadt an Pro Köln im Jahr 2011 ganze 95,000 Euro für Sitzungen. Zum Vergleich: Die fünfmal so große CDU-Fraktion erhielt 63.000 Euro. Insgesamt ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen 19 Pro-Köln-Anhänger wegen falscher Abrechnungen (ksta.de 1, ksta.de 2).
Nach Brand in Hamm: Rassistisches Tatmotiv?
Nach dem Brand in einem Mehrfamilienhaus in Hamm, bei dem Unbekannte eine Matratze im Treppenhaus in Brand steckten, hat sich der Staatsschutz der Polizei Dortmund in die Ermittlungen eingeschaltet. 4 Kinder wurden durch die starke Rauchentwicklung verletzt, im Haus leben laut der Staatsanwaltschaft "überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund". Konkrete Hinweise hat die Staatsanwaltschaft noch nicht (focus.de).
Präventionsprogramm gegen Rechts: Geld auch für den Westen
Das von der Bundesregierung finanzierte Präventionsprogramm gegen Rechtsextremismus "Zusammenhalt durch Teilhabe" stellt nun auch Gelder für den Kampf gegen Rechtsextreme in Westdeutschland bereit. Die Krux: mehr Geld stehen durch das Programm nicht zur Verfügung, in Ostdeutschland werden also die Mittel gekürzt. Statt 5 müssen nun 16 Bundesländer mit dem gleichen Geld auskommen (taz.de).
Das familiäre Beziehungsgeflecht des NSU
Auf publikative.org nimmt Patrick Gensing die engen persönlichen Verbindungen der NSU-Mitglieder unter die Lupe: "Nach den bisherigen Zeugenvernehmungen hat sich der Eindruck verstärkt, dass das Trio, bestehend aus Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem auf Dauer angelegten sozialen Zusammenschluss lebte und mutmaßlich die Taten des NSU in arbeitsteiligem Zusammenspiel plante und ausführte". Ob die Indizien und Beweise dem Gericht jedoch für eine Verurteilung Zschäpes wegen gemeinschaftlichen Mordes reichen werde, müsse sich noch zeigen (publikative.org).
Geplante Unterkunft für Geflüchtete: Versicherung kündigt
Eine geplante Unterkunft für Geflüchtete in Kassel steht möglicherweise vor dem Aus, weil die Brandschutzversicherung des ehemaligen Hotels die Feuerversicherung verweigert. Stadt und Besitzerin der Immobilie hatten sich geeinigt, doch die Versicherung stellt sich quer. Der Sozialdezernent von Kassel ist empört, die Versicherung mache sich zum "Vorreiter der Diskriminierung von Asylbewerbern". Die Versicherung widerspricht, es handle sich um das Ergebnis einer "Risikoanalyse" (welt.de).
Schmierereien als Vorboten zu Hitler-Geburtstag
Im Vorfeld des Geburtstags von Adolf Hitler am 20.4. kam es in Braunau zu Sachbeschädigungen. "Schmierereien und Beklebungen" habe es gegeben, erklärt das eingeschaltete oberösterreichische Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Der Mahnstein gegen Faschismus und Krieg vor Hitlers Geburtshaus wurde mit Farbe beschmiert. Solche Aktionen gebe es jedes Jahr, so LVT-Leiter Michael Tischlinger (derstandard.at).
AfD: Lucke blamiert sich
Ausgerechnet von Finanzfachleuten wird AfD-Chef und Makroökonomieprofessor Bernd Lucke für seine Euro-Berechnungen mit Spott überhäuft. Da die Troika und die Statistik-Behörde Eurostat unterschiedliche Zahlen zur griechischen Haushaltssanierung vorlegten, witterte Lucke Betrug und schlug Alarm. Der vermeintliche Skandal war aber keiner – die Troika berechnet im Gegensatz zu Eurostat die Kosten der Bankenrekapitalisierung nicht ein. Diese Information hatte Lucke anscheinend verpasst, obwohl sie lange bekannt und öffentlich war (huffingtonpost.de).
Dortmund: Polizei verbietet Neonazi-Demo am 1. Mai
Die von der Neonazi-Partei "Die Rechte" angemeldete Demonstration am 1. Mai, sowie eine Kundgebung am Vorabend, ist von der Polizei verboten worden. Die geplanten Veranstaltungen gefährdeten laut Polizeibehörde, "unmittelbar die öffentliche Sicherheit und Ordnung". Das Verbot stützt sich auf die Nähe des 25-Punkte Parteiprogramms von "Die Rechte" zu dem Programm der NSDAP, welches ebenfalls 25 Punkte beinhaltete. Außerdem dienten die Veranstaltungen dazu, den organisatorischen Zusammenhalt der verbotenen Gruppierung "Nationaler Widerstand Dortmund" zu stärken. Ob das Verbot Bestand haben wird, oder die Neonazis marschieren dürfen, ist noch offen (ruhrnachrichten.de).
Neonazis: Gewaltbereitschaft gegen Polizei nimmt zu
Eine Auswertung der Kriminalstatistik hat ergeben, dass Neonazis immer öfter gewaltsam gegen Polizist*innen vorgehen. So sind in Thüringen im Jahr 2013 103 Delikte wie Widerstand gegen Beamte, Landfriedensbruch aber auch Körperverletzung registriert worden, während es 2012 85 Fälle und im Jahr 2001, dem Beginn der Auswertung, 15 Delikte waren. Die Zahlen würden sich ausschließlich "auf geklärte Gewaltdelikte" beziehen, heißt es von offizieller Seite. Die Dunkelziffer könnte also noch höher liegen (thueringer-allgemeine.de).
"Salaam-Schalom": Antisemitismus-Initiative in Berlin-Neukölln
Ein Rabbinerstudent hat eine Initiative gegen Antisemitismus und für interkulturellen Dialog von Muslim*innen und Jüd*innen in Neukölln gegründet. Damit reagierte Armin Langer auf die Beschreibung des Bezirks als "No-Go-Area" für Menschen jüdischen Glaubens, die er nicht teilt: "[Ich] hatte immer einen sehr positiven Eindruck von dem Teil der Stadt". Unterstützung erfährt Langer nun von vielen Muslim*innen, die sich über die Stigmatisierung ihres Bezirks ärgerten. Gemeinsam wollen sie für ein friedliches Miteinander streiten (morgenpost.de).
"Die Arier" – Mo Asumang trifft in neuem Dokumentarfilm auf Rassisten
In einem Interview mit der Berliner Morgenpost berichtet die afrodeutsche Moderatorin von ihren Erfahrungen und Überzeugungen rund um den Dreh ihres antirassistischen Dokumentarfilms "Die Arier", für den sie unter anderem Ku-Klux-Klan Mitglieder und deutsche Neonazis interviewte. Der Film wird am 29.04. auf "Arte" ausgestrahlt (morgenpost.de).