Nach den Rechten sehen: Proteste gegen Neonazi-Aufmarsch in Demmin +++ Ungarn: Ehemaliger Nazi-Skin wird Vize-Präsident +++ Innenministerium plant härteren Umgang mit Geflüchteten
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
Proteste gegen Neonazi-Aufmarsch in Demmin
Am 08. Mai marschierten etwa 200 Neonazis durch Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Vorher hatte die Polizei den Rechten die Strecke frei geräumt. Gegen den Aufmarsch protestierten mehr als 400 friedliche Gegendemonstrant*innen. Einer von ihnen wurde von der Polizei schwer verletzt und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Laut NDR ist er aber inzwischen in besserer Verfassung. Belltower.news wünscht gute Besserung und schnelle Genesung. Unser Bericht ist jetzt auch online.
Ungarn: Ehemaliger Nazi-Skin wird Vize-Präsident
Das ungarische Parlament hat einen für seine Gewalttätigkeit berüchtigten ehemaligen Nazi-Skinhead zu seinem Vizepräsident gemacht. Tamas Sneider von der Jobbik-Partei wurde mit den Stimmen seiner eigenen Partei und denen der Mehrheitsfraktion des auch künftig regierenden rechtsnationalen Bundes Junger Demokraten (Fidesz) von Ministerpräsident Viktor Orban ins Amt gewählt (taz.de). Orbans Regierung strickt unterdessen weiter an einem den 2. Weltkrieg betreffenden Opfermythos Ungarns. Gegen ein Denkmal, dass die enge Kollaboration ungarischer Machthaber mit Nazi-Deutschland ausblendet, laufen jüdische Verbände und Historiker*innen Sturm (dw.de).
Innenministerium plant härteren Umgang mit Geflüchteten
Nach Plänen des Innenministeriums sollen Regelungen für Geflüchtete in Deutschland deutlich verschärft werden. Der neue Gesetzentwurf soll die Inhaftierung von Geflüchteten erleichtern.Teile des Entwurfes sind allerdings selbst in der Koalition umstritten. Heribert Prantl schreibt hierzu: "[Der Gesetzentwurf] ist das Schärfste und Schäbigste, was einem deutschen Ministerium seit langem eingefallen ist" (sueddeutsche.de1, sueddeutsche.de 2).
NS-Terror: Millionen Opfer, 100 000 Verfahren, wenige hundert Verurteilte
Eine Ausstellung im Staatsarchiv München beschäftigt sich mit der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen. 95% der Verfahren gegen Nazi-Täter*innen wurden eingestellt, fast alle Verbrecher*innen kamen ungestraft davon: Es gab Millionen Opfer, etwa 100 000 Ermittlungsverfahren und wenige hundert Verurteilte. Auch deshalb stellt die Ausstellung die Frage nach Schuld und Sühne, und Verantwortung über juristische Urteile hinaus (sueddeutsche.de).
Antiziganismus – NPD wegen Nötigung angezeigt
Der Zentralrat der Sinti und Roma hat die NPD wegen Nötigung angezeigt. Die Nazi-Partei hatte eine Podiumsdiskussion mit Romani Rose vom Zentralrat der Sinti und Roma angekündigt –selbstverständlich ohne ihn um Einverständnis zu fragen. Die Veranstaltung werde solange beworben, bis Rose eine "verbindliche Absage" erteile, so die NPD. Es wird sich zeigen, ob die Anzeige des Zentralrats für die NPD Absage genug ist (publikative.org). Unterdessen schreibt Geschichtsprofessor Wolfgang Wippermann in der "Jüdischen Allgemeinen" zum Verhältnis von Antiziganismus und Antisemitismus (juedische-allgemeine.de).
Ver.di will Neonazi ausschließen
Nachdem Antifaschist*innen einen Erzieher aus Mannheim als Neonazi outeten, hat ver.di ein Ausschlussverfahren gegen das Gewerkschaftsmitglied gestartet. Gegen den Mann, der momentan nicht in der städtischen Kindertagesstätte arbeitet, steht der Vorwurf rassistischer Äußerungen im Raum. Eltern sollen sich über ihn beschwert haben. Laut antifaschistischer Recherchen ist der Erzieher Mitglied in der NPD und der örtlichen rechten Hooliganszene (swr.de).
Neonazi-Festivals in Polen
In Polen sind diesen Sommer gleich zwei Festivals der Neonazi-Szene geplant. Spielen wird dabei zum Beispiel eine Gruppe aus Estland, die sich "Preserve White Aryans" nennt ("Schütze weiße Arier"). Bands aus ganz Europa werden erwartet. Die Veranstaltungsorte werden von den Neonazis nach wie vor geheim gehalten. Die Konzerte zeugen von einem allgemeinen Erstarken der Szene in Polen, und dem in Mode kommen antisemitischer und rassistischer Ideologie, schreibt die "Zeit". Die Regierung selbst bekommt das Problem nicht in den Griff (zeit.de).
Rassismus Teil der Alltagskultur
In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau fordert Jonas Berhe von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, die Erfahrungen derjenigen die von Rassismus betroffen sind mehr wert zu schätzen und ernster zu nehmen. Darüber hinaus stellt er fest: "Effektive Gegenmaßnahmen dürfen nicht nur anlassbezogen sein. Ich kann nicht erst darauf warten, dass es einen Übergriff gibt, um dann darauf zu reagieren, sondern ich muss antizipieren, dass es passieren kann und dass Rassismus leider fester Bestandteil der Alltagskultur ist. Dafür braucht es mehr Unterstützung für Beratungsstellen, die Betroffenen helfen, und Anlaufstellen, die unabhängig von der Polizei arbeiten" (fr-online.de).
Hessen: Warten auf Antidiskriminierungsstelle
Eigentlich schien es, als mache der hessische Koalitionsvertrag einen Schritt in die richtige Richtung. Ihm zufolge ist die Schaffung einer Anlaufstelle für jede Art der Diskriminierung (Antidiskriminierungsstelle) vorgesehen, um "unbürokratische und schnelle Hilfe für betroffene Personen zu gewährleisten". Getan hat sich bisher wenig, es geht mal wieder ums Geld. Nun laufen auch die Fördermittel des "Netzwerks gegen Diskriminerung" aus, das bisher so gut es ging Hilfe für Opfer von Rassismus leistete (fr-online.de).
Sich selbst mit Juden verglichen: AfD sagt "Sorry"
Nachdem sich AfD-Politiker*innen in Folge von Störungen des eigenen Wahlkampfs durch Antifaschist*innen in einer Reihe mit während der NS-Zeit verfolgten und ermordeten Jüd*innen gesehen hatten, musste der Parteivorstand nun Abbitte leisten. Die Vorstände von Rheinland-Pfalz und NRW entschuldigten sich schriftlich beim Zentralrat der Juden in Deutschland. Sie baten aber auch um "Nachsicht für Menschen, die unverschuldet – wie alle rund 20.000 Parteimitglieder – sich seit Wochen in einer sehr schwierigen Belastung befinden" (welt.de).
Schleswig-Holstein: "Reichsbürger" plant rechtes Zentrum
Im schleswig-holsteinischen Bondelum bei Viöl (Kreis Nordfriesland) sucht ein Reichsideologe Investor*innen für eine "freie Tagungsstätte". Für Franz-Harro Horn existiert das Deutsche Reich bis heute fort. Die Tagungsstätte soll auf dem ehemaligen Anwesen des rechten Verlegers Roland Hermann Bohlinger, einem verstorbenen Anhänger der völkischen Ideologen um Mathilde und Erich Ludendorff, errichtet werden (bnr.de).
NSU-Mord an Halit Yozgat: Streit um Aufarbeitung
In Hessen streiten sich die Parteien um die Aufarbeitung des Mordes an Halit Yozgat. SPD und Linke fordern einen öffentlichen Ablauf, das Verhalten hessischer Behörden nach dem Mord an dem Internetcafé-Besitzer Yozgat 2006 in Kassel müsse weiter aufgeklärt werden. CDU und Grüne wollen eine Regierungskommission mit zusätzlicher Kontrolle durch die geheim tagende Landtagskommission. Eine Einigung über das Vorgehen ist auch nach zwei Jahren Diskussion nicht in Sicht. Die erneute Vertagung sei "ein einziges Armutszeugnis", so der innenpolitische Sprecher der Linken (hr.de).
"Zwei Himmel" – Theaterstück von Geflüchteten feiert Premiere
In Mühlheim hatte ein von Geflüchteten aus Mühlheim und Oberhausen erarbeitetes Theaterstück Premiere. Erlebtes, Ertragenes und Erhofftes haben die Geflüchteten in dem Stück „Zwei Himmel“ verarbeitet. Als Aufführungsort wählten die Darsteller*innen einen einprägsamen Ort: ein ehemalige Geflüchtetenunterkunft. Unterstützt wurden sie bei der Aufführung vom Theater- und Kunstprojekt "Ruhrorter" (derwesten.de).
Protestschild gegen Thor-Steinar Laden wieder da
Um ein Zeichen des Protests gegen Neonazi-Strukturen in Chemnitz zu setzen, feierte das Bündnis Bunter Brühl erneut die Einweihung eines Protestschild vor dem Thor Steinar-Laden, der früher den Namen „Brevik“ trug. Auf dem Schild steht: "Geöffnet von 1933-1945". Es ist in den vergangenen zwei Jahren bereits das Fünfte. Seine Vorgänger wurden entweder schwer beschädigt oder entwendet. Für das aktuelle Schild hat sich das Bündnis nach eigener Aussage aber "verstärkende Raffinessen" einfallen lassen. Mit dem Schild sollen Passant*innen darauf aufmerksam gemacht werden, in welchem geistigen Umfeld sich das Geschäft verorten lässt (endstation-rechts.de).
Nazi-Demo und Gegenprotest I: Wehrden
In Wehrden im Saarland mobilisiert die Neonazigruppierung "Sturmdivision Saar" für einen "Trauermarsch" am 11.05. Ein breites Bündnis mobilisiert zu Gegenprotesten (saarbruecker-zeitung.de).
Nazi-Demo und Gegenprotest II: München
In München wollen Rechte und christliche Fundamentalisten am Samstag den 10. Mai demonstrieren. Neben der Initiative "Besorgte Eltern Bayern", die Rechtspopulisten ein Sammelbecken bietet, mobilisiert die Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) die Neonazi-Szene. Die Gegenkundgebung unter dem Motto "Vielfalt statt Einfalt. München bleibt bunt" beginnt am Samstag, 10. Mai, um 13 Uhr vor dem Reiterdenkmal am Odeonsplatz (sueddeutsche.de).
Nazi-Demo und Gegenprotest III: Apolda
Um sich mit Geflüchteten zu solidarisieren laden SPD, Bündnis gegen Rechtsextremismus, Verein Mobit (Mobile Beratung in Thüringen für Demokratie - gegen Rechtsextremismus) sowie weitere Gruppierungen zu einer Kundgebung am Haupteingang der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber Auf dem Angespanne respektive am Kirschberg ein. In der Nähe wollen am Dienstag, den 9.5., Mitglieder der NPD gegen die Geflüchteten hetzen (otz.de).