Nach den Rechten sehen: European Homecare soll Strafen gegen Flüchtlinge angeordnet haben +++ Angriffe auf Moscheen in Niedersachsen +++ Grevesmühlen: Thing-Haus vorzeitig geschlossen.
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European Homecare soll Strafen gegen Flüchtlinge angeordnet haben
Neue Vorwürfe im Skandal um Gewalt in Übergangswohnheimen in NRW: Einem TV-Bericht zufolge soll der Betreiber European Homecare von Übergriffen gegen Flüchtlinge gewusst, Strafen teilweise sogar angeordnet haben. Sicherheitsleute seien als Betreuer eingesetzt worden. Unterdessen verdichten sich auch die Anzeichen, dass Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) bereits vor Wochen von überfordertem Personal in den Landeseinrichtungen Kenntnis gehabt haben musste. Der „Focus“ zitiert aus mehreren Alarmschreiben des Dortmunder Oberbürgermeisters Ullrich Sierau (SPD) an Jäger, in dem katastrophale Zustände in der Erstaufnahmestelle Dortmund-Hacheney beklagt wurden. Das Personal sei überfordert, effizientes Krisenmanagement fehle, die Landesbehörden strahlten eine „gewisse Trägheit“ aus (DerWesten.de). Nach den Übergriffen auf Asylbewerber haben Ermittler die Firmenzentrale des Flüchtlingsheim-Betreibers European Homecare (EHC) in Essen durchsucht. Es sei nach Beweisen im Zusammenhang mit den Vorfällen in Burbach gesucht worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen, Johannes Daheim, am Montag auf Anfrage. In Burbach sollen private Wachleute Flüchtlinge misshandelt und gequält haben. „Es gibt schwerwiegende Vorwürfe gegen European Homecare, die unbedingt geklärt werden müssen”, sagte der für die NRW-Flüchtlingsunterkünfte zuständige Regierungspräsident Gerd Bollermann (SPD) in Arnsberg. Bollermann schloss nicht aus, sich von dem Unternehmen als Heimbetreiber zu trennen. „In dem Moment, wo wir Erkenntnisse haben, werden wir handeln. Das würde uns zwar unter Druck setzen, aber solche Missstände, die möglicherweise toleriert worden sind, sind nicht zu akzeptieren.” (Aachener Zeitung)
Angriffe auf Moscheen in Niedersachsen
Vergangenes Wochenende fand bundesweit in rund 1.000 islamischen Gotteshäusern der "Tag der offenen Moschee" statt. Dabei sollte nicht-muslimischen Besuchern die Religion näher gebracht werden. Schon im Vorfeld kam es in Niedersachsen zu Straftaten gegen zwei islamische Gemeinden: In Stadthagen wurde auf dem Gelände der Türkisch Islamischen Gemeinde, auf dem sich die Aksa-Camii-Moschee befindet, in der Nacht auf Freitag der Kopf einer Schaufensterpuppe abgestellt. Sie trug laut Angaben der Polizei ein schwarzes Kopftuch und war mit roter Farbe beschmiert. Die Täter drapierten rot beschmierte Steine davor, die offenbar eine Steinwurf-Attacke symbolisieren sollten. Unter der Puppe stand "Das ist der Islam". In Delmenhorst wurde in der Nacht auf von Freitag auf Samstag ein Wildschweinkopf vor einen Gebäudekomplex gelegt, in dem sich unter anderem Räume der Mevlana Moschee befinden. Schweine gelten im muslimischen Glauben als unrein. Die oldenburgische Kirche verurteilte diesen Anschlag als "nicht hinnehmbare, verabscheuungswürdige Provokation". In beiden Fällen ermittelt der Staatsschutz, der für politisch motivierte Taten zuständig ist gegen unbekannte Täter (taz).
Grevesmühlen: Thing-Haus vorzeitig geschlossen
Nicht bürgerlicher Protest, sondern die Polizei zeigt den Neonazis in Grevesmühlen Grenzen auf. Die Szene reagiert äußerst erbost auf das Verbot einer Geburtstagsfeier. Schon die interne Einladung zur dreifachen Geburtstagsfeier ins „Thinghaus“ kann als Provokation aufgefasst werden. In der Fotomontage stehen die Figuren von Sven Krüger, einem „Hammerskin“ aus Schwerin, sowie einem jüngeren Mann vor langen roten Fahnen, augenscheinlich aus dem „Dritten Reich“. Statt der Hakenkreuze wurde das jeweilige Alter der Party-Gastgeber eingeblendet: 40 – 30 – 40. Bei dem Originalfoto könnte es sich um einen Reichsparteitag oder eine andere NS-Feier gehandelt haben, denn auch im Hintergrund der Einladung sind unscharfe Männer in schwarzen Uniformen zu erkennen. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass die Feier am 4. Oktober im „Thinghaus“ in Grevesmühlen nur ein „geselliges Beisammensein“ und kein Konzert mit Live-Musik darstelle. Wohl ein taktischer Schachzug, um der Polizei keine Möglichkeiten zum Eingreifen zu bieten. Die Gäste wurden ausdrücklich um „Pünktlichkeit“ gebeten, denn so hieß es, „wir wissen nicht, wie lange der Weg frei bleibt“. Blieb er dann auch nicht (Blick nach rechts).
Zu Lunikoff unplugged Marmeladen tauschen
Welche Bedeutung das Thinghaus in Grevesmühlen für die rechtsextreme Szene Mecklenburg-Vorpommerns darstellt, wurde am Wochenende erneut deutlich. Eine Veranstaltung wurde verboten, im Internet heißt es, dass nun die „Zeit zu kämpfen“ gekommen sei. In wenigen Wochen ist dann der Ex-Landser-Sänger zu Besuch – nebenbei sollen Marmeladen getauscht werden (Endstation rechts).
Saalfeld: Nach Bedrohung von Thüringer Politikern sucht Polizei illegale Waffe
Ende August wurde im Saalfelder Ortsteil Gondorf ein Wahlkampfstand der Links-Partei bedroht. Die Polizei nahm Ermittlungen auf. Gondorf gilt als eine der Hochburgen von Neonazis in Thüringen. Nach Angaben einer der Betroffenen, der Linke-Abgeordneten Katharina König vom Samstag, sind die Ermittler offenbar mindestens vier Verdächtigen auf der Spur. Gegen "maßgebliche Akteure" dieser Bedrohung sollen nach ihrer Aussage seit Längerem auch Ermittlungen wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz laufen. Der Verdacht kam nach Informationen unserer Zeitung 2010 bei der Auswertung von Handy-Daten auf. Die Ostthüringer Soko "Feuerball" geht der mutmaßlichen Planung eines Brandanschlags auf ein Fahrzeug der Linke-Abgeordneten König nach. Die Ermittlungen führten unter anderem zu zahlreichen Durchsuchungen. Auf einem sichergestellten Handy sollen sich auch ein Foto einer vermutlich scharfen Pistole sowie Bilder von Patronen befunden haben. Die Waffe der Marke "Ceska" könnte aus den 1920er-Jahren stammen. In Verdacht gerieten unter anderem ein Saalfelder, der 2009 als NPD-Direktkandidat zur Landtagswahl antrat (Thüringer Allgemeine).
NSU-Material: Sonderermittler soll DVD-Panne bei Verfassungsschutz aufklären
Seit 2005 liegt dem Bundesamt für Verfassungsschutz eine Daten-DVD mit dem NSU-Kürzel vor. Niemand wurde davon in Kenntnis gesetzt. Bundestagsabgeordnete sind entsetzt - nun soll ein Sonderermittler den Fall aufklären (Spiegel online, Tagesschau.de).
Aufklären oder Abhaken? Was will die NSU-Enquete-Kommission in Baden-Württemberg?
Der Name ist so verwirrend und kompliziert wie die Angelegenheit: "Konsequenzen aus der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrund NSU/Entwicklungen des Rechtsextremismus in Baden-Württemberg - Handlungsempfehlungen für den Landtag und die Zivilgesellschaft". So heißt die NSU-Enquetekommission in Baden-Würrtemberg offiziell. Die Grünen im Landtag hätten lieber einen Untersuchungsausschuss gehabt, dagegen hat sich aber der Koalitionspartner SPD gewehrt. Bedenkt man, welch hohen Berg die Mitglieder zu erklimmen haben, so hat man ihnen mit einer Enquete-Kommission eine bescheidene Ausrüstung an die Hand gegeben, eher Sandalen als Bergschuhe. Fragt sich nur: Warum? (SWR).
Bayern: Wurde der NSU-U-Ausschuss vorsätzlich getäuscht?
Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags ist von Behörden möglicherweise vorsätzlich hinters Licht geführt worden. Das vermutet der Vorsitzende des Rechts- und Verfassungsausschusses und SPD-Abgeordnete Franz Schindler. Er zeigte sich angesichts entsprechender Hinweise und Indizien alarmiert und verlangt eine unverzügliche Stellungnahme der Staatsregierung: “Sollten sich diese Informationen bestätigen, müsste das Kapitel ‘NSU und das Versagen und Vertuschen von Sicherheitsbehörden’ neu geschrieben werden. Die bayerischen Behörden müssen hier dringend und vollumfänglich aufklären. Falls das Parlament tatsächlich mit Absicht falsch informiert wurde, wäre das ein Skandal, dessen Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden müssen." (Publikative.org).
Sachsen-Anhalt: Polizei hat Defizite im Umgang mit Migranten
n der Fachhochschule der Polizei in Aschersleben ist am Montagabend eine Studie "Polizeilicher Umgang mit migrantischen Opferzeugen" veröffentlicht worden. Auslöser war ein Fall vom 25. Februar 2012 im "Grillhaus" von Mücheln (Saalekreis), einem türkischen Imbiss. Drei Männer im Alter von 22, 25 und 57 Jahren hatten, so die Anklage, den türkischstämmigen Inhaber mit Verweis auf die NSU-Morde bedroht und zusammengeschlagen. Schon auf den Notruf der aufgeregten Ehefrau des Inhabers reagierte der Polizist höchst unsensibel. So habe der Beamte damals gefragt: "Können Sie nicht drei Worte Deutsch gradeaus reden?" Auf den Hilferuf, dass sie von "Nazis überfallen" werden, habe der Polizist gar nicht reagiert und wohl nur gemeint: "Buchstabieren Sie Ihren Namen!" Der Fall mit ausländerfeindlichem Hintergrund wurde somit zunächst nur als einfache "Kneipenrauferei" weitergegeben (Volksstimme, mdr).
Zerstrittene Saar-NPD
Die Kandidatur zweier Spitzenfunktionäre als NPD-Bundeschef treibt einen Keil in den ohnehin angeschlagenen saarländischen Landesverband der rechtsextremistischen Partei. Ihren Zwist tragen die Unterstützer bzw. Gegner von Peter Marx und Frank Franz teilweise öffentlich aus – zum Missmut weiterer Kader (Endstation rechts).
Hooligans machen mobil gegen Salafisten, angeblich um Deutschland zu retten
Für Gunter A. Pilz, einem der führenden Fanforscher in Deutschlands Fußballstadien, verfolgen verschiedene Hooligan-Gruppen derzeit eine "sehr geschickte Strategie", indem sie sich zusammenschließen gegen Salafisten. Zwar betonen die "Gewalttäter Sport", dass sie sich auch weiterhin mit Hooligan-Gruppen anderer Clubs prügeln wollen, doch im Kampf gegen Radikalislamisten trete man künftig gemeinsam auf. Vergessen machen will man so wohl auch, dass Ausschreitungen im Umfeld von Fußballspielen der Allgemeinheit, die man doch vor den Salafisten schützen will, zugleich einen Schaden und zuweilen auch immense Kosten bereiten. netz-gegen-nazis.de berichtete, Telepolis hat heute einen Hintergrund zum Thema.
AfD: Brandenburger Fraktion schließt Stefan Hein aus
Bereits vor der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags lichten sich bei der AfD die Reihen. Die Fraktion der erstmals im Potsdamer Parlament vertretenen Partei hat am Montag ihren Abgeordneten Stefan Hein ausgeschlossen. Trotz Querulantentum und rechtsextremer Tendenzen steigt die Zahl der Parteimitglieder aber rasant an (maz-online.de, rbb). In Hamburg setzt die AfD für den Bürgerschaftswahlkampf auf ein Bürgertum, dass aus rassistischen Motiven auf Etabliertenvorrechte pocht (taz).
Islam-Kritiker treibt Ben Affleck zur Weißglut
Schauspieler Ben Affleck hat in einer Talkshow mit einem zornigen Auftritt den Islam in Schutz genommen. "Das ist hässlich, das ist rassistisch", fuhr er Moderator Bill Maher an (Rheinische Post).
Alltagsrassismus in Südtirol: Schweigen ist Gold!
Das Tagblatt der Südtiroler verschweigt seit fast einer Woche bewusst, dass der Haupttäter der Meraner Schlägerei ein Südtiroler ist. Südtirols alltäglicher Rassismus? (Salto.bz)
Wie im Gefängnis: Ein Asylbewerber erzählt seine Geschichte
Als der Vater das Schutzgeld nicht zahlen kann, schlagen die Gangster zu, verwüsten das Restaurant. Im Krankenhaus wird der alte Mann nicht behandelt, weil er einer ethnischen Minderheit angehört. Sids (Name von der Redaktion geändert) Vater stirbt. Bald drohen die Schläger seiner Frau. Das Paar flüchtet und landet im Dattelner Asylbewerberheim. Hier geht die Leidensgeschichte weiter (Dattelner Morgenpost).
Mit Musik gegen die Freiheit
Rechtsextreme schlagen auch sanfte Töne an und verbreiten über Balladen, Schlager oder Nazi-Reggae ihre Weltanschauung. Kulmbacher Schüler wissen jetzt, mit welchen Tricks die Bands arbeiten (Frankenpost).
NPD-Thüringen: Parteibasis fordert Wieschkes Rücktritt
Die Krise der NPD in Thüringen verschärft sich rasant: Nun kursiert ein Brief der Parteibasis im Netz, in dem Landeschef Wieschke zum Rücktritt aufgefordert wird. Der findet das ganze offenbar „lächerlich“ und gibt sich amüsiert (publikative.org).
Ungarn: Roma sollen die Stadt verlassen
Kommenden Sonntag finden in Ungarn Kommunalwahlen statt. In der Industriestadt Miskolc haben alle grossen Parteien die Vertreibung der Roma im Wahlprogramm. Die rechtsextreme Jobbik könnte gewinnen (tagesanzeiger.ch).