Nach den Rechten sehen: Brand in Flüchtlingsunterkunft in Hamburg - 3 Tote - Hintergrund noch unklar +++ Anklage wegen NPD-Flyern in Sachsenhausen +++ Plante der NSU eine Polizei-Mordserie?
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Brand in Flüchtlingsunterkunft in Hamburg - 3 Tote - Hintergrund noch unklar
Am Mittwochabend brannte es in einem Haus in Hamburg, dass die Stadt als Unterkunft für Flüchtlinge und Obdachlose nutzt. Ein Kinderwagen im Flur gilt als mutmaßlicher Brandherd. Brandexperten des Landeskriminalamts (LKA) gehen von Brandstiftung aus - es ist aber noch unklar, ob es sich um vorsätzlich oder fahrlässige Brandstiftung (etwa durch einen technischen Defekt) handelt. Ein Polizeisprecher sagte: "Wir haben keine Hinweise auf eine fremdenfeindliche Motivation für diese Straftat." In den Flammen waren am Mittwochabend eine 33-jährige Mutter aus Pakistan und ihre beiden sechs und sieben Jahre alten Söhne ums Leben gekommen. Als das Feuer am Mittwochabend ausbrach, wollten die Frau und die zwei Jungen wohl versuchen, aus ihrer Dachgeschosswohnung durch das verrauchte Treppenhaus des Altbaus zu fliehen. Die heißen Rauchgase führten nach Darstellung der Feuerwehr zu Verbrennungen - und dazu, dass die Familie erstickte. Der Vater der Kinder war nicht zu Hause, er wurde später psychologisch betreut. 27 Bewohner des Mehrfamilienhauses wurden laut Polizei verletzt, 15 von ihnen kamen zunächst in Krankenhäuser. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Brandstiftung gegen unbekannt. Rund 150 Anwohner*innen gedachten am Donnerstagabend nach Polizeiangaben der Opfer. Sie versammelten sich schweigend und stellten Kerzen vor die Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber*innen (Welt, Frankfurter Rundschau, NDR).
Brände in Flüchtlingsheimen in Aachen und Amberg ohne rechtsextrremen Hintergrund
Auch in einem Aachener Flüchtlingswohnheim brannte es am gestrigen Donnerstag. Dort hat ein 35-jähriger Asylbewerber seine Wohnung selbst in Brand gesetzt (Aachener Zeitung, Focus.de) Im bayerischen Amberg wurden heute früh zwei Flüchtlinge bei einem Brand verletzt. Dieser war in der Küche des Flüchtlingsheims offenbar aus Unachtsamkeit ausgebrochen (mittelbayerische.de).
Anklage wegen NPD-Flyern in Sachsenhausen
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat Anklage wegen Störung der Totenruhe in der Gedenkstätte Sachsenhausen gegen zwei Männer und eine Frau aus den Landkreisen Oberhavel und Ostprignitz-Ruppin erhoben. Das Trio soll am 5. Juni vergangenen Jahres Flyer der NPD-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern mit herabsetzenden Bemerkungen über „Zigeuner“ in Räumen und auf öffentlichen Toiletten der Gedenkstätte verteilt haben. Die Frau soll dabei ein T-Shirt mit der Aufschrift „Nationaler Widerstand“ getragen haben. Bei den mutmaßlichen Tätern handelt es sich um einen 26-Jährigen aus Leegebruch, eine 32-Jährige aus Gransee sowie einen 27-Jährigen aus Wittstock. Während die Frau als NPD-Sympathisantin gilt, gehörte der Wittstocker zu den „Freien Kräften Ost“. Der Dritte im Bunde präsentiert sich selbst im Netz als „Autonomer Nationalist“. Laut Staatsanwaltschaft sind die Männer wegen Propagandadelikten vorbestraft, die Frau wegen anderer Straftaten (PNN).
Rechtsextremismus in Brandenburg: Neonazis machen sich Konkurrenz
Die rechtsextreme verbotene „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ (KMOB)" geht in der Partei „Die Rechte“ auf - und liefert sich mit der NPD in sozialen Netzwerken heftige Debatten (PNN).
Plante der NSU eine Polizei-Mordserie?
Der Heilbronner Polizistenmord war eine Ausnahme in der NSU-Serie. Doch Erkenntnisse aus dem Prozess zeigen: Er könnte als Auftakt einer Reihe von Polizei-Attentaten geplant gewesen sein, berichtet ZEIT online.
Ein weiterer interessanter Text findet sich in der Freien Presse: Er berichtet über eine Spur im Heilbronner Polizistinnenmord, die (bisher?) nicht weiter verfolgt wird. Ein Augenzeuge beschrieb nach der Tat eine Frau, die die Polizisten damals nicht zuordnen konnten. Das Phantombild ähnele aber stark einer der drei Anführerinnen des früheren Thüringer "Mädelrings", einer Vereinigung kämpferischer Neonazi-Frauen. Die ist nicht nur mit der besten Freundin von Michèle Kiesewetter zur Schule gegangen, sondern hatte auch engen Kontakt zu NSU-Unterstützern, unter anderem zum mitangeklagten Ralf Wohlleben und der Thüringer Szene-Größe Thomas G.
Einen Rückblick auf die Woche im NSU-Prozess zum Hören gibt es bei freie-radios.net.
Nazi-Zeichen: 27-Jähriger Vogtländer zu Haft verurteilt
Wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ist ein 27-jähriger Vogtländer am Plauener Amtsgericht zu vier Monaten Haft verurteilt worden. Der Mann, der als Programmierer arbeitet, der aussieht, wie ein biederer Beamter mit Hornbrille und anständiger Frisur, hat einen Hang zu faschistischer Gesinnung. Schon zweimal stand er deshalb vor Gericht, musste sich wegen vier Vorfällen verantworten. Im aktuellen Strafverfahren ging es um zwei Taten: Anfang Juli 2013 hing im Fenster der Wohnung des Angeklagten eine rot-weiß-rote Fahne mit einem deutlich sichtbaren Hakenkreuz. Wenige Wochen später fiel der Mann bei einer Verkehrskontrolle auf, weil er ein Basecap trug, an dem ein sogenannter Button befestigt war, auf dem ein zum Hitlergruß ausgestreckter Arm und der Schriftzug "Ja zum Führer" zu erkennen waren. In beiden Fällen gab es Anzeigen, und so nahm die Sache ihren Lauf durch die Justiz. (Freie Presse).
Murnau: Demo gegen Neonazis: „Wir pfeifen auf die braunen Pfeifen“ am 08. Februar
Der braune Spuk bricht am Samstag, 8. Februar, wieder über Murnau herein. Es werden am frühen Abend 60 bis 70 Neonazis erwartet, die sich in einem polizeibekannten Szeneladen am Burggraben zu einem „Redner- und Liederabend" treffen wollen. Das Werdenfelser Bündnis gegen Rechtsextremismus plant am Nachmittag eine Demonstration im Ortszentrum. Das Motto: „Wir pfeifen auf die braunen Pfeifen.“ (mittelbayerische.de).
Pforzheim: Evangelische Dekanin spricht bei Kundgebung gegen Nazi-Fackel-Mahnwache am 23. Februar
Dekanin Christiane Quincke sagt, sie wolle ein Zeichen setzen. So, wie sie vor einem Jahr in einem Gespräch gesagt hatte, es sei Pflicht eines Christenmenschen, sich gegen Rechtsextremismus zu empören und aufzustehen. Es habe sie beeindruckt, wie die "Initiative gegen Rechts" über ihren Schatten gesprungen sei und um der Sache willen die gemeinsame Erklärung des Bündnisses "Pforzheim nazifrei" unterzeichnet habe (Schwarzwälder Bote).
Bürger und Politiker zeigen Gesicht gegen Kampagne gegen Asylbewerberheim: Gardeleger Solidarität mit Flüchtlingen
Leuchtende Kinderaugen im Asylbewerberheim. Es gibt Besuch und ein paar Geschenke. In Gardelegen haben Bürger und Politiker für ihre neuen Einwohner demonstriert. Es ist eine Reaktion auf eine Seite bei Facebook. Mehr als 1800 Menschen hatten "Nein zum Heim in Gardelegen" mit "Gefällt mir" markiert. Doch hinter dem virtuellen Protest stecken Rechtsextreme. Bundesweit versuchen sie gegen Asylbewerber zu mobilisieren. In Gardelegen aber wollen Politiker, Gardeleger, Feuerwehrleute - viele Bürger wollten die Menschen kennenlernen, 70 suchen bei einem Besuch das Gespräch mit den Flüchtlingen (Volksstimme.de).
Regensburg: Anzeigen gegen über 20 Sitzblockierer*innen
Die NPD-Kundgebung vom September letzten Jahres in Regensburg hat ein Nachspiel. Die Polizei wirft nun einer Reihe von Demonstrant*innen Nötigung vor (mittelbayerische.de, Regensburg digital).
Aachen: Wo Fußball mehr als ein Spiel ist
Die Aachen Ultras sind eine besondere Fangruppe: In den Stadien kämpften sie gegen Hooligans und Neonazis – ohne Erfolg. Jetzt mobilisieren sie Gleichgesinnte und Verbände (ZEIT online).
Vom Ausländerhasser zum Aufklärer
Ein ehemaliger Rechtsextremist hilft anderem bei Ausstieg aus der Szene und hält Vorträge an Schulen. Jetzt hat er in Günzburg und Krumbach mit Jugendlichen diskutiert (Augsburger Allgemeine).
Stade: Jugendfeuerwehr initiiert (und radelt) "1000 Kilometer gegen Rechts"
Mit der Aktion „1000 km gegen Rechts“ wollen die Jugendfeuerwehren in Niedersachsen ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. Die Feuerwehren und Jugendfeuerwehren wollen zeigen, dass „braunes Gedankengut“ oder Fremdenfeindlichkeit in der Feuerwehr nichts zu suchen hat. Die Idee stammt von der Jugendfeuerwehr Stade. Ein Fahrrad mit einem Anhänger sollte als Staffelfahrrad durch Niedersachsen geschickt werden. Insgesamt 150 Jugendfeuerwehren haben das Fahrrad schließlich durch ganz Niedersachsen begleitet. Unterwegs gab es zahlreiche Aktionen der Jugendfeuerwehren, wie den Besuch einer Moschee (Retter.tv).
Engagement für Flüchtlinge: Lektion Lebenskunde
Die Umgebung ist in diesem Teil von Siemensstadt ist trist. Aber mittendrin: Leben. Unsere Autorin bringt Flüchtlingen Deutsch bei. Und wie fühlt sich das an? Ein Erfahrungsbericht (Tagesspiegel.de)
Diese Woche auf netz-gegen-nazis.de:
| Rechtsextreme Strategie: Rassistische "Elterninitiative" in Leipzig
| Wahrnehmungsdefizite im Umgang mit rechtsextremen Frauen am Beispiel von Beate Zschäpe
| "Occupy Pedofiljaj": Russische Nazis misshandeln Homosexuelle im Namen des "Kinderschutzes"