05.02.2014 ... Presseschau

Nach den Rechten sehen: SU-Prozess: Zweifel an der Tatwaffe, Erinnerungen an den Kiesewetter-Mord und ein Brieffreund, der aus dem offenen Vollzug fliegt +++ Zentralrat der Sinti und Roma erstattet Anzeige gegen Polizei +++ Gardelegen: Hetze gegen Flüchtlingsheim - real und im Netz.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU-Prozess: Zweifel an der Tatwaffe, Erinnerungen an den Kiesewetter-Mord und ein Brieffreund, der aus dem offenen Vollzug fliegt

Laut Gutachten wurde eine "Ceska 83" als Tatwaffe für die neun Morde des NSU-Trios identifiziert. Die Verteidiger jedoch säten Zweifel an dieser Aussage (thüringen1).

Der Polizist Martin A. überlebte schwer verletzt den Anschlag auf ihn und seine Kollegin Michèle Kiesewetter in Heilbronn. Ein Polizeibeamter schilderte nun als Zeuge vor Gericht, wie A. nach der Tat um seine Erinnerungen rang (Spiegel online).

Beate Zschäpes Brieffreund Robin S. darf derweil seine Haftstrafe nicht mehr im offenen Vollzug verbüßen. Man habe in der Zelle des 29-Jährigen Beweise gefunden, "dass er nach wie vor nicht nur einer rechten Ideologie, sondern auch einer grundsätzlich gewaltbereiten Ausrichtung anhängt", sagte der Leiter der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne, Uwe Nelle-Cornelsen, am Dienstag. Der Mann sei darum Anfang Januar in die JVA Werl verlegt worden (Mindener Tageblatt).

Am vergangenen Donnerstag in der Vorwoche saß der Angeklagte Holger G. plötzlich auf der Anklagebank vor dem Oberlandesgericht in München, bevor seine Anwälte erschienen. Noch dazu hatte er auf das große Notizbuch verzichtet, mit dem er bisher sein Gesicht verdeckt hatte. Er will jetzt vor Gericht offener auftreten, berichtet die Thüringer Allgemeine.

Zentralrat der Sinti und Roma erstattet Anzeige gegen Polizei

Der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, hat wegen diskriminierender Aktenvermerke baden-württembergische Polizeimitarbeiter angezeigt. In einem Schreiben an Landesinnenminister Reinhold Gall (SPD) verlangte Rose, dass die Verfasser der Vermerke wegen Verleumdung und Beleidigung zur Verantwortung gezogen werden müssten. Bei den Aktenvermerken handele es sich um "schlimmen Rassismus, der dem Jargon der Nationalsozialisten" ähnele, sagte Rose. In den Akten aus Baden-Württemberg, in denen es um den Fall der ermordeten Polizisten Michèle Kiesewetter geht, sei von einem "Neger" die Rede, und Roma würden als "Zigeuner" bezeichnet, die "typischerweise lügen" (ZEIT online).

Gardelegen: Hetze gegen Flüchtlingsheim - real und im Netz

Im Internet wird Stimmung gegen die Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber in Gardelegen gemacht. Eine Initiative hat eine Gruppe bei Facebook gegründet, die innerhalb der letzten Tage mehr als 1.800 Anhänger fand. In der Nacht zu Sonntag waren vor dem Asylbewerberheim in Gardelegen rechte Parolen gerufen worden. Wie die Polizei mitteilte, flüchtete eine Gruppe anschließend (mdr).

Verfassungsschutz Thüringen: NPD verteilt "Zeitungen" und gibt Dresscodes für Demos aus

Thüringens Verfassungsschützer sehen in den jüngsten Aktionen der rechtsextremen NPD keine neue Strategie für die anstehenden Landtags- und Kommunalwahlen. Dabei beobachten sie ganz interessante Dinge: So betreibe die NPD ein Projekt namens „Thüringer Regionalzeitungen“. Unter diesem Titel verteilen die Rechtsextremen ihr Propagandamaterial mit Zeitungslayout in mehreren Landkreisen. Auch bemühe sich die NPD um ein möglichst seriöses Erscheinungsbild. „So wurden Dresscodes bei NPD-Demonstrationen festgelegt“, hieß es (Focus).

Bündnis mobilisiert gegen Nazi-"Gedenkmarsch" in Weimar am 8. Februar

Trotz zahlreicher Niederlagen in den vergangenen Jahren halten Thüringens Neonazis an ihren Plänen fest, in Weimar einen braunen »Gedenkmarsch« zu etablieren. Zusammen mit der NPD mobilisieren rechte Kameradschaften, allen voran die »Aktionsgruppe Weimarer Land«, für den 8. Februar in die Stadt am Ettersberg. Das Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus (BgR) Weimar ruft unter dem Motto »Laß dir nichts verdrehen. Erst recht nicht die Geschichte!« zu Protesten auf (Junge Welt).

Dresden: Oberbürgermeisterin bittet die Dresdner*innen zur Menschenkette

„Jede Initiative, die gegen Rechtsextremismus zielt, ist wichtig“, so OB Orosz: „Ich möchte vor allem das stille Gedenken, den Gedenkgang rund um die Frauenkirche, die Veranstaltung auf dem Heidefriedhof und den Mahngang Täterspuren nennen.“ 2011 hat die Stadt den Mahngang noch untersagt, jetzt unterstützt Helma Orosz ihn ausdrücklich als „gute und würdige Veranstaltung“. Ab 14 Uhr geht es vom Schützenplatz auf eine Tour zu Dresdner Orten mit einer unrühmlichen Nazi-Vergangenheit. Mehr noch: Rathaus und das Bündnis Dresden nazifrei mobilisieren sozusagen gemeinsam. Den Mahngang organisiert das Bündnis, mit dem Anmelder und Landtagsabgeordneten Falk Neubert (Linke). „Wenn der Mahngang zu Ende geht, werben die Veranstalter, im Anschluss zur Menschkette zu gehen“, so die CDU-Politikerin Orosz (SZ online, Blick nach rechts).

Cottbuser wollen gegen Neonazi-Aufmarsch am 15. Februar protestieren

Unter dem Motto «Cottbus bekennt Farbe» wollen Bürger der Lausitzstadt am 15. Februar gegen einen Aufmarsch der rechtsextremen NPD protestieren (Berliner Zeitung).

Bayern: Abfuhr für braune Listen

Die bayerischen Neonazi-Tarnorganisationen „Bürgerinitiative Soziales Fürth“ und „Bürgerinitiative Ausländerstopp Augsburg“ können bei den Kommunalwahlen nicht antreten. Es fehlen Unterstützerunterschriften (Blick nach rechts).

Thüringen: Landesregierung finanziert Projekte gegen Rechts bis Jahresende

Die Thüringer Landesregierung wird die Beratungsprojekte gegen Rechtsextremismus aus eigenen Mitteln bis zum Jahresende finanziell absichern. Hintergrund sei der noch nicht beschlossene Bundeshaushalt und die damit verbundene Teilbewilligung der Fördergelder bis April, sagte Sozialministerin Heike Taubert (SPD) am Dienstag in Erfurt. „Dies ist eine enorme Belastung für die fachliche Arbeit der Träger, die wir nicht hinnehmen wollen“, fügte sie hinzu (Focus).

Internet: Blogger "Honigmann" zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt

„Der Honigmann sagt …“ ist eines der größten Schmuddelblogs, die im deutschsprachigen Internet zu finden sind. Insbesondere der Kommentarbereich ist eine Sickergrube aus Hass und Wahnsinn. Zuschriften, aus denen der blanke Antisemitismus spricht und in denen die Juden für sämtliche Schrecken dieser Erde verantwortlich gemacht werden, sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die Shoah wurde im „Honigmann-Blog“ mehr als einmal geleugnet. Nun wurde er deshalb zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt (nwzonline, Reichsdeppenrundschau (Blog)).

Ethnologen: Neger-Logo ist rassistisch

In die Diskussion um die Werbe-Ikone des Dachdeckerunternehmes Ernst Neger aus Mainz hat sich jetzt auch die Fachschaft Ethnologie und Afrikastudien der Universität Mainz eingeschaltet, die in der Verbindung der Reklamefigur mit dem Firmennamen durchaus eine Ausprägung von Alltags-Rassismus sieht. Problematisch sei, dass der Nachname des Unternehmensgründers in Verbindung mit dem kolonialistisch geprägten Image afrikanischer Menschen auftauche, erklärt der Fachschaftsrat. Die Fachschaft appelliert an die Einsicht und das Feingefühl des Unternehmen, das Firmemlogo nochmals zu überdenken (Allgemeine Zeitung).

Super Bowl: Rassismus-Debatte in der Halbzeitpause

Super Bowl, das ist mehr als Sport, das ist auch Halbzeitshow und riesiger Werbeetat. Bereits im Vorfeld wurde die diesjährige Werbung zum Super Bowl kontrovers diskutiert. Einen Werbespot von Coca Cola etwa nahmen viele Aufgeregte auf Twitter zum Anlass, um ihrem Rassismus freien Lauf zu lassen (Tagesspiegel).

Nürnberger*innen zeigen ihr Gesicht gegen Rechts: Fotoaktion am Samstag

Unter dem Motto "Gesicht zeigen" ruft ein breites Bündnis demokratischer Organisationen gegen Rechtsextremismus die Bürger auf, sich am Samstag, 8. Februar, zwischen 13 und 14 Uhr in der "Straße der Menschenrechte" in Nürnberg für ein Plakat fotografieren zu lassen. Die Botschaft vor der Kommunal- und der Europawahl: "Nazis keine Stimme geben!"

Neu auf  no-nazi.net: Dossier: Rassistische Hetze gegen Flüchtlinge

“Nein zum Heim!” – Ob Schneeberg, Plätz, Marzahn-Hellersdorf, Greiz oder Königs Wusterhausen: In vielen Kleinstädten Deutschlands läuft die Hetze gegen Flüchtlinge derzeit auf Hochtouren. Die Angriffe auf Unterkünfte Geflüchteter nehmen zu. Aber wer sind eigentlich diese “Flüchtlinge”? Woher kommen sie? Was machen sie in Deutschland? Und vor allem: Warum ist der Umgang mit diesem Thema so schwierig, die Diskussion so sehr von Vorurteilen und Hass geprägt? Das no-nazi.net-Dossier klärt auf.

Diese Woche auf netz-gegen-nazis.de:

| Rechtsextreme Strategie: Rassistische "Elterninitiative" in Leipzig 

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