04.04.2016 ... Presseschau

Wittstock (Brandenburg): Neonazis grölen halb nackt – Polizist verletzt +++ Belgien: Überfährt ein Rechtsextremist hier eine Muslima? +++ Internationale Vernetzung von Hooligans: Gemeinsam gegen „Islamisierung“ +++ Freital: Rechtsextreme Bürgerwehr steht unter Terrorverdacht.
 

Wittstock (Brandenburg): Neonazis grölen halb nackt – Polizist verletzt

Lautstark hat eine Gruppe junger Männer in Begleitung einer Frau rechtsradikale Parolen in Wittstock (Dosse) gerufen. Zwei von ihnen waren besonders leicht bekleidet und zeigten offen Nazi-Symbole am Körper. Doch damit nicht genug: Ein Mann rastete aus, als er den Platz verlassen sollte und verletzte einen Beamten. Eine Gruppe junger Männer und eine Frau haben am Donnerstag lautstark in der Haßlower Chaussee in Wittstock (Dosse) rechtsradikale Parolen gegrölt. Zwei von ihnen, ein 27- und ein 25-Jähriger, waren lediglich mit Schuhen und Unterhose bekleidet und zeigten so offen ihre Tattoos am Körper. Unter anderem fanden sich tätowierte Hakenkreuze an den Beinen. Sie mussten einen Atemalkoholtest machen. Die Werte: 3,31 und 1,38 Promille. Sie mussten mit aufs Polizeirevier und konnten es erst nach einer Belehrung und der Verdeckung ihrer Symbole entlassen werden. Doch damit war der Einsatz noch lange nicht vorbei. Ein 23-Jähriger weigerte sich, die Haßlower Chaussee verlassen. Auch er hatte 1,82 Promille. Als die Beamten den erteilten Platzverweis durchsetzen wollten, widersetzte sich der Betrunkene. Er wurde fixiert. Ein 50-jähriger Polizeibeamter erlitt leichte Schnittwunden, als sich der 23-Jährige mit einer Bierflasche wehrte. Nachdem der junge Mann festgesetzt war, ergab die Überprüfung, dass ein Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Neuruppin wegen Körperverletzung gegen ihn vorliegt. 

Belgien: Überfährt ein Rechtsextremist hier eine Muslima?

Handyvideo zeigt Crash mit Personenschaden bei Anti-Islam-Demo in Belgien. Entsetzen bei einer Anti-Islam-Demo im Brüsseler Stadtteil Molenbeek: Ein Handy-Video (s. o.) zeigt, wie ein weißer Audi eine Polizeisperre durchbricht, Gas gibt. Plötzlich ein fürchterlicher Knall, der Wagen hat eine Frau erfasst. Sie bleibt blutend und verletzt am Boden liegen. Die Frau soll Muslima sein. Hat ein Rechtsextemist sie gezielt überfahren – oder war es ein tragischer Unfall? Vor dem Crash ist zu sehen, dass der wegfahrende Audi A1 von aufgebrachten Menschen am Straßenrand attackiert wird: Sie johlen, klopfen auf das Autodach, als er um die Kurve biegt. Vergeblich versuchen Polizisten, das Auto zu stoppen. Fakt ist auch: Aus dem Auto heraus macht der Beifahrer mit seinem Handy Fotos, bevor Polizisten den Fahrer mit vorgehaltener Waffe endlich zum Stehen bringen. Die Frau ist bei Bewusstsein, als Helfer sich sofort um sie kümmern. Wie Mail online berichtet, soll der Wagen ihre Beine überfahren haben. Wie schwer sie dabei verletzt wurde, wurde offiziell bisher nicht mitgeteilt.

Internationale Vernetzung von Hooligans: Gemeinsam gegen „Islamisierung“

Die Randale von Brüssel wird als Fanal gefeiert. Nun haben Hooligangruppierungen international ihr Mobilisierungsthema gefunden. Als am vergangenen Sonntag 400 Hooligans die Gedenkfeier für die Brüsseler IS-Opfer störten, Trauergäste schlugen und rechte Parolen grölten, war die Überraschung groß. Tatsächlich war es ja das erste Mal seit der aus dem Ruder gelaufenen Großdemonstration der „Hooligans gegen Salafisten“ 2014 in Köln, dass eine gewalttätige Menschenmenge, die fast ausschließlich aus Hooligans bestand, im Zentrum einer europäischen Großstadt Angst und Schrecken verbreitete. Für Kenner der Szene wie den Berliner Fanforscher Robert Claus ist allerdings weder der Zeitpunkt noch der Anlass der Randale überraschend. Seit gut zwei Jahren beschäftigten sich viele europäische Hooliganszenen fast ausschließlich mit Zuwanderung und Islamismus, sagt er. „Das ist das beherrschende Thema.“ Längst sind dabei Allianzen über Landesgrenzen hinweg entstanden. Mit den Brüsseler Ausschreitungen solidarisierten sich Stunden später Dutzende europäische Gruppen. In Deutschland tummeln sich viele Ultra- und Hoolgruppen auf einer Website mit dem Titel „Ultras not reds“.

Freital: Rechtsextreme Bürgerwehr steht unter Terrorverdacht

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen sechs Mitglieder einer Bürgerwehr im sächsischen Freital. Sie sollen Asylunterkünfte und Flüchtlingshelfer angegriffen haben. Wegen Terrorverdachts prüft die Bundesanwaltschaft die Übernahme von Ermittlungen gegen Mitglieder einer rechtsextremen Bürgerwehr aus dem sächsischen Freital. Zu zwei bislang von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden geführten Verfahren seien Akten "zum Zwecke der Übernahme" angefordert worden, sagte eine Sprecherin und bestätigte damit einen Bericht der Sächsischen Zeitung. Formal habe die Bundesanwaltschaft das Verfahren aber noch nicht an sich gezogen. Die beiden Verfahren richten sich gegen insgesamt fünf Männer und eine Frau im Alter von 18 bis 40 Jahren. Ihnen werden unter anderem Angriffe auf Asylunterkünfte und Flüchtlingsunterstützer vorgeworfen. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden habe die Verfahren in Karlsruhe wegen des Anfangsverdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Prüfung vorgelegt, sagte ihr Sprecher Oliver Möller. 

800 Bürger gehen gegen die NPD in Essen auf die Straße

Von wegen „einmal Deutschland und zurück“. Dafür reichte es noch lange nicht. Nach nur drei Stunden des gut behüteten Anwanderns gegen die angebliche Asylflut und Islamisierung hatte das Häuflein der knapp 100 Rechtsextremisten schon genug: Bis 20 Uhr hatten sie in Essen protestieren wollen. Doch bereits gegen 17 Uhr am Samstag rollten die NPD-Anhänger ihre Fahnen wieder ein und strichen die Segel, während rund 800 Gegendemonstranten, die dem Aufruf des Bündnisses „Essen stellt sich quer“ ins sonnige Südviertel gefolgt waren, überlaut und gut gelaunt einen gefühlten Etappensieg gegen die ewig gestrigen Botschaften feierten. Jetzt hat die NPD auf Essen offenbar keine Lust mehr und kündigte nach ihrem Aufmarsch an, am 1. Mai nach drei Jahren zur Abwechslung mal Bochum heimsuchen zu wollen. Wo die Einen das Feld räumen, könnten Andere nachrücken: Auf einer „Pegida“-Demo am Samstag in Mönchengladbach soll ein Essener Redner angekündigt haben, ab 13. April wöchentliche Demonstrationen der „besorgten“ Bürger in Essen abhalten zu wollen, berichtete Max Adelmann, Sprecher des Bündnisses "Essen stellt sich quer". Der Polizei waren derlei Absichten zumindest bis gestern noch nicht bekannt.

Grimma stemmt sich auf dem Nicolaiplatz gegen Rechtsextremismus

Etwa 50 bis 60 zumeist junge Menschen, Anhänger der Pegida- und Legida-Bewegung, haben Freitagabend als "Bürgerbewegung Grimma" in Grimma demonstriert. Zugleich meldete Stadtrat Tobias Burdukat eine Gegenkundgebung an, um „ein deutliches Zeichen gegen die angebliche Bürgerbewegung Grimma“ zu setzen.

Bürgerbündnis besetzt mit friedlichem und lautem Protest wichtige Plätze in Gotha

Die fremdenfeindlichen Parolen der Rechten werden übertönt. Friedlich sind am Samstag in Gotha Kundgebungen und Demonstrationen verlaufen, so lautet die Einschätzung der Polizei. Das „Bündnis gegen Rechts. Gotha ist Bunt.“ und das „Antifaschistische Bündnis Gotha“ hatten sich nach Angaben der Anmelder mit etwa 200 Leuten dem „Bündnis Zukunft Landkreis Gotha“ und dem NPD-Landesverband entgegen gestellt, deren Anhänger die Polizei auf 140 schätzte. Am Coburger Platz übertönte am Nachmittag das demokratische Bürgerbündnis mit Musik aus Lautsprechern, mit dem Posaunenchor der evangelischen Kirch- gemeinde, mit Trillerpfeifen und Tröten die Parolen der Rechten wie „Überfremdung stoppen“.

Demonstrationen in Marzahn-Hellersdorf: 134 Personen bei rechter Demo und Blockaden festgenommen

Nachdem Rechtsextreme am Samstag durch Marzahn-Hellersdorf marschierten, hat die Polizei Bilanz gezogen. Die Demo war von Gegendemonstranten blockiert worden. Nach zwei rechten Demos am Samstag hat die Polizei nun Bilanz gezogen. 450 Gegendemonstranten hatten sich nach Polizeiangaben 140 Rechtsradikalen in der Zossener Straße in den Weg gestellt. Die rechten Demonstranten wählten daraufhin eine andere Route, woraufhin linke Gegendemonstranten versuchten, den Aufzug auch auf der neuen Strecke zu erreichen.

Ein Montag mit vielen Demos in Leipzig: Legida unter neuer Führung und mit Neonazi-Unterstützung

Seit es Legida gibt, hat es mehrmals Pläne für gleichzeitige Unterstützerdemos gegeben. In der Anfangszeit sollten diese vor allem den Zugang zu den eigentlichen Kundgebungen sichern. Beim einjährigen Legida-Geburtstag war es die OfD, die ursprünglich separat mitdemonstrieren wollte. All dies hat jedoch nie stattgefunden. Am kommenden Montag soll es nun so weit sein: Legida greift erstmals offen auf die Unterstützung von organisierten Neonazis insbesondere aus dem Umfeld der NPD zurück. Die neue Orgaführung von Legida lässt ihre Anhänger aber noch im Unklaren darüber, welche Personen am Montagabend auf der Veranstaltungsbühne auftreten werden. Eine andere Strategie verfolgt das Bündnis „Wir lieben Sachsen/Thügida“, ein Zusammenschluss aus Thügida und der "Offensive für Deutschland" (OfD): Hier wurde am Wochenende eine Liste mit acht Rednern für die sogenannte Unterstützerdemo veröffentlicht. Diese soll bereits eine Dreiviertelstunde vor dem Auftakt von Legida an der Kreuzung Käthe-Kollwitz-/Elsterstraße beginnen. An der „Runden Ecke“ werden beide Aufzüge nach dem Willen der Organisatoren miteinander verschmelzen. Zu den Redner_innen gehören Enrico Böhm (Ex-NPD, aus der Partei ausgeschlossen), Alexander Kurth ("Die Rechte", zuvor NPD), Sigrid Schüßler (NPD, Ex-Vorsitzende des "Rings Nationaler Frauen"), Karl Richter (NPD, "Bürgerinitiative Ausländerstopp"), "Thügida"-Chef David Köckert (auch NPD), Silvio Rösler (Ex-Legida, OfD-Gründer).

Zu viele Demos auch heute in Dresden: Zoff unter Rassist_innen - "Laubegaster Wellenlänge" vs. Pegida

Montagabend gehen traditionell die "Asylkritiker" von Pegida auf die Straße. Doch irgendwann hatten die Truppen um Lutz Bachmann mal verkündet, am 4. April in Leipzig demonstrieren zu wollen. Deshalb hat sich das Bündnis der "Asylgegner" in Laubegast, die „Laubegaster Wellenlänge“, wie es sich bei Facebook nennt, diesen Tag für ihr großes Vorhaben ausgeguckt: Ein deutschlandweiter Treff lokaler Anti-Asyl-Gruppen. Nun finden an dem Tag aber zwei Veranstaltungen in Dresden statt: Pegida am Wiener Platz, und vor dem ehemaligen Hotel „Prinz Eugen“ versammelt sich die „Wellenlänge“. Dort will auch das Gegenbündnis Gepida demonstrieren. „Freunde, wir sind bitter enttäuscht von Pegida“, schreiben die Verantwortlichen der „Wellenlänge“. Man habe vor etwa zwei Wochen Pegida von dem Vorhaben informiert. „Ursprünglich hieß es, Pegida wolle an jenem Tag in Leipzig sein. Die Proteste des Aktionstages hätten somit keine Demonstranten ‚abgegraben‘. Das wollte keiner, oder zumindest nicht die Protestgruppen.“ Ooooh.

Wie ein Vietnamese die Wutbürger von Pegida erlebt

Seit 42 Jahren lebt An Hoang in Sachsen, baute sein eigenes Unternehmen auf. Heute wird er angefeindet, weil er Flüchtlingen hilft. Er glaubt: Der Ausländerhass werde schlimmer als in den 90er-Jahren. Wenn der Vietnamese An Hoang heute an seine Ankunft in der DDR denkt, damals im Sommer 1974 in Karl-Marx-Stadt, dann erinnert er sich an ein zivilisiertes Land und freundliche Menschen. An einen warmen Empfang. Wenn der Mann an das heutige Sachsen denkt, dann spricht er über seine Angst, dass Menschen sterben. Und über Staatsversagen. Er sagt: "Ich denke, dass alles noch schlimmer wird als in den 90er-Jahren."

Leipzigs OB Burkhard Jung „Ich halte die Stimmung in Sachsen kaum noch aus“

So deutlich hat es noch kein verantwortlicher sächsischer Politiker gesagt: „Ich halte die Stimmung in Sachsen kaum noch aus“, bekennt der Leipziger SPD-Oberbürgermeister Burkhard Jung. Wären da nicht die vielen optimistischen Menschen, die aktiv Willkommenskultur leben und deutlich auf der Straße ihren Widerstand formulieren, „dann könnte man fast verzweifeln", sagte Jung dem Internetportal 100tage100menschen.de des Deutschen Katholikentages, der vom  25. bis 29. Mai in der sächsischen Messemetropole stattfindet. Jung appelliert an seiner Kollegen, sich klarer und deutlicher gegen den Rechtsextremismus im Land zu positionieren. „Die Politiker vor Ort müssen Bündnisse schmieden, um zu zeigen, dass sie für ein anderes, weltoffenes Deutschland einstehen.“

Rassismus in Sachsen: „Ihr holt uns Scheiße ins Land“

In Meerane sitzen die Ressentiments gegen Geflüchtete tief, da gehen Bürger mit Rechtsextremen auf die Straße. Der Bürgermeister stellt sich dagegen. Die Schmierereien am Neuen Rathaus der mittelsächsischen Stadt Meerane vom Januar sind mittlerweile entfernt worden. „Verräter“, stand dort zu lesen, „IS-Zentrale“ und „Ihr holt uns Scheiße ins Land“. Der Zorn richtet sich gegen die Stadtverwaltung, namentlich gegen Bürgermeister Lothar Ungerer. Der parteilose Professor und promovierte Verwaltungswirt führt seit 2001 die Stadt und hat sich stets eindeutig gegen hier präsente Neonazistrukturen und die seit eineinhalb Jahren verstärkt sichtbare Fremdenfeindlichkeit positioniert. „Ich habe keine Angst vor der Angst unserer Bürger“, sagt er. Die Schmierereien sind der öffentliche Ausdruck der Drohungen im Netz oder in anonymen Briefen, ihn zu „zerlegen“ oder aufzuhängen.

Hatte die AfD Rheinland-Pfalz Kontakte zu Rechtsextremen?

Der AfD-Bundesvorstand hat den Saar-Landesverband aufgelöst – wegen Kontakten zu Rechtsextremen. Auch in Rheinland-Pfalz soll es laut einem Bericht solche Kontakte gegeben haben. Die AfD wiegelt ab. Die AfD Rheinland-Pfalz hatte nach einem Bericht des "Stern" Verbindungen zu Rechtsextremen. Attila Sonal aus dem Landesvorstand sei unter anderem regelmäßig mit Ulrike Reinhardt aus Kaiserslautern zusammengekommen, schreibt das Magazin in der online-Ausgabe. Reinhardt ist Aktivistin der "Pfälzer Spaziergänger", die gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung protestieren. Die Gruppe wird nach Einschätzung von Verfassungsschützern von der NPD dominiert. Außerdem sei unter anderem Andreas Burkhardt vor der Landtagswahl in die Verteilung von Flugblättern involviert gewesen. Er sitzt für die Republikaner im Stadtrat von Pirmasens. Der AfD-Landesvorsitzende Uwe Junge distanzierte sich von Rechtsextremisten: "Wenn uns ein extremistischer Hintergrund oder eine Nähe zum extremistischen Milieu bekannt wird, kommt eine Zusammenarbeit nicht in Frage", teilte er am Samstag zu dem "Stern"-Bericht mit. Dies zeige auch die Ablehnung des Parteiantrags von Reinhardt. Die AfD war bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 13. März aus dem Stand auf 12,6 Prozent gekommen.

Landesparteitag in Berlin: Die AfD beschließt eine Mäßigung im Ton

Heftige Debatte, zahme Formulierungen: Die Berliner AfD hat ihr Wahlprogramm verabschiedet. Die Berliner Alternative für Deutschland (AfD) ist bekannt für ihre laute und polarisierende Art – nicht zuletzt durch ihre Landesvorsitzende Beatrix von Storch. Doch bei der Fortführung ihres Parteitages am Sonntag, in dem der Landesverband sein Wahlprogramm für die Abgeordnetenhauswahl im September abgeschlossen hat, wurden letztlich abgeschwächte Formulierungen zu vielen der Themen – oft nach heftiger Diskussion – bevorzugt. Man traute sich im Zusammenhang der Förderungen des Fahrradfahrens nicht einmal das Wort „Volksgesundheit“ mit ins Programm zu schreiben – aus Angst, es könnte als ein nationalsozialistisch konnotiertes Wort für einen Nazi-Vorwurf sorgen. Dabei wurde immer wieder betont, dass man bitte „laut“ bleiben solle – aber eben nicht im Programm. AfD-Vorstandsbeisitzer Martin Trefzer brachte die Linie der AfD auf den Punkt: „Wir wollen das Wort 'Lügenmedien' nicht in unserem Leitantrag haben“, das könne man auf ein Wahlplakat schreiben, sagte Trefzer, aber das dürfe eben nicht in ein Wahlprogramm.

CDU und AfD: Das Sprachproblem

Wer den richtigen Begriff besetzt, gewinnt das Spiel. Der Union droht eine Sprachenteignung durch die AfD. Ein Kommentar. VON ROBERT BIRNBAUM Wenn sie gerade mal nicht übertreiben, klingen AfD-Vertreter oft genau so, wie man das von konservativen Christdemokraten und Christsozialen lange kannte. Viele haben ja auch wirklich bloß das Parteibuch gewechselt. Für die Konservativen, nicht nur, aber vor allem in den C-Parteien, ist das eine schlechte Nachricht. Sie haben ihr Monopol verloren, schlimmer noch: Ihre Sprüche und ihre Sprache geraten unter eine neue Art von politischem Korrektheitszwang. Wer bisher im Stammtischton gegen Ausländer, Homo-Ehe und andere Zumutungen der Moderne wetterte, befand sich damit am Rand, aber weiterhin innerhalb seiner Partei. Er musste nur aufpassen, dass er den einen Schritt zu weit nach rechts nie ging. Nun wird dieser Schritt kürzer. Horst Seehofer ist mit der „Herrschaft des Unrechts“ ebenso schon in die AfD-Falle getappt wie Erika Steinbach, die sich mit der Flüchtlingspolitik ihrer Kanzlerin „wie in einer Diktatur!“ wähnte. Aber selbst weit weniger absurde Sprücheklopferei droht unter Verdacht zu geraten. Ob Franz Josef Strauß das mit im Sinn hatte, als er vor einer Partei rechts von der Union warnte? Der leidenschaftliche Polemiker hätte jedenfalls sofort begriffen, wie sehr es seine Redefreiheit einengt, wenn Begriffe plötzlich die Parteifarbe wechseln.

Rechtspopulismus: Verspätete Ankunft

Deutschland war auf der Landkarte des europäischen Rechtspopulismus jahrzehntelang ein weißer Fleck. Mit Erstaunen und Irritation registrierte man hierzulande, wie sich seit den Siebzigerjahren neu entstandene Rechtsparteien rings um uns herum breitmachten. Ihre Anführer waren bald in aller Munde: Jean-Marie Le Pen, Jörg Haider, Silvio Berlusconi, Pim Fortuyn. Die Bundesrepublik schien gegen das Virus offenbar immun. Sporadische Wahlerfolge diverser Rechtsparteien gab es zwar auch hier, doch blieben sie auf die regionale Ebene beschränkt. Weder gelang es den neuen Herausforderern, ihre Kräfte in einer schlagkräftigen Organisation zu bündeln, noch konnte sich eine einzelne Gruppierung - etwa die 1983 durchaus verheißungsvoll gestarteten Republikaner - dauerhaft durchsetzen.

Der Rechtspopulismus wird auch bei uns zur normalen, politisch salonfähigen Erscheinung werden
Mit der Alternative für Deutschland scheint sich das jetzt zu ändern. 

Rassismus-Workshop: Sind wir alle ein bisschen Steinbach?

Wie rassistisch bin ich? Das wollte ich wissen. In zwei Tagen "Blue Eyed Workshop" habe ich noch ganz andere Dinge über mich erfahren. Diskriminierung und Machtkoller im Selbstversuch.

Zehn Jahre nach NSU-Mord in Dortmund: Warten auf die Wahrheit

Vor zehn Jahren erschoss der NSU in Dortmund den Kioskbesitzer Mehmet Kubaşık. Noch immer sucht seine Familie nach Antworten.

"Es tut mir auch für die Täter leid" 

Semiya Simsek war 14, als der NSU ihren Vater ermordete. Jetzt hat die ARD ihr Buch "Schmerzliche Heimat" verfilmt. Sie selbst lebt mittlerweile in der Türkei. Warum sie nicht mehr zurückkehren will.

Berlin: Erst Hitlergruß, dann Kiezstreife

Sie meinen, dass die Polizei zu schwach ist und nennen sich „Bürgerwehr Berlin“, oder auch „Bürgerschutz Berlin“. Wegen des Flüchtlingszustroms wollen Rechtsextreme und Pegida-Sympathisanten das Recht und Gesetz in die eigene Hand nehmen. Angesichts des Zuzugs von Asylbegehrenden und der Straftaten in der Silvesternacht in Köln, Hamburg und Stuttgart beobachtet die Senatsinnenverwaltung „eine zunehmende Diskussion“ über das Aufstellen von Bürgerwehren. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort der Behörde auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Clara Herrmann hervor. Dass Bürgerwehren in Berlin tatsächlich schon unterwegs sind, darüber gibt es laut Innenstaatssekretär Bernd Krömer bislang keine Erkenntnisse. Jedoch beobachten Polizei und Verfassungsschutz die Entwicklung mit Sorge. Allein auf Facebook haben sich laut Behörde zu diesem Thema 13 Gruppen zusammengefunden – in öffentlichen und geschlossenen Gruppen. Eine Facebook-Gruppe mit Namen „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen und Kinder“ (Fehler im Original) hat bereits 2981 Mitglieder. Steven K., der mutmaßliche Administrator der Seite, präsentiert sich in einem Youtube-Video als Hitlergruß zeigender BFC-Anhänger.

NPD im Verbotsverfahren in Erklärungsnot

Das laufende Verbotsverfahren gegen die NPD ist für die Partei selbstverständlich „politisch motiviert“. Die Eliten befürchteten, so die Auffassung, angesichts des aktuellen gesellschaftlichen Klimas ein Erstarken der Partei. Gleichzeitig bringt das Rückgrat ihrer Weltanschauung, die Volksgemeinschaft, die Partei in Erklärungsnot. Parteichef Franz bietet eine Interpretation, die dem NS-Flügel kaum schmecken dürfte.

Neue deutsche Rechte: Gut gebräunt

Die Schweiz hat es vorgemacht, nun erstarken auch in Deutschland nationalkonservative Fraktionen. Was der Rechtsnationalismus für den Umweltschutz, die Kunst und den Feminismus bedeutet. Kolumne von Sibylle Berg.

In den eigenen Reihen: der christliche Menschenfeind

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus lädt am 15./16. April zu einer Konferenz ein, die Menschen stärken soll, die sich gegen menschenverachtende Stimmungsmache engagieren wollen. Im Interview fordert Projektleiter Friedemann Bringt von Pfarrerinnen und Pfarrern, der Stimmungsmache mit dem biblischen Menschenbild entgegenzutreten.

drucken