Nach den Rechten sehen: NSU-Prozess: Beugehaft angedroht - Zeuge sagt trotzdem nix +++ Syrien: Europäische Rechtsextreme kämpfen für Assad +++ Darf man zukünftig PI rechtsextrem nennen?
Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de
NSU-Prozess: Beugehaft angedroht - Zeuge sagt trotzdem nix
Am 100. Verhandlungstag des NSU-Prozesses berichtet ein ehemaliger Verfassungsschützer von den üppigen Zahlungen an den V-Mann Tino Brandt und dessen Aufstieg in der Thüringer NPD. Ein Nazi-Zeuge, Thomas R., will nicht aussagen - und bekommt von Richter Götzl als erster aussageunwilliger Nazi-Zeuge Ordnungsgeld bis Ordnunghaft angedroht. Sagen tut er dann aber trotzdem nichts: Weil er plötzlich angibt, es sei noch ein Verfahren gegen ihn anhängig, in dem er sich sonst selbst belasten würde (Tagesspiegel, Spiegel online, Freie Presse).
NSU-Prozess: Verhältnis von Anklage und Opfervertretern zerrüttet
Streit vor den Augen von Zeugen, ständiges Gerangel um Anträge: 100 Tage nach dem Start des NSU-Prozesses prägt ein Kampf zwischen Opfervertretern und Anklage das Geschehen im Saal. Dadurch könnte sogar das Urteil gefährdet werden (ZEIT online). Wie es so zugeht beim NSU-Prozess beschreibt auch noch einmal sehr plastisch die Welt.
Opfer-Anwältin Gül Pinar: "Es hat mich überrascht, dass die rechtsextreme Szene in Deutschland so groß ist"
Die Rechtsanwältin Gül Pinar vertritt die Familie des Hamburger NSU-Opfers Süleyman Tasköprü. 100 Tage nach Beginn des Verfahrens in München spricht sie über Zschäpes Schweigen und das Versagen des Staates (Hamburger Abendblatt).
Syrien: Europäische Rechtsextreme kämpfen für Assad
Immer wieder tauchen Berichte über rechtsextreme Gruppierungen aus Europa auf, die in Syrien aufseiten des Assad-Regimes kämpfen. Eine offizielle Stellungnahme hiesiger Sicherheitsbehörden gibt es bislang nicht (Deutsch-Türkisches Journal).
Darf man zukünftig PI rechtsextrem nennen?
Dürfen Journalist*innen die islamfeindliche Partei „Die Freiheit“ und das von Parteichef Michael Stürzenberger bevorzugte, obskure Meinungsportal PI-News in Artikeln als „rechtsextrem“ bezeichnen? Auf diese Frage wird in den nächsten Tagen das Landgericht München eine Antwort geben müssen. Allerdings ist fraglich, ob Stürzenberger genau das mit seiner Klage gegen den Münchner Merkur und eines von dessen Tochterblättern wirklich beabsichtigt hatte (sueddeutsche.de).
Alltagsrassismus I: "Der N* aus Freital"
Der Leiter des Kreiswahlausschusses des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Thomas Obst, hatte Probleme mit der Aussprache des Namens Candido Mahoche. Der Freitaler ist gebürtiger Mosambikaner und kandidiert für die CDU. Als eine Beisitzerin die korrekte Aussprache des Familiennamens des Wahlbewerbers ansagte, meinte eine andere Besitzerin, Mahoches Parteikollegin Hannelore Ziesche (CDU): "Ach das ist doch der Neger aus Freital." Die Grünen kritisieren das, Ziesche sieht sich seit Jahren als engagiert gegen Rechtsextremismus und meint: "Ich habe mir bei dem Begriff nichts gedacht". Deprimierend, dass dann noch der so Bezeichnete herangezogen wird und versichert, "N*" sei für ihn kein Schimpfwort, er sei stolz, so zu sein. Was die dnn kommentiert mit: "Mahoche steht zu seiner Hautfarbe". Tja, geht ja wohl auch nicht anders, oder? (dnn)
Hennigsdorf: Hausverbot für Flüchtlingsinitiative im Flüchtlingsheim
Beim Hennigsdorfer Ratschlag herrscht Empörung darüber, dass die Flüchtlingsinitiative keine Sitzung im Asylbewerberheim abhalten darf. Laut Wera Quoß sollte der Besuch mehr als ein Symbol der Solidarität mit den dort lebenden Flüchtlingen darstellen. Da der Hennigsdorfer Ratschlag einige neue Mitglieder aufgenommen hat, sollten diese bei dem Besuch Kontakte zu dort lebenden Asylbewerbern knüpfen können. Außerdem wollte sich die Initiative ein Bild von dem erst vor wenigen Monaten eröffneten zweiten Wohnheim machen. Das Landrat lehnte solche Treffen allerdings ab. Er begründete die ablehnende Entscheidung damit, dass "wir die Privatsphäre der dort lebenden Menschen respektieren wollen. Es handelt sich um eine Wohnstätte". Mit diesem Argument war über Monate auch Journalisten der Zutritt zum neuen Wohnheim in Stolpe-Süd verwehrt worden. Bislang sind keine konkreten Hinweise dafür bekannt, dass Heimbewohner solche Besuche ablehnen. Im Gegenteil: In jüngerer Vergangenheit hatte eine Reihe von Flüchtlingen mehrfach über die dortigen Lebensumstände sehr offen berichtet und dabei vor allem kritisiert, dass Landrat Karl-Heinz Schröter (SPD) an der Gutschein-Praxis beim Einkauf festhält. Solche Treffen mit Asylbewerbern mussten stets außerhalb des Heims stattfinden (MOZ).
Kassel: Feuer an neuem Flüchtlingsheim - noch keine Erkenntnisse zu Brandursache
Eine Gartenhütte auf dem Gelände der neuen Flüchtlingsunterkunft an der Seebergstraße (Harleshausen) ist in der Nacht zu Samstag in Flammen aufgegangen. Die Brandursache kennt die Polizei noch nicht. Wie am Samstag berichtet, sollen in dem Haus noch im Laufe dieser Woche asylsuchende Frauen und Kinder untergebracht werden. Es gibt 22 Plätze. Im Stadtteil hatten Unbekannte mit Wurfzetteln zu der geplanten Unterkunft in den vergangenen Tagen für Verunsicherung gesorgt (hna.de).
Protest gegen NPD in Waren
Anders als im Februar muss eine NPD-Veranstaltung Protest aushalten - eine gute alte Telefonkette machte es möglich. Und auch die Markthändler in der größten Müritzstadt zeigen rechten Parolen nur ihre Hinterseite (Nordkurier).
Rechter Burschenschafter in der AfD-Jugendorganisation JA: Nolte verlässt die Bühne
Der stellvertretende Vorsitzende der Jungen Alternative tritt zurück, nachdem u.a. sein rassistischer Auftritt in einer rechten Burschenschaft bekannt wurde. Deren Chef erklärt, Noltes rassistischer Auftritt sei ein Fehler, der passieren könne (taz). Dazu passt, dass die ZEIT noch ein paar mehr Mitglieder nationalistischer Burschenschaften in den AfD-Reihen gefunden hat.
Berlin: Der Henker ist tot
Am Wochenende haben die Betreiber Berlins bekanntesten Neonazi-Treff "Der Henker" geräumt. Auch andere rechte Strukturen verschwinden aus der „braunen Straße“. Damit verliert die Berliner Neonazi-Szene fast alle offenen Treffpunkte (Blick nach rechts).
Eindeutig zweideutige Fahnen bei Wormatia-Worms-Anhänger*innen - was tun?
Eine rote Flagge. Darauf ein weißer Kreis, davon abgehend vier weiße Streifen mit schwarzen Mittelbalken. Und mittendrin prangt ein Kopf des Film-Haudraufs Bud Spencer – an der Stelle, wo auf gleich gestaltenen Fahnen in identischer Farbigkeit üblicherweise das Hakenkreuz zu sehen ist. Mit derlei Botschaften machen Gleichgesinnte in Stadien auf sich aufmerksam – Gleichgesinnte aus der rechten Szene. Sollte da der Verein was tun? Experte Ronny Blaschke antwortet schlau: Natürlich sei die Fahne umkodiert - aber wenn es sogar den Zuschauer*innen auffällt, sollte sich der Verein eine Haltung überlegen, denn: Spielbesucher*innen könnten sich durch eine solche Symbolik und Farbwahl unwohl fühlen, „und das sollte man als Verein vermeiden oder zumindest darauf hinweisen“ (Wormser Zeitung).
Wie kommt ein Front National-Bürgermeister zu Stande?
In 11 französischen Rathäusern regiert künftig die rechtsextreme Front National. Aus welcher Gemengelage werden rechtsextreme Bürgermeister gewählt? Der Schwarzwälder Bote schaut sich das in Fréjus an - der Patenstadt der Schwarzwald-Stadt Triberg.
Rechtsextreme bei Kommunalwahlen: Schwach gegen getarnte Nazis
Nazis, nein danke: Viele Kommunen wehren sich gegen rechtsextreme Parteien. Das zeigt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Doch sobald rechte Politik nicht offensichtlich oder provokativ ist, fehlt es etablierten Parteien an Strategie. Davon profitieren neue Nazi-Bewegungen (Sueddeutsche.de).
Baden-Württemberg: Grüne und SPD beschließen NSU-Enquete
Um die NSU-Mordserie aufzuklären und die Strukturen des Rechtsextremismus in Baden-Württemberg zu beleuchten, haben Grüne und SPD nun beschlossen, eine Enquetekommission einzusetzen. Man wolle aufarbeiten, welche Konsequenzen aus der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zu ziehen sind, teilten die Parteien am Dienstag in Stuttgart mit (focus.de).
Emotional gegen Nazis - ja, warum denn nicht?
Kommentar von Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung auf mut-gegen-rechte-gewalt.de: " Wir sagen ja auch, dass Menschen sich engagieren sollen und gerade Jugendliche nicht indifferent bleiben sollen, wenn Nazis Leute angreifen. Aber helfen wir ihnen auch dabei, den Zugang zu ihren eigenen Emotionen zu finden? Ermutigen wir sie, auch mal ohne „Argumente“ zu sagen, was sie im Angesicht von realem Rassismus fühlen? Ist es aus der Mode gekommen, eine eigene Haltung zu haben ohne dabei ideologisch zu sein? Was können wir tun, um das zu ändern?"
Berlinale-Preisträger droht die Abschiebung - jetzt
Auf der Berlinale 2013 gewann Nazif Mujic einen Silbernen Bären – seit November lebt er als Flüchtling in einem Asylbewerberheim. Jetzt endet seine Winterduldung. Er hat wenig Hoffnung (taz).
Fürstenwalde: Hakenkreuze aus Zahnpasta
Zwei 14 und 16 Jahre alte Mädchen haben in Fürstenwalde (Oder-Spree) Nazi-Symbole mit Zahnpasta an Fassaden geschmiert. Sie zogen am Sonntag mit anderen Jugendlichen grölend durch die Stadt, berichtete die Polizei am Montag. Beamte stellten die insgesamt sechsköpfige Gruppe. (Welt online).
Alltagsrassismus II: "Wie geht es den Ausländern und den Asylbewerbern in unserem Land, die fast nie Freundlichkeit erfahren?"
Im Lokalkompass macht sich eine Redakteurin Gedanken über Alltagsrassismus. Und kommt auf unzählige Beispiele: Eine Bekannte war beim Einkauf und traf auf eine Ausländerin die laut mit Ihrem Handy telefonierte. Vielleicht für manche Menschen störend, jedoch nicht die Berechtigung für ausländerfeindliche Parolen wie : "Es müsste mal wieder so einen Hitler geben." Eine nette, ausländische Familie erzählte mir in einem Elterngespräch, dass sie sich nicht wohl fühlen. Sie sind mit Ihren zwei Kindern umgezogen und finden leider keinen Anschluss. Werden von Deutschen immer sehr beäugt und wegen Ihrer Sprachschwierigkeiten verurteilt. Eine weitere Person, ließ den Spruch fallen...also dafür, dass es ein ausländisches Kind ist, ist es doch sehr sauber. Eine katholische Einrichtung überlebt nur noch mit dem "ausländischen Anteil", es findet jedoch kein Umdenken statt. Stattdessen werden die Kinder gezwungen die Hände nach unserem Glauben zu falten. Sogar das Aschenkreuz wurde ihnen auf die Stirn gemalt.... Ich finde es unfassbar. Trotz der Unterschiede und mancher Problematiken die es gibt- Solche Einstellungen gehen gar nicht. Was sind wir denn für Vorbilder für unsere Kinder? Wie entwickelt sich unser Zusammenleben? Wie geht es den Ausländern und den Asylbewerbern in unserem Land, die fast nie Freundlichkeit erfahren? Einige müssen ihr Heimatland wegen großer Not verlassen und stoßen hier bei uns, auf so eine sichtbare Kälte." Es ist gut, dies einmal so zu thematisieren! (Lokalkompass)