Presseschau... 01.07.2016

+++ Vor Naziaufmarsch: Morddrohungen gegen Bürgermeister von Zirndorf +++ Polizeidaten über linkes Berliner Hausprojekt auf rechtsextremer Seite +++ Die Statistik des BKA verzerrt die Wirklichkeit – Massiver Anstieg rassistischer Gewalt +++

 

Vor Naziaufmarsch: Morddrohungen gegen Bürgermeister von Zirndorf

 Kurz vor dem geplanten Aufmarsch Rechtsradikaler am Samstag in Zirndorf (Franken) gerät Bürgermeister Thomas Zwingel ins Visier offenbar gewaltbereiter Neonazis. Unter anderem sieht sich der Rathauschef mit einer unverhohlenen Todesdrohung konfrontiert.
"Thomas Zwingel aus der Traum, bald liegst du im Kofferraum!" ist ein Video überschrieben, dass durch die sozialen Netzwerke spukt. Der Film zeigt, wie ein Plakat, das auf die Gegendemo zum Neonaziaufmarsch hinweist und auf dem die Namen der Initiatoren stehen, in Brand gesteckt wird, bis es zu Asche zerfällt. Dazu ertönt martialischer deutschtümelnder Sprechgesang, der Hass verbreitet und offen zu Gewalt aufruft.
Es ist nicht die erste offene Anfeindung gegen den Zirndorfer Bürgermeister: Es begann mit Nügida-Schmähungen, die die angeblich "deutschfeindliche Politik" im Zirndorfer Rathaus anprangerten. Bürgermeister Zwingel wurde schon hier – fälschlicherweise übrigens – als Hauptverantwortlicher für die Gegendemo sowie für die Zentrale Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber denunziert und zum Kriminellen abgestempelt, der ins Gefängnis gehöre.
Angemeldet wurde die Demo von Franken-wehrt-sich-Aktivistin Monique Schober und Dan Eising, Führungsfigur des Nürnberger Kreisverbands der rechtsextremistischen Partei Die Rechte. Die Gegendemo versammelt sich um 13.30 Uhr auf dem Zirndorfer Marktplatz.

http://www.nordbayern.de/region/fuerth/vor-nazi-demo-morddrohungen-gegen-burgermeister-1.5311459

 

Polizeidaten über linkes Berliner Hausprojekt auf rechtsextremer Seite

Im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen der Berliner Polizei und den Bewohnern des linken Hausprojektes Rigaer Straße 94 bahnt sich eine neue Eskalation an: Daten der Polizei über Bewohner und Gäste des Hauses sind offenbar auf einer rechtsextremen Seite im Netz aufgetaucht.
Auf der rechtsextremen Webseite "halle leaks" sind möglicherweise Unterlagen eines Polizeieinsatzes in der Rigaer Straße veröffentlicht worden. Es seien offenbar persönliche Daten von Personen zu sehen, die in der Rigaer Straße 94 von der Polizei kontrolliert wurden.
"Der polizeiliche Staatsschutz prüft den Vorgang derzeit", sagte ein Sprecher der Innenverwaltung. Auf der Internetseite sind mehrere Namen - teilweise geschwärzt – zu sehen sowie die Geburtsjahre und Geburtsorte. Teilweise steht der Vermerk "OfW" darunter. Die Abkürzung steht für "Ohne festen Wohnsitz". Es werde wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermittelt, teilte die Polizei mit.
„Die Daten betreffen zahlreiche Personen, die offenbar von der Polizei in der Rigaer 94 festgestellt wurden, darunter Mieter und Gäste“, erklärte das Hausprojekt „Rigaer 94“ in einer Pressemitteilung. Laut linken Aktivisten soll die Veröffentlichung einerseits beweisen, dass die Polizei eine Datenbank zu dem Hausprojekt angelegt habe, zum anderen würden durch die Veröffentlichung personelle Verknüpfungen der Einsatzkräfte mit organisierten Neonazis dargestellt werden.

 

Die Statistik des BKA verzerrt die Wirklichkeit – Massiver Anstieg rassistischer Gewalt

Die Zahl der Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte hat sich im Jahr 2016 im Vergleich zum ersten Halbjahr des Vorjahres mehr als verdoppelt. Ein Abgleich der Chronik flüchtlingsfeindlicher Vorfälle von Amadeu Antonio Stiftung und Pro Asyl mit der Statistik des Bundeskriminalamtes (BKA) zeigt erneut, dass die offiziellen Angaben der Ermittlungsbehörden die tatsächliche Dimension rassistischer Gewalt gegen Asylsuchende verzerren.
Die rassistische Gewalt gegen Geflüchtete ist 2016 massiv angestiegen – im Vergleich zum ersten Halbjahr 2015 hat sich die Zahl der Übergriffe mehr als verdoppelt. Bereits 90 Brandanschläge und 202 Verletzte in 2016.
Tagtäglich gibt es gewalttätige Übergriffe auf Geflüchtete, im Schnitt brennt alle drei Tage eine Asylunterkunft. Doch die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen. Erstens kommen viele Fälle kommen nie zur Anzeige – teils, weil die Betroffenen Angst vor der Polizei haben oder sie kein Aufsehen erregen wollen, aus Sorge um ihren Aufenthaltsstatus oder ihr laufendes Asylverfahren.
Zweitens sind Angriffe auf Polizei, Presse oder engagierte Unterstützer*innen in der Chronik nur begrenzt abgedeckt.
Drittens kommen hunderte rechte Demonstrationen und Kundgebungen hinzu, auf denen gegen Geflüchtete gehetzt wird. Die Chronik beschränkt sich jedoch auf Demonstrationen, bei denen es zu justiziablen Vorfällen kam
"Auch wenn nach der Gewaltexplosion im Januar und Februar 2016, die auch in den Sozialen Netzwerken ihre Entsprechung fand, die Häufigkeit etwas nachgelassen hat, haben wir es immer noch tagtäglich mit Angriffen auf Menschen zu tun: Alleine im Mai 2016 wurden von uns 44 Vorfälle gezählt, davon acht Brandanschläge und 16 tätliche Angriffe auf Asylsuchende. Das waren im Schnitt zwei Brandanschläge und vier tätliche Übergriffe pro Woche", so Timo Reinfrank, Stiftungskoordinator der Amadeu Antonio Stiftung.

 

AfD in Bayern: Bystron und die Neonazis

Er gilt als smarter und gemäßigter Politiker: Bayerns AfD-Chef Petr Bystron. Doch er unterhält offensichtlich enge Kontakte zu Neonazis. Am Mittwochabend versuchte er in eine Veranstaltung in München zu gelangen. Mit dabei: zwei militante Rechtsextremisten. Bystron bestritt am Abend, die beiden "näher" gekannt zu haben.
Die beiden Männer sind kein unbeschriebenes Blatt. Erstgenannter stammt aus Nordrhein-Westfalen und war bei der neonazistischen Organisation "Die Rechte" aktiv. Er nahm an dem berüchtigten Rathaussturm nach der Kommunalwahlen 2014 teil und wurde im Jahr darauf wegen Körperverletzung bestraft. Er hatte eine Politikerin der Piraten mit der Faust geschlagen. Es war zu diesem Zeitpunkt bereits seine zwölfte Verurteilung. "Gewaltaffinität und dumme Sprüche" sind sein Markenzeichen, sagen Weggefährten.
Bystron erklärte: "Da uns das gleiche Schicksal traf - nämlich willkürlich und ohne jede Begründung abgewiesen zu werden - habe ich die Personen auf ein Bier in der gegenüber liegenden Gaststätte eingeladen. Zwei von ihnen folgten der Einladung."
Diese Darstellung einer zufälligen Bekanntschaft ist wenig glaubwürdig. Zwei Augenzeugen berichteten uns unabhängig voneinander, das Trio sei gemeinsam zum Eingang des Veranstaltungsortes gekommen.

 

Neue „Kommunikationsregeln“: AfD-Führung will Machtkampf beenden

In den letzten Monaten ist die AfD vor allem durch parteiinternen Zwist und öffentliche Machtkämpfe aufgefallen. Das soll nun vorbei sein: Nach F.A.Z.-Informationen gelten in der Partei von nun an strenge „Kommunikationsregeln“.
Laut einem ohne Gegenstimme gefassten Beschluss der Landesvorsitzenden und Bundesvorstandsmitglieder gelten in der Partei künftig strenge „Kommunikationsregeln“. Äußerungen über „Vorstands-/Parteikollegen“ sollen nur noch erlaubt sein, wenn „vorab mit der betroffenen Person gesprochen“ wurde. In Fällen von „Krisenkommunikation“ – sprich: Skandalen – soll es künftig nur noch eine einzige Stellungnahme der Partei geben, auf die von anderen Gliederungen verwiesen werden darf, „ohne weitere persönliche Kommentare beziehungsweise Zitate hinzuzufügen“.

 

Der Fall Gedeon: Wie antisemitisch ist die AfD?

Aktueller Anlass der Auseinandersetzung über die Frage, ob die AfD antisemitisch ist – oder zumindest Antisemiten in ihren Reihen duldet – sind die in seinem Buch veröffentlichten Behauptungen des Baden-Württembergischen Landtagsabgeordneten Gedeon.
Kein wissenschaftliches Gutachten kann der AfD (und uns Bundesbürgern) die Frage beantworten. Die AfD hat hier ein politisches Problem zu lösen, kein wissenschaftliches. Die AfD muss als AfD entscheiden, an welchen inhaltlichen Aussagen sie gemessen werden will. Diese politische Entscheidung kann ihr kein Wissenschaftler abnehmen.
Es reicht allerdings schon eine halbwegs abrufbare Allgemeinbildung, um den klar antisemitischen Charakter der Gedeon’schen Äußerungen zu erkennen. Gedeon verbreitet „Klassiker“ des Antisemitismus, die vielfach wissenschaftlich widerlegt wurden.
Herr Gedeon behauptet, die „Protokolle“ wären „mutmasslich keine Fälschung“. Sie sind eine Fälschung. Wer das Gegenteil behauptet, lügt. Aufgrund jener Lügen-Behauptungen vom angeblichen Streben „der“ Juden nach Weltherrschaft wurden im Laufe der Jahrhunderte viele Juden enthauptet oder anders ermordet.

 

600 Euro Strafe für Hetze auf Facebookseite der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“

Auf den Kanälen der HAZ in den sozialen Netzwerken Facebook, Twitter, Instagram und der Kommentarfunktion bei HAZ.de laufen täglich etwa 1000 Kommentare ein – die Redaktion liest alle Beiträge und schaltet sich ein, wenn die Diskussion über die Stränge schlägt. Justiziable Inhalte sowie Beleidigungen werden umgehend gelöscht – und gegebenenfalls zur Anzeige gebracht.
Die justiziablen Beiträge auf den Seiten der HAZ bezogen sich in den vergangenen Monaten vor allem auf die Flüchtlingsdiskussion. Zu dem Bericht über die Festnahme eines 17-jährigen Asylbewerbers, der zwei Kinder und eine 18-Jährige im Aqualaatzium sexuell belästigt hatte, schrieb eine Frau: „Dieses Dreckspack müsste man vergasen.“
Einen ähnlichen Beitrag zu einem Artikel über die große Kurden-Demo zeigte die HAZ ebenfalls an. Im Oktober schrieb eine junge Frau zur Flüchtlingdiskussion: „Adolf her!!!! Und Merkel mit in die Kammer!!!“. Zwei Monate später wurde die Facebook-Nutzerin per Strafbefehl wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen je 10 Euro verurteilt. Die Frau war im Netz mit ihrem vollen Namen aufgetreten – und präsentiert sich bei Facebook als großer Fan von Fußball-Bundesligist Hannover 96.

 

Verschwörungstheorien boomen

Muss man wissen: Die Bundesrepublik ist gar kein Staat, sondern eine Firma, nämlich eine GmbH. So sehen das zumindest Anhänger einer beliebten Verschwörungsideologie. Solche Theorien, verbreitet von Rechtsextremisten, bekommen durch die sozialen Medien enormen Zulauf. Die Amadeu-Antonio-Stiftung warnt, dass derartige Vorstellungen im Internet zunehmend auf Interesse stoßen und als Teil rechter Propaganda an Bedeutung gewinnen.
Die Stiftung beobachtet die Argumentationsmuster rechter Bewegungen im Internet, zuletzt vor allem im sozialen Netzwerk Facebook. „Ein neueres Phänomen im national-rechtsextremistischen Komplex ist in diesem Zusammenhang die Rolle von Verschwörungen, die rechtsextremen Strukturen dank des Internets eine völlig neue Zielgruppe erschlossen haben“, schreiben die Autoren in ihrem aktuellen Monitoringbericht.

 

Thüringer Verfassungsschutz beobachtet "Identitäre Bewegung"

Der Thüringer Verfassungsschutz hat die "Identitäre Bewegung Thüringen" (IB Thüringen) ins Visier genommen. Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) sagte, es gebe konkrete Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, die eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz notwendig machen. Die rechte Gruppierung wird bereits in einigen anderen Bundesländern von Verfassungsschützern beobachtet.
Poppenhäger sagte, "einige Akteure der IB Thüringen weisen einen rechtsextremistischen Vorlauf auf". Sie unterhielten Kontakte zu Aktivisten der IB im In- und Ausland, unterstützten Kampagnen und nähmen an überregionalen Demonstrationen teil. Zwar sei die Anzahl der Aktiven in Thüringen überschaubar, dennoch gelte es, gegen alle Formen des politischen Extremismus frühzeitig vorzugehen und eine weitere Radikalisierung zu verhindern.
Binnen weniger Wochen ist die Identitäre Bewegung in Thüringen vom "Verdachtsfall" zu einem "Beobachtungsfall" geworden. Nachdem der Verfassungsschutzpräsident des Bundes, Hans-Georg Maaßen, Ende Mai erklärt hatte, dass die IB in verschiedenen Bundesländern beobachtet werde, bestätigte der Thüringer Verfassungsschutz auf Anfrage, dass die IB ein Verdachtsfall sei.

 

Politische Sprache: Was ist rechtspopulistisch, was rechtsextrem?

Wie nennen wir die neuen rechten Parteien und Bewegungen? Die Konfusion der Bezeichnungen ist groß und ihr Gebrauch keineswegs einheitlich. Der Historiker Ralf Melzer weist einen Weg durch den Begriffsdschungel.
Marc Jongen gilt als „philosophischer Kopf“ der AfD. Kürzlich hat er der „Zeit“ ein Interview gegeben, in dem er mit Bezug auf die Bundespräsidentenwahl in Österreich sagt: "Noch einmal hat das morsche System seine Ressourcen zusammengekratzt, bevor es umso eindrucksvoller einstürzen wird.".
Der Subtext ist klar: Schade, dass es diesmal noch nicht geklappt hat, aber schon bald wird es soweit sein. Dann bricht das System der "Altparteien" zusammen. Dann schlägt auch die Stunde der AfD. Und die von FPÖ, Front National und all ihren rechten Freunden in Europa.
Eine Partei, die politisch rechts steht und ganz offensichtlich den Systemzusammenbruch herbeisehnt, ist zweifellos keine "normale" Partei im demokratischen Wettstreit einer pluralistischen repräsentativen Demokratie. Was aber ist sie dann? Rechtsradikal? Rechtspopulistisch? Oder gar rechtsextrem? Die Konfusion der Begriffe ist groß und ihr Gebrauch keineswegs einheitlich. Dabei ist eine Unterscheidung durchaus möglich, solange man sich bewusst ist, dass die Grenzen fließend sind und sich Parteien auch in die eine oder andere Richtung verändern können.

 

Nebenklage: NPD-Landtagsabgeordneter Petereit als Zeuge im NSU-Prozess geladen

Bereits zu Beginn der Ermittlungen gegen den NSU rückte der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit in den Fokus der Behörden. In einem von ihm zeitweise verantworteten Fanzine war 2002 ein „Dank an den NSU“ erschienen. Vor Gericht berichtete die Hauptangeklagte Beate Zschäpe außerdem von einer Geldspende. Nun werde Petereit nach Aussage der Nebenklage als Zeuge vor das Münchner Oberlandesgericht geladen.
Die Befragung soll den Opferanwälten helfen zu klären, wann die Verfassungsschutzbehörden tatsächlich Kenntnis von der rechtsterroristischen Gruppierung gehabt haben könnten. Auf die Spur des NSU hätte nach Ansicht der Nebenklage den Geheimdienst nämlich ein Dank in der Neonazi-Postille „Der weiße Wolf“ bringen können, der zeitweise von Petereit verantwortet wurde. „Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen ;-) Der Kampf geht weiter...“ heißt es in der Ausgabe 18, die im September 2002 erschien. Der NPD-Mann indes streitet ab, zu diesem Zeitpunkt für das Heft verantwortlich gewesen zu sein. Den Hinweis hatte 2011, also neun Jahre später, nicht etwa die Polizei, sondern die Berliner Informationsstelle apabiz öffentlich gemacht.

Der Europa- und Rechtsausschuss hat dem Schweriner Landtag empfohlen, die Immunität des NPD-Landtagsabgeordneten David Petereit aufzuheben. Die Empfehlung steht in Zusammenhang mit der geplanten Befragung Petereits als Zeuge beim Münchener NSU-Prozess.

 

Festerling und Wagensveld spielen Grenzschützer mit Tarnanzügen in Bulgarien

Tatjana Festerling und Ed Wagensveld sorgen auch nach ihrer Abspaltung von Pegida für Schlagzeilen beziehungsweise Kopfschütteln.
Derzeit ist das Traumpaar der migrationsfeindlichen Bewegung „Festung Europa“, an deren Spitze Festerling steht, offenbar in Tarnanzügen im bulgarischen Unterholz unterwegs, konkret an der Grenze zur Türkei. Dort unterstützen sie eine Veteranen-Organisation ehemaliger Soldaten und Polizisten beim Schutz der EU-Außengrenze, wie sie schreiben.
Auf ihrer Facebook-Seite ruft Festerling dazu auf, den unbewaffneten Kampf gegen die „Invasoren“ aus Afghanistan, Irak und Iran zu unterstützen. Zu sehen sind Fotos des Pärchens in Kampfanzügen, auf einem Bild zeigen sie sich sogar mit drei mutmaßlichen „Kämpfern“, die sich vermummt haben und eine „Festung Europa“-Fahne in ihren Händen halten.

 

Ex-CDUler Hohmann scheitert vor Gericht: Man darf ihn Antisemit nennen

Die politische Öffentlichkeit hat den früheren CDU-Politiker Martin Hohmann so gut wie vergessen. Wenig verwunderlich, denn vor einer Rede 2003, in der er von einem »Tätervolk« sprach, war der damalige Bundestagsabgeordnete aus Fulda in sieben Jahren Bundespolitik kaum in Erscheinung getreten. Noch im selben Jahr wurde er aus der CDU ausgeschlossen. Jetzt aber feiert er sein politisches Comeback in der AfD.
Der 67-Jährige sitzt für die rechtspopulistische Partei im Fuldaer Kreistag. Auf seiner Homepage findet sich ein Interview, das er 2012 der Publizistin Eva Herman gab: Nicht seine Rede sei ein Skandal, sondern die »Falschmeldungen« darüber; ihn zum »Antisemiten zu stempeln«, sei eine Verletzung seiner Persönlichkeit, sagt er.
Mit dieser Auffassung scheiterte er allerdings jüngst vor dem Landgericht Dresden. Hohmann hatte gegen das Kulturbüro Sachsen auf Erstattung seiner Anwaltskosten geklagt, die ihm aus einer Abmahnung entstanden waren.
Die Aufnahme des früheren CDU-Politikers in den hessischen Landesverband der AfD lief dennoch offenbar reibungslos. Nach dem Richtungskampf zwischen dem nationalkonservativen und dem liberaleren Flügel der Partei sprachen Beobachter von einem »Rechtsruck« im hessischen Landesverband.

 

Kriitk an der Mitte-Studie: Forscher der Uni Leipzig wehrt sich heftig gegen Vorwürfe

Die Rechtsextremismus-Studie der Uni Leipzig ist in die Kritik geraten. Besuch bei einem Forscher, der sich gegen den Vorwurf wehrt, der Mitte der Gesellschaft zu heftige Ressentiments zu unterstellen.
"Dass so heftige Kritik kommt, hat keiner erwartet", sagt Oliver Decker. Er ist mit einer Studie, die er im Grunde in alter Routine angefertigt hat, in politischste Zeiten geraten.
Decker ist Vorstand und Sprecher des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Uni Leipzig. Im Kern beschäftigt sich seine Mitte-Studie mit der Frage, wie weit Ressentiments und Vorurteile in die Mitte der Gesellschaft hineinragen.
Anfangs, am Tag der Veröffentlichung der Studie, sind sich die Zeitungen und TV-Stationen weitgehend einig: Das Medienecho ist groß, die Untersuchung schafft es bis in die Tagesschau. Dann plötzlich dreht sich der Wind. Zuerst meldet sich in einem Radiointerview der Politologe Klaus Schroeder von der FU Berlin zu Wort. Er bezeichnet Deckers Ergebnisse als "belanglos", der reißerische Titel sei völlig ungerechtfertigt: Denn nur ein einstelliger Bevölkerungsanteil stimme in Deckers Studie den meisten rechtsextremistischen Thesen zu, die Mitte drifte nicht nach rechts. Schroeder kanzelt auch die Methodik von Deckers Forschung ab.

 

Bald keine Nazi-Demos mehr an Gedenkstätten im Saarland?

Im Saarländischen Landtag denken Abgeordnete gerade über einen gesetzlichen Schutz für zwei Holocaust-Gedenkstätten vor Neonazi-Demos nach. Das Saar-Verwaltungsgericht hatte das Verbot einer rechtsextremen Sagesa-Demo unter dem Motto „Der Islam gehört zum Saarland wie der Schwenker zum Veganer“ auf dem Rabbiner-Rülf-Platz als rechtswidrig eingestuft. Und damit der Klage des Sagesa-Chefs Sascha Wagner (NPD) stattgegeben.
Das neue Gesetz soll solche Verbote an historischen Orten und Mahnmalen ermöglichen. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) ist der Ansicht, das Gesetz würde verfassunsgrechtlichen Vorgaben nicht genügen. „Grundrechtseinschränkende Regelungen müssen so bedacht und rechtlich abgesichert sein, dass sie einer späteren gerichtlichen Überprüfung standhalten“, erklärt Bouillon. Sie dürften nicht allein auf einer berechtigten Interessen entspringenden politischen Absicht beruhen, betont Bouillon.

 

Diskurse der Rechten: Von allzu einfachen Antworten

In Zeiten von AfD-Wahlerfolgen und Pegida-Aufmärschen versuchen Wissenschaftler verschiedener Disziplinen, das Feld der rechten Politik genauer zu analysieren. Welche Themen macht sich der rechte Rand zu eigenen? Mit welchen populistischen Mitteln werden sie verbreitet? Vor allem in politisch turbulenten Epochen haben Rechte offenbar leichtes Spiel.

 

Sexueller Übergriff: Am besten schauen Sie einfach weg

Eine Frau wird in einem ICE Opfer sexueller Übergriffe durch betrunkene Fußballfans. Der Zugführer ruft Verstärkung. Wie viel Hilfe darf man von Polizisten erwarten? Unsere Autorin ist an einem Wochenende im Mai mit der Deutschen Bahn etwa 400 Kilometer durch Deutschland gereist. Was sich auf der Fahrt ereignete, beschäftigt sie bis heute. Ihre Erinnerungen an die Fahrt hat sie für uns protokolliert. Die zuständige Landespolizei bestreitet einzelne Details dieser Schilderung.

Am Bahnsteig sehe ich eine Gruppe männlicher Fußballfans. Sie sind offensichtlich alkoholisiert, haben Bierflaschen dabei und singen die Hymne ihres Vereins. Ich steige absichtlich am anderen Ende des Zugs in einen Waggon.

 

Rassismus in Großbritannien: Der Hass nach dem Ja zum Brexit

Hassparolen auf Handzetteln, Graffiti-Hetze, rassistische Sprüche: Die britische Polizei hat bestätigt, dass nach dem Referendum vergangene Woche mehr Fälle von Hasskriminalität gemeldet werden. Angst und Unsicherheit machen sich breit.
Es scheint tatsächlich, als sähen es in Großbritannien nach der Entscheidung für den EU-Austritt manche als legitim an, versteckte Vorurteile und unterschwelligen Rassismus offen äußern zu dürfen. Die britische Polizei bestätigt, dass nach dem Referendum vergangene Woche 57 Prozent mehr Fälle von Hasskriminalität gemeldet wurden als vor einem Monat. Hass lauert nicht nur im Netz, wo es ohnehin viel Hetzpropaganda gibt, sondern es gibt auch mehr direkte Angriffe.

 

Goebbels-Sekretärin will "nichts gewusst" haben

105 Jahre sind ein ehrwürdiges Alter. So alt ist Brunhilde Pomsel, eine der letzten Zeitzeuginnen, die noch die NS-Führung aus der Nähe erlebt hat. Denn sie war Sekretärin bei Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels, von 1942 bis zum Ende. Umso erstaunlicher ist, was sie im Dokumentarfilm "Ein deutsches Leben" von sich gibt, der jetzt Premiere hatte: "Nichts haben wir gewusst, es ist alles schön verschwiegen worden, und das hat funktioniert."
Aber wusste man im Dritten Reich tatsächlich "nichts" über den Holocaust, der 160.000 deutsche Juden das Leben kostete und insgesamt rund sechs Millionen? Konnte jemand am Rande des engsten Kreises um die NS-Spitze keine Ahnung haben? Oder auch nur eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung?
Ohne Zweifel verlief der eigentliche Massenmord in Auschwitz-Birkenau und den anderen Vernichtungslagern unter strenger Geheimhaltung. Doch die Tatsache, dass das Regime zur Geheimhaltung griff, sagt nichts darüber, wie bekannt die Vernichtung der Juden in der Bevölkerung tatsächlich war.
Schon 2006 zeigte der Historiker Peter Longerich in einem wichtigen Buch mit dem Titel "Davon haben wir nichts gewusst", wie viel die deutsche Bevölkerung schon aus der NS-eigenen Propaganda über den Massenmord erfahren konnte. Sein Berliner Kollege Bernward Dörner zeigte in seiner Habilitationsschrift "Die Deutschen und der Holocaust. Was niemand wissen wollte, aber jeder wissen konnte" anhand von Gerichtsakten aus Verfahren zum Beispiel wegen "Heimtücke" oder "Wehrkraftzersetzung", wie groß das reale Wissen in der Bevölkerung über den Holocaust war.

 

Hatespeech: Das wird man ja wohl noch sagen dürfen. Oder?

Klar, Neonazis sind immer rechtsextrem, aber nicht alle diskriminierenden Aussagen sind es automatisch auch. Wo liegen die Unterschiede zwischen verschiedenen rechtsradikalen Positionen? Wie lassen sich rechtspopulistische Haltungen identifizieren? Bei Facebook und in Foren verschiedener publizistischer Angebote haben wir Kommentare gesammelt. Der Historiker Ralf Melzer hat für uns deren politische Argumentationsmuster aufgeschlüsselt und zeigt, wo die Trennlinien verlaufen.

 

Mit fliegendem Teppich gegen die NPD

Guten Heimflug auf dem fliegenden Teppich? Während die NPD versucht, mit solch rassistischen Motiven Wahlkampf zu betreiben, drehen die "Datteltäter" den Spieß einfach um. In einem Video der Künstlergruppe sieht man zunächst das Wahlplakat der NPD, auf dem Menschen auf einem fliegenden Teppich mit der Überschrift "Guten Heimflug" zu sehen ist. Younes Al-Amayra, Mitglied der Datteltäter, schwebt heran, zückt sein Handy und ändert die Zeile in "Guten Ramadan". Dann beginnt seine Reise durch Berlin auf dem "fliegenden Teppich".

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