Presseschau ... 16.03.2017

+++ Nachspiel der Mai-Krawalle: Amtsgericht verurteilt Neonazi +++ Angriffe mit Brandsätzen und Waffen +++ Rechte ermordeten fast 230 Menschen +++ Reichsbürger geht mit Ast auf Polizist los +++ „Wünschen wir uns die Krise!“ +++ „König von Deutschland" zu Haftstrafe verurteilt +++

 

Nachspiel der Mai-Krawalle: Amtsgericht verurteilt Neonazi

Vor einem Jahr sind hunderte Neonazis durch Plauen marschiert. Bundesweit gingen Bilder einer Straßenschlacht im Vogtland durch die Schlagzeilen, mit Tränengas und Wasserwerfern.

Gestern ging es im Amtsgericht Plauen um eine Straftat, die unmittelbar vor diesem Wasserwerfer-Einsatz stattgefunden hatte. Christian M., bekennender Anhänger der rechtsextremen Kleinstpartei "Der dritte Weg", hatte eine 19-Jährige mit einem Kamera-Stativ an die Schläfe geschlagen. Die junge Frau ging bewusstlos zu Boden und kam ins Krankenhaus. Das Gericht verurteilte Christian M. zu einer Freiheitsstrafe, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er gestand die Tat, von der Videos existieren. Der ebenfalls angeklagte Patrick B. verweigerte die Aussage. Sein Prozess wurde von M.s Verfahren abgetrennt und soll im Mai erneut stattfinden. (freiepresse)

 

Angriffe mit Brandsätzen und Waffen

414 rechte und rassistische Straftaten zählten die Mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus in NRW im vergangenen Jahr. Darunter sind auch mehrere Brandstiftungen sowie Vorfällen mit Waffen wie Messern und Schreckschusspistolen. Viele der Vorfälle, gerade wenn sie im ländlichen Raum passieren, würden von einer breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, kritisieren die Beratungsstellen. Sie berichten etwa von einem Brandsatz im siegerländischen Wilnsdorf und einem »undefinierbaren Sprengsatz«, der in Detmold, in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft, explodiert ist. (Neues Deutschland)

 

Rechte ermordeten fast 230 Menschen

„Wehrsportgruppen“ und „NSU“, „Freikorps Havelland“ und „Kameradschaft Süd“: Rechtsextreme Gruppen terrorisieren immer wieder das Land. Laut einer Zählung des Terrorforschers Daniel Köhler verübten Rechtsradikale seit 1971 mehr als 2100 Brandanschläge und 229 Morde. Ihre Angriffe richten sich besonders oft gegen Ausländer, gegen staatliche Institutionen, Juden, Muslime und Linke. (saarbruecker-zeitung)

 

Reichsbürger geht mit Ast auf Polizisten los

Zwei Anhänger der sogenannten Reichsbürger-Bewegung haben sich am Mittwoch auf einem Autobahn-Parkplatz für Pendler unweit von Schönberg (Nordwestmecklenburg) Personenkontrollen widersetzt und zum Teil auch Polizeibeamte angegriffen. Wie die Polizei weiter mitteilte, hatten Zeugen die Behörden informiert, weil beide Männer um Diesel gebettelt hätten. (svz)

 

„König von Deutschland“ zu Haftstrafe verurteilt

Im Prozess gegen den selbst ernannten "König von Deutschland" hat das Landgericht Halle ein Urteil gefällt: Peter Fitzek muss drei Jahre und acht Monate in Haft. Zwischen 2009 und 2013 hat der 51-Jährige demnach in Wittenberg unerlaubte Bankgeschäfte betrieben. Die Anklage lautete auf Verstoß gegen das Kreditwesengesetz sowie Untreue. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht leicht unter der Forderung der Anklage: Die Staatsanwaltschaft hatte auf vier Jahre Haft plädiert. Bei der Urteilsverkündung kam es zum Eklat. Der Verurteilte reagierte mit wüsten Beschimpfungen auf den Richterspruch. (Spiegel)

 

Befangenheitsantrag im NSU-Prozess abgelehnt

Der mutmaßliche Terrorhelfer Ralf Wohlleben ist mit einem Befangenheitsantrag gegen sämtliche Richter im NSU-Prozess gescheitert. Ein Kollegium von drei Richtern des Oberlandesgerichts München wies seinen Antrag am Mittwoch als «unbegründet» zurück. Noch nicht entschieden ist über einen weiteren Befangenheitsantrag der Hauptangeklagten Beate Zschäpe gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl. (Welt)

 

Rechtsterrorismus: „Große und permanente Gefahr“

Seit der Wiedervereinigung in Deutschland seien bis zu 200 Menschen durch Neonazis oder Rassisten getötet worden. Im Vergleich dazu liege die Opferzahl durch islamistischen Terror weit darunter. Zusammenschlüsse wie die sogenannte "Oldscool Society" oder die "Gruppe Freital" seien typisch, führte Marsen aus: In beiden Fällen hätten sich die Mitglieder im Netz gefunden, sich dort gemeinsam in Facebook-Gruppen oder später auch in geschlossenen Chats radikalisiert. Diese Gruppen würden dann auch nicht davor zurückschrecken, vom Wort zur Tat zu schreiten. (deutschlandfunk)

 

Wie radikal wird die AfD-Fraktion im Bundestag?

Jens Maier – daran lässt er an diesem Abend keinen Zweifel aufkommen – steht in der AfD rechts außen. Maier rühmt sich, „ein kleiner Höcke“ zu sein. Wie sein Vorbild macht er sich NPD-Vokabeln zu Eigen. Und dieser Mann, von Beruf Richter am Landgericht Dresden, sitzt von September an mit großer Wahrscheinlichkeit für die AfD im Bundestag. Obwohl nicht abzusehen ist, wie viele Stimmen die Partei bei der Bundestagswahl im September holen wird: Dass sie die Fünf-Prozent-Hürde nimmt, scheint so gut wie sicher. Gemessen an den derzeitigen Umfrageergebnissen könnte die AfD mit 60 bis 70 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. In fast allen Bundesländern hat die Partei mittlerweile ihre Listen aufgestellt. Kandidaten auf den vorderen Plätzen haben gute Chancen auf den Sprung ins Parlament. (Tagesspiegel)

 

Flüchtlingsbus in Clausnitz blockiert – Prozess in Freiberg

Die rassistischen Ausschreitungen von Clausnitz (Mittelsachsen) haben ein Jahr später für zwei der damaligen Akteure ein strafrechtliches Nachspiel. Am kommenden Dienstag (21.3.) müssen sich zwei Männer vor dem Amtsgericht Freiberg wegen Nötigung verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, am 18. Februar 2016 einen Busfahrer daran gehindert zu haben, Asylsuchende zu ihrer Unterkunft in Clausnitz zu bringen. Sie sollen die Weiterfahrt des Busses mit Fahrzeugen blockiert haben. (dnn)

 

„Alternatives Wissen“ mit fragwürdigem Redner

Gerd Schultze-Rhonhof, Generalmajor a.D. und seit Veröffentlichung seines Buchs „1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte“ ein weit rechtsaußen gern gesehener Gast, ist einer der Referenten des nächsten „Alternativen Wissenskongresses“ (AWK) am 30. April im „Großraum Dortmund“. Organisiert wird die Veranstaltung erneut von vier Funktionären der AfD: Udo Hemmelgarn und Ingo Schumacher, die Chefs der AfD-Bezirke in Ostwestfalen und am Mittelrhein, Sebastian Schulze, Vize-Sprecher im AfD-Bezirk Südwestfalen, sowie Nic Vogel, stellvertretender Sprecher der Düsseldorfer AfD. Erklären soll der mittlerweile 77-jährige Ex-Militär bei dem Kongress, dass und warum „die Völkerwanderungen nach Europa, die Euro-Krise und die NATO-Manöver in Polen und das Embargo gegen Russland“ nach Lesart der Veranstalter „Vorboten einer Eskalation“ sind, „die zu einem neuen Weltkrieg führen könnten“. (bnr)

 

Hertha BSC erwirkt einstweilige Verfügung gegen AfD

Fußball-Bundesligist Hertha BSC hat nach eigenen Angaben eine einstweilige Verfügung gegen die AfD erwirkt. Das Berliner Landgericht habe dem Antrag des Vereins stattgegeben, erklärte Hertha-Sprecher Marcus Jung am Mittwoch und bestätigte damit einen Bericht der «Bild»-Zeitung. Bei der Unterlassungsverfügung geht es um die Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Spielers Marvin Plattenhardt. Nach dem 2:1 gegen Borussia Dortmund hatte sich der AfD-Abgeordnete und Partei-Sportsprecher Frank Scheermesser am Samstag in Fan-Pose zusammen mit dem Schützen des Siegtores fotografieren lassen und das Bild getwittert. Nachdem der Freistoß-Spezialist erfahren hatte, mit wem er fotografiert worden war, hatte er die AfD via Twitter aufgefordert, den Tweet mit dem Foto umgehend zu löschen. Das war bis zum Mittwochmorgen noch nicht geschehen. (Welt)

 

„Wünschen wir uns die Krise!“

Volker Weiß hat sein neues Buch, „Die autoritäre Revolte“, veröffentlicht. Das Thema ist die Neue Rechte, geschildert wird ihr Denken und ihr Vorgehen. Das Buch will aufklären im besten Sinne, es benennt Strategien und Protagonisten, ist aber nicht im Namen eines Parteiprogramms verfasst, sondern mit dem Ziel, die Politik dieser Neuen Rechten durchsichtig, begreifbar zu machen. Dass sie sich einer „Feindschaft gegen den humanistischen Universalismus“ verschrieben hat, steht deshalb am Ende des Buches – darauf läuft das Agieren der Neuen Rechten hinaus. Doch man versteht diese politische Stoßrichtung besser, wenn man die historischen und politischen Hintergründe kennt. (Frankfurter Rundschau)

 

„Wir interessieren uns auch für die AfD“

Interview mit dem Präsident des Verfassungsschutzes in Thüringen Stephan J. Kramer über die „Neue Rechte“. (juedische-allgemeine)

 

Kommentar: „Endlich wird gesehen, was ist“

Die mehrjährigen Haftstrafen, zu denen das Oberlandesgericht München die vier Mitglieder der rechtsextremen „Oldschool Society“ verurteilt hat, sind ein hartes Urteil, schließlich haben die vier noch keinen Anschlag verübt. Aber es zeigt: Die Justiz geht nicht nur gegen Islamisten hart vor, von denen eine Terrorgefahr ausgeht, sondern auch gegen Rechtsextremisten. Die Richter haben klargemacht, dass die „Oldschool Society“ eine terroristische Vereinigung ist, die sich mit dem Ziel gegründet hat, Anschläge unter anderem auf Flüchtlingsunterkünfte und Moscheen zu begehen. Ein solches Zeichen war überfällig. (taz)

drucken