+++ Berlin: 173 antisemitische Straftaten in 2016, sechs Gewaltopfer +++ Lagebericht des BKA: Weiter viele Angriffe gegen Flüchtlinge +++ Bundesinnenministerium: Kein besseres Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt +++
Berlin: 173 antisemitische Straftaten in 2016, sechs Gewaltopfer
Die Berliner Polizei hat im vergangenen Jahr nach einer vorläufigen Statistik 173 antisemitische Straftaten gezählt. Das geht aus einer Antwort des Senats vom Donnerstag auf eine Grünen-Anfrage hervor. In den Jahren zuvor waren es jeweils zwischen etwa 140 und 190 Taten. Die meisten Täter sind Neonazis und andere Mitglieder der rechtsextremen Szene. Die meisten Straftaten wurden im Bezirk Mitte gemeldet (49), die wenigsten in Neukölln und Spandau (je 5). Viele Taten fallen in den Bereich Volksverhetzung und Propaganda – es gab aber auch gewalttätige Übergriffe. Die Polizei registrierte sechs Opfer, von einer weitaus höheren Dunkelziffer ist auszugehen.
Lagebericht des BKA: Weiter viele Angriffe gegen Flüchtlinge
Quasi täglich begehen Rechtsextremisten rassistische Gewalttaten. Das zeigt ein aktueller Bericht des Bundeskriminalamts Die Behörde zählte 2016 mehr als 450 Fälle von Körperverletzungen gegen Geflüchtete und warnt deshalb vor rechter Gewalt. Ausländerfeindliche oder Ängste schürende Parolen" hätten Auswirkungen auf die Sicherheitslage. Immer wieder werden Geflüchtete Opfer von Gewalt.
Bundesinnenministerium: Kein besseres Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt
Das Land Brandenburg hat im Dezember 2016 ein Signal gegen rassistische Gewalt gesetzt. Ausländische Opfer erhalten nach einem Erlass des Innenministeriums ein Bleiberecht, auch über die Zeit des Strafverfahrens gegen den oder die Täter hinaus. Das Land bekam für die humanitäre Initiative viel Lob. Die Bundesregierung erklärte nun, es sei dem deutschen Rechtssystem „grundsätzlich fremd, ein bestimmtes Fach-Recht – hier das Aufenthaltsrecht – aus generalpräventiven Gründen gegenüber vermeintlichen Tätern und zur Wiedergutmachung gegenüber dem Opfer einzusetzen, indem zum Beispiel das Opfer wegen seiner Opfereigenschaft mit einer aufenthaltsrechtlichen Besserstellung bedacht wird“. Das Ministerium befürchtet zudem eine „Privilegierung ausländischer Opfer rechter Gewalt gegenüber anderen, ausländischen wie deutschen Gewaltopfern“.
Aktion gegen "Reichsbürger"-Ehepaar – Durchsuchungen in Delmenhorst
Spezialkräfte der Polizei haben am Mittwoch in Delmenhorst die Wohnung eines Ehepaars durchsucht, das sich selbst als "Reichsbürger" bezeichnet. Nach Angaben einer Polizeisprecherin bestand der Verdacht, dass das Paar gegen das Waffengesetz verstößt. Waffen wurden in der Wohnung nicht gefunden, es wurden aber andere mögliche Beweismittel beschlagnahmt.
Mehr als 80 scharfe Waffen sind im Besitz Thüringer „Reichsbürger“
Die Reichsbürger in Thüringen sind stärker bewaffnet, als bisher bekannt ist. Mindestens 53 Gewehre und 29 Pistolen sind auf 22 Personen registriert, die vor allem eines eint: Sie lehnen die Bundesrepublik ab und damit Beamte, Polizisten, Gerichtsvollzieher und Richter. Politiker fordern eine sofortige Entwaffnung der „Reichsbürger“. An die 1000 von ihnen soll es im Freistaat geben.
„Neue Qualität“: Sachsen listet erstmals Straftaten von „Reichsbürgern“ auf
In Sachsen haben sogenannte Reichsbürger im vergangenen Jahr in erheblichem Umfang Straftaten begangen. Das geht aus einer erstmals vom Innenministerium veröffentlichten Statistik hervor. Demnach rechnet ihnen das Operative Abwehrzentrum von Januar bis 25. November 2016 insgesamt 254 Delikte zu. Die Bandbreite reicht von Beleidigung, Nötigung und Widerstrand gegen Vollzugsbeamte bis hin zu Diebstahl, Betrug, Körperverletzung, Volksverhetzung, schwerer Brandstiftung und sexuellem Missbrauch von Kindern.
Anschlag auf Flüchtlingsheim: Brandstifter von Jüterbog in U-Haft
Ihm wird versuchter Mord vorgeworfen – ein 20-jähriger Jüterboger ist wegen eines Brandanschlags im Oktober auf eine Flüchtlingsunterkunft festgenommen worden. Der Mann hatte die Tat und rassistische Motive bereits eingeräumt. Nach einer ersten Festnahme wenige Wochen nach der Tat war er aber freigelassen worden.
Berufungsprozess zu Anschlag auf Asylbewerberheim Löbau ausgesetzt
Die Berufungsverhandlung gegen zwei Männer wegen eines Brandanschlages auf das Löbauer Asylbewerberheim ist am Donnerstag nach wenigen Stunden ausgesetzt worden. Die Kammer am Landgericht Görlitz holt ein forensisch-psychiatrisches Gutachten zu der Frage ein, ob die beiden Angeklagten übermäßig Alkohol und Drogen konsumieren. Zuvor hatten der 27- und der 32-Jährige angegeben, erhebliche Mengen genommen zu haben. Ein Experte soll prüfen, ob sie – möglicherweise neben der Freiheitsstrafe – in einer Entzugsanstalt untergebracht werden. Wann der Prozess fortgesetzt wird, ist offen.
Volksverhetzung in Sachsen: Hetze und Sühne
Sachsens Justiz steht im Verdacht, sie gehe zu lasch mit Volksverhetzern um. Dabei hält sie sich zugute, 2016 so viele Täter verurteilt zu haben wie nie. Hier arbeiten wir 15 Fälle auf: Wie entschieden die Gerichte?
Wie die Polizei einen Reporter zum linken Straftäter machte
Aussagen von Polizisten gelten vor Gericht als besonders glaubwürdig. Oft erzählen auch mehrere Beamte das Gleiche – in den selben Worten. Wer solch einer geballten Aussagekraft gegenübersteht, hat selten eine Chance. Alfred Denzinger, Chefredakteur der Beobachter News (BN), einem Magazin, das vor allem im süddeutschen Raum von Demonstrationen berichtet, erhielt einen Strafbefehl über 500 Euro wegen Beleidigung. „Du Drecksack“ soll er zu einem Polizisten gesagt haben. Was für seine Arbeit viel schwerwiegender ist: Aus den Akten erfuhr er, dass die Polizei ihn im internen Informationssystemen als „Straftäter linksmotiviert“ führt.
Niedersachsen: Parteiinterner Streit bei AfD eskaliert
Im niedersächsischen Landesverband der Alternative für Deutschland (AfD) rumort es gewaltig. Mehrere Kreisverbände rebellieren mehr oder weniger offen gegen den AfD-Landeschef Paul Hampel und fordern seine Ablösung. Zudem gibt es bei der Partei organisatorische Schwierigkeiten, Kandidaten für die Bundestagswahl aufzustellen.
Höcke und die Nazis: Teile der AfD suchen Schulterschluss mit Rechtsextremen
Höcke und die Nazis: Bei der Höcke-Rede in Dresden waren nicht nur "besorgte Bürger" und AfD-Mitglieder anwesend. Auch mehrere rechtsextreme Gruppierungen haben die geschlossene Veranstaltung besucht. Ein Ausrutscher? Unsere Recherchen zeigen: Teile der AfD vernetzen sich ganz offen mit Rechtsextremen. AfD-Landeschef in Sachsen-Anhalt André Poggenburg tritt gemeinsam mit rechtsextremen Hetzern auf, der persönliche Assistent von Björn Höcke trifft sich zur Vorbereitung von Landtagsreden seines Chefs mit Neonazis.
AfD und NS-Gedenken: So geht rechte Geschichtspolitik in Deutschland
Die Rhetorik der AfD bezogen auf die Zeit des Nationalsozialismus folgt einem bestimmten Muster. Björn Höckes Rede im Januar in Dresden, in der er eine "erinnerungspolitische Wende" für Deutschland forderte, passt da sehr gut hinein. Und auch in den parteiinternen Distanzierungen ist ein Muster erkennbar.
Die AfD an deutschen Unis: Dilemma der Meinungsfreiheit
Viele Studierende fühlen sich von AfD-Hochschulgruppen provoziert, zuletzt an der Uni Magdeburg. Doch ist Debatten verhindern richtig? Die tumultartigen Szenen im Hörsaal 6 der Universität Magdeburg haben jetzt ein Nachspiel im sachsen-anhaltischen Landtag: Für Freitag hat die AfD-Fraktion eine Aktuelle Debatte zum Thema „Linksextremismus im politischen Diskurs“ beantragt. In der Begründung heißt es: „Der politische Diskurs wird zunehmend vom Linksextremismus beherrscht, was eine sachliche Auseinandersetzung unmöglich macht.“
Debatte Rechtspopulismus in Europa: Moralismus ist zwecklos
Auch das linke Spektrum muss Angst vor Zuwanderung ernstnehmen. Das zeigt die Erfahrung mit der Volkspartei in Dänemark. Es klang wie ein skandinavisches Echo von AfD-Chefin Frauke Petry, als der dänische Abgeordnete Kenneth Kristensen Berth von der rechtsnationalen Dänischen Volkspartei (Dansk Folkeparti – DF) vor ein paar Wochen vorschlug, auf Bootsflüchtlinge im Mittelmeer Warnschüsse abzufeuern. Doch diese Äußerung ist gewissermaßen außergewöhnlich für die DF, die seit der Gründung 1995 ins Herz der dänischen Politik eingewandert ist. Mit gelegentlichen Ausnahmen hat die Partei die extremsten Aussagen hinter sich gelassen.
Reportage aus Zwickau: Rechts sind immer nur die anderen
Ich habe mich mit besorgten Bürgern in meiner Heimatstadt Zwickau getroffen. „Na, sag mal, dich kenn' wir doch auch irgendwo her, ne?“, fragt mich ein Mann, schräg von der Seite, wie man so schön sagt. Ich stehe am Rande einer Demonstration in der Innenstadt von Zwickau. Es ist Samstagnachmittag, null Grad, mit der einsetzenden Dämmerung wird es rasch kälter. Ab und zu erhebt sich ein Sprechchor: „Volks-ver-rä-ter! Volks-ver-rä-ter!“
Spurensuche Antisemitismus in Thüringen: „Die haben ja auch Dreck am Stecken“
„Juden haben wir nie gerne gehabt. Die wurden eben vernichtet. Und aus. Da hatte niemand großes Interesse daran, dass die weiterlebten.“ Das sagt ein Thüringer 2016. Er sagt es unumwunden, bei zugesicherter Anonymität. Der Mann ist nicht der Einzige, der zur Nazizeit noch Kind war, ein politisch hellwacher Heranwachsender, der einer Familie mit NS-Funktionsträgern angehörte, und der heute unter vier oder sechs Augen Klartext redet. „Die Vernichtung der Juden hat den Leuten nichts ausgemacht – nee, das hat keinen interessiert“, bekräftigt ein anderer Mann bei dieser Spurensuche in Thüringen. „Aber was im KZ Buchenwald passierte, wussten alle hier in der Gegend, auf den Dörfern.“
Liebe grünversiffte Gutmenschen, lasst euch bitte nicht verarschen
Es gibt da diese rechte Populisten-Mär von "dem Volk" (gut und aufrecht) und "den Eliten" (verschlagen und verräterisch). Je nachdem, wo man sich genau gerade rechts desinformieren lässt, heißen "die Eliten" wahlweise auch gerne "das Establishment" oder "die grünversifften Meinungsmacher". Meist übrigens ausgesprochen von Menschen, die wesentlich mehr fürs Establishment stehen als du und ich. Das aber nur nebenbei.
Über den Umgang mit besorgten Bürgern – Eine verhaltensökonomische Erklärung
Schon mal versucht, einen Menschen mit Flugangst davon zu überzeugen, wie unbegründet seine Angst eigentlich ist? Ein Blick in die Verkehrsstatistik sollte genügen. Wahrscheinlichkeit durch einen Flugzeugabsturz im Luftraum der USA oder Europa zu sterben: 1 zu 29 Millionen. Wahrscheinlichkeit eines Sechsers im Lotto: 1 zu 15 Millionen, also fast doppelt so hoch. Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Fahrradunfalls: 1 zu 340 000. Dennoch: Wer auch immer unter Aviophobie leidet, dürfte sich von diesen Zahlen kaum beeindrucken lassen und dadurch seine Angst ablegen. Viele Ängste sind nicht rational begründbar und lassen sich entsprechend nicht durch rationale Argumente beseitigen. Die Angst vor Ausländern ist eine dieser irrationalen Ängste.
Nach Protesten gegen Milo Yiannopoulos: Trump droht Uni Berkeley mit Geldentzug
Der geplante Auftritt eines ultrarechten Bloggers und Trump-Anhängers hat auf dem Campus der Universität Berkeley im US-Bundesstaat Kalifornien gewaltsame Studentenproteste ausgelöst. Hunderte Demonstranten versammelten sich am Mittwochabend auf dem Campusgelände und machten ihrem Unmut über den Journalisten Milo Yiannopoulos Luft, der sich mit provokanten Thesen als einer der Wortführer der so genannten "Alt-Right"-Bewegung etabliert hat.
Bundesrichter über Hate Speech: Hass ist „wirklich gefährlich“
Wie bekämpft man Hass? Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, über die Macht der Justiz und ihre Schwächen im Osten.
Herr Fischer, werden Hass und Hetze, gerade im Internet, hart genug verfolgt?
Man muss unterscheiden. Einerseits ist es gut, dass heute jeder, auch weitgehend anonym, jederzeit mit der ganzen Welt kommunizieren kann – ob er nun etwas Schlaues oder Blödes sagt. Hinter diese Offenheit der Kommunikation wollen wir nicht zurück. Auf der anderen Seite hat sich eine Aggressionskultur entwickelt, die bedenklich ist. Aus bloßer Beleidigung wird immer öfter tatsächliche Gewalt.
Niedersachsen hat wieder Landeszentrale für politische Bildung: „Der Umgang muss respektvoll sein“
Niedersachsen schaffte seine Landeszentrale 2004 ab. Nun ist sie wieder da. Leiterin Ulrika Engler über die Gründe dafür, Hate Speech und Geocaches.
Sie arbeiten seit über 15 Jahren im politischen Bildungsbereich. Nimmt der Respekt im Umgang miteinander generell ab oder ist das ein reines Netzphänomen?
Der Ton ist deutlich schärfer geworden, vor allem, aber nicht nur im Internet. Wenn ich an die Hate Speeches denke, sehe ich auch die Kehrseite des Netzes, das ich als sehr wichtiges Instrument für Partizipation betrachte. Aber dieser Kehrseite muss man sich stellen und da wird noch viel passieren müssen, bis wir beim Thema respektvolles Miteinander am Ziel sind.
„Hooligans gegen Satzbau“ klauen Breitbart News die Internetadresse
Die Aktivistengruppe "Hooligans gegen Satzbau – Initiative gegen Rechts-Schreibung" hält ab jetzt die Rechte an der Internet-Adresse "www.breitbartnews.de". Das "Breitbart News Network" wurde 2007 vom Kommentator Andrew Breitbart gegründet. Die Seite ist inzwischen vor allem Sprachrohr der rechtsradikalen Alt-Right (Alternative Rechte). Im November 2016 wurde bekannt, dass "Breitbart News" seine Aktivitäten auch auf Deutschland und Frankreich ausdehnen will. Offenbar um das zu erschweren, wurden jetzt die Namensrechte an der Domain "www.breitbartnews.de" für die "Hooligans gegen Satzbau" registriert.