Presseschau ... 04.01.2017

+++ Weiden in der Oberpfalz: Unbekanntes Trio schlägt 16-jährigen Geflüchteten zusammen +++ Chemnitz: Drei Autos bei alternativem Wohnprojekt in Brand, Brandstiftung möglich +++ Rechte Gewalt gegen Geflüchtete in Bayern 2016 erheblich gestiegen +++ Brandenburg schafft Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt +++

 

Weiden in der Oberpfalz: Unbekanntes Trio schlägt 16-jährigen Geflüchteten zusammen

Bereits am vergangenen Freitag trug ein 16-jähriger Geflüchteter aus Afghanistan schwere Gesichtsverletzungen davon, als er in in Weiden in der Oberpfalz (Bayern) von drei Unbekannten überfallen und zusammengeschlagen wurde. Der junge Geflüchtete war mit drei Freunden unterwegs. Sie suchten keinen Streit, beteuerten die Jugendlichen noch. Dennoch schlug ein vollbärtiger Mann einem Iraker mit der Faust gegen den Hals. Dann donnerte er dem 16-jährigen Afghanen mehrmals die Faust ins Gesicht, wobei die beiden anderen Unbekannten das Opfer festhielten. Der Betroffene musste im Krankenhaus behandelt werden.

 

Chemnitz: Drei Autos bei alternativem Wohnprojekt in Brand, Brandstiftung möglich

Nach dem Brand dreier Autos auf einem Grundstück in Borna-Heinersdorf haben die Brandursachenermittler am Montag ihre Arbeit aufgenommen. Die drei nebeneinander abgestellten Fahrzeuge waren in der Nacht aus derzeit unbekannten Gründen in Brand geraten. Die Polizei schließt Brandstiftung und eine politische Motivation nicht aus. Das Grundstück, auf dem die Autos parkten, gehört zu einem alternativen Wohnprojekt in einer ehemaligen Getreidemühle. Der mögliche Brandanschlag ist nicht der erste auf das alternative Wohnprojekt des Vereins Chemnitzer Stadtindianer e.V. Es habe außerdem Überfälle auf Bewohner des Hauses gegeben.

 

Rechte Gewalt gegen Geflüchtete in Bayern 2016 erheblich gestiegen

In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres ist in Bayern die Zahl der fremdenfeindlichen Angriffe auf Flüchtlingsheime erneut deutlich gestiegen. Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Antwort auf eine Landtagsanfrage der Grünen hervor. Demnach kam es in dem Zeitraum zu 340 Angriffen auf Flüchtlinge, außerdem gab es nach den Zahlen des Innenministeriums bis Ende September 75 Angriffe auf bestehende oder geplante Flüchtlingsunterkünfte, darunter waren auch mehrere Brandanschläge. Im gesamten Jahr 2015 waren in Bayern 66 solcher Taten gegen Unterkünfte gezählt worden, im Jahr 2014 waren es 22.

 

Brandenburg schafft Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt

Brandenburg betritt deutschlandweit Neuland: Opfer rechter Gewalttaten werden nicht mehr abgeschoben. Die Ausländerbehörden in Landkreisen und kreisfreien Städten sollen abgelehnten Asylbewerbern, die Opfer rechter Gewalt wurden, vorübergehend ein längeres Bleiberecht einräumen. Eingeschlossen werden von der Regelung auch Asylbewerber, die Zeugen einer solchen Straftat werden. Den Betroffenen soll jedoch auch unabhängig „von den Bedürfnissen eines Strafverfahrens“ ein Bleiberecht gewährt werden. Es gehe um Wiedergutmachung, den Opfern solle bei schweren Folgen der Taten Schutz angeboten werden.

 

Brandenburg: In keinem anderen Bundesland wird mehr Neonazi-Musik verboten

Die Namen der Bands sind ziemlich eindeutig: Sie nennen sich „N.A.Z.I.“ oder „Brigade Totenkopf“ oder „Erschießungskommando“. Auch die Titel ihrer Alben lassen kaum Fragen offen. Sie heißen: „Der Untergrund marschiert – 4. Streich“ oder „Musik heil!“ Das sind nur einige Beispiele für Brandenburger Bands, deren Alben 2016 indiziert wurden, also auf die Liste der jugendgefährdenden Medien kamen. Insgesamt hat das Brandenburger Landeskriminalamt im vergangenen Jahr 59 Tonträger zur Indizierung bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vorgelegt. Damit ist Brandenburg bundesweit Spitzenreiter, teilte das Innenministerium am Dienstag mit.

Die indizierten Tonträger im Überblick sowie einige Textbeispiele:

 

Bayern: „Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus“ eingerichtet

Im Kampf gegen den Terror stockt die bayerische Justiz auf - unter anderem mit einer neuen "Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus" (ZET). Die Mitarbeiter bei der Generalstaatsanwaltschaft kommen bei besonders herausgehobenen Ermittlungsverfahren zum Einsatz. Und sie sollen zu einer wichtigen Schnittstelle werden - zu anderen Behörden, die sich mit der Extremismus- und Terrorismusbekämpfung befassen.

 

Nauen-Prozess gegen Neonazi-Zelle: Traditionslinien des Rechtsterrorismus im Havelland

 Im Prozess um den Brandanschlag auf eine als Asylunterkunft vorgesehene Turnhalle und andere Attacken in Nauen versuchten die angeklagten Neonazis sich bislang als gescheiterte Existenzen mit Alkohol- und Drogenproblemen darzustellen. Insbesondere Thomas Frank E. bestritt, bei dem vom NPD-Politiker Maik Schneider koordinierten Anschlag im August 2015 Schmiere gestanden zu haben. Wie nun jedoch öffentlich wurde, handelt es sich bei E. um einen verurteilten Rechtsterroristen. Er soll vor mehr als zehn Jahren beim „Freikorps Havelland“ mitgemacht haben. Die Gruppe hatte 2003 und 2004 das Havelland mit Brandanschlägen auf Döner- und Asia-Imbiss-Läden überzogen. Ihr Ziel war es, die Region von „Ausländern zu säubern“.

 

Racial Profiling: In neun Monaten hat mich die Berliner Polizei 23 Mal kontrolliert

Seit dem März 2016 lebe ich in Berlin.23 Ausweiskontrollen später bin ich es leid, nach meinen Papieren gefragt zu werden. Nach meiner Herkunft und was ich denn hier mache. Ich ärgere mich über den Polizeibeamten, der mich herauspickt und mich nach meinem Pass fragt, während ich mit einer Gruppe weißer Freunde herumstehe. Ich ärgere mich darüber, dass ich aus der Ruhe eines Spaziergangs am Sonntagmorgen gerissen werde, weil ein Polizist glaubt, meine Identität überprüfen zu müssen. Diese Kontrollen machen mich wütend, sie verunsichern mich, ich fühle mich von ihnen gedemütigt.

 

Debatte um Zentralisierung des Verfassungsschutzes – De Maiziére will Landesämter abschaffen

Geht es nach Bundesinnenminister Thomas de Maizére, dann sollen die Landesbehörden für Verfassungsschutz abgeschafft werden. Die Forderung hat eine intensive Debatte unter Politiker ausgelöst.

Kommentar: Die Landesämter für Verfassungsschutz waren zuvorderst eine Reaktion auf das NS-Regime. Nie wieder sollte eine zentral gesteuerte Gestapo entstehen können. Föderale, kleinteilig kontrollierte Ämter anstelle eines Supergeheimdiensts – das hat auch heute noch seinen Wert.

 

Journalist Stephan Knebel: „Wer AfD wählt, schießt sich ins eigene Knie“

Unter den Wählern der AfD gebe es „natürlich auch Menschen mit einem geschlossen rechten bis rechtsextremen Weltbild“, schreibt der Journalist Stephan Hebel in seinem neuen Buch. „Aber alle sind das sicher nicht.“ Die Weltsicht der AfD sei zwar „im Kern rassistisch“, dennoch will Hebel nicht all ihre Wähler von vornherein aufgeben. Viele seien schlicht frustriert und ließen sich daher von den Rechtspopulisten verführen. Genau an diese Bürger richtet sich Hebel mit seinem Buch, das er als „Brandbrief“ bezeichnet. Er will sie überzeugen, die Finger von der AfD zu lassen: „Sehr geehrter AfD-Wähler, wählen Sie sich nicht unglücklich“, so der Titel.

 

Wissenschaft: Die postfaktische Universität

Wir lebten in der "post-truth"-Ära, behaupten Wissenschaftler. Damit feiern sie ihre eigene Ohnmacht und geben ihre Rationalität auf. In einer Zeit, in der selbst ein zukünftiger amerikanischer Präsident als Dauer-Produzent von Fake-News auffällt und sich diffuse Gerüchte blitzschnell in gefühlte Gewissheiten verwandeln, wird deutlich, dass es irgendwo da draußen eine ernste Wahrheitskrise gibt. Was können wir tun? Das klassische Gatekeeping muss durch das Gatereporting ergänzt werden. Das Prinzip des Gatereporting müssen wir außerdem unerschrocken gegen die Möchte der Gegenaufklärung einsetzen, sie ohne falsche Scheu attackieren.  Wir brauchen, nötiger denn je, eine angstfreie, wissenschaftlich gestützte Machtanalyse und Ideologiekritik.

 

US-Nazis planen bewaffneten Aufmarsch gegen Juden

US-Nazis planen einen bewaffneten Aufmarsch gegen Juden. Dieser soll noch im Januar im beschaulichen Örtchen Whitefish im nordwestlichen Bundesstaat Montana stattfinden. Zwei der 7.000 Einwohner des Ortes sind die Eltern von Richard Spencer, dem Vordenker der extrem rechten Altright-Bewegung. Zu der antisemitischen Mobilisierung nach Whitefish kommt es nun, weil sich Spencers Mutter, Sherry Spencer, von örtlichen Bürgerrechtsaktivisten bedrängt fühlt. Schnell haben sich daraufhin Unterstützer um sie gescharrt, die sogar noch widerlicher als Spencer selbst sind.

 

Immer noch ein Bestseller: „Mein Kampf“-Edition 85 000 Mal verkauft

Ein Jahr nach Erscheinen der kritischen Ausgabe von Adolf Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“ ist die Edition 85 000 Mal verkauft worden. Ende Januar soll die sechste Auflage auf den Markt kommen. „Diese Verkaufszahlen haben uns überrollt, damit konnte wirklich niemand rechnen“, sagte der Direktor des herausgebenden Institutes für Zeitgeschichte (IfZ), Andreas Wirsching. Die Ausgabe, in der Hitlers Originaltext von wissenschaftlichen, einordnenden Kommentaren begleitet wird, war am 8. Januar 2016 erschienen und hatte weltweit Schlagzeilen gemacht und in Deutschland für eine intensive Debatte unter Historikern gesorgt.

 

Wannseekonferenz: Wie der Massenmord an Juden zum Holocaust wurde

Vor 75 Jahren verhandelten Nazi-Bürokraten am Wannsee über den Holocaust. Der Historiker Peter Longerich wendet sich gegen die gängige Interpretation, die Konferenz habe den Beginn des Massenmordes an den europäischen Juden markiert. Längst sei das massenhafte Morden mit dem faktischen Ziel der Ausrottung der Juden vor allem in den eroberten Teilen der Sowjetunion und im besetzten Polen ja in Gang gewesen. Nur liegt kein einziges anderes Dokument aus dem Herrschaftssystem der Nazis vor, das dieses Ziel samt Weg dahin so unverblümt, umfassend und detailliert offenlegt wie das Protokoll dieser Konferenz.

 

Social Media Offensive: Polizei Rosenheim geht gegen Fake News vor

Die Polizei Oberbayern Süd setzt ein deutliches Zeichen gegen sogenannte Fake News im Internet. Über ihre Social-Media-Kanäle veröffentlichten die Beamten einen Facebook-Eintrag über eine angebliche Vergewaltigung - versehen mit einem breiten leuchtend-roten Banner samt der Aufschrift "Falschmeldung!". Immer wieder tauchen bei Facebook und Co. Meldungen über angebliche Straftaten von Flüchtlingen auf. Die Beamten wollen auch die strafrechtliche Relevanz solcher Meldungen prüfen.

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