Presseschau ... 30.06.2016

+++Berlin-Prenzlauer Berg: Hitlergruß, rassistische Beleidigungen und Angriff in der Straßenbahn  +++ Fußballfans gegen Roma: Pöbeleien und ein Polizei-Großeinsatz +++ Auto beschädigt, Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil" gerufen +++

 

Berlin-Prenzlauer Berg: Hitlergruß, rassistische Beleidigungen und Angriff in der Straßenbahn

Ein 39 Jahre alter Mann aus Israel ist am Dienstagnachmittag in der Straßenbahnlinie 1 in Berlin-Prenzlauer Berg fremdenfeindlich beschimpft und angegriffen worden. Der Übergriff ereignete sich um 17.15 Uhr in der Schönhauser Allee. Ein Betrunkener trat auf den Israeli zu, rief "Ausländer raus!" und "Deutschland den Deutschen!", zeigte den Hitlergruß und versuchte, den Israeli zu schlagen. Er traf allerdings nicht.
Die Polizei nahm einen 32-jährigen Verdächtigen wenig später in der Nähe fest. Der Mann musste Blut für einen Alkoholtest abgeben und kam später wieder auf freien Fuß.
Erst in der letzten Woche hatte sich in Berlin-Treptow ein antisemitischer Übergriff ereignet.

 

Fußballfans gegen Roma: Pöbeleien und ein Polizei-Großeinsatz

Eine angebliche Massenschlägerei in Lörrach (Baden-Württemberg) löste am Sonntagabend einen größeren Polizeieinsatz aus. 100 Beteiligte sollen teilweise mit Messern und Schwertern bewaffnet aufeinander los gegangen sein. Um 21.30 Uhr gingen bei der Polizei mehrere Anrufe ein, in denen mitgeteilt wurde, dass bei der Flüchtlingsunterkunft eine größere Auseinandersetzung im Gange sei.
Die Polizei fand bei der Unterkunft alles ruhig vor. Nach Absuche der näheren Umgebung wurde der richtige Tatort gefunden. Der befand sich auf einem unbefestigten Parkplatz nahe der Bahnlinie, auf dem sich derzeit eine größere Gruppe Sinti und Roma aufhalten. Zwischen ihnen und vorbeiziehenden Fußballfans war es aus bislang nicht bekannten Gründen zu Wortgefechten gekommen. Es soll zu Schlägen gekommen sein, die Gruppe der Fußballfans war alkoholisiert.

 

Auto beschädigt, Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil" gerufen

Wie die Polizei bereits am 25.06.2016 meldete, hat eine Gruppe von fünf Jugendlichen in Liechtenstein (Sachsen)  ein Auto beschädigt. Als die Besitzerfamilie dazu kam, wurde sie von den Jugendlichen angegriffen und leicht verletzt. Die Täter riefen dabei "Sieg Heil" und zeigten den Hitlergruß

 

Neonazi-Überfall von Ballstädt: Verfassungsschutz hält Dokumente zurück

Im Prozess um den Neonazi-Überfall von Ballstädt (Thüringen) wurde am Mittwoch bekannt, dass es im Zusammenhang mit diesem Mammut-Prozess eine Klage gegen den Thüringer Verfassungsschutz gibt.
In den Wochen nach dem Überfall folgten Ermittlungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Dem Landeskriminalamt gelang es, ein halbes Dutzend mutmaßlicher Täter festzunehmen. Am Ende konnten 15 von ihnen identifiziert und angeklagt werden. Doch noch etwas wurde bekannt, was geheim bleiben sollte. Der Thüringer Verfassungsschutz hängt in der Ballstädt-Affäre mittendrin. Denn die Agenten hörten zum Zeitpunkt der Attacke mindestens ein Täter-Handy ab. Auf den Bändern soll die Verabredung zur Tat zu hören sein. Doch erst einen Tag nach dem Überfall werteten die Verfassungsschützer die Aufnahmen aus. Zu spät für die Opfer und zu spät für die Polizei.
Diese Aufnahmen sind, so jedenfalls sieht es das Landgericht Erfurt, ein wichtiges Beweismittel. Seit Februar versucht der Vorsitzende Richter, die Abhörunterlagen vom Verfassungsschutz zu erhalten – bisher ohne Erfolg. Auch eine Begründung, warum die Akten nicht herausgegeben werden, lieferte der Geheimdienst nicht.
Nebenklageanwälte haben deshalb beim Verwaltungsgericht Weimar eine Klage auf Herausgabe der Akten eingereicht. Es sei ein Freispruch für einige Angeklagte zu befürchten: Es könne nicht sein, „dass im Jahr fünf nach der Entdeckung der NSU-Terrorzelle und dem Versagen der Thüringer Behörden Neonazis freikommen können, weil der Verfassungsschutz die Strafbehörden nicht unterstützt".

 

Konsens gegen Rechts: Berliner Parteien warnen vor der AfD

Gemeinsam gegen die AfD: Ein breites Bündnis aus den im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien SPD, CDU, Grüne, Linke, Piraten sowie der außerparlamentarischen FDP hat sich auf ein Papier namens „Berliner Konsens gegen Rechts“ verständigt, das an diesem Freitag vorgestellt werden soll. Damit wollen sich die Parteien im Wahlkampf geschlossen gegen rechtspopulistische und rechtsextreme Positionen stellen.
Vor allem der Erfolg der AfD, die in Umfragen zwischen 8 und 15 Prozent liegt, beunruhigt die Unterzeichner. „Wir werden zeigen, dass es Alternativen gibt“, erklärte Bettina Jarasch, Vorsitzende der Grünen. „Die AfD und die NPD schüren Rassismus und Vorurteile. Wir möchten in Berlin ein Klima schaffen, in dem Hetze und Menschenfeindlichkeit geächtet werden“, sagte Elke Breitenbach, Vize-Chefin der Linken. Das Konsenspapier enthält ein Bekenntnis zu Berlin als weltoffener Stadt. Die Berliner werden aufgefordert, zur Wahl zu gehen, ihre Stimme jedoch nicht extremen Parteien zu geben.

 

AfD und Identitäre Bewegung: Die Stunde der „Neuen Rechten“

Führende AfD-Funktionäre warnen in einem offenen Brief vor einem Einsickern von Rechtsextremen in die Partei – und grenzen sich scheinbar von der „Identitären Bewegung“ ab. Doch das ist nichts als Fassade: Zwischen der Partei und der „Neuen Rechten“ gibt es zahlreiche Verbindungen.
Der Begriff der „Neuen Rechte“ findet seit einigen Monaten erneut Beachtung. So ließ es sich kaum ein Medium nehmen, mit Götz Kubitschek und seiner Frau Ellen Kositza zwei der Köpfe der „Neuen Rechten“ auf ihrem Rittergut in Sachsen-Anhalt zu besuchen und sie zu porträtieren.
Kubitschek gehört seit Jahren zum politischen Freundeskreis des AfD-Fraktions- und Landesvorsitzenden Björn Höcke. Offenbar betrachtet die Neue Rechte die AfD als Scharnierorganisation, die für die Verbreitung ihrer Ideologie als Brücke in die Mitte der Gesellschaft dienen kann.

 

Karikatur auf Facebook: AfD-Politiker vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen

Der AfD-Politiker Jan-Ulrich Weiß aus Brandenburg ist vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen worden. Die von ihm 2014 auf Facebook gepostete Karikatur habe keinen antisemitischen Bezug, urteilte das Amtsgericht Prenzlau. Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Geldstrafe von 5000 Euro für Weiß plädiert.
Vor Gericht erklärte der 41-jährige AfD-Kreisvorsitzende aus der Uckermark, dass er die Karikatur im September 2014 per Zufall im Neuigkeiten-Ordner seines Facebook-Accounts entdeckt und lediglich den "Like"-Knopf gedrückt habe.
Seine Begründung für seine Aktion mutet aber weiterhin verschwörungstheoretisch an: "Ich wollte damit das Großkapital kritisieren, das die Weltpolitik beherrscht", sagte Weiß. Antisemitisch sei er "nun wirklich nicht", gab er mit Verweis auf den Mann seiner Cousine an, der jüdischer Abstammung sei. Er verstehe sich mit diesem Familienzweig sehr gut.
Der 41-Jährige erwartet jetzt eine Entschuldigung von AfD-Landeschef Alexander Gauland, denn wie die Anklage hatte der Parteivorstand die Karikatur als antisemitisch gewertet. Ein von Gauland betriebenes Verfahren zum Parteiausschluss von Weiß scheiterte jedoch im vergangenen September vor dem Bundesschiedsgericht der AfD. Gauland selbst kommentierte das Urteil knapp: "Wenn ein deutscher Richter das so feststellt, dann ist das so".

 

Ausgenutzte Linden – rechtsextreme Baumschützer

Ein unscheinbarer Handzettel sorgt in Meißen für Aufsehen. Ein gesunder Baum ist darauf angedeutet, ein böser Bulldozer mit gebleckten Zähnen – der dem armen Baum offenbar an den Stamm will – und ein guter Mensch, welcher den Bulldozer aufhält. Alles etwas naiv gemacht, aber gerade deshalb geht es zu Herzen. „Demo gegen das sinnlose Abholzen gesunder Bäume“, steht darüber.
Die Gruppe, die den Flyer vermutlich produziert und verteilt hat, heißt „Meißener Wellenlänge“ und erinnert mit ihrem Namen eher an ein Friseurgeschäft. Als Zeichen verwendet die Gruppe den griechischen Buchstaben Lambda, das physikalische Symbol für Wellenlänge. Das Lambda als Zeichen teilt die Meißner Wellenlänge mit der sogenannten Identitären Bewegung, einer extrem rechten Gruppe. Zur Demonstration auf den Marktplatz kamen keine 20 Leute – fast alle gehörten zu den Initiatoren.

 

„Allgida“ reloaded?

Beim ersten Versuch der Etablierung eines Pegida-Ablegers im Allgäu entpuppte sich „Allgida“ dank antifaschistischer Intervention Anfang des Jahres als Rohrkrepierer. Beim zweiten Versuch durch einen selbstständigen Tätowierer als selbsernannter „Division Kempten – Nationaler Widerstand“ war das nicht einmal nötig: Das Projekt „Allgida Kempten“ scheiterte an sich selbst und sagte die geplante Versammlung am 2.7. ab. Nazigegner mobilisieren trotzdem weiterhin zur Demonstration „Kein Platz für Rassimus“ an diesem Tag. Nun wollen es die Initiatoren der ersten „Allgida“ nochmal wissen und locken ihr Klientel zu Störaktionen.

 

Neonazis demonstrierten in Riesa

Die Innenstadt des sächsischen Riesa war am Mittwochabend Schauplatz einer NPD-Veranstaltung. Die rechtsextreme Partei ging bei einer Kundgebung vor allem auf ein Thema ein: Straftäter mit Migrationshintergrund. Anlass für die Veranstaltung war ein Vorfall, der sich in der vorletzten Woche ereignet hatte: Ein Geflüchteter riss einer 77-jährigen Radfahrerin am Elbradweg in Riesa die Handtasche vom Lenker. Die Frau stürzte dadurch und verletzte sich.
Die Anhänger des Riesaer Appells kritisieren, dass die NPD den Überfall auf die Seniorin instrumentalisiert. Der Partei gehe es weder um Opferschutz noch um rechtsstaatliche Prinzipien. „Sondern darum, die Atmosphäre zwischen Deutschen und Asylsuchenden zu vergiften. Dies ist perfide und lässt hoffen, dass die Mehrzahl der Riesaer der NPD nicht auf den Leim gehen wird“, so Sprecher Volker Herold.

 

Die Identitäre Bewegung in M-V – Ein Überblick

Viele Beobachter nahmen den mecklenburg-vorpommerschen Ableger der Identitären Bewegung (IB) bereits früh zur Kenntnis. Wenig überraschend sind die Anhänger der „Bewegung“ vor allem in den sozialen Netzwerken präsent – auf Facebook schreiben sie bereits Anfang 2015 von einer „Interessenten- und Vortragsveranstaltung“.
Doch über Monate bleibt der lokale Ableger der IB vor allem eines: virtuell. 2015 bestimmte die Flüchtlingsdebatte die öffentliche Wahrnehmung, die Identitären konnten von der ständig in den Medien präsenten Thematik profitieren – und trauten sich zunehmend auf die Straße.
Anfänglich hinhen Anhänger nur Plakate oder Banner gegen den „großen Austausch“ an Brücken. Im Oktober gab es eine unangemeldeten Mini-Kundgebung vor dem Rostocker Rathaus, wenige Wochen später war die „Lügenpresse“ das Ziel: Vom Dach der „Ostsee-Zeitung“ entrollten Aktivisten ein Banner, welches auf eine „bittere Zukunft“ hinweisen sollte.
Als Kopf der Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern gilt der Rostocker Daniel Fiß. Der Student der Universität Rostock fand zuerst über die NPD zum politischen Aktivismus, war dort „JN-Schulungsbeauftragter“.

 

Justiz blockt Neonazi-Watchblog „Störungsmelder“

Die Fragen sind wichtig, mehr denn je: Was passiert in der rechtsextremen Szene? Wo sind die Neonazis besonders aktiv? Welche Strategien wenden sie an? Warum finden sie Gehör? Und was kann man gegen sie tun? Um das zu klären, hat "Zeit online" vor neun Jahren den Neonazi-Watchblog "Störungsmelder" gestartet. Fortlaufend wird seither über die rechte Szene berichtet, auch wenn sie mal nicht im Fokus der Öffentlichkeit steht.
Es ist journalistische Arbeit im besten Sinn, die allerdings jetzt einen Dämpfer bekam. Denn das Verwaltungsgericht Augsburg sieht im "Störungsmelder" kein Presseorgan - und verweigerte einem der Autoren deshalb die Auskunftsrechte gegenüber Behörden. Konkret wollte der freie Journalist, der neben dem "Störungsmelder" auch für weitere Medien arbeitet, von der zuständigen Staatsanwaltschaft wissen, welche der an das bayerische Landeskriminalamt gemeldeten rechtspopulistischen Straftaten aufgeklärt und welche Ermittlungen eingestellt wurden. Und das, mit Verweis auf das bayerische Pressegesetz, gerichtlich durchsetzen.
Das Gericht argumentierte, der „Störungsmelder“ sei ein öffentliches Diskussionsforum, kein Organ der Presse. Der Kläger hat Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt und wird dabei mit juristischem Beistand von „Zeit Online“ unterstützt.

 

Freital – ein Jahr danach

Unter dem Motto „1 Jahr danach“ gab es vergangenen Sonnabend in Freital eine Demonstration um den Leerzug des als Asylbewerberheims genutzten Hotels Leonardo zu feiern. Das Motto „1 Jahr danach“ steht damit natürlich auch für das traurige Jubiläum einer Verfolgungsjagd, die mit einer Baseballschlägerattacke und einer eingeschlagenen Heckscheibe endete, Hitler- und Kühnengrüße, zerstochene Reifen und weitere Übergriffe auf Gegendemonstranten. Und natürlich wäre die Genese der inhaftierten „Gruppe Freital“ nicht ohne diese Demonstrationen denkbar gewesen.

Videoreportage: Zweifelhafte Jubiläumsfeier in Freital
Vor einem Jahr begannen die aggressiven Proteste in Freital gegen eine Flüchtlingsheim. Asylgegner feierten nun den Jahrestag. Und wie ist die Stimmung in der Kleinstadt sonst?

 

„Franken Presse“: Fränkische „Nachrichtenseite“ bringt Neonazis und AfD zusammen

Eine Nachrichtenseite auf Facebook möchte den Eindruck seriöser Pressebericherstattung erwecken. Für die „Franken Presse“ scheint die Partei um Petry, Meuthen und deren Milieu scheint die eigentlich Zielgruppe der Nachrichtenseite zu sein. Neben von Nachrichtenunternehmen wie ARD, ZDF, WELT entnommenen Beiträgen werden dort hauptsächlich Videos von AfD-Politikern und Parteiveranstaltungen verbreitet, am letzten Wochenende gemischt mit Videos leicht bekleideter Damen.
Die Seite mobilisiert aber auch zu einer gemeinsamen Demonstration von Neonazis aus Thüringen und Franken am kommenden Samstag in Zirndorf.
Der ideologische Standpunkt der Seitenverantwortlichen wird mit Blick auf Kommentierungen schnell klar. So wird Tierquälerei fast ausschließlich als Problem von „Ausländern“ angesehen, die nicht ins Land zu lassen seien. Ähnlich verläuft eine andere Diskussion zum Thema Tierschutz – der Administrator verengt die Diskussion auf die Thematik des Schächtens.

 

Fotojournalistin seit 25 Jahren vom Verfassungsschutz ausspioniert

Die Hamburger Fotojournalistin und taz-Fotografin Marily Stroux ist seit mehr als 25 Jahren vom Verfassungsschutz ausspioniert worden. Das hat das Hamburger Landesamt des Inlandsgeheimdienstes auf Anfrage eingeräumt. Auch die verdeckte Staatsschutz-Ermittlerin Maria B. des Hamburger Landeskriminalamtes war in ihrer Undercover-Zeit unter den Tarnnamen „Maria Block“ auf Strouxs Um­feld angesetzt und hat Berichte über sie an den Verfassungsschutz weitergeleitet. „Berichte über ganz normale Termine, die ich als Journalistin und als taz-Fotografin wahrgenommen habe“, sagt Stroux.
Weil die Hamburgerin griechischer Herkunft vor drei Jahren mit dem Gedanken gespielt hat, sich einbürgern zu lassen, beantragte sie über ihre Anwälte Auskunft darüber, ob beim Hamburger Verfassungsschutz Daten über sie gespeichert sind – bei Einbürgerungen ein normaler Vorgang.
Jetzt, drei Jahre später, hat Stroux Antwort bekommen. Dem Geheimdienst lägen „Erkenntnisse vor, die tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht begründen“, dass sich Stroux „zumindest seit 1988 an Aktivitäten linksextremistischer Bestrebungen beteiligt“ habe. Als verdächtig aufgezählt werden etwa ihr Engagement im „Initiativkreis für den Erhalt der Hafenstraße“ oder Anfang der 1990er Jahre für Flüchtlinge.

 

Trennungsgebot? Verfassungsschutz nutzt Überwachungstechnik der Bundespolizei

Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird in technischen Angelegenheiten regelmäßig von der Bundespolizei unterstützt. Dies teilte der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, Günter Krings, auf eine Schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Martina Renner mit. Die Zusammenarbeit erfolge „auf dem Gebiet der Funktechnik“.
Demnach habe die Bundespolizei „elektronische Daten“, die vom Verfassungsschutz „im Rahmen eigener Befugnisse erhoben“ worden waren, bearbeitet und lesbar gemacht. Um welche Daten es sich dabei handelte und ob diese womöglich verschlüsselt waren, bleibt unklar.
Außerdem hat der Verfassungsschutz in mindestens einem Fall einen Sprengstoffspürhund der Bundespolizei angefordert. Einige Monate später half die Bundespolizei mit einer „mobilen Fahndungseinheit“. Im gleichen Jahr wurde auch eine Drohne und das nötige Bedienpersonal angefordert. Nicht beantwortet wird, wofür der Verfassungsschutz die Technik einsetzt. Für die Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr ist eigentlich die Polizei zuständig.

 

„Sie haben keinen Plan. Sie können nur zerstören“: Planlose Populisten nach dem Brexit

Nach dem Brexit ist vor dem Brexit – mit dieser abgewandelten Fußballerweisheit lässt sich die derzeitige Lage in Großbritannien nach dem EU-Referendum umschreiben. Offenbar sind die Gewinner noch mehr als die Verlierer über das Ergebnis erschrocken. Denn nun müssen sie raus aus der Fundamentalopposition und Verantwortung übernehmen. Ein Graus für Populisten.

Kommentar: Der Brexit ist auch gut für Europa!
Für Großbritannien ist der Brexit eine Katastrophe. Gerade deshalb könnte er die Attraktivität antieuropäischer Ideologien schmälern. Vielleicht kommt er sogar zur rechten Zeit.

 

Diedrich Diederichsen: „Heute sind viel mehr Leute als ‚Rechte’ out“

Vor 20 Jahren erschien Diedrich Diederichsens Buch „Politische Korrekturen“. Damals ging es ihm um eine Analyse des Begriffs „political correctness“, der in Deutschland in die Debatten über Politik, Kultur und Wissenschaft Einzug hielt. Ein Gespräch mit dem Kulturwissenschaftler und Poptheoretiker über die autoritäre Rebellion der „Neuen Rechten“.

Der Vordenker der Rechten, Carl Schmitt, schreibt, der Kampf um die Repräsentation sei immer auch „ein Kampf um die politische Macht“. Dazu gehört auch kulturelle Hegemonie. Ohne die Neue Rechte jetzt wichtiger zu nehmen, als sie wirklich ist – in den etablierten Medien, in den Talkshows im wissenschaftlichen Diskurs, in den Parlamenten und auf den Straßen kommt man nicht mehr an ihr vorbei. Was hat sich seit Erscheinen Ihres Buchs „Politische Korrekturen“ vor zwei Jahrzehnten verändert?

Das Phänomen ist heute wesentlich weiter verbreitet als damals, aber man adelt es auch, wenn man ihm das Kompliment macht, dass es in einem ähnlichen Sinne Geistesgeschichte generiert wie zuvor die Neue Linke. Schon der Begriff des „Vordenkers“ ist zu viel der Ehre. Carl Schmitt ist ja trotz seiner Hitler-Unterstützung als politischer Philosoph nur deswegen zu Ehren gekommen, weil ihn die Linke so interessiert gelesen hat: von den 68er-Maoisten über Laclau und Mouffe bis zu Figuren wie Agamben, deswegen hat dann auch eine zahlenmäßig kleine intellektuelle Rechte seine Texte zu ihrem Gral erklärt, weil die andere Seite sie so schätzt. Aber gut: Die Anzahl der Akteure ist sehr viel größer geworden, gleichzeitig sind aber auch mehr Leute als »Rechte« out, die früher eher implizit rechts waren.

 

Anabolika, Potenzpillen, Nazirock – Was dem Hamburger Zoll bei einer Razzia ins Netz ging

Monatelang hatten Hamburger Zollfahnder ermittelt, jetzt gingen ihnen die Dopingköche endlich ins Netz: In Kiel wurde eines der größten illegalen Untergrundlabore Norddeutschlands ausgehoben. Anabolika, Potenzpillen, Waffen und Laborgerätschaften – dazu noch 63 CDs mit rechtsradikalen Inhalten. Die Zollfahnder staunten nicht schlecht, als sie Mitte Juni das Untergrundlabor in Kiel unter die Lupe nahmen.
Allein die rund 1.000 Potenztabletten haben einen Schwarzmarktwert von bis zu 10.000 Euro, hieß es am Mittwoch in einer Zollmitteilung. Gegen den 30-jährigen Dopingkoch wird nun ermittelt.

 

Mit Hass im Netz tut sich die Polizei schwer

Nachdem ein Mitglied einer Facebook-Gruppe dazu aufgerufen hatte, bei einer pro-israelischen Demonstration in Berlin kreativ zu sein und „Blumen statt Messer“ und „Orangen statt Steine“ mitzubringen, antwortete kurz darauf ein User namens Ali D.: „Löscht weiter meine Kommentare. Die Wahrheit wird immer siegen. Bringt weiter Waffen mit und tötet Unschuldige. Ich bin auf der Seite der echten Juden und nicht Zionisten.“ Ali D.s Text war mit mehreren Smileys gekennzeichnet.
Die Anzeige ging im Oktober 2015 bei der Staatsanwaltschaft Berlin ein. Am 13. Juni 2016 erhielt der Anzeigenede Antwort: Der Sachverhalt sei geprüft worden und man sehe von weiteren Ermittlungen ab: „Es handelt sich offensichtlich um eine überspitzte Kritik an der Politik Israels, was sich aus dem dem Kommentar beigefügten Bild und der Äußerung, dass ‚die Wahrheit immer siegen wird‹’ und er ‚auf der Seite der echten Juden und nicht der Zionisten’ stehe“ ergebe. Eine eindeutige Aufforderung zu einer Straftat sei darin nicht zu erkennen.
Zwar kommt es immer häufiger zu Verurteilungen wegen Volksverhetzung im Internet, aber die wenigen Erfolge der Polizei gehen in einer Lawine der Delikte unter.

 

Jüdische Allgemeine wird 70 – Die Sicht der Dinge

Am Anfang steht ein großer Name. Ein gewisser Karl Marx aus dem Saarland, verdienter Veteran des Ersten Weltkrieges, kehrt nach seiner Flucht vor den Nationalsozialisten 1946 aus dem britischen Exil nach Deutschland zurück. Dort wird der Journalist und Namensvetter des berühmten kommunistischen Denkers Herausgeber des „Jüdischen Gemeindeblattes für die Nord-Rheinprovinz und Westfalen“. Marx legt damit den Grundstein für das wichtigste Presseorgan jüdischen Lebens in Deutschland. Heute, 70 Jahre später, ist die Zeitung bekannt als „Jüdische Allgemeine“ (JA).
Die vom Zentralrat der Juden herausgegebene Wochenzeitung will viel: aktuelle politische Themen aufgreifen, schwarzes Brett für die jüdischen Gemeinden in Deutschland sein und, etwa mit der Klatsch-Rubrik „Plotkes“, auch den Boulevard bedienen. Alles gewissermaßen durch die jüdische Brille. Um das Selbstverständnis der Zeitung gab es in der Vergangenheit Verstimmungen. Einigen Mitarbeitern passte die enge Bindung an den Zentralrat nicht.

 

Das „No Hate Speech Movement“ – Ein Netzwerk gegen Trolle

Rassistische, antisemitische und andere menschenfeindliche Postings im Internet bekommen stärkeren Gegenwind. Am Mittwoch ist in Berlin die deutsche Ausgabe der europaweiten Kampagne „No Hate Speech Movement“ an den Start gegangen.
Häme, Zorn und Hass haben in sozialen Netzwerken, Medien-Kommentarspalten und Foren zugenommen. Vor allem im Zuge der aktuellen Flüchtlingsdiskussion habe sich die Situation verschärft.
In Deutschland soll künftig das Engagement gegen Hasskommentare über die Internetseite www.no-hate-speech.de koordiniert werden, betonte Rauscher. Unter anderem soll auf die Gefahren von Hassreden für die Demokratie hingewiesen werden. Die Website will konstruktive Möglichkeiten im Umgang mit Hasskommentaren aufzeigen. Auch Tipps, wie man sich etwa rechtlich gegen sogenannte „Hate Speech“ wehren kann, soll es geben. Zudem werde der Einsatz für Menschenrechte – im Internet und im realen Leben – unterstützt.

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