Presseschau ... 28.06.2017

Rock von ganz rechts: Warum Thüringen ein Hotspot für rechte Festivals ist

Wenn in Thüringen die Festivalsaison eröffnet wird, dann geht es um Hass, um Ausgrenzung und um Deutschland. „Rock für Deutschland“, so heißt das Open Air-Konzert am 1. Juli. Danach folgen „Rock gegen Überfremdung 2“ am 15. Juli und am 29. Juli „Rock für Identität“. Alle unter freiem Himmel, alle in Südthüringen. Nicht erst mit diesen drei Rechtsrock-Konzerten ist Thüringen Hotspot für rechte Open Air-Veranstaltungen. Zwischen 2011 und 2016 fanden 32 Konzerte unter freiem Himmel statt, das erfolgreichste 2016 – mit 3.500 zahlenden Gästen.

 

NSU-Ausschuss des Bundestags: Das Chaos beim Geheimdienst

Neonazi-Geflechte, verschwiegene Verfassungsschützer: Der zweite Ausschuss des Bundestags zum NSU-Fall legt einen Bericht mit nur vagen Forderungen vor. Der Verfassungsschutz mauerte und stellte sich so einer umfassenden Aufklärung des NSU-Komplexes in den Weg. Zu diesem Ergebnis sind die 16 Mitglieder des Bundestagsausschusses gekommen. Mehr als anderthalb Jahre lang haben sie getagt, 84 Zeugen befragt und Tausende Aktenordner ausgewertet.

 

Lange Haftstrafen für Neonazis aus Wittstock

Drei Neonazis aus Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) müssen für mehrere Jahre ins Gefängnis, weil sie einen Zechkumpanen fast totgeschlagen haben. Wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verhängte das Landgericht Neuruppin gegen einen der Angeklagten eine Haftstrafe von fünfeinhalb Jahren, die anderen beiden müssen für jeweils drei Jahre ins Gefängnis. Die Männer im Alter von 24 bis 36 Jahren sollen am Tag der Deutschen Einheit im Oktober 2016 einen 24-Jährigen nach einem Zechgelage in einer Wohnung in Wittstock schwer misshandelt haben

 

Brisante Geständnisse – “Freie Kameradschaft Dresden“ hatte prominente Unterstüztung

Die „Freien Kameraden Dresden“ hatten prominente Hilfe bei der Gründung ihrer Vereinigung. Im Prozess kommen Details und Verstrickungen in der Neonazi-Szene ans Licht. Der 19-jährige Angeklagte Robert S. gab etwa an, dass der frühere NPD-Landtagsabgeordnete René Despang beim „Gründungstreffen“ der FKD in einer Grunaer Sportbar Ende Juli 2015 Hilfe angeboten habe.

 

Wegen Auschwitz-Tattoo: Verurteilter Neonazi aus Brandenburg in Haft

Der wegen seines öffentlich gezeigten KZ-Tattoos verurteilte Brandenburger Neonazi Marcel Zech sitzt im Gefängnis. Der NPD-Funktionär, der für die rechtsextreme Partei unter anderem in den Kreistag Barnim gewählt wurde, habe seine achtmonatige Haftstrafe inzwischen angetreten. Das brandenburgische Oberlandesgericht hatte das Urteil des Landgerichts Neuruppin im April bestätigt und den Revisionsantrag von Zech als offensichtlich unbegründet verworfen.

 

“Sieg heil“ und “Scheißkanaken“ gerufen – 43-Jähriger muss 400 Euro Strafe zahlen

Am frühen Nachmittag des 26. Januar stutzten Passanten, die an einer Parkanlage am in Köln vorbeikamen. Dort stand ein Mann, der wiederholt den Hitlergruß zeigte und „Sieg heil“ rief. Bald war die Polizei zur Stelle. Knapp einen Monat später verschreckte derselbe Mann Besucher auf dem Melatenfriedhof. Er pfiff mit einer Trillerpfeife; als sich ihm zwei Zivilbeamte näherten, brüllte er „Meine Ehre ist Treue“, „Scheißkanaken“ und: „Ich ziehe meinen SS-Mantel an und mache euch fertig.“ Ein Rechtsextremer außer Rand und Band? Der Angeklagte, der von einer Erwerbsunfähigkeitsrente lebt, legte ein Attest vor, aus dem hervorgeht, dass er seit Jahren an einer paranoiden Psychose leidet. Der Staatsanwalt beantragte 500 Euro Geldstrafe, und die Richterin setzte 400 Euro fest. Die kann der 43-Jährige mit Sozialstunden abarbeiten.

 

NSU-Ausschuss im Hessischen Landtag: So verteidigt sich Bouffier im Dauerverhör

In einer mehr als zehn Stunden langen Befragung verteidigt sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier vor dem NSU-Ausschuss des Hessischen Landtags. Was hat er zu sagen?

 

Ralph K. ab September vor Gericht: Er soll rechtsextremes Portal “Altermedia“ betrieben haben

Es war Ende Januar 2016 ein Paukenschlag. Im Rahmen einer bundesweiten Aktion war Ralph K. in St. Georgen festgenommen worden. Der Vorwurf: Er soll ein Neonazi-Internetportal federführend betrieben haben. Am 14. September startet der Prozess. In der rechten Szene in der Region Schwarzwald spielte er zum Zeitpunkt seiner Festnahme eine wichtige Rolle.

 

“Reichskönig“ vor Gericht – Diesmal ohne Hermelinmantel

Der „König von Deutschland“ erscheint vor dem Landgericht Dessau zwar nicht im Hermelinmantel wie bei seiner „Krönung“ 2012. Aber charmant grüßt er am Dienstag die Besucher und wirft seiner Freundin einen Kussmund zu. Einmal mehr ist der drahtige gelernte Koch, Esoterikhändler und Karate-Trainer Peter Fitzek auch vor Gericht nicht zu erschüttern. Dabei ist er zur Verhandlung aus der Haftanstalt Halle, wo er drei Jahre und acht Monate Haft wegen unerlaubter Bankgeschäfte absitzt, nach Dessau gebracht worden. Diesmal geht es um zwei Berufungen zu Verurteilungen am Amtsgericht, eine wegen Verstoßes gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz, die andere wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

 

Prozess gegen Nürnberger “Reichsbürger“: Angeklagter ist nicht vor Gericht erschienen

Ein 58-jähriger Weinbautechniker aus dem Landkreis Würzburg hätte heute in Würzburg vor Gericht stehen sollen. Einer der Vorwürfe ist die unerlaubte Aufzeichnung einer Gerichtsverhandlung. Doch der Angeklagte blieb dem Gerichtssaal fern.

 

Cottbus: Dritte flüchtlingsfeindliche Demo trifft auf starken Gegenprotest

Die Innenstadt war gestern Abend ab etwa 19 Uhr buchstäblich und im übertragenen Sinn in zwei Hälften geteilt. Ein Bürgerbündnis demonstrierte für eine weltoffene Stadt, die jedem Menschen die Suche nach Freiheit und Lebensglück ermöglicht. Gleichzeitig trafen sich am Oberkirchplatz bereits zum dritten Mal die Unterstützer der Bürgerinitiative "Zukunft Heimat", die mit einer Mischung aus NPD-Slogans und Sprüchen der früheren Studentenbewegung forderten, dass Grenzen geschlossen werden. Ein massives Aufgebot der Polizei sorgte dafür, dass beide Demos – jede mit rund 400 Teilnehmern – sich nicht begegneten. Die Initiative "Zukunft Heimat" aus Golßen im Spreewald hatte bereits zweimal in Cottbus zu Versammlungen aufgerufen. Auch dieses Mal trat Siegfried Däbritz (Pegida Dresden) als Gastredner auf. Als Hauptrednerin ließ sich Birgit Bessin, Landtagsabgeordnete der AfD, beklatschen, später forderte "Zukunft Heimat"-Chef Christoph Berndt eine "geistige Erneuerung der Eliten". Bei seinem Marsch durch die Innenstadt wurden im Demonstrationszug bekannte NPD-Slogans skandiert

 

Mann aus Thüringen wollte in Ostukraine mit Rechtsextremen kämpfen und soll IS nahestehen

2016 ermittelte das Landeskriminalamt gegen einen in Erfurt lebenden Russen wegen „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Die AfD wirft der Landesregierung Vertuschung vor, da bisher nicht über den Fall informiert wurde.

 

Drei Aktivistinnen über Mobilisierung und Alltagsrassismus: “Keine Entwarnung“

Im Interview: Romin Khan, Referent für Migrationspolitik bei Verdi; Bianca Klose, Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin; Christoph Bautz, Campact.

Frau Klose, Herr Bautz, Herr Khan, von den hohen Umfragewerten vor einigen Monaten ist die AfD weit entfernt. Ist die Gefahr einer neuen rechten Normalität gebannt?

Romin Khan: Es gibt keinen Grund zur Entwarnung. Rund acht Prozent heißt, die AfD kommt in die Parlamente, auch in den Bundestag, und sie kann ihre Strukturen weiterentwickeln.

Bianca Klose: Erstens hat die AfD bei den vergangenen Landtagswahlen politische Macht über jene bekommen, die sie vorher als Feindbild markiert hat. Zweitens gibt es auch innerhalb der Gesellschaft einen Rechtsruck. Mittlerweile gelten schon menschenrechtsorientierte Standpunkte als linksextrem, zum Beispiel das Engagement für Menschen- und Grundrechte von Geflüchteten. Und drittens gibt es eine Radikalisierung innerhalb der Gesellschaft. Vor allem durch das Netz können solche Menschen enorm schnell aktiviert und mobilisiert werden. Diese Enthemmung ist eine der größten Herausforderungen.

 

Straftat Leben retten – Anzeige gegen Dresdner Seenotretter

Erst hetzte Pegida-Gründer Lutz Bachmann gegen sie, nun ermittelt auch die Dresdner Staatsanwaltschaft: Weil sie in einer Spendenkampagne Geld für eine zivile Rettungsmission auf dem Mittelmeer sammeln, sollen zwei Dresdner vor der Bundespolizeidirektion Dresden Rede und Antwort stehen. Der Vorwurf: Versuch des Einschleusens von Ausländern.

 

Antisemitische Störer an der Uni: Holocaust-Überlebende Dvora Weinstein: “Ich war geschockt“

Am vergangenen Mittwoch unterbrachen Störer in der Humboldt-Universität die Veranstaltung einer Delegation um die Knesset-Abgeordnete Aliza Lavie mit vier Jugendlichen und der Holocaust-Überlebenden Dvora Weinstein. Mitten in einem Vortrag skandierten sie anti-israelische Parolen. Nach Angaben des Veranstalters, der Hochschulgruppe der deutsch-israelischen Gesellschaft Berlin, wurden drei Störer der pro-palästinensischen Organisation BDS aus dem Saal geleitet. Die Uni, selbst nicht Veranstalterin, verurteilte den Vorfall, der international Schlagzeilen machte. Ein Gespräch mit der Holocaust-Überlebenden Dvora Weinstein.

 

So reagieren Deutschlands Homo-Hasser auf die drohende Ehe für alle

Während Hedwig von Beverfoerde mit ihrer "Demo für alle" fast sprachlos ist, lädt die AfD Gegner der Ehe-Öffnung aus der CDU zum Wechsel ein und erhofft sich Auftrieb für ihren Wahlkampf.

 

Persisch stört die "Ruhe der Kunden" – Muslimische Schüler aus Berlin in Polen angegriffen

Muslimische Schüler der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule aus Berlin-Moabit sind auf einer Reise nach Polen mehrfach rassistisch beleidigt, bedroht und angegriffen worden. eine kopftuchtragende Schülerin nach eigenen Angaben am 21. Juni im ostpolnischen Lublin bespuckt und beleidigt. Freunde der Muslima, die ihr helfen wollten und Streifenpolizisten auf den Vorfall aufmerksam machten, wurden demnach ignoriert. Als sie ein weiteres Kommissariat aufsuchten, um den Übergriff zu melden, seien sie für ihre Beschwerde ausgelacht worden.

Die Vorfälle haben in Polen heftige Debatten ausgelöst. Die polnische Opposition macht die Regierung dafür verantwortlich, was die Berliner Schüler auf ihrer Reise erlebt haben. Borys Budka von der rechtsliberalen Partei "Bürgerplattform" hat auf Twitter Innenminister Mariusz Blaszczak attackiert: "Sind Sie jetzt stolz auf sich?", fragt er und fügt hinzu: "Was habt Ihr mit Eurer Xenophobie nur angerichtet?"

 

Bürger für Demokratie: Ein Lob der Demonstration

Soziale Fragen, die ursprünglich linke Politik definierten, haben wieder an Aktualität gewonnen. Um sozialen Wandel herbeizuführen und den Kapitalismus mit Demokratie und Sozialstaat zu vereinen, müssen die Bürger auf ein altes Mittel zurückgreifen: die Demonstration.

 

Rechtsextremisten größere Gefahr als Islamisten in den USA

Laut einer Studie gab es in den Vereinigten Staaten seit 2008 mehr Anschläge durch Rechtsextremisten als durch Islamisten. Auch Trumps zentrales Argument für sein Einreiseverbot stellt die Untersuchung in Frage.

 

Facebook-Gesetz: “Schnelligkeit zu Lasten der Gründlichkeit“

Das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll künftig Betreiber sozialer Medien wie Facebook, Twitter und Youtube dazu verpflichten, ein wirksames Beschwerdemanagement einzurichten, um strafbare Inhalte wie Beleidigungen, Bedrohungen und Volksverhetzung schneller zu löschen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geht davon aus, dass die Koalitionsfraktionen die abschließende Beratung über das Gesetz gegen Hass im Netz noch für diese Woche auf die Tagesordnung des Bundestags setzen. Das Bündnis Deklaration für Meinungsfreiheit, bestehend aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Rechtsexperten appelliert in einer Pressemittlung vom 27.06. ebenfalls an die Große Koalition, das aus ihrer Sicht fragwürdige NetzDG nicht zu verabschieden.

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