Presseschau ... 22.06.2017

+++ NPD wird Geldhahn zugedreht +++ Strafanzeige wegen Volksverhetzung - AfD-Politiker Poggenburg angezeigt +++ Volksverhetzung? Abgeordnetenhaus hebt Immunität von AfD-Politiker Kay Nerstheimer auf +++ Thüringer AfD-Fraktion scheitert mit Senkung der Fünf-Prozent-Hürde +++ Martin Sellner blamiert sich vor Gericht +++

 

"Reichsbürger" in Duisburg festgenommen

Ein Spezialeinsatzkommando hat am Mittwoch (21.06.2017) in Duisburg-Huckingen einen 48-Jährigen festgenommen. Er gehört laut Polizei der Reichsbürgerbewegung an. Gegen ihn lag ein Haftbefehl vor. Die Polizei durchsuchte die beiden Wohnungen des Mannes in Issum und Duisburg und stellte verschiedene Messer sicher. Außerdem zogen die Beamten seinen Kleinen Waffenschein ein. Der 48-Jährige war wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes verurteilt worden. Er hatte in Issum einen Gerichtsvollzieher gefilmt und das Video dann im Internet veröffentlicht. Weil er die Geldstrafe nicht bezahlt hatte, sprach das Gericht eine Freiheitsstrafe gegen ihn aus.

 

"Reichsbürger" nach Schüssen mit Softairpistole angeklagt

Die Staatsanwaltschaft hat einen «Reichsbürger» angeklagt, der in der Innenstadt von Trier mit einer Softairpistole herumgeschossen und mehrere Menschen bedroht haben soll. Dem 46-Jährigen werde mehrfache gefährliche Körperverletzung und Diebstahl mit Waffen vorgeworfen, teilte die Anklagebehörde am Mittwoch in Trier mit. Der Mann hatte bei seiner Festnahme im März den Hitlergruß gezeigt und sich selbst als «Reichsbürger» bezeichnet.

 

25-jähriger Neonazi in U-Haft

Der 25-jährige Neonazi, der im Februar vor eineinhalb Jahren zwei Schüler der Neuen Oberschule attackiert hatte, sitzt in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte einen Untersuchungshaftbefehl erlassen. Begründung: Wiederholungsgefahr.

 

Hass-Kriminalität - Bundesweite Razzia gegen Hetze im Internet

Mit einer bundesweiten Razzia ist die Polizei gestern erstmals in großem Stil gegen die Urheber von Hetze und Hass im Internet vorgegangen. In 14 Bundesländern fanden Durchsuchungen bei insgesamt 36 Beschuldigten statt, wie das Bundeskriminalamt mitteilte. Vorwiegend ging es demnach um Volksverhetzungen aus dem rechten Spektrum. Auch gegen einem mutmaßlichen „Reichsbürger“ sowie zwei Beschuldigte aus der linken Szene wurde ermittelt.

 

NPD wird Geldhahn zugedreht

Mit einer Grundgesetz-Änderung soll die staatliche Finanzierung der Rechtsradikalen gestoppt werden. Der Bundestag reagiert damit auf den gescheiterten NPD-Verbotsantrag. Der Bundestag will an diesem Donnerstag das Grundgesetz ändern, um die NPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung ausschließen zu können. Bisher erhalten die Rechtsradikalen erhebliche Summen vom Staat. Allein für das Jahr 2015 hat die NPD mehr als 1,3 Millionen Euro zugesprochen bekommen, für das Jahr 2016 stehen ihr gut 1,1 Millionen Euro zu. Da die NPD nicht verboten ist, hat sie bisher Anspruch auf Zuschüsse aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hält das für eine "staatliche Direktinvestition in rechtsradikale Hetze", die beendet werden müsse.

 

Volksverhetzung? Abgeordnetenhaus hebt Immunität von AfD-Politiker Kay Nerstheimer auf

Der Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat die Immunität des AfD-Politikers Kay Nerstheimer aufgehoben. Das verlautete am Mittwoch aus der nichtöffentlichen Sitzung. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Parlamentarier wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Ihm werde vorgeworfen, in Facebook-Posts Homosexuelle verächtlich gemacht zu haben, sagte ein Sprecher.

Erst wenn die Immunität eines Abgeordneten aufgehoben ist, sind bei Strafverdacht Durchsuchung, Verhaftung oder Anklage möglich. In der Tagesordnung der Ausschusssitzung hieß es, der Leitende Berliner Oberstaatsanwalt habe die Aufhebung der Immunität für das Strafverfahren beantragt.

 

Poggenburg benutzt NPD-Rhetorik

Sachsen-Anhalts AfD-Landes- und Fraktionschef André Poggenburg gerät wegen Äußerungen in einer internen Whatsapp-Gruppe unter Druck. Dort hatte er unter anderem geschrieben „Deutschland den Deutschen", versehen mit einem Smiley. Diese Äußerung ist als Kampfparole der rechtsextremen NPD bekannt. Poggenburg sagte dazu: „Die Aussage ,Deutschland den Deutschen` habe ich tatsächlich getätigt, auch schon mehrfach öffentlich, und stehe auch voll und ganz zu dieser Formulierung.“ Selbstverständlich sollte ein Land denen "gehören", die dort lange ansässig seien, die über Jahrzehnte oder sogar viele Generationen dort Wurzeln geschlagen und sich in den Staat eingebracht hätten. Diese Aussage sei für ihn so selbstverständlich wie die Aussage "Frankreich den Franzosen". Poggenburg: „Dabei ist es vollkommen unerheblich, wer diese Formulierung in welcher Zusammensetzung oder in welchem Kontext bereits vor mir verwandt hatte. Dass sich damit linke Ideologen, die scheinbar oft genug das Ziel vor Augen haben Deutschland abzuschaffen, provoziert fühlen, nehme ich liebend gern in Kauf. Es stellt sich im Umkehrschluss doch sogar die Frage, wem solle Deutschland denn sonst gehören, wenn nicht den Deutschen?“

 

Strafanzeige wegen Volksverhetzung - AfD-Politiker Poggenburg angezeigt

Die SPD-Landtagsfraktion hat gegen André Poggenburg wegen des Verdachts der Volksverhetzung Strafanzeige erstattet. Hintergrund ist eine Aussage zu der Friedensdemonstration von Muslimen in Köln. Darin habe er den Islam mit Terror und Gewalt gleichgesetzt. Die SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt hat den AfD-Fraktionsvorsitzenden André Poggenburg angezeigt. Das teilte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Rüdiger Erben, am Mittwoch mit.

 

Thüringer AfD-Fraktion scheitert mit Senkung der Fünf-Prozent-Hürde

Die Thüringer AfD-Fraktion ist mit ihrem Versuch gescheitert, die Fünf-Prozent-Hürde bei Landtagswahlen auf drei Prozent zu senken. Die Fraktionen von SPD, Grünen und Linkspartei und CDU stimmten geschlossen gegen das Vorhaben. Auch der dazugehörige Antrag auf Verfassungsänderung fiel durch. Die AfD hatte argumentiert, die Vielfalt der politischen Kräfte werde nur unzureichend abgebildet, wenn Parteien wegen der Fünf-Prozent-Hürde nicht ins Parlament einziehen könnten. Man habe die Klausel zwar aus gutem Grund in Kommunalwahlen abgeschafft, auf der Landesebene würde das Gesetz jedoch der Destabilisierung des Landtags Vorschub leisten, sagte die Grünen-Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich. Auch die oppositionelle CDU erteilte dem Vorhaben eine deutliche Absage.

 

NSU-Ausschuss - Brandenburgs Ex-Geheimdienstchef soll aussagen

Enttarnte V-Männer, durchgestochene Razzien, Neonazis mit Kontakten zur Bundesanwaltschaft: Der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags hat haarsträubende Details offenbart. Immer wieder fielen die Namen des V-Manns Christian K. und des ehemaligen Verfassungsschutzchefs Heiner Wegesin. Sie sollen nun vernommen werden. Bei der nächsten Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses im Brandenburger Landtag soll der ehemalige Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin als Zeuge vernommen werden. Das teilte die Landtagsverwaltung am Mittwoch mit. Wegesin führte den Geheimdienst von 2000 bis 2004. In seiner Amtszeit wurde gegen die „Nationale Bewegung“ wegen mehrere Brandanschläge ermittelt.

 

Linke kritisiert den Verfassungsschutz

Der hessischen Landesbehörde lagen bereits 1996 Fotos von Beate Zschäpe vor. Dem Untersuchungsausschuss im Bundestag wurden die Bilder erst im Frühjahr 2017 zur Verfügung gestellt. Die Linke im Landtag kritisiert nach einem Bericht der FR das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) scharf. „Fakt ist, dass der Verfassungsschutz nach wie vor nur auf beharrliches Nachbohren häppchenweise seine Informationen herausrückt“, sagte Hermann Schaus, Obmann der Fraktion im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags. Wie FR und Frontal 21 am Dienstag berichteten, lagen dem LfV 1996 Fotos eines Neonazi-Konzerts in Chemnitz vor, auf denen auch die später gesuchte Beate Zschäpe zu sehen ist. Dem Untersuchungsausschuss im Bundestag wurden die Bilder erst im Frühjahr 2017 vorgelegt.

 

Martin Sellner blamiert sich vor Gericht

Unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen begann am Dienstag in Halle (Saale) der Prozess gegen ein Identitären-Mitglied wegen Nötigung und Körperverletzung. Ausgerechnet die Aussagen von IB-Kader Martin Sellner brachten den Angeklagten in Bedrängnis. Der Andrang im Amtsgericht war groß. Angeklagt ist Andreas K. von der rechtsextremen Gruppe „Kontrakultur“. K. soll nach einer IB-Aktion einen Studenten mit Gewalt aus einer Tram gedrängt haben. Martin Sellner, war als Zeuge des Vorfalls geladen und demontierte sich selbst. Er behauptet, Linksextreme hätten das „Identitäre Theater“ massiv bedroht und eingeschüchtert. Es wäre an der Straßenbahn sogar zu Angriffen auf seine Leute gekommen. Die Richterin weist ihn darauf hin, dass seine Aussage jeder Schilderung der Prozessbeteiligten eklatant widerspricht. Niemand hat bisher von solchen Angriffen gesprochen. Sellner überlegt, Sellner rudert zurück: Die Angriffe gab es wohl doch nicht. Trotzdem wären die Gegendemonstranten gezielt auf die IB-Gruppe losgegangen. Bereits jetzt schauen die zwölf Identitären im Publikum etwas ungläubig. Was Sellner da erzählt, deckt sich mit keiner der bisherigen Schilderungen. Von allen anderen wurde berichtet, dass sich die Protestierenden stets in mindestens 20 Meter Entfernung befanden. Die drei Justizbeamten im Saal grinsen sich verstehend an – solche Zeugen machen Spaß. Und auch im Publikum wird leise gelacht.

 

Weihe zum Diakon trotz KZ-Witzen und Hitler-Imitation

Eichstätts Bischof Hanke wird zum Diakon weihen. Dieser hatte 2013 im Zimmer eines Mitseminaristen "mindestens drei KZ-Witze zur Unterhaltung" erzählt, "womit die fabrikmäßige Ermordung unzähliger jüdischer Kinder, Frauen und Männer im Dritten Reich zum Gegenstand von Spott und Hohn gemacht wurde". Die Begründung warum ist in Ordnung sei ergebe sich aus dem Wandel Hankes. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden äußert allerdings die Sorge es werde hier vorschnell jemand zur Weihe zugelassen, da die katholische Kirche dringend Priester brauche.

 

Rechtsextreme „Burschenschaft Danubia“ kündigt Versammlung an

 Auf dem Haus der „Burschenschaft Danubia“ in München finden vom Freitag bis Sonntag die „Bogenhausener Gespräche“ statt. Führende Köpfe der intellektuellen Neuen Rechten versammeln sich vom 23. bis 25. Juni in München zu den „Bogenhausener Gesprächen“ (BG) unter dem Dach der seit zahlreichen Jahren im Visier des Verfassungsschutzes stehenden „Burschenschaft Danubia“. Die Denkfabrik mit ultrarechter Handschrift findet bereits zum 32. Mal statt. Im Vorjahr pausierte die Veranstaltungsreihe.

 

Bundeswehr : Zahl gemeldeter Übergriffe in der Truppe steigt

Laut Informationen der ZEIT melden immer mehr Soldaten Verfehlungen in der Bundeswehr. Im vergangenen Jahr beschwerten sich demnach noch 30 Untergebene offiziell wegen Übergriffen von Vorgesetzten wie etwa gezielten Schindereien oder wüsten Beschimpfungen. Allein vom 1. Januar 2017 bis zum 20. Juni dieses Jahres waren es bereits 50. Im selben Zeitraum stiegen auch die Beschwerden wegen rechtsextremer oder fremdenfeindlicher Verfehlungen auf 83 – 22 mehr als im gesamten Jahr 2016. Und auch bei den Fällen sexueller Nötigung und Erniedrigung zeichnet sich ein starker Anstieg ab: Die Gesamtzahl von 121 Fällen im Jahr 2016 war für dieses Jahr am 20. Juni mit 114 Meldungen bereits fast erreicht.

 

Todestag von Hitler-Stellvertreter Heß: Neonazis wollen durch Berlin marschieren

Am 17. August jährt sich der Tod Rudolf Heß´ zum 30. Mal. Der Hitler-Stellvertreter begann am 17. August 1987 im sogenannten Kriegsverbrechergefängnis in Berlin Spandau Selbstmord – ein Umstand, der in Neonazi-Kreisen bis heute geleugnet wird. Dort wird Heß bis heute als Märtyrer verehrt, die Rede ist von Mord. Am 19. August soll es in Berlin einen Neonazi-Aufmarsch anlässlich des Todestages geben, seit Anfang Mai wird über eine anonyme Internetseite für die Demo mobilisiert. Angemeldet wurde diese laut Polizei von einer Privatperson von 12 bis 20 Uhr, die Organisatoren haben 500 Teilnehmer angemeldet. Ob die relativ hohe Zahl realistisch ist, kann zum bisherigen Zeitpunkt schwer eingeschätzt werden. Auf Facebook mobilisieren vor allem NPD- und JN-Kreise für den Aufmarsch. Allerdings wurden die Aufrufe in insgesamt neun weiteren Sprachen online gestellt, somit spricht einiges für eine Mobilisierung über die Landesgrenzen hinaus.

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