Chemnitz: Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim Einsiedel +++ München: Sicherheitsmitarbeiter sollen Flüchtlinge erpresst haben +++ Gewalt gegen Flüchtlinge: Kaum ein Täter kommt ins Gefängnis.
Chemnitz: Brandanschlag auf das Flüchtlingsheim Einsiedel
Das Deutsche Rote Kreuz spricht von einer "verabscheuungswürdigen Tat": Unbekannte haben Brandsätze auf Wohnhäuser geschleudert. In den Gebäuden wohnen viele Familien. Unbekannte haben in der Nacht zum Mittwoch einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Chemnitz-Einsiedel in Sachsen verübt. Wie das für Extremismus zuständige Operative Abwehrzentrum (OAZ) in Leipzig mitteilte, wurden drei Brandsätze geworfen. Es werde wegen versuchter schwerer Brandstiftung ermittelt.
Die Unbekannten hätten sich dem Gelände von der Waldseite genähert und "brennende Behältnisse" über den Zaun in Richtung zweier Wohnhäuser geworfen, sagte eine Sprecherin des OAZ. Die Brandsätze seien drei bis vier Meter vor den Gebäuden auf einer Grünfläche gelandet. Ein Wachmann habe das Feuer sofort löschen können. Die 21 Bewohner in den beiden Häusern seien unverletzt geblieben.
Es dauerte nicht lange, da meldeten sich auf der Facebook-Seite von „Einsiedel sagt nein zur EAE“, die ersten Anhänger bekannter Verschwörungstheorien zu Wort. Vermutlich handele es sich bei dem vermeintlichen Anschlag aus der letzten Nacht um eine „False Flag-Aktion“. Ziel sei es, „den Einsiedlern den Mund zu verbieten“, vermutet eine Kommentatorin. Denn, so schreibt die junge Frau, die als Titelbild ein Foto von Wladimir Putin verwendet, „wer Brandsätze wirft, trifft in der Regel auch“.
- http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-04/sachsen-chemnitz-einsiedel-brandanschlag
- http://www.endstation-rechts.de/news/kategorie/sonstige/artikel/unbekannte-verueben-brandanschlag-auf-bewohnte-fluechtlingsunterkunft.html
München: Sicherheitsmitarbeiter sollen Flüchtlinge erpresst haben
Über Monate hinweg sollen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma Flüchtlinge erpresst haben. Tatort: Ankunftsstelle für Asylbewerber im Münchner Euroindustriepark. Diese wurde gestern von einem Großaufgebot von Polizei und Staatsanwaltschaft durchsucht. Offensichtlich werden jetzt schon sechs Sicherheitsangestellte beschuldigt, von ankommenden Flüchtlingen in der Ankunftsstelle in München Geld gefordert und auch erhalten haben. Diesen ist es nach Rechtslage erlaubt 750 Euro zu behalten. Höhere Geldsummen werden von der Regierung von Oberbayern einbehalten und mit Unterkunft und Verpflegung der Asylbewerber verrechnet.
Aus den Anzeigen von mindestens sechs Flüchtlingen, die der Staatsanwaltschaft vorliegen, geht hervor, dass bei dieser Deklarierung von den eingesetzten Sicherheitsmitarbeitern jeweils Geldbeträge in Höhe von mehreren hundert Euro verlangt worden seien. Waren die betroffenen Flüchtlinge bereit zu zahlen, hätten die Mitarbeiter des Security-Unternehmens darauf verzichtet, die 750 Euro übersteigenden Beträge schriftlich festzuhalten und den Menschen das Geld abzunehmen. Weigerten sich die Betroffenen, so sei ihnen mit einer schnellen Abschiebung gedroht worden. Dies wertet die die Staatsanwaltschaft als Erpressung.
Gewalt gegen Flüchtlinge: Kaum ein Täter kommt ins Gefängnis
Wenn Flüchtlinge Opfer von rassistischer Gewalt werden, soll die Täter angeblich die volle Härte des Gesetzes treffen. Aber stimmen solche vollmundigen Aussagen von Politikern wirklich? ur jede vierte Gewalttat gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte wird derzeit von deutschen Strafverfolgungsbehörden aufgeklärt. Wie ermittelte Täter schließlich verurteilt werden, ist aber selbst dem Bundesjustizministerium nicht bekannt, denn es führt keine Statistik über den Ausgang von Verfahren wegen fremdenfeindlicher Straftaten.
Ausgewertet wurden sämtliche Körperverletzungen, Brandstiftungen und Sprengstoffanschläge in 2013 und 2014: insgesamt 87 Übergriffe. Kriminologen und Ermittler wissen, dass solche Angriffe fast immer von mehreren Tätern begangen werden – im Durchschnitt sind sie zu dritt. Bei den 87 Fällen muss also von rund 260 Tätern ausgegangen werden. Von den 260 Tätern konnten 43 ermittelt werden. Davon wurden 17 verurteilt, vor allem zu Bewährungs- oder Geldstrafen sowie Arbeitsauflagen. In Haft kamen davon insgesamt nur sechs. Das entspricht zwei Prozent.
Hessen: Schüsse auf Asylbewerber vermutlich nicht rassistisch motiviert
Schüsse auf eine Flüchtlingsunterkunft in Hessen hatten zu Jahresbeginn für Entsetzen gesorgt. Die Ermittlungen ergaben: Vermutlich hatte der Angriff keinen fremdenfeindlichen Hintergrund. Möglicherweise war ein missglückter Drogendeal der Auslöser. Nach der Festnahme eines 27-jährigen Tatverdächtigen mehren sich die Hinweise, dass hinter den Schüssen auf eine Flüchtlingsunterkunft im südhessischen Dreieich kein rassistisches Motiv steckt. Möglicherweise war ein missglücktes Drogengeschäft Auslöser für die Tat. Bei den Schüssen war in der Nacht zum 4. Januar ein schlafender syrischer Asylbewerber leicht am Bein verletzt worden. Kirchliche Flüchtlingshelfer äußerten sich erleichtert, dass die Tat vor der Aufklärung steht.
Der AfD darf weiter Antisemitismus vorgeworfen werden
Im Zweifel für die Meinungsfreiheit: Das Landgericht Mainz weist eine Unterlassungsforderung der AfD zurück. In dem Streit ging es um den Vorwurf der Judenhetze und der Holocaust-Leugnung im Landtagswahlkampf. Der Grünen-Politiker Daniel Köbler hatte der „Rhein-Zeitung“ gesagt: „Es gibt in der AfD Menschen, die gegen Juden hetzen und den Holocaust leugnen. Sie sind nicht ausgeschlossen worden.“
In der Begründung ihrer Entscheidung sagte Richterin Susanne Gast, Köblers Äußerung in einem Zeitungsinterview, dass es in der AfD Fälle von Judenhetze gebe, sei eine wahre Tatsachenbehauptung. Der Wahrheitsgehalt der zweiten Äußerung, wonach AfD-Mitglieder den Holocaust geleugnet hätten, sei in der Schwebe. Zwar seien zwei Personen mit solchen Äußerungen zum Holocaust seit 2014 nicht mehr in der AfD. Köbler habe diese Behauptung aber «nicht ohne jegliche Anhaltspunkte» aufgestellt. So sei in seriösen Medien über Äußerungen von AfD-Mitgliedern berichtet worden, die sich zumindest als Billigung des Holocausts verstehen ließen, führte Gast aus. Zum politischen Meinungsstreit gehöre es außerdem, dass auch «vereinfachte Darstellungen und polemische Überzeichnungen» hingenommen werden müssten.
Jena: Mehr als 3.000 gegen Nazi-Fackelmarsch an Hitlers Geburtstag
Die Jenaer Zivilgesellschaft konnte gestern zwar den Neonazi-Aufmarsch von Thügida nicht verhindern, aber ein starkes Zeichen gegen Rechts setzen. 200 Neonazis waren dem Aufruf des rechtsextremen Thüringer Netzwerkes „Thügida“ gefolgt. Mehr als 4000 Protestierende stellten sich den Nazis entlang der Marschstrecke lautstark in den Weg, ohne allerdings den Aufzug aufhalten zu können. Etwa 800 Mann starke Polizeikräfte aus mehreren Bundesländern, ausgerüstet mit drei Wasserwerfern, einem Räumpanzer, Hundestaffel und zwei Hubschraubern, hatten an der komplett gegitterten Strecke für eine strikte Trennung beider Seiten gesorgt. Am Rande des Aufmarsches kam es zu Stein-, Flaschen- und Kartoffelwürfen, die teils Personen, aber auch Fahrzeuge trafen. Unbekannte setzten am Nachmittag im Raum Jena Kabelanlagen der Deutschen Bahn in Brand, wodurch Regionalzüge nicht in Jena Paradies einfahren konnten. So auch einer mit einer 150 Mann starken Gruppe Neonazis. Sie mussten die Straßenbahn in Richtung Stadt benutzen und weite Strecken laufen.
- http://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/thuegida-jena-100.html
- http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Ausnahmezustand-bei-Thuegida-in-Jena-Menschen-verletzt-Autos-beschaedigt-294794589
Thügida-Anmelder hatte Verbindungen zur „Gruppe Freital“
Während in Sachsen der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung gegen die mutmaßlich rechtsterroristische „Gruppe Freital“ führt, organisieren Personen aus deren Umfeld in Thüringen Fackelmärsche am Hitlergeburtstag.
„Die Verbindungen zwischen der mutmaßlich rechtsterroristischen ‚Gruppe Freital‘ zu Thüringer Nazis hatten AntifaschistInnen bereits vor neun Monaten öffentlich gemacht“, erklärt die Landtagsabgeordnete Katharina König. „Nach meiner Kenntnis gehört zu diesem Umfeld der Anmelder des heutigen Neonazi-Fackelmarschs in Jena.“ König verweist auf eine antirassistische Demonstration am 31. Juli 2015 in Freital, an der sie selber teilnahm und bei welcher es durch Neonazis, welche dem Umfeld der „Gruppe Freital“ zuzurechnen sind, zu Angriffen und versuchten Störaktionen auf die antirassistische Demonstration kam. „Robert K., der Anmelder des heutigen Fackelmarsches – am Geburtstag von Adolf Hitler – in Jena, war Teil dieser Gruppe“, so König, die auf veröffentlichte Bilder verweist.
Robert K. sei ein seit langem bekannter, gewalttätiger Neonazi aus Kahla, der offiziell als Redner und Sprecher des Thügida-Ablegers „Wir lieben Ostthüringen“ auftritt. „K. hat in den letzten Monaten immer wieder Neonazi-Aufmärsche in Thüringen organisiert, er steht in wenigen Wochen als Angeklagter wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht, da er einen gewalttätigen Angriff auf Gegendemonstranten einer Legida-Demo im letzten Jahr zu verantworten hat“, so die Abgeordnete.
Wie die Stasi deutschen Rechtsterroristen half
Die DDR bezeichnete sich als antifaschistisch. Das hinderte die Stasi nicht daran, mit Rechtsterroristen zu kooperieren. Dabei ging es nicht nur darum, Informationen abzuschöpfen, sondern auch um konkrete Unterstützung. Neue Forschungen zeigen, dass die Stasi sogar mit Neonazis sympathisierte. Die "Deutschen Aktionsgruppen", die "Wehrsportgruppe Hoffmann" oder die "Hepp-Kexel-Gruppe" waren nur die bekanntesten militanten Nazi-Gruppierungen der Bundesrepublik in den 1970er- und 1980er-Jahren.
Insgesamt seien nach gegenwärtigem Kenntnisstand 42 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) des MfS aus der rechtsextremen Szene der Bundesrepublik bekannt, rund 30 weitere wurden vom MfS als IM-Vorläufer registriert, so Politikwissenschaftler Salzborn. Ziele seien einerseits Selbstschutz gewesen und andererseits durch Informationen über mangelndes Vorgehen der Bundesrepublik gegen Neonazis die BRD als quasi-faschistisch diskreditieren zu können.
Neben diesen Motiven stellte Salzborn aber auch fest, dass es bei der Stasi offenkundig Sympathien für westdeutsche Neonazis gegeben habe, die auf einem gemeinsamen anti-imperialistischen Weltbild basierten. Der Fall des Rechtsterroristen Odfried Hepp dokumentiere "das ganze Ausmaß der ideologischen Korruptheit des DDR-Regimes", so Salzborn.
Die Stasi habe Hepp hoch geachtet - einen Mann, der Anfang der 1980er Jahre mit seiner "Hepp-Kexel-Gruppe" zahlreiche Anschläge auf US-Einrichtungen vor allem in Mittelhessen verübt hatte. Während er in der Bundesrepublik polizeilich gesucht wurde, verhalf die Stasi ihm über die DDR zur Flucht nach Syrien, verschaffte ihm gefälschte Papiere und unterstützte fortlaufend Hepps Kontakte zur PLO (Palestine Liberation Organization) und PLF (Palestine Liberation Front).
Funke zur Freital-Gruppe: „Sie hätte gefährlich wie der NSU werden können“
Funke spricht von einer «immensen Radikalisierung» in der rechtsextremen Szene, die insbesondere in Sachsen aktiv ist. Er beobachtet eine Entfesselung der Ressentiments gegenüber Flüchtlingen und Fremden, ausgelöst auch durch die Protestbewegung Pegida und Bürgerwehren. «Und darauf bezogen», so Funke, «gibt es eine starke Radikalisierung von aggressiven, terrorfähigen Gruppen.» Im Fall der Gruppe Freital habe man beispielhaft die Radikalisierung ihrer Mitglieder im Kontext der Freitaler Anti-Flüchtlinge-Demonstrationen im letzten Jahr beobachten können.
Dass eine rassistische Haltung in gewalttätiges Handeln umschlägt, ist laut Funke umso wahrscheinlicher, je stärker die potenziellen Täter auf die Zustimmung in ihrem gesellschaftlichen Umfeld zählen können. In diesem Zusammenhang würden sich Rechtsterroristen oft als militärischer Arm einer breiten Bewegung verstehen.
Wieso sind es meist kleinere ostdeutsche Städte wie Freital, in denen sich rechte Gewalttäter organisieren können? Ein Gespräch mit dem Soziologen Raj Kollmorgen.
In Freital sind die Behörden erstmals wegen Rechtsterrorismus-Verdacht gegen eine Bürgerwehr vorgegangen. Wie militant sind die Flüchtlingshasser? Eine Analyse zur Gefahr, die von Flüchtlingsfeinden ausgeht.
Neues Verfassungsschutzgesetz in MV: V-Leute-Einsatz umstritten
Mit den Stimmen der Regierungsparteien SPD und CDU hat der Schweriner Landtag am Mittwoch nach erneut kontroverser Debatte ein neues Verfassungsschutzgesetz beschlossen. Es soll die Zusammenarbeit der Verfassungsschützer mit der Polizei im Kampf gegen extremistische Gewalt und Terror verbessern. Das Land reagierte damit nach Angaben von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) unter anderem auf die gravierenden Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe NSU und Änderungen im Bundesgesetz.
Kritik kam von der Opposition. Peter Ritter von der Linksfraktion sprach von einem „V-Mann-Verstärkungsgesetz“. Statt als Reaktion auf das Versagen der V-Leute beim NSU gänzlich auf bezahlte Informanten zu verzichten, wolle sich das Land auch dann noch solcher V-Leute aus der Szene bedienen, wenn diese straffällig wurden. Michael Silkeit (CDU) verteidigte das Gesetz: Damit würden die Kommunikation zwischen Landes- und Bundesbehörden verbessert und die Regelung zum V-Leute-Einsatz präzisiert. „Die Teilnahme an strafrechtlichen Handlungen ist nur in engem Rahmen zulässig, also nur, wenn sie für die Durchführung der Aufklärung erforderlich, für die Akzeptanz im aufzuklärenden Umfeld unerlässlich und nicht unverhältnismäßig ist“, erklärte Silkeit. Zudem dürfe keine finanzielle Abhängigkeit der Informanten bestehen.
Cottbuser Neonazi als Anwalt für den NSU
Maik Bunzel steht seit Jahren wegen seiner Umtriebe in der Neonazi-Szene im Visier der Sicherheitsbehörden in Brandenburg. Dennoch konnte er in Bayern ein Jahr lang Familienrichter auf Probe werden – obwohl der Verfassungsschutz dort umfassend von den Brandenburger Behörden gewarnt worden war. Nachdem er nach einem Personalgespräch selbst seine Entlassung aus dem Justizdienst beantragt hatte, macht er nun anders Karriere: Bunzel, Jahrgang 1984, trat am Dienstag zum ersten Mal im Münchner NSU-Prozess als Verteidiger auf. Er vertrat einen der Stamm-Verteidiger des mutmaßlichen Terrorhelfers Ralf Wohlleben.
Dem Verfassungsschutz fiel Bunzel vor allem mit Neonazi-Musik und als Hintermann des 2012 verbotenen Netzwerks „Widerstand Südbrandenburg“ auf. Bei der Verbotsrazzia war auch seine Wohnung in Teltow durchsucht worden. Zudem war er Kopf einer Band mit dem Namen „Hassgesang“, einige Tonträger der Band landeten in Deutschland auf dem Index.
Attacken auf Flüchtlinge: „HJ Wassenberg“ vor Gericht
Fünf junge Neonazis und der Vater eines Angeklagten müssen sich nach Attacken auf Flüchtlingen vor dem Amtsgericht Heinsberg verantworten. Der Prozess gegen fünf Jugendliche und Heranwachsende aus Wassenberg und Hückelhoven sowie den Vater begann Mitte Februar. Den jungen Männer wird vorgeworfen, bei unterschiedlichen Gelegenheiten und mit variierender Beteiligung in der Gemeinde Wassenberg (Kreis Heinsberg) von Dezember 2014 bis Januar 2015 mehrfach Asylbewerber und Migranten provoziert und beleidigt sowie teils bewaffnet attackiert zu haben. Die schwerste Tat ereignete sich am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, wobei ein Asylbewerber schwer verletzt wurde.
Die Angeklagten sollen zum Tatzeitpunkt einer Clique junger Neonazis angehört haben, die zum Teil Kontakte zu ehemaligen Mitgliedern der verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) und der Parteien NPD und „Die Rechte“ unterhielten. Man tauschte sich auch über soziale Netzwerke und Chats aus. Einer der Chats soll den Namen „HJ-Wassenberg“ getragen haben. Der Angeklagte B. gab nach bnr.de-Recherchen noch im Oktober 2015 auf seinem Facebook-Profil als Beruf an, er sei „Sturm-Führer bei der SS bei Adolf Hitler“.
Attentat auf Kölner OB Reker: Der wertkonservative Messerstecher
Am 17. Oktober, einen Tag vor der Oberbürgermeisterwahl in Köln, stach Frank S. der Kandidatin Henriette Reker ein Messer in den Hals. Freitag begann der Prozess. Der Angeklagte will kein Nazi gewesen sein. Schon kurz nach der Tat wurde klar, dass Frank S. politische Motive hatte. Am Tatort rief er den Umstehenden zu, er habe die Tat für sie und ihre Kinder begangen. In einer polizeilichen Vernehmung soll er gesagt haben: »Ich wollte sie töten, um Deutschland und auch der Polizei einen Gefallen zu tun.« Er berief sich auf eine verfehlte Flüchtlingspolitik in Deutschland und Köln, für die Reker in der Domstadt die Verantwortung trage. Vor ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin war sie als Sozialdezernentin für die Aufnahme von Flüchtlingen in Köln zuständig.
„Wenn einer pünktlich zur Arbeit geht, ist er direkt ein Nazi“, lamentiert S. Dabei sei seine politische Einstellung komplex – er sei freiheitsliebend, gehe offen auf andere Menschen zu, interessiere sich für politische Themen, habe auch schon mal die Taz gelesen. S. bezeichnet sich als „wertkonservativen Rebell“. Auf eine Anfrage des fraktionslosen Landtagsabgeordneten Daniel Schwerd, ob S. ein V-Mann sei, antwortet das nordrhein-westfälische Innenministerium, dies könne »aus Gründen des Geheimschutzes weder bestätigt noch verneint« werden. Der Prozess birgt also Potential für Überraschungen. Auch was der Angeklagte zur Tat selbst sagen wird, könnte interessant werden: S. kündigte an, sich gewissenhaft vorzubereiten – es werde um »millionenfachen Rechtsbruch« in der Flüchtlingspolitik gehen. Seine Aussage wird am Freitag erwartet.
Reichsbürger: Ein Volk, viele Reiche, noch mehr Führer
Die Reichsbürger – ein Sammelbecken harmloser Spinner? Verfassungsschützer fürchten terroristische Einzeltäter aus der von Verschwörungstheorien geprägten Szene. Am 21. Januar 2014 stoppt eine Streife des Zolls auf der Autobahn A9 bei Dessau-Roßlau ein Auto. Das Nummernschild kommt den Beamten seltsam vor. Statt der vorgeschriebenen Zahlenkombination steht lediglich "RD-Ingo" darauf. Als die Beamten in den Wagen schauen, wird aus ihrer Verwunderung schnell Sorge. Im Auto liegen eine Pistole des Typs Browning Hi-Power, geladen mit neun Schuss scharfer Munition, eine Walther PPK, ebenfalls geladen mit sieben Schuss, außerdem diverse Munition verschiedener Kaliber, ein Messer, zwei Schreckschusswaffen und rechte Propaganda.
Der Fahrer, Ingo K., hat bei den Behörden schon häufiger arbeiten lassen. Er gehört zur Szene der sogenannten Reichsbürger, die sich gern mit dem Staat anlegen. Sein Fall zeigt, warum Polizisten und Verfassungsschützer die Reichsbürgerbewegung inzwischen nicht mehr als Sammelbecken harmloser Spinner abtun. In dieser von Verschwörungstheorien, Größenwahn und esoterischem Unsinn getriebenen Szene finden sich zunehmend Menschen, die zu Terroristen werden könnten.
Österreich: Der Angriff der Identitären
In Wien präsentierte sich die »Identitäre Bewegung« mit einer symbolträchtigen Aktion erneut als tonangebende Kraft der rechtsextremen Szene Österreichs. Immer offener treten dabei ihre völkisch-nationale Ideologie und ihre Militanz zu Tage. Ihr jüngster Überfall auf ein Theaterstück an der Uni Wien, das größtenteils von Darsteller_innen mit Fluchterfahrung aufgeführt wurde, sorgte für Schlagzeilen. „An euren Händen klebt das Blut der Opfer von Brüssel und Bataclan“, keift eine Stimme durch ein Megaphon. Eine wie Blut aussehende Flüssigkeit wird großzügig verspritzt. Der Mann am Megaphon ist Martin Sellner. Er ist Philosophiestudent, Wiener Vorsitzender und Chefideologe der IB sowie geistiger Ziehsohn des wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung inhaftierten Holocaustleugners Gottfried Küssel.
Dass sich die Identitären nicht auf Demonstrationen beschränken, zeigten sie mit der Kampagne »Grenzhelfer«, in deren Rahmen sie Zäune im Grenzgebiet installierten. In Wien verteilten sie Pfefferspray zum »Schutz europäischer Frauen« und spielten islamistische Attentate nach. Besonders medienwirksam war die Besetzung der Parteizentrale der Grünen in Graz. Die IB versucht also nicht nur mit diskursiven Mitteln, eine vermeintlich unbelastete rechtsextreme Bewegung zu etablieren, sondern auch unter Zuhilfenahme von Symbolik und Aktionsformen, die für die Rechte unkonventionell sind. Referenzen an linken Aktivismus und popkulturelle Entlehnungen sind zentrale Elemente dieser Modernisierung des Rechtsextremismus.
Nazimusik: Beim „Perfekten Dinner“ läuft Frank Rennicke zum Abendbrot
Die Sendung sahen 1,51 Millionen Menschen: In der Kochsendung “Das perfekte Dinner” war in der Ausgabe vom Dienstag auf dem Sender „VOX“ ein Lied des rechten Liedermachers Frank Rennicke zu hören. Die Folge war bis Dienstagvormittag in der Mediathek zu sehen, ist dort aber nicht mehr abrufbar. Vox gab am Nachmittag bekannt, dass die Folge bei TV Now nicht mehr verfügbar sei. „Völlig zu Recht hat uns von verschiedenen Seiten die Kritik erreicht, dass im Hintergrund der "Das perfekte Dinner"-Folge vom 19.4.2016 ein Lied von Liedermacher Frank Rennicke zu hören war, der der rechten Szene zugeordnet wird. Den Kollegen war dieser Hintergrund leider nicht bekannt, als sie diesen Titel bei ihrer Musikrecherche in einem bekannten Online-Musikstore gefunden haben. Rechtsextreme Inhalte haben beim "perfekten Dinner" definitiv keinen Platz!“ Rennicke wurde von einem ehemaligen Landtagsabgeordneten in Sachsen als „nationaler Reinhard Mey” gefeiert. 2009 kandidierte er für die Wahl des Bundespräsidenten als gemeinsamer Kandidat der NPD und DVU und kam auf vier Stimmen. Ein Jahr später wollte er sich erneut zum Bundespräsidenten wählen lassen. Einige seiner Lieder sind indiziert. Rennickes Name taucht auch im Zuge der NSU-Ermittlungen auf, da auf mindestens einem seiner Konzerte Spenden für die untergetauchten Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gesammelt wurden.
Richtigstellung
In der Presseschau vom 21.04.2016 haben wir aus einem Beitrag des Medienangebotes www.ksta.de zitiert. Darin heißt es u.a. über Frank Rennicke: "Der 51Jährige ist wegen Volksverhetzung verurteilt."
Hierzu stellen wir richtig:
Herr Frank Rennicke wurde zwar im Jahre 2002 vom Landgericht Stuttgart wegen Volksverhetzung verurteilt; diese Verurteilung wurde jedoch im Jahre 2008 vom Bundesverfassungsgericht durch Beschluss aufgehoben. Nach Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Stuttgart wurde das Verfahren im Jahre 2010 gegen Zahlung einer Geldauflage durch Beschluss endgültig eingestellt.
Die Redaktion
Nazi-Schnitzel: An Führers Geburtstag im Sonderangebot für 8,88 Euro
Puh, da vergeht einem ja der Appetit. Ein Gastwirt hat mit seinen Sonderangeboten einen wahren Shitstorm ausgelöst. In seinem Gasthaus „Goldener Löwe" im tiefsten Thüringen bietet er Burger und Schnitzel für 8.88 Euro an. Das Pikante daran: Das Special ist nur am 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, gültig, wie es auf der Facebook-Seite des Lokals heißt. Die Zahl 88 wird in der rechten und rechtsextremen Szene ein häufig als getarnter Hitlergruß verwendet. Das „H" ist der achte Buchstabe im Alphabet. 88 steht demnach für HH, „Heil Hitler". Betrieben wird das Gasthaus von dem äußerst umtriebigen Neonazis Tommy Frenck.
Darüber, wie Frenck das Gasthaus im Dezember erworben hat und seitdem systematisch zum Treffpunkt der rechtsextremen Szene umbaut und welche Auswirkungen das auf das Dorf Kloster Veßra in Südthüringen hat, hat das Deutschlandradio bereits vor einem Jahr sehr lesens-und und hörenswert berichtet.
Oldenburg: Schüler fordern Gedenktafel für „Euthanasie“-Opfer
„Die Hungertoten von Blankenburg sind noch nicht so tief im Gedächtnis der Stadt verankert“, sagte Waldorf-Schüler Rasmus Helwig am Dienstagabend während der Sitzung des Kulturausschusses der Stadt Oldenburg. Gemeinsam mit Klassenkameradin Charlotte-Luise Gott gelang ihm ein für alle beeindruckender Vortrag über eines der dunklen Kapitel in der Stadtgeschichte: über die Krankenmorde in der sogenannten Pflegeanstalt von Blankenburg in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1937 und 1941.
Die Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen recherchierten 95 Namen von Menschen, darunter vor allem behinderte Kinder und Jugendliche, die in Blankenburg systematisch gequält und getötet worden waren. Nach der unmenschlichen Rassenlehre der Nazis galten sie als unwertes Leben. Vor allem erschreckend sei die bis heute unwürdige Bestattung der Toten. Die Schüler forderten abschließend: „Es muss auf dem Gelände eine Gedenktafel aufgestellt werden, damit alle wissen, was dort passiert ist.“