Presseschau ... 20.04.2017

+++ Oedekoven (NRW): Männer dringen in Flüchtlingsunterkunft ein und bedrohen Bewohner +++ Gotha: Angriffe mit Steinen und Pyrotechnik auf linkes Wohnprojekt und Parteibüros +++ Angriff von Neonazis vom „Dritten Weg“ auf Zirkusartisten in Göppingen +++

 

Oedekoven (NRW): Männer dringen in Flüchtlingsunterkunft ein und bedrohen Bewohner

Ein Vorfall am Ostersonntag dürfte die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in Oedekoven (Gemeinde Alfter, NRW) in Angst und Schrecken versetzt haben: Zwei Männer drangen offenbar in die Unterkunft ein und bedrohten die Anwesenden. Wie die Polizei erst auf Nachfrage mitteilte, sind am Ostersonntag gegen 14 Uhr zwei Männer (25 und 38 Jahre) in die Unterkunft am Rathaus eingedrungen. Einer von ihnen habe die dort anwesenden Menschen verbal bedroht und laut Zeugen ein Messer mit sich geführt. Dann seien die beiden Männer allerdings wieder verschwunden, kurze Zeit später aber in der Gegend von hinzugerufenen Polizeikräften aufgegriffen worden. Die Männer waren alkoholisiert und befanden sich auf Hafturlaub.

 

Gotha: Angriffe mit Steinen und Pyrotechnik auf linkes Wohnprojekt und Parteibüros

Fensterscheiben von Abgeordnetenbüros der Linken und der SPD sind in Gotha in der Nacht auf Ostermontag von Unbekannten eingeschlagen worden. Die Scheiben seien gezielt und vollständig demoliert worden, äußerte SPD-Fraktionschef Matthias Hey, der nach eigenen Angaben Anzeige erstattet hat. Er sei als Landtagsabgeordneter seit 2009 immer wieder mit Pöbeleien auch in den sozialen Netzwerken sowie Drohmails konfrontiert worden. Der Angriff auf das Büro sei aber der "absolute Tiefpunkt", sagte der SPD-Politiker.

In der Nacht auf Mittwoch, den 19. April kam es außerdem zu einem erneuten Angriff mit Steinen und Pyrotechnik auf das soziokulturelle Wohnprojekt „Ju.w.e.L. e.V.“ in Gotha. Hierbei wurde zum einen der Briefkasten gesprengt. Außerdem wurden drei Steine geworfen, wodurch zwei Fenster zerstört wurden. Von den Bewohner*innen wurden vier schwarz gekleidete Personen gesehen, wie sie sich vom Tatort entfernten.

 

Angriff von Neonazis vom “Dritten Weg“ auf Zirkusartisten in Göppingen

Unklar ist die Lage nach einer Massenschlägerei am Ostersonntag vor einem Zirkuszelt in Göppingen: Ein Rechtsextremist und mehrere Artisten wurden verletzt. Die Polizei verschweigt den Vorfall. Nach Angaben von Luigi Zinnecker, Zeltmeister des Circus Belly Wien, sechs bis sieben Rechtsextremisten hätten fünf Minuten vor Beginn der 11-Uhr-Vorstellung Artisten und Personal angegriffen und ihnen Pfefferspray in die Augen gesprüht. „Von unseren Artisten konnte sich keiner wehren, die lagen alle auf dem Boden“, erzählt Zinnecker. Die Aktivisten hätten zuvor Tierschutz-Flugblätter verteilt. „Wir haben nichts gegen Demos, aber das ist ein Skandal“, meint der Zeltmeister. Unterdessen stellen die Neonazis ihre Aktion im Internet ganz anders dar. Sie seien zum Wohl der Tiere im Stauferpark gewesen, hätten Flyer mit der Aufschrift „Kein Applaus für Tierquälerei“ verteilt. Verantwortlich für die Aktion zeichnet sich die rechtsextreme Kleinstpartei „Der Dritte Weg“.

 

Machtkampf in der AfD: Frauke Petry verzichtet auf Spitzenkandidatur

Lange war darüber spekuliert worden, ob AfD-Chefin Frauke Petry ihre Partei als alleinige Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl führen will. Nun die überraschende Wende: Petry verkündete in einer Videobotschaft auf Facebook, sie stehe weder als alleinige Spitzenkandidatin noch als Teil eines Spitzenteams zur Verfügung. Am Wochenende werden die AfD-Delegierten beim Bundesparteitag entscheiden, wen und wie viele Spitzenkandidaten sie ins Rennen schicken wollen.

 

Bayrischer AfD-Chef im Visier: Verfassungsschutz beobachtet Petr Bystron

Paukenschlag bei der Vorstellung des bayerischen Verfassungsschutzberichtes: Das Landesamt beobachtet AfD-Landeschef Bystron - wegen Unterstützung der Identitären Bewegung. Bayerns Innenminister Herrmann teilte mit, Bystron werde erst seit kurzem vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Identitäre Bewegung wird als rassistisch eingestuft. In Bayern wird die Bewegung seit Anfang 2016 beobachtet. Es gebe insgesamt eine Steigerung der rechtsextremen Gewalttaten, so Herrmann.

 

CDU-Politikerin: Sebastian Striegel (Grüne) hat rechte Angriffe selbst provoziert

Farbschmierereien und Pflastersteine gegen das Wahlkreisbüro, anonyme Drohungen im Internet: Der grüne Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel wird immer wieder attackiert. Das Landeskriminalamt hat Konsequenzen gezogen, Büro und Wohnung des Politikers werden jetzt geschützt. „Herr Striegel provoziert“, sagt Eva Feußner, Vize-Vorsitzende der CDU-Fraktion Sachsen-Anhalt, „er provoziert bis zum letzten.“ Sie wolle Steinwürfe und Beleidigungen keinesfalls rechtfertigen, betont sie. „Aber sie sind auch eine Folge seines Verhaltens.“ Striegel ist bekannt für einen harten Einsatz gegen Rechtsextremismus. Dabei übt er auch harsche Kritik an der Gesellschaft, die wegsehe, und an der Polizei, die unverhältnismäßig gegen linke Gegendemonstranten vorgehe.

 

Hilden (NRW): AfD stellt Anzeige nach Diebstahl aller Wahlplakate

Die AfD hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Der Grund ist die Zerstörung und der Diebstahl nahezu aller Wahlkampfplakate der Partei im Stadtgebiet Hilden. "Da keines der Plakate aufgetaucht ist und alle Kabelbinder sorgfältig entfernt wurden, kann es sich nicht um spontane Aktionen einzelner Bürger handeln, sondern hier liegt ein systematisches Vorgehen vor", sagt Heimo Haupt, Kreissprecher der "Alternative für Deutschland" (AfD). Wahlplakate seien mehr als bloße Sachen, sie trügen zur politischen Meinungsbildung bei.

 

Horst Mahler taucht in den Untergrund ab

Horst Mahler hat sich abgesetzt. Der einstige RAF-Anwalt und heutige Neonazi wolle politisches Asyl in einem souveränen Staat beantragen. Das kündigte der 81-jährige Neonazi in einer Videobotschaft an. Wohin er geflüchtet ist, verrät Mahler jedoch nicht.

 

Prozess: “Gruppe Freital“ soll weitere Anschläge geplant haben

Die rechtsextreme „Gruppe Freital“ soll noch weitere Anschläge geplant und dabei auch politische Gegner ins Visier genommen haben. Offenbar sollte auch ein Fest der Linken in Freital mit Pyrotechnik angegriffen werden.

 

Gericht verwirft Revisionsantrag: Neonazi muss wegen KZ-Tattoo vor Gericht

Sein menschenverachtendes KZ-Tattoo mit Wachturm, Stacheldraht und Buchenwald-Spruch brachte den NPD-Kommunalpolitiker Marcel Zech (28) vor Gericht: wegen Volksverhetzung. Gegen die verhängte Freiheitsstrafe legte er Revision ein. Die ist jetzt gescheitert – eine folgenschwere Entscheidung des Brandenburger Oberlandesgerichts: Der Mann muss nun für acht Monate ins Gefängnis.

 

"Reichsbürger" Adrian Ursache wird wegen versuchten Mordes angeklagt

Beim Landgericht Halle ist die Anklage gegen Adrian Ursache aus Reuden wegen versuchten Mordes eingegangen. Dem früheren "Mister Germany" werden versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie Verstöße gegen das Waffengesetz zur Last gelegt. Zwei Beamte und Ursache selbst wurden bei der Schießerei verletzt.

 

Prozess gegen Neonazis wegen Überfall auf Volksfest beginnt

Nazi-Parolen, Hass und massive Gewalt gegen Ausländer – darum geht es in einem Prozess vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht Dresden, der an diesem Donnerstag beginnt. Drei Männer sollen bei einem Dorffest im Neustädter Ortsteil Polenz mehrfach gezielt ausländische Gäste angegriffen, verhöhnt und zum Teil schwerst verletzt haben. Die angeklagten Deutschen im Alter von 24, 33 und 38 Jahren müssen sich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten – einer sogar wegen versuchten Mordes.

 

Homophobe Hetze: SPD-Politiker zeigen katholischen Bischof an

Die Bundestagesabgeordneten Karl-Heinz Brunner, Dr. Eva Högl, Johannes Kahrs (alle SPD) und der stellvertretende Landesvorsitzender von SPDqueer in Berlin, Christopher Jäschke, haben gemeinsam Strafanzeige und Strafantrag gegen den katholischen Bischof Andreas Laun und die Betreiber der Internetseite kath.net bei der Staatsanwaltschaft in Berlin gestellt.

 

“Identitäre Bewegung“ in MV: Identitär und kriminell

Die Schwelle für die Geheimdienstler war vergangenes Jahres überschritten – die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder erklärten die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ (IB) offiziell zum Beobachtungsobjekt. Die fremdenfeindliche Gruppierung war nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden von reinen Internetaktivitäten zu Aktionen im realen Leben übergegangen. Für die Aktionen der IB interessieren sich in MV aber nicht nur Verfassungsschützer, sondern auch die Strafverfolgungsbehörden. Sie untersuchen mehrere Straftaten, die im Zusammenhang mit der rechten Gruppierung stehen sollen.

 

Kommentar AfD: Rassisten gegen Rassisten

Wer das Spektakuläre liebt – und Journalisten neigen gelegentlich dazu –, hat am Mittwoch eine Enttäuschung erlebt. Am Wochenende ist AfD-Parteitag in Köln, und was hatte man sich schon gefreut auf den Showdown zwischen der Vorsitzenden Frauke Petry und ihren zahlreichen Konkurrenten! Jetzt hat die Sächsin aufgegeben, zumindest was die Spitzenkandidatur für den Bundestag angeht. Es muss also – eine Erregungsstufe tiefer – ganz neu spekuliert werden: Marschiert ein schräges Bündnis durch, das vor allem aus einem Nazi-Adepten wie Björn Höcke, einem Rechtssoftie im Schafspelz namens Jörg Meuthen und dem gutsherrnartigen Verbalhooligan Alexander Gauland besteht?

Frauke Petry gibt sich bürgerlich - ihre AfD soll schließlich eine breite Wählerschaft ansprechen und eine akzeptable Oppositionspartei sein. Doch beim Blick auf vergangene Äußerungen verliert Petrys Inszenierung schnell an Glaubwürdigkeit.

 

Kommentar AfD in Bayern: Rechtsruck ins Abseits

Wenn sich die AfD mit der rechtsextremen "Identitären Bewegung" einlässt, könnte es ihr ergehen wie einst den Republikanern: Wenn sie erstmal vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist sie für viele Sympathisanten wohl nicht mehr wählbar.

 

Björn Höcke: Belastendes Material

AfD-Chefin Frauke Petry ist sich sicher: Ihr Thüringer Parteikollege Björn Höcke hat jahrelang unter dem Pseudonym Landolf Ladig Texte in NPD-nahen Zeitschriften veröffentlicht. Höcke bestreitet diese Vorwürfe zwar – denn er will nicht als Verfassungsfeind gebrandmarkt und aus der Partei geworfen werden. Doch die Indizienkette, mit der Petry ihre Theorie jetzt zu beweisen versucht, bringt Höcke in erhebliche Erklärungsnot.

 

German Angst: (Selbst-)Opfer und nationaler Wahn

„Die Pläne für einen Massenaustausch der Bevölkerung sind längst geschrieben“ verkündete Beatrix von Storch am 8. Mai 2016 auf Twitter.1 Mit der Vorstellung, es gäbe eine Verschwörung gegen das „deutsche Volk“, die das Ziel habe, dieses auszutauschen und somit zu vernichten, ist die AfD-Politikerin nicht alleine. Die Folgen sind drastisch. Denn in diesen Szenarien steht nicht einfach irgendetwas auf dem Spiel, sondern der Fortbestand des „deutschen Volkes“ mit „deutschen Familien“ und „deutschen Werten“.

 

Katharina König im Interview: “Die Antifa ist unverzichtbar“

Katharina König erlebte im Jena der neunziger Jahre, wie Neonazis Jagd auf sie und ihre FreundInnen machten. Heute sitzt sie für die Partei Die Linke im Thüringer Landtag und kämpft im Parlament gegen die rechte Szene. Ein Gespräch über die Wichtigkeit antifaschistischer Arbeit angesichts des Rechtsrutschs in Europa und der neonazistischen Mordserie des NSU.

 

Bautzen: Unter Deutschen

Dmitrij Kapitelman ist für vier Wochen von Berlin-Neukölln in die sächsische Kleinstadt Bautzen gezogen. Folge 6: Im Kulturcafé treffen sich meine Mitbürger zur Party. Am Holzmarkt schlagen Nazis auf Flüchtlinge ein. Zum ersten Mal habe ich richtig Angst.

 

Treue Gefolgschaft – so twittert die AfD

Die AfD schafft sich auf Twitter eine eigene Öffentlichkeit. Eine umfangreiche Datenanalyse von netzpolitik.org und Tagesspiegel ergibt: Die Partei spielt dabei nicht immer mit offenen Karten.

 

Kampagne soll Sexismus in der Schule bekämpfen – aber so einfach ist das nicht

Der Verein Pinkstinks will in Anlehnung an Schulen ohne Rassismus die Kampagne Schulen ohne Sexismus starten. Aber würde das etwas bringen? Ein Kommentar.

 

Sächsischer AfD-Politiker Hütter blamiert sich mit Satire-Bild über “Antifa e.V.“

Der sächsische AfD-Landtagsabgeordnete Carsten Hütter hat sich bei Facebook mit einem Satire-Bild kräftig blamiert. Bei Facebook teilte er eine Grafik, die Verbindungen zwischen „Regierung“, Parteien und Verbänden mit dem „Antifa e.V.“ der „Antifa Gewerkschaft“ und anderen Gruppen aufzeigen soll.

 

Interview mit Historiker: "Die vierte Phase des Holocausts"

Der polnische Historiker Marcin Zaremba sorgt mit einen Forschungsergebnissen für Aufregung, weil sie so wenig ins bisherige Geschichtsbild der Polen passen. Er untersuchte, wie seine Landsleute im Zweiten Weltkrieg und kurz danach ihre jüdischen Nachbarn und Mitmenschen behandelten.

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