+++ Von Nerstheimer bis Wild - Die Berliner Afd und ihre Personalquerelen +++ NSU-Prozess - Bundesanwaltschaft plant 22-Stunden-Plädoyer +++ Verfassungsschutz muss Akten über das Oktoberfest-Attentat öffentlich machen +++ „Identitäre“ Auf Menschenjagd: „C-Star“ soll noch diese Woche in Libyen ankommen +++ „Neue Deutsche Organisationen“ schließen sich gegen Rechtspopulismus und Rassismus zusammen +++
"Nazi Zone“ - Schmierereien an Trafohäuschen
Elektrokasten und Verkehrszeichen ließen gestern Nachmittag einen Anwohner (53) die Polizei rufen. Mit schwarzer Farbe hatte ein Unbekannter in der Großpösnaer Straße, Blumenbogen, Graffiti an ein Trafohäuschen und einen Elektrokasten gesprüht. Dort prangten die Schriftzüge „FUCK ANTIFA“, „NAZI ZONE“ sowie ein Hakenkreuz. Zudem hatte der Schmierer noch ein Verkehrsschild (30 Zone) in „88 NAZI ZONE“ verwandelt. Kripobeamte des Dezernates Staatsschutz haben die Ermittlungen aufgenommen und das Entfernen der Schmierereien veranlasst.
Mann brüllt rassistische Beleidigungen von Balkon in Britz
Ein 61-Jähriger hat in Britz einen 48-Jährigen mehrfach rassistisch beleidigt. Der Mann brüllte vom Balkon seiner Wohnung am Martin-Wagner Ring fremdenfeindliche Parolen. Der Beleidigte ist nach Angaben der Polizei Deutscher mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund. Der 48-Jährige alarmierte die Polizei. Beamte nahmen daraufhin die Personalien des Pöblers auf. Als die Polizisten gegangen waren, öffnete der 61-Jährige das Fenster und beleidigte den 48-Jährigen erneut. Jetzt ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz.
NSU-Prozess - Bundesanwaltschaft plant 22-Stunden-Plädoyer
Der NSU-Prozess steuert nach mehr als 370 Verhandlungstagen auf sein Ende zu. Wegen der geplanten Länge der Schlussvorträge wollen die Verteidiger zu technischen Mitteln greifen. Mehr als vier Jahre nach Beginn des NSU-Prozesses hat das Oberlandesgericht München mit der Planung der Plädoyers begonnen. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl forderte am 373. Verhandlungstag die Prozessparteien dazu auf, den Umfang ihrer Schlussvorträge abzuschätzen. Bundesanwalt Herbert Diemer sagte, die Anklagebehörde sei vorbereitet: "Wir können morgen beginnen." Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft werde schätzungsweise 22 Stunden in Anspruch nehmen. Beate Zschäpes Pflichtverteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm stellten in dem Zusammenhang den Antrag, den Schlussvortrag der Bundesanwaltschaft aufzeichnen zu lassen. Alle Angeklagten schlossen sich mit ihren Verteidigern der Forderung an.
Die Nebenkläger im Münchener Prozess gegen die rechte Terrorgruppe NSU erwarten, dass die Bundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer eine Verurteilung aller Angeklagten fordert. Wie die Opfer-Anwältin Seda Basay-Yildiz der dpa sagte, hoffen ihre Mandanten zudem auf einen zügigen Abschluss des Verfahrens nach vier nervenaufreibenden Jahren. Welches Strafmaß für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe angebracht wäre, dazu wollte sie sich nicht äußern. Vor dem Oberlandesgericht München beginnen heute die Plädoyers.
Verfassungsschutz muss Akten über das Oktoberfest-Attentat öffentlich machen
Nach 37 Jahren ist es in dem Fall um das Oktoberfest-Attentat zu einer aufsehenerregenden Entscheidung gekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag erklärt, dass der Bundesverfassungsschutz Informationen über einen möglichen V-Mann herausgeben muss. Der Verfassungsschutz hatte sich dem jahrzehntelange verweigert.
Schweigen zum rechten Terror - Aert van Riel über ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Amtsgericht Tiergarten Prozess gegen Reichsbürger-Pärchen beginnt
Der Saal 101 des Kriminalgerichts ist an diesem Dienstag eine Hochsicherheitszone. Absperrgitter stehen vor der Tür, wie bei einem Terrorprozess. Jeder, der in den Saal will, wird mit dem Metalldetektor abgescannt. Taschen müssen draußen bleiben, Handys auch. Ein Schreibheft ist erlaubt, Kugelschreiber oder Tintenfüller nicht. Die Verfügung der Richterin gestattet nur Bleistifte. Warum die Sicherheit hier besonders groß geschrieben wird, bleibt zunächst unklar. Im Saal 101 geht es an diesem Tag um Dorota S. und Dimitros L. Die beiden müssen noch nicht einmal aus der Untersuchungshaft vorgeführt werden. Sie warten vor Beginn ihres Prozesses auf einer Bank im Flur. Ihnen wird eine gewisse Nähe zur Reichsbürgerbewegung nachgesagt. Doch darum geht es in diesem Prozess vor dem Amtsgericht Tiergarten nicht zuvorderst.
Polizei geht mit Razzien gegen Reichsbürger vor
In Bayern und Rheinland-Pfalz sind zahlreiche Häuser und Wohnungen von Mitgliedern der Reichsbürgerbewegung durchsucht worden. Ein Mann wurde festgenommen. Bei mehreren koordinierten Razzien gegen Mitglieder der Reichsbürgerbewegung hat die Polizei in Bayern und Rheinland-Pfalz 28 Gebäude und Wohnungen durchsucht und einen sogenannten Reichsbürger festgenommen. Gegen den Mann lag ein Haftbefehl vor, teilte das bayerische Innenministerium mit. Mehr als 200 Polizisten waren im Einsatz, darunter auch Spezialkräfte.
„Identitäre“ Auf Menschenjagd
Während Bundesinnenminister Thomas de Maizière Ende vergangener Woche Fußfesseln für potentielle »linksextremistische Straftäter« und die Räumung linksalternativer Zentren forderte, hatten Neofaschisten der »Identitären Bewegung« eine »Mission« gestartet, die sich »Defend Europe« (Verteidige Europa) nennt. Ihr Schiff »C-Star«, das sie angeblich mit Spenden über sogenanntes Crowdfunding finanziert haben, hatte nach Angaben der »Identitären« auf deren Facebook-Seite am 7. Juli den Hafen von Dschibuti verlassen. Unter der Flagge des ostafrikanischen Staates fuhr es über das Rote Meer, um über den Suezkanal ins Mittelmeer zu gelangen und Kurs auf Sizilien zu nehmen. Dort soll es in den nächsten Tagen rechte Aktivisten an Bord nehmen, um bald darauf in internationalen Gewässern vor Libyen Boote zu stoppen – und Geflüchtete der libyschen Küstenwache zu übergeben. Die sechsköpfige Besatzung werde von Securityleuten begleitet, um gegen möglicherweise bewaffnete Schlepper vorzugehen, tönten die »Identitären«. Die Flüchtlingsboote wollen sie anschließend »konsequent versenken«.
Die private Hilfsorganisation Sea Eye rechnet damit, dass das Schiff, mit dem die rechtsextreme Identitäre Bewegung Flüchtlinge im Mittelmeer stoppen möchte, noch in dieser Woche vor der libyschen Küste sein wird. "Wir haben mit den Identitären natürlich keinen Kontakt, aber verfolgen ihre Propagandakanäle und bekommen mit, was sie vorhaben", sagte Hans-Peter Buschheuer, Sprecher und Koordinator von Sea Eye in einem Interview mit der "Heilbronner Stimme" (Dienstag).
Von Nerstheimer bis Wild - Die Berliner Afd und ihre Personalquerelen
Andreas Wild ist nicht mehr dabei: Die Berliner AfD-Fraktion hat den umstrittenen Politiker bei ihrer Sitzung am Dienstag ausgeschlossen. Es ist nicht das erste Mal, dass die Partei bei der Besetzung von Posten ins Trudeln kommt. Annette Miersch blickt zurück auf frühere Fälle. Wenn der AfD mal wieder Personal wegbricht, dann meistens wegen polarisierender Auftritte oder Bemerkungen im Netz. Die lassen sich dann oft mit Stichworten umreißen wie: rechtsextrem, rassistisch, homophob oder selbstherrlich.
Der offen schwule AfD-Politiker Frank-Christian Hansel ist laut einem RBB-Bericht zum Direktkandidaten für die Bundestagswahl in Berlin-Neukölln gewählt worden. Demnach erhielt der 52-Jährige beim Bezirksparteitag am Sonntag 60 Prozent der Stimmen. Einziger Gegenkandidat war der wegen rechtsradikaler Parolen berüchtigte Andreas Wild. Der 53-Jährige möchte die AfD zu einer "Pegida-Partei" machen und sorgte in den letzten Monaten insbesondere durch Einträge in sozialen Netzwerken für Kopfschütteln. So beschwerte sich der Heterosexuelle auf Twitter, dass alle "attraktiven Frauen in einer Beziehung mit Migranten" seien.
Wie ein Klassenfoto das lächerliche Weltbild der AfD entlarvt
"Aufwachen, Deutsche! Geht auf die Straßen und in die Wahllokale! Sonst seid Ihr bald überall Minderheit im eigenen Land". Unter diesem Motto postete die NPD vor kurzem das Abschlussfoto eines Abiturjahrgangs aus Duisburg.
Für die offen rassistische Partei ein Unding: Auffallend viele Abiturientinnen tragen ein Kopftuch und auch unter den restlichen MitschülerInnen haben offensichtlich viele einen Migrationshintergrund.
Wegen "Vollidioten" und "Fick-Finger": Pro Chemnitz zeigt Kraftklub an
Beim Konzert am Marx-Kopf im Juni soll sich der Sänger der Band beleidigend geäußert haben. Im Netz geht ein Shitstorm über den Kläger nieder. Rund 8000 Zuschauer haben am 11. Juni zugehört, als Felix Brummer, Sänger der Band Kraftklub, die Mitglieder der rechtspopulistischen Ratsfraktion Pro Chemnitz als Vollidioten bezeichnet hat. Das könnte jetzt ein Nachspiel haben. Am Montag veröffentlichte die Band, die an jenem Nachmittag kostenlos am Marx-Kopf spielte, ein Schreiben auf Facebook. Es ist offenbar an Felix Brummer gerichtet. Er wird darin aufgefordert, sich als Beschuldigter schriftlich zu äußern. Der Fraktionsvorsitzende von Pro Chemnitz, Martin Kohlmann, habe Anzeige erstattet. Felix Brummer habe folgenden Ausspruch an das Publikum gerichtet: "das geht übrigens auch raus an die ganzen Vollidioten, die sich ne ganze Weile versammelt haben, von Pro Chemnitz oder von Pegida oder wie die alle heißen. Fick-Finger..." Das Publikum skandierte daraufhin mehrmals "Nazis raus".
Heiko Maas zwischen Krawall und Küchentisch
Vor der Tür wird dem neuen sächsischen Volkssport gefrönt: Politiker-Anpöbeln. An einer Einfallstraße in Sichtweite des Gasometers in Zwickau ragen Transparente in die Höhe, auf denen gefragt wird: »Wollt ihr den totalen Maas?«. So begrüßen erzürnte Bürger den SPD-Justizminister, den sie freilich am liebsten gleich wieder vom Hof jagen würden: »Lauf, Heiko, lauf, lauf, lauf«, ist zu lesen. In der Stadt in Westsachsen hat man es nicht immer bei verbalen Drohungen belassen. Am 1. Mai 2016 war Maas von Rechtspopulisten derart bedrängt worden, dass er eine Kundgebung des DGB fluchtartig verließ.
Gegen einen Auftritt von Heiko Maas in Dresden mobilisierten Vertreter mehrerer rechter Gruppen. Ihre Zusammenarbeit zeigt: Trennlinien zwischen Populisten und Extremisten verschwimmen, Lagergrenzen sind überholt. Die Veranstaltung ist keine 15 Minuten alt, da lässt Egbert Ermer alle Hüllen fallen. Mit Bezug auf das Rechts-Rock-Konzert „Rock gegen Überfremdung“, das am Wochenende zuvor 6000 Neonazis in die thüringische Kleinstadt Themar gelockt hatte, sagt das Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge: „So sieht deutscher Nationalstolz aus. So sieht Demonstration, so sieht Rockkonzert aus.“ Der AfD-Kommunalpolitiker demonstrativ den Schulterschluss zur extremen Rechten und erntet dafür den Beifall seiner Zuhörer. Am Ende der Rede sagt Ermer mehrfach: „Wir sind die Mitte der Gesellschaft“ – niemand widerspricht ihm.
„Sturm auf Themar“
Militante Neonazi-Netzwerke verbergen sich hinter dem bisher größten Rechtsrock-Konzert in Thüringen. Die martialische Parole der Veranstalter signalisiert Selbstbewusstsein und Kampfeslust. „Sieg Heil! Sieg Heil!“ grölen sie immer wieder und recken die Arme dabei zur Faust, viele auch zum Hitlergruß. Anders als bei anderen Großevents der Szene schien es bei dem von Tommy Frenck organisierten Konzert kaum Zurückhaltung beim öffentlichen Auftritt zu geben. Auch waren offenbar weniger Oldschool-Skinheads als üblich vertreten. Die anwesenden Gruppen nannten sich „Division Sachsen“ oder „Division Erzgebirge“, „Wehrwolf Württemberg“, kamen auch aus Polen, Tschechien, Slowenien, Italien und Ungarn.
Tilo Kummer will noch einige Dinge klären nach diesem Wochenende, an dem etwa 6000 Neonazis sich im kleinen Themar zum größten Nazi-Fest Thüringens seit 1945 versammelt hatten. Und er sagt, er habe nicht nur an die Polizei noch Fragen. Für ihn nämlich, sagt der Hildburghäuser Landtagsabgeordnete der Linken, sei nun offenbar geworden, dass es von vorneherein ein Fehler war, eine Versammlung mit mehreren tausend Teilnehmern auf den Wiesen am Rande Themars zu genehmigen. Das zeige sich doch vor allem darin, dass im Laufe des Tages das Veranstaltungsgelände - eine Wiese im Eigentum des Bürgermeisters von Grimmelshausen - auf ein angrenzendes Privatgrundstück habe ausgedehnt werden müssen.
„Neue Deutsche Organisationen“ schließen sich gegen Rechtspopulismus und Rassismus zusammen
Für Chancengerechtigkeit und Teilhabe: Die „NEUEN DEUTSCHEN ORGANISATIONEN“ gründen eine Bundesgeschäftsstelle in Berlin – Initiativen von Menschen aus Einwandererfamilien schließen sich zusammen gegen Rechtspopulismus, Rassismus und für mehr politischen Einfluss. Anfang 2015, in der Hochphase der „Pegida“-Debatte, trafen sich zum ersten Mal engagierte Menschen aus ganz Deutschland, die sich gegen Rassismus einsetzen. Inzwischen haben sich 120 postmigrantische Initiativen im Netzwerk der „NEUEN DEUTSCHEN ORGANISATIONEN“ (NDO) zusammengefunden. Ihnen ist gemeinsam, dass sie sich als Teil dieser Gesellschaft verstehen und als Gegenbewegung zum erstarkenden Rechtspopulismus.
Demonstration gegen Rechtspopulisten
Rund 200 Cottbuser sind am Dienstagabend gegen die erneute Demonstration des Vereins "Zukunft Heimat" in der Stadt auf die Straße gegangen. Der "Cottbuser Aufbruch" und "Cottbus nazifrei" hatten dazu aufgerufen, einer Kundgebung des Vereins gegen die Flüchtlingsaufnahme ein Zeichen für Toleranz entgegenzusetzen. An der Aktion von "Zukunft Heimat" beteiligten sich rund 400 Menschen, darunter erneut ein erheblicher Teil Anhänger der regionalen Szene aus Rechtsradikalen, Fußball-Hooligans und Kampfsportlern.