Presseschau ... 19.01.2017

+++ Gruppe Freital: Schon drei Polizisten im Visier der Ermittler +++ Kreis Ravensburg: Mann äußert gegenüber der Polizei Naziparolen +++ Die Bürgerstrategie der NPD hat einen Namen: Flieder Volkshaus +++ Anklage gegen Altermedia-Betreiber erhoben +++

 

Gruppe Freital: Schon drei Polizisten im Visier der Ermittler

Zuerst war es ein einzelner Bereitschaftspolizist aus Sachsen, der unter Verdacht geraten war. Er soll mutmaßliche Rechtsterroristen der Gruppe Freital mit vertraulichen Informationen versorgt haben. Im Dezember standen plötzlich zwei Beamte im Fokus der Staatsanwaltschaft. Nun stellt sich heraus, dass schon drei Polizisten verdächtigt werden, Mitgliedern der Freitaler Terrorzelle Informationen zugespielt zu haben. Und vielleicht ist das immer noch nicht alles: Schon im Dezember haben sächsische Ermittler ein weiteres Verfahren gegen Unbekannt eingeleitet. Der Verdacht ist in allen Fällen der gleiche: Polizisten könnten Dienstgeheimnisse verraten haben und zwar an jene Neonazis, die 2015 die Kleinstadt Freital bei Dresden mit einer Serie von Anschlägen monatelang terrorisiert haben sollen.

 

Kreis Ravensburg: Mann äußert gegenüber der Polizei Naziparolen

Der 45-jährige Mann trat laut Polizeibericht in Grünkraut (Landkreis Ravensburg, Baden-Württemberg) an einen Streifenwagen heran und fragte die Beamten, ob sie nichts Besseres zu tun hätten. Als er sich dann vom Polizeiauto entfernte, rief er lautstark "Heil Hitler". Bei der anschließenden Personenkontrolle reagierte der Mann gegenüber den Beamten aggressiv und uneinsichtig. Wie die Polizei mitteilt, fragte er, warum die Polizei nicht "Kanaken jage". Weiter gab er an, bald den Reichsbürgern anzugehören und dass "man ihm dann nichts mehr könne". Als die Beamten ihm erklärten, dass er eine Straftat begeht, rief der Mann erneut "Heil Hitler".

 

Die Bürgerstrategie der NPD hat einen Namen: Flieder Volkshaus

Die Landesgeschäftsstelle der NPD in Eisenach hat einen hübschen Namen: Flieder Volkshaus, der Fassadenfarbe wegen. "Wir haben einen positiven Namen mit positiver Wahrnehmung gesucht", sagt Patrick Wieschke, Ex-Landeschef der verfassungsfeindlichen Partei. "Wir wollen nicht als braunes Haus identifiziert werden", sagt Wieschke – und das Konzept geht offenbar auf. "Wir haben uns Besucherkreise erschlossen, an die nie zu denken war", sagt der 35-Jährige. Der CDU-Politiker Raymond Walk ist entsetzt: Das Haus der rechtsextremen NPD habe sich in nur zwei Jahren "zur Schnittstelle zum bürgerlichen Leben" entwickelt. „Das ist schwer auszuhalten.

 

Anklage gegen Altermedia-Betreiber erhoben

Knapp ein Jahr nach der Razzia und Abschaltung der Neonazi-Seite Altermedia hat die Bundesanwaltschaft Anklage erhoben gegen fünf Personen. Sie sollen auf der Seite volksverhetzende Inhalte veröffentlicht haben, die zwei Männer und drei Frauen werden sich wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung vor Gericht verantworten müssen. Die 48-jährige Jutta V. und der 28-jährige Ralph-Thomas K. sollen nach der Anklage der Bundesanwaltschaft Rädelsführer gewesen sein, zudem sind der 54-jährige Uwe P., die 63-jährige Irmgard T. und die 61-jährige Talmara S. angeklagt. Am Tag ihrer Festnahme waren die Behörden in vier Bundesländern und im spanischen Lloret de Mar gegen das Netzwerk vorgegangen und hatten Wohnungen durchsucht.

 

Haftstrafen nach rassistisch motiviertem Angriff in Schwerin

Am Schweriner Amtsgericht wurden am Montag, dem 16 Januar 2017 die beiden Brüder Sven W. (39 Jahre) und Stefan W. (36 Jahre) zu Haftstrafen von 9 bzw. 8 Monaten und 2 Wochen verurteilt. Die Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Die beiden hatten am 5. Februar 2016 einen jungen Mann in einer Straßenbahn rassistisch beschimpft und anschließend gemeinsam geschlagen. Abdul A. war im Februar vergangenen Jahres zu Besuch in der Landeshauptstadt. Auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof stieß er in der Bahn auf die beiden angetrunkenen Brüder, die sofort begannen, ihn rassistisch zu beschimpfen. Der Betroffene suchte Hilfe beim Straßenbahnfahrer, der erfolglos zu intervenieren versuchte. Weitere Anwesende unterstützten ihn nicht bzw. erst nachdem er bereits angegriffen wurde. So konnten die beiden Rassisten den jungen Mann mehrfach schlagen, nachdem sie versucht hatten, ihn aus der Bahn zu zerren. Anschließend entfernten sie sich, bevor Polizei und Krankenwagen eintrafen. Zuvor hatte der jüngere der beiden noch den Hitlergruß gezeigt.

 

Hückeswagen: Mann nach übler rassistischer Pöbelei zu 5.400 Euro Geldstrafe verurteilt

Der 31-jährige Angeklagte war im Mai 2016 in einen Linienbus in Hückeswagen (Nordrhein-Westfalen) gestiegen. Unvermittelt, laut und aggressiv begann er, Fahrgäste zu beleidigen: „N*****-Dreckspack – ihr gehört abgeschoben!“ Der Mann war nicht zur Verhandlung vor dem Amtsgericht Wipperfürth erschienen. Der harten Strafe für die Volksverhetzung entgeht er trotzdem nicht. Im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt entschied der Richter auf Erlass eines Strafbefehls. Danach muss der Mann nun eine Geldstrafe von 5400 Euro zahlen (180 Tagessätze zu 30 Euro). Die hohe Zahl der Tagessätze verdeutlicht, dass das Gericht von einer beträchtlichen Schwere der Schuld ausging.

 

NSU-Prozess: Beate Zschäpe möchte sich als schwach inszenieren

Es dringt aus jedem Satz, aus jedem Wort. Auch wenn sich der psychiatrische Gutachter Henning Saß noch so viel Mühe gibt, möglichst sachlich, möglichst wissenschaftlich, möglichst unangreifbar zu formulieren: Er glaubt Beate Zschäpe kein Wort. Weder, dass sie sich von der rechtsradikalen Szene abgewendet hat, noch dass sie die Taten des NSU bereut, noch dass sie nur das brave, abhängige Frauchen war, das von den Morden ihrer Männer immer nur im Nachhinein erfuhr.

 

Hassmusik mit „Blood&Honour“ – Konzerte in „Ostdeutschland“ in Planung

Das international aufgestellte neonazistische „Blood&Honour“-Netzwerk arbeitet grenzüberschreitend. Im nun veröffentlichten Jahresprogramm werden auch zwei Auftritte in „East-Germany“ angekündigt. Das im Jahr 2000 für Deutschland ausgesprochene Verbot von „Blood&Honour“ stört die Aktivisten dabei offenbar wenig. Im Gegenteil: Deutschland bleibt Bestandteil der Planungen, speziell im Bereich der Organisation von braunen Konzert- und Musik-Events.

 

Rechte Pilgerstätte Breitscheidplatz

Extrem rechte Gruppen versuchen den Berliner Terroranschlag für rassistische Proteste zu instrumentalisieren. Bislang scheitern sie allerdings allesamt an geringen Teilnehmerzahlen. Schon wenige Stunden nach dem schrecklichen Anschlag erschien am darauffolgenden Tag Jürgen Elsässer, Herausgeber des rechtspopulistischen „Compact Magazins“, mit dem Berliner AfD-Abgeordneten Andreas Wild und dem rechten Demo-Anmelder Lars Günther für ein Videodreh am Tatort. Die drei mussten allerdings abbrechen, als empörte und wütende Passanten die pietätlose Propagandashow störten. Einen Tag später versammelten sich am 21. Dezember bereits unweit vom gesperrten Tatort rund 120 NPD-Anhänger um Sebastian Schmidtke unter dem Motto „Grenzen dichtmachen – an Merkels Händen klebt Blut“ am Hardenbergplatz, zeitgleich protestierte die AfD vor dem Kanzleramt.

 

Göttingen: Gestohlenes Transparent taucht auf rechter Facebook-Seite auf

Der Inhaber einer Göttinger Kaffeestube hat über seinen Rechtsanwalt Strafanzeige wegen Diebstahls eines Transparents gestellt. Der mutmaßliche Dieb präsentierte sich damit auf der Facebook-Seite des rechtsextremen „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“. Das Transparent mit der Aufschrift „Ohne Kaffeedampf kein Klassenkampf“ wurde in der Nacht zum 8. Januar von der Fassade von des Kaffees entwendet entwendet.

 

Bundestag will der NPD Geldhahn zudrehen

Eine Mehrheit spricht sich für eine Grundgesetzänderung aus. Die Linke ist hingegen skeptisch und warnt, ein Finanzierungsstopp könnte auch andere Parteien treffen. Schon bei der Urteilsverkündung über den Verbotsantrag der NPD hatte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, es ausdrücklich betont: Zwar verfüge die rechtsextreme Partei inzwischen über zu wenig Einfluss, als dass sie eine Gefahr für die Demokratie darstellen und man sie verbieten könne. Es liege aber durchaus in der Hand des Gesetzgebers, eine eindeutig verfassungsfeindliche Partei wie die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen.

 

NPD-Verbot: Nationalsozialistische Propaganda kann nun offen betrieben werden

Dr. Gideon Botsch vom Moses Mendelssohn Zentrum im Interview über das Urteil des Bundesverafssungsgerichts, die NPD nicht zu verbieten.

Wie beurteilen Sie das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum NPD-Verbot?

Mit diesem Urteil ist es in Zukunft möglich, nationalsozialistische Propaganda im Schutz des Parteiprivilegs offen zu betreiben, solange man es vermeidet, gegen Straftatbestände zu verstoßen. Das wird Folgen für die politische Kultur der Bundesrepublik haben.

Die Richter glauben nicht, dass die rechtsextreme Partei in der Lage ist, die Demokratie zu stürzen. Doch unsere Autorin hat miterlebt, wie die NPD die Gesellschaft vergiftet.

 

Kommentar: Das NPD-Urteil ist eine Aufforderung an jeden von uns

Wer die Entscheidung von Karlsruhe kritisiert, sollte bedenken: Rassismus und menschenverachtende Einstellungen wären auch durch ein Verbot der NPD nicht verschwunden - die gute Nachricht ist: Sie müssen nun im Umkehrschluss auch von niemandem ertragen oder geduldet werden. Im Gegenteil.

 

Höcke-Äußerungen: Eine Geschmacklosigkeit sondergleichen

Björn Höcke habe mit seinen Äußerungen zum Holocaust-Gedenken nicht nur das Ziel erreicht, in den Schlagzeilen zu sein, kommentiert Henry Bernhardt. Sondern auch, die Grenzen des Sagbaren wieder ein Stück nach rechts zu verschieben. Darin sei Höcke ein Meister. Er verfolge eine "höllische Idee" - an die das Holocaust-Mahnmal erinnere.

Höcke setzt weiter auf Nazi-Jargon: Der Thüringer AfD-Landeschef sorgt mit Äußerungen über Holocaust-Gedenken für Empörung. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Höcke nicht erst ein gescheitertes NPD-Verbot brauchte, um sich sein ideologisches und verbales Rüstzeug in der braunen Vergangenheit zu suchen. Seine berüchtigte Rede auf einem Kongress der Neuen Rechten im November 2015 war gespickt mit ideologischen Bezügen zur nationalsozialistischen Rassenpflege. Höcke hatte damals unter anderem von einem „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ gesprochen. Ein Vertreter der Amadeu-Antonio-Stiftung ordnete die Rede damals als „blanken Rassismus“ ein.

 

Kommentar: Björn Höcke greift unsere Identität an

Wieder hat Thüringens AfD-Vorsitzender eine umstrittene Rede gehalten. Sein Ziel: Symbole des demokratischen Diskurses zu besetzen, bis die Demokraten sprachlos werden. Hinter Höckes Aussagen steckt eine niederträchtige Methode. Denn es geht nicht nur darum, rechte Gedankenbilder in den politischen Diskurs einzuführen, ohne sich juristisch angreifbar zu machen. Das Ziel ist Überwältigung.

Kritik an Rede: „Höcke ist ein Nazi“. Er habe nicht das Holocaust-Mahnmal als "Schande" bezeichnet, sondern den Holocaust. Mit dieser Deutung seiner Dresdner Rede steht der AfD-Politiker Höcke ziemlich alleine da. Experten sehen dahinter eine AfD-Strategie. SPD-Fraktionschef Oppermann sagte: "Höcke ist ein Nazi".

 

Greifswald: Ernst-Moritz-Arndt-Uni ändert ihren Namen

Der Senat der Greifswalder Universität hat am Mittwoch entschieden, den Namen der Hochschule zu ändern. Künftig soll sie nach dem Willen der 36 Mitglieder im Senat nur noch Universität Greifswald heißen. Der bisherige Namensgeber Ernst Moritz Arndt (1769-1860) ist wegen zahlreicher Äußerungen umstritten. Der Historiker und Schriftsteller Arndt lehrte im 19. Jahrhundert in Greifswald.

 

Ernst Moritz Arndt: Patriot oder Antisemit?

War Ernst Moritz Arndt als Sohn seiner Zeit ein verkanntes Genie oder doch ein Wegbereiter des Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit folgender Jahrzehnte? Seit geraumer Zeit streiten in Greifswald darüber Wissenschaftler, Studenten und Bürger, auch deshalb, weil es die Nationalsozialisten waren, die die Universität in Greifswald nach Arndt benannten. Er habe "als Student und Hochschulprofessor stets für die Freiheit, die Ehre und die Macht des Deutschen Vaterlandes an erster Front gekämpft", hieß es damals.

 

Vom Umgang mit Rechtspopulisten: Können wir von Skandinavien lernen?

Wie umgehen mit der AfD? Das fragen sich viele. Ein Blick zu unseren skandinavischen Nachbarn könnte bei dieser Frage helfen.

 

Dresden-Löbtau: Ein Stadtteil wehrt sich gegen Rechts

Erst war es nur ein Gefühl, die Sorge, dass sich etwas verändert hat im Stadtteil. Dann wurde es mehr, wurde größer. Schmierereien an den Hauswänden, Zeichen und Sprüche aus längst vergangenen, dunklen Zeiten, rassistisch und rechts. Hakenkreuze an der Wand, das Hitlerbärtchen auf Politikerplakaten, Sticker mit Hetze gegen Ausländer, ein Polizeieinsatz, weil ein Mann den Hitlergruß gezeigt hat. Das Gefühl ist größer geworden, ist zur Angst geworden. Angst, dass sich die rechte Szene in Löbtau ausbreitet. In einem Stadtteil, der nach der Neustadt wie kein anderer in Dresden Familien und junge Menschen anzieht.

 

„Schmalbart“: Transparenz statt Pöbelei

Das Netzwerk "Schmalbart" will Populismus und Fake-News den Kampf ansagen. Ganz einfach: durch Fakten. Ziel ist nicht Konsens, sondern demokratischer Diskurs. Reicht das?

 

„At the last Trump…“ Populismus und das Ende der Demokratie, wie wir sie kennen

Donald Trump ist das bislang deutlichste Krisensymptom der parlamentarischen, repräsentativen Demokratie. Die drohende Reduktion der demokratischen Ordnung auf ihren archaisch-plebiszitären Kern zerstört die Schutzfunktion der Institutionen zugunsten politischer Führer, die ihre autoritäre Macht auf den angeblichen „Volkswillen“ stützen.

 

Quiz: Wer hat's gesagt, Höcke oder Hitler?

Es ist nicht das erste Mal, dass seine Worte zum Skandal werden. Immer wieder hetzt Hö. Heute: Björn Höcke oder Adolf Hitler.

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