Presseschau... 18.07.2016

+++ 17-jähriger Geflüchteter in Neuburg krankenhausreif geschlagen +++ Chemnitz: Linken-Büro zum zehnten Mal attackiert und Naziparolen geschmiert +++ Unbekannte beschießen Geflüchtetenunterkünfte mit Farbkugeln +++ Pistolenpatrone und Morddrohungen: Wer sich für Geflüchtete einsetzt, lebt gefährlich +++

 

17-jähriger Geflüchteter in Neuburg krankenhausreif geschlagen

Eine größere Gruppe hat in der Nacht von Freitag auf Samstag einen 17-jährigen Geflüchteten in Neuburg (Bayern) beleidigt, angegriffen und schwer verletzt, berichtet die Polizei. Es bestehen Anhaltspunkte, dass die Angreifer aus rassistischen Motiven den Jugendlichen krankenhausreif geprügelt haben. Zusammen mit einer Betreuerin erschien der 17-jährige Afghane am Samstagnachmittag bei der Polizeiinspektion Neuburg, um Anzeige gegen die unbekannten Schläger zu erstatten.
Er sagte aus, von mehr als zehn Personen zunächst rassistisch beleidigt und anschließend massiv angegriffen worden zu sein. Wie viele Personen an der Attacke selbst beteiligt waren, ist allerdings noch offen, heißt es aus der Pressestelle.

 

Chemnitz: Linken-Büro zum zehnten Mal attackiert und Naziparolen geschmiert

Der Chemnitzer Stadtteil Sonnenberg kommt nicht zur Ruhe: Erneut haben Nazis ihr Unwesen getrieben. Diesmal beschmierten sie Häuserwände. In der Nacht zum Freitag war erst das Bürgerbüro der Landtagsabgeordneten Susanne Schaper (DieLinke) mit Farbe beschmiert worden – die zehnte Attacke auf das Objekt.
Vermutlich in der Nach zum Samstag wurden außerdem Naziparolen gesprüht. Die Unbekannten hatten unter anderem „Nie wieder Israel“ und „Nazi-Kiez“ an die Wände gesprüht. Entdeckt wurden die Parolen am Sonnabend gegen 11.15 Uhr. Die Kosten für das Entfernen der Farbe werden auf mehrere tausend Euro geschätzt.

 

Unbekannte beschießen Geflüchtetenunterkünfte mit Farbkugeln

In der Nacht von Freitag auf Samstag, den 10. Juli 2016, beschießen in Neumarkt in der Oberpfalz (Bayern) Unbekannte zwei Gebäude, in denen Geflüchtete untergebracht sind, mit farbiger Paintballmunition.
Wohl zwischen 23.00 und 1.00 Uhr beschießen sie mit roter Farbmarkierungsmunition aus einer oder mehreren Paintball-Waffe(n). Laut Polizei ist es wahrscheinlich, dass die Täter_innen die Farbkugeln von einem Fahrzeug aus abschießen. An den Hausfassaden und Eingangstüren entstehen jeweils Sachschäden im vierstelligen Bereich.

 

Pistolenpatrone und Morddrohungen: Wer sich für Geflüchtete einsetzt, lebt gefährlich

Sie erhalten reihenweise hasserfüllte Briefe, Mails oder Kommentare bei Facebook. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) erhielt Morddrohungen, nachdem sie sich für Asylbewerber in ihrem Berliner Wahlkreis eingesetzt hatte.
Verheerend ist diese Entwicklung aber besonders auf der kommunalen Ebene: Für Aufsehen gesorgt hatte der Fall Tröglitz in Sachsen-Anhalt, wo Ortsbürgermeister Markus Nierth sein Amt niederlegte, weil er sich und seine Familie durch Rechtsextreme bedroht sah. Wenig später wird dort eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Brand gesteckt. „Erst Henriette Reker dann André Stahl“ – dies sprühten Täter in Bernau bei Berlin auf eine Hauswand mit Blick auf den Bürgermeister und Linken-Politiker Stahl und die in Köln von einem Rechtsradikalen niedergestochene heutige Oberbürgermeisterin Reker.
202 Straftaten wie Bedrohungen, Beleidigungen und Sachbeschädigungen, die sich gegen Politiker und andere Amts- und Mandatsträger richteten und „in Zusammenhang mit dem Thema Asyl“ standen, zählte das Bundeskriminalamt bis Ende Juni. Vergleichszahlen liegen auf Bundesebene nicht vor, da die Taten erst seit Januar extra aufgeführt werden.

 

Georg Padzerski, Spitzenkandidat der AfD in Berlin: Angetreten, um zu stören

Die kurzen, nebenbei fallen gelassenen Sätze charakterisieren Pazderski: kontrolliert, hart, entschlossen. Der Spitzenkandidat der Alternative für Deutschland in Berlin ist Berufssoldat im Ruhestand. Zuletzt war er 18 Jahre lang Oberst im Generalstab. Drei Jahre verbrachte er in Brüssel, fünf Jahre in Florida, er absolvierte Auslandseinsätze unter anderem im Kosovo und in Afghanistan. Darüber spricht er gerne und immer wieder. "Ich habe gelernt zu führen – auch eine Partei", sagt er.
Pazderski nennt sich selbst nationalkonservativ, aber nicht rechts. Nach der Entscheidung der Briten für den Brexit forderte er auch in Deutschland eine Volksabstimmung über den Verbleib in der Europäischen Union. In Berlin wünscht er sich eine eigene Anti-Terror-Einheit. Gegen Linksautonome will er mit harter Hand vorgehen. Häufig ergreift er die Partei der Berliner Polizei, kritisiert aber gleichzeitig, dass die Kriminalität in der Stadt unverändert hoch ist. Es sind dies Themen, die ihm vertraut sind, Außen- und Sicherheitspolitik. Innerhalb der Partei werden ihm Ambitionen auf den Bundestag nachgesagt. Ist Berlin nur ein Übergang, fühlt er sich zu Höherem berufen? Die Frage drängt sich immer wieder auf, auch wenn er sie stets verneint.

 

Türkische Faschisten demonstrieren in Deutschland und Österreich für Erdogan

Türkische Nationalisten nutzten die Proteste gegen den Putsch, um in Deutschland und Österreich erneut Präsenz zu zeigen und sich gegen Linke und Kurden in Stellung zu bringen. In Wien kam es am Samstag zu einer gemeinsamen Demonstration von linken Kräften und türkischen Nationalisten. Die „Neue Linkswende“ hatte auf ihrer Facebook-Seite einen Aufruf zu der Demonstration „Gegen den Militärputsch in der Türkei“ unterstützt. Organisiert wurde der Protest unter anderem von der AKP-nahen „Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD)“.
Beobachtern zufolge sei die Kundgebung von Grüßen der faschistischen türkischen Partei „Graue Wölfe“ (Partei der Nationalistischen Bewegung), „PKK-Terrorist“-Rufen und „Recep Tayip Erdogan“-Sprechchören dominiert gewesen. Die Chöre der linken Teilnehmer, „Hoch die Internationale Solidarität“, seien untergegangen. Im Zuge der Demonstration sei es dann zu Angriffen auf ein von Kurden geführtes Lokal gekommen.
In Deutschland waren bereits in der Nacht auf Samstag Tausende Unterstützer Erdogans auf die Straße gegangen. Allein 3.000 Demonstranten zogen in Berlin spontan vor die türkische Botschaft. Auch hier nahmen an der Kundgebung rechtsextreme „Graue Wölfe“ teil, wie der Grünen-Politiker Erik Marquardt auf Twitter berichtet.

 

Neonazi-Konzert in Sondershausen: Hass, Hetze und eine Kinderhüpfburg

Die NPD rief, und Hunderte Neonazis kamen zum Rechtsrock-Konzert "In Bewegung" in Sondershausen. Was die Organisatoren als Familienfest verkaufen, ist ein Hass-Konzert, das Geld in die Kassen der extremen Rechten spülen soll.
Man trifft sich diesmal im Industriegebiet. Rund 300 Rechtsextreme haben sich am Sonnabend auf dem umzäunten Platz im Norden von Sondershausen eingefunden. Sie sitzen auf Bierbänken in der Sonne. Auf der Bühne verbreiten Redner und Rechtsrockbands im Wechsel Hass und Hetze. Auf der anderen Seite des Platzes ist eine kleine Kinderhüpfburg aufgebaut. Aus mehreren Bundesländern sind heute Neonazis angereist. Es ist die schon die vierte größere Neonazi-Open-Air-Veranstaltung in Thüringen in diesem Jahr.
Unter den angekündigten Rednern ist in diesem Jahr neben NPD-Funktionären auch ein ehemaliger Führungskader des mittlerweile verbotenen Neonazi-Netzwerks "Blood and Honour", der erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassen wurde. Angemeldet ist das NPD-Rechtsrockkonzert in Sondershausen als politische Versammlung nach dem Versammlungsgesetz. Das macht es den Behörden schwer, die Veranstaltung zu verbieten.

 

„Rock gegen Überfremdung“: Weiteres Neonazi-Openair in Thüringen in Vorbereitung

Ein weiteres Freiluftkonzert der Neonazi-Szene wird zur Zeit für den 20. August 2016 in Thüringen vorbereitet. Neben einem parteiübergreifenden Rednerprogramm werden fünf Bands angekündigt. Einer der Veranstalter ist ein gewalttätiger Neonazi, welcher der neugegründeten „Anti-Antifa Ostthüringen“ zugehörig ist. Redner kommen aus einer verbotenen militanten Nazi-Gruppe und einem Netzwerk von Holocaust-Leugnern. Als Headliner soll ein Sänger auftreten, dessen vorherige Band gerichtlich zur kriminellen Vereinigung erklärt wurde. Verbindungen gibt es auch zum Ballstädt-Verfahren.
„Rock gegen Überfremdung – Openair“ lautet der Titel des geplanten Konzerts. Die Flyer dazu weisen Ähnlichkeiten zur Veranstaltungsreihe „Rock am Kreuz“ auf, mit der seit 2014 durch mehrere Konzerte in der Erlebnisscheune in Kirchheim Gelder für die Ballstädter Neonazi-Schläger gesammelt wurden, die sich derzeit vor dem Landgericht Erfurt verantworten müssen. Die Schweizer Band „Treueorden“ wurde dazu immer wieder eingeladen und spielte auch mehrfach mit der Band „SKD“ des Hauptangeklagten im Ballstädtverfahren.

 

Nazi-Demo in Rudolstadt: Rechte bezeichnen Gegendemonstranten als „Bodensatz der Bevölkerung“

Eine Demonstration rechtsextrem Gesinnter in Rudolstadt endete am Sonnabend friedlich. Zeitweilig hatten sich die jeweils über 100 Neonazis und linke Gegendemonstranten auf dem Rudolstädter Marktplatz konträr gegenübergestanden, voneinander getrennt durch einen Sperrzaun.
Eine sich selbst so bezeichnende Bürgerinitiative mit dem Namen "Wir lieben Ostthüringen" hatte zunächst einen Fackelzug unter dem Motto "Ausländer- und Linke Gewalt Stoppen!" angemeldet. Auf das Führen von Fackeln wurde vor Ort jedoch verzichtet.
Der Sprecher von "Wir lieben Ostthüringen", Thomas Kratsch, bezeichnete die linken Gegendemonstranten, die sich vor dem Rudolstädter Theater trafen als "durchmischte Suppe", "Bodensatz der Bevölkerung" und "Maschinenmenschen" und unterstellte "Schwarzen", sie würden "massenweise weiße Frauen vergewaltigen". Auf ihrem folgenden Rundkurs durch Rudolstadt skandierte der Zug "Nationaler Sozialismus – Jetzt!" und "Hier marschiert der nationale Widerstand".

 

Thüringen: Braunes Spektrum im Wandel

Das Spektrum der extrem rechten Parteien in Thüringen hat sich verbreitert. Während die NPD in Thüringen in den vergangenen zwei Jahren ein Drittel ihrer Mitglieder verlor, steigt die Zahl rechter Aktivitäten und Straftaten weiter an. Die rechtsextreme Szene im Freistaat setzt auf Netzwerke und wird dabei zunehmend gewalttätiger. War nach dem „Verschmelzungsparteitag“ mit der Deutschen Volksunion (DVU) im Dezember 2010 die NPD die einzige rechtsextreme Partei im Freistaat, machen ihr seit dem vergangenen Jahr „Die Rechte“ (DR) und „Der III. Weg“ Konkurrenz. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Große Anfrage hervor.  Die anfängliche Mitgliederzahl der beiden letzt genannten Parteien von insgesamt 35 Personen dürfte sich im laufenden Jahr erhöht haben. Während „Der III. Weg“ landesweit zwei „Stützpunkte“ unterhält, betreibt DR zwei Kreisverbände und drei „Stützpunkte“.

 

Buhrufe für Neonazi-Parolen in Fürstenfeldbruck

Die rechtsextreme Partei "Der dritte Weg" sieht sich bei einer Kundgebung in Fürstenfeldbruck einer verbalen und zahlenmäßigen Übermacht von Gegendemonstranten gegenüber. Die Neonazi-Partei hat am Samstagnachmittag mit einer Kundgebung im Zentrum von Fürstenfeldbruck für Aufregung gesorgt. Die Parolen der 15 Anhänger unter dem plakativen Postulat "Stoppt die Asylflut - keine Asylanten in meiner Nachbarschaft" erwiderten rund 80 Gegendemonstranten mit Trillerpfeifen und Protestrufen. Nach eineinhalb Stunden zogen die Rechtsradikalen vor dem Sparkassengebäude wieder ab und die Fürstenfeldbrucker Polizei konnte aufatmen: Es habe keine besonderen Vorkommnisse gegeben, sagte ein Sprecher hinterher.

 

Verfassungsschutz zählt 30 rechte Splittergruppen in Brandenburg

Neonazistische Gruppen in Brandenburg haben teilweise haben sie nur fünf Mitglieder. Der Brandenburger Verfassungsschutz hat dennoch ein Auge auf die rund 30 rechten Splittergruppen. Dazu gehören Vereinigungen wie die jeweils etwa fünf Mitglieder starken "Nationalsozialisten Ortrand" (Oberspreewald-Lausitz) und "Bruderschaft 25" aus Frankfurt (Oder), teilte das Innenministerium auf eine Anfrage der Linksfraktion im Potsdamer Landtag mit. Daneben würden auch rechtsextremen Parteien und Organisationen wie NPD und Reichsbürger weiter beobachtet.
Die mit jeweils rund 25 Mitgliedern größten Splittergruppen sind "Der Dritte Weg", aktiv in den Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Uckermark und in Frankfurt (Oder) sowie "Die Rechte" aus den Landkreisen Barnim und Märkisch-Oderland. Während der "Dritte Weg" häufiger mit Demonstrationen, Flyer-Verteilungen, Infoständen und Schulungen aufgefallen ist, ist "Die Rechte" laut Innenministerium mit wenigen Kundgebungen und Mahnwachen öffentlich kaum wirksam geworden.

 

NPD-Bundesparteitag kommt nach Büdingen

Mehr als zehn Prozent bekam die NPD bei der Kommunalwahl in Büdingen - die Stadt wurde dadurch bundesweit bekannt. Im Oktober werden Rechtsextreme aus ganz Deutschland zum Bundesparteitag der NPD anreisen.
Die NPD will vom 21. bis zum 23. Oktober ihren Bundesparteitag in der Büdinger Stadthalle abhalten. Bürgermeister Erich Spamer (Freie Wähler) bestätigte, dass die Halle offiziell für die NPD reserviert wurde. "Ich habe keine Handhabe dagegen", sagt er – alle anderen Parteien dürften auch ihre politischen Veranstaltungen in der Halle abhalten.

 

Die Querfront-Zeitschrift Compact: Mut zum Antisemitismus

Jürgen Elsässers Zeitschrift "Compact" soll laut Unterzeile ein "Magazin für Souveränität" sein. So steht bereits auf dem Titelblatt eine wichtige Chiffre rechter Verschwörungsideologien: Das "Volk" sei nicht souverän und werde fremdbestimmt. Und wer die Deutschen ins Unglück führt, wird in ziemlich jeder Ausgabe wiederholt, als müsste man den eigenen Leserkreis noch konditionieren. An erster Stelle stehen die "Besatzer", die regelmäßig mit "Ami go home" bedacht werden. "Wir sind ein Militärprotektorat und eine Wirtschaftskolonie der USA. TTIP ist der Versailler Vertrag des 21. Jahrhunderts. Die neue NS-Diktatur ist die NSA-Diktatur."
Und auch kaum eine Ausgabe kommt ohne die Relativierung des Nationalsozialismus aus. Compact will die Stimme des "Volkes" sein, ist aber völkische Stimmungsmache. Die beiden Soziologen Kevin Culina und Jonas Fedders analysieren die Bedeutung des Antisemitismus in der Zeitschrift Compact. Ihr Buch "Im Feindbild vereint" ist vor kurzem erschienen. In einem Hintergrundgesprächerläutern sie ihre Thesen zu Querfront, Antisemitismus, Nationalismus, Demokratie und Kapitalismuskritik.

 

Skandal um Burbacher Flüchtlingsheim: ziehen Rechte und Rocker die Strippen?

Der Skandal um das Burbacher Flüchtlingsheim scheint sich auszuweiten. Mitarbeitern des DRK und der Security-Firma waren systematische sexuelle Übergriffe auf Frauen vorgeworfen worden. Neue Recherchen legen nahe, dass hinter den Beschuldigten ein rechtes Netzwerk aus Rockern steht.
Likes bei der NPD und rechten Verschwörungsseiten, Putin- und Russlandkitsch, ein einschlägiger Motorradclub – wer sich durch die Online-Profile von Mitarbeitern einer Security-Firma aus Siegen klickt, gerät schnell in einen Sumpf aus rechtsradikalem Gedankengut, ultramaskulinem Gepose und Bezügen zum Rocker-Milieu. Die Sicherheitsfirma hält Aufträge in mehreren Flüchtlingsheimen. Gegen Mitarbeiter der Firma wird seit Anfang Juni ermittelt, weil der Verdacht im Raum steht, dass sie Frauen in einem Flüchtlingsheim in Burbach systematisch sexuell ausgebeutet haben könnten, in einem Fall geht es um eine Entführung mithilfe von K.O.-Tropfen.

 

Berlins Innensenator Henkel rastet aus: Linke mit SA und SS gleichgesetzt

Der umstrittene CDU-Innensenator Frank Henkel sorgt mit einem Nazi-Vergleich für Empörung. Auf einem Landesparteitag unterstellte er der linken Szene in Berlin „Methoden von SA und SS“. Wörtlich sagte der CDU-Mann mit Blick auf die Auseinandersetzungen um die Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain, „wenn es zutrifft, dass der Anwalt der Eigentümerseite durch einen Anschlag eingeschüchtert werden sollte, wenn das so stimmt, dann sind das Mafia-Methoden, die Methoden von SA und SS. Dagegen müssen wir aufstehen“.
Berlins Linkenchef Klaus Lederer nannte Henkel daraufhin „eine Schande für die Stadt“, in der der Holocaust geplant, beschlossen und auch von der SS bewerkstelligt wurde. Henkels Gleichsetzung von Linken mit den „Schergen eines staatlichen Vernichtungsregimes“ sei „krass geschichts- oder skrupellos“. Die „eigene Unfähigkeit mit Shoa-Relativierung zu überdecken“ sei „absolut inakzeptabel“. Lederer wörtlich: „Abtreten sollte der Mann, sofort.“

 

Testspiel abgesagt: Werder Bremen will rechten Lazio Rom Fans keine Bühne bieten

Vor wenigen Tagen war der Schwarze Werder-Profi Melvyn Lorenzen vor seinem Haus von Unbekannten Tätern verprügelt worden. Ob rassistische Täter dahinterstecken, ist unklar.
Doch unabhängig davon setzt Werder Bremen nun ein politisches Zeichen. Der Klub verzichtet auf das geplante Testspiel gegen Lazio Rom. Der Fußball-Bundesligaclub reagierte damit auf Hinweise, dass die Partie am 6. August im Weserstadion von extrem rechten Gruppierungen als Bühne missbraucht werden sollte. „Das wird uns von verschiedenen relevanten Quellen bestätigt“, teilte Werders Geschäftsführer Klaus Filbry mit. „Diese Öffentlichkeit wollen wir in einem Testspiel nicht bieten“, fügte er hinzu.

Der Verein „Lazio Rom“ steht auch für eine Fan-Szene, die seit Jahren von neonazistischen Gruppen dominiert wird. Zwar scheinen aus Rom bislang keine Fans anzureisen – doch gibt es Hinweise, dass für das Spiel im August rechtsextremistische Hooligans aus Ostdeutschland nach Bremen mobilisieren.
Fans des Berliner Vereins BFC Dynamo sowie von LOK Leipzig rufen dazu auf, zum Spiel von Lazio Rom nach Bremen zu kommen – mit eindeutiger Botschaft: „Fuck Valentin, Fuck Antifa“ heißt es auf einem Mobilisierungs-Bild auf Facebook. „Alle hin und die Zecken klatschen“, kommentiert ein Nutzer.

 

Bochum Total: „Hinweise für arabisch sprechende Gäste“ sorgen für Shitstorm

Ein Facebook-Post hat bei vielen Fans des Musikfestivals „Bochum Total“ für Furore gesorgt. Der Veranstalter hatte am Donnerstag „ein paar gutgemeinte Infos und Tipps für unsere arabisch sprechenden Gäste“ bei Facebook veröffentlicht. Darin heißt es in der nachfolgenden deutschen Version: „Kommt alle zu Bochum total, aber versteht, dass die Deutschen auf ihre Art feiern und dass viel Alkohol getrunken wird. Auf keinen Fall wollen Frauen angebaggert oder bedrängt werden.“ Mit der Ergänzung: „Auch nicht, wenn sie nur wenig Kleidung tragen. Das ist hier so üblich.“
Ein regelrechter Shitstorm folgte prompt: Viele Besucher der sprachen von Rassismus. Einige Bands schlossen sich dem Urteil – Marathonmann, Smile and Burn, Astairre und Lygo sagten deshalb ihre Auftritte ab. Die Gruppe Radio Havanna wollte hingegen spielen, spendet ihre Gage aber an die Organisation „Pro Asyl“.
Nach überwältigender Kritik veröffentlichten die Organisatoren ein Statement, das von „Missverständnissen“ sprach – eine echte Distanzierung sieht anders aus. Erst nachdem der Shitstorm sich daraufhin nochmals intensivierte, entschuldigten sich die Veranstalter am Freitag Mittag unmissverstädlich.

 

Bodo Ramelow: „Uwe Mundlos und Uwe Bönhardt haben mich persönlich bedroht“

Sachsen sorgt immer wieder für Negativschlagzeilen wegen der Übergriffe von Neonazis, doch auch Thüringen ist nicht frei davon. Wie gehen Sie damit um?

Das ist doch keine neue Entwicklung, weder in Sachsen noch in Thüringen. Ich habe mir da nie Illusionen gemacht. Deshalb bin ich so verwundert, dass man in Sachsen so verwundert ist. Wir hatten hier den größten Waffenfund nach 1945, den größten Neonazi-Aufmarsch auch. Der rechtsextreme Thüringer Heimatschutz entstand mit freundlicher Unterstützung von Tino Brandt und dem Verfassungsschutz. Und nicht zuletzt haben mich die beiden NSU-Kader Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt persönlich bedroht. Ich habe eine sehr persönliche und sehr furchtsame Erinnerung an diese beiden Uwes. Diese Bedrohung habe ich bis heute behalten, die spüre ich regelrecht.

Wo liegen die Unterschiede zwischen Sachsen und Thüringen?

Es ist nicht der Umstand, dass es Neonazis gibt. Die gibt es hier wie dort. Es ist vielmehr der Umgang der demokratischen Parteien damit. Als in Pößneck das Schützenhaus von Neonazis gekauft wurde, hat mich CDU-Regierungschefin Christine Lieberknecht gefragt, ob ich dorthin mitfahren würde, um Gesicht zu zeigen. Gemeinsam Gesicht zeigen gegen braunen Ungeist – so hieß das Motto. Sachsen ist davon doch noch meilenweit entfernt.

 

Entweder oder? Die Logik der falschen Alternativen muss unterbrochen werden

Vor etwas mehr als einem Jahr fragte mich auf einer Veranstaltung in Sachsen jemand, wie es denn sein könne, dass ich "nichts gegen Muslime" habe, ich sei doch schließlich homosexuell. In diesem Fall war ich derart perplex, dass ich verstummte. Am nächsten Morgen, als es natürlich zu spät war, fiel mir ein, was ich hätte antworten können: "Wissen Sie was? Es gibt sogar schwule Männer, die keine Opern mögen, lesbische Frauen, die kein Talent zum Heimwerkern haben und Sachsen, die keine Rassisten sind."
Sie nehmen zu, diese absichtsvoll eingesetzten, falschen Gegensätze. Sie bezwecken Abkürzungen im Diskurs: unbequeme Ambivalenzen, mühsame Präzisierungen, kleinteiliges Erörtern werden ausgeschaltet. Sie befördern die bereits ausgeprägte Dynamik der Polarisierung in der demokratischen Öffentlichkeit weiter.

 

Beatrix von Storch von Lesbisch-schwulem Stadtfest in Berlin verwiesen

Offenbar war sie kein gern gesehener Gast: Die Berliner AfD-Landesvorsitzende Beatrix von Storch wurde am Samstag offenbar vom Lesbisch-schwulen Stadtfest in Berlin-Schöneberg verwiesen. Ein Facebook-Post von Travestie-Diva Nelly Morell zeigt die Politikerin und schildert, dass ein Platzverweis ausgesprochen wurde.
Offenbar war sie kein gern gesehener Gast: Die Berliner AfD-Landesvorsitzende Beatrix von Storch wurde am Samstag offenbar vom Lesbisch-schwulen Stadtfest in Berlin-Schöneberg verwiesen. Ein Facebook-Post von Travestie-Diva Nelly Morell zeigt die Politikerin und schildert, dass ein Platzverweis ausgesprochen wurde.
Viele Parteien unterhielten Stände bei dem jährlichen Fest rund um die Motzstraße im für seine queere Community bekannten Stadtteil Schöneberg. Die AfD allerdings war dort nicht vertreten. Neben 350.00 anderen Menschen besuhte auch Berlins regierender Bürgermeister, Michael Müller, die Veranstaltung.

 

Queerer Alltag in Berlin

Wir sind seltsam und wir stehen dazu! Leute, die so denken und sich selbst als seltsam bezeichnen, gibt es viele in Berlin. Sie tun das allerdings unter dem englischen Wort für seltsam - "queer". Diese Woche läuft am Potsdamer Platz auch ein queeres Straßenfest. Für diesen Radio-Beitrag hat Dena Kelishadi hat drei queere Menschen, die in Berlin leben, getroffen. Sie alle widersetzen sich den Lebensformen, die in unserer Gesellschaft als normal gelten und haben einen ganz eigenen Blick auf die Liebe.
Die 28-jährige Drag-Queen Nina Queer hat sich in Berlin längst einen Namen gemacht. Sie hat eine eigene Radiosendung und macht mobil gegen Diskriminierung. "Für mich hat der Begriff queer viel mit Revolution, mit Demonstration zu tun. Man muss sich öffentlich zeigen und zur Homosexualität bekennen und für seine Rechte kämpfen", betont sie. Der Begriff "Queer" werde aber zunehmend verheizt.

 

Reden über „Volksgemeinschaft“: Neuauflage des Nazijargons in der AfD

Der Historiker Michael Wildt kritisiert den AfD-Gebrauch des NS-Kampfbegriffs „Volksgemeinschaft“.

Herr Wildt, der Begriff der Volksgemeinschaft ist eine tragende Säule rechter Bewegungen. Teile der Alternative für Deutschland (AfD) versuchen nun, ihn positiv zu besetzen und in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Ist der Begriff der Volksgemeinschaft untrennbar verbunden mit der Nazizeit?
Der Begriff der Volksgemeinschaft wurde vor 1933 von vielen Parteien in der Weimarer Republik, auch von demokratischen, verwendet. Sie verwendeten ihn eher inklusiv. Auf der Rechten, insbesondere bei der NSDAP, ging es dagegen vor allem darum, zu definieren, wer nicht zur Volksgemeinschaft dazugehören darf. Wer daher, wie die AfD heute, wieder mit dem Begriff der Volksgemeinschaft politisch hantiert, muss schon erklären, wie er es mit dem Antisemitismus hält, der mit der „Volksgemeinschaft“ nach 1933 untrennbar verbunden war.

Die AfD spricht hauptsächlich davon, was und wer nicht zur Volksgemeinschaft gehört. Muslime beispielsweise, die nicht vollständig assimiliert sind, gehörten ausgeschlossen. Und auch Schwule und Lesben sollten nicht mehr halb nackt öffentlich tanzen dürfen.

Das ist zwar kein Nationalsozialismus, aber dass die Ausgrenzung ein so zentrales Thema ist, verweist darauf, wie die AfD „Volksgemeinschaft“ versteht. Nicht die Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger, gleich welchen Geschlechts, welcher Religion oder Hautfarbe, steht im Mittelpunkt, sondern die Ausgrenzung – wer zu Deutschland dazugehören darf und wer nicht. Und wer bestimmt denn über diese Kriterien? Wollen wir eine Bundesamt für deutsche Leitkultur, das vorschreiben würde, was deutsch ist und was nicht?
In der AfD stellt man sich eine völkische Homogenität vor, die es nie gab. In Deutschland lebten immer verschiedene Ethnien zusammen, und von einer einheitlichen Kultur kann keinesfalls die Rede sein, wenn man betrachtet, wie zersplittert die Gesellschaft auch schon vor der Zeit der Weimarer Republik war.

 

Rassismus bei der Polizei - nur ein US-Problem?

Die USA sind in Aufruhr, Tausende demonstrieren für ein Ende der Polizeigewalt gegen Afroamerikaner. Amerika hat ein Rassismusproblem - auch bei der Polizei. Doch auch in Deutschland gibt es immer wieder Fälle, in denen Polizisten gewalttätiges oder rassistisches Verhalten vorgeworfen wird. Die Ermittlungen gegen die Beamten verlaufen aber meist im Sande: Noch immer sind Kameras bei Einsätzen kein Standard und Opfern wird nicht geglaubt. Nicht selten werden sie sogar zu Tätern gemacht. Mittlerweile fordern sogar die UN, dass Deutschland dringend nachbessern muss.

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