Presseschau ... 18.05.2017

Berlin: Gewaltvorwürfe gegen stadtbekannten Verschwörungstheoretiker +++ Gewalt gegen Politiker_innen nimmt in Sachsen-Anhalt zu +++ Alice Weidel verliert gegen "extra3" vor Gericht: Beschimpfung okay, weil Satire +++ Affäre Franco A.: MAD untersucht Kontakte zur „Identitären Bewegung“ +++ MV: NPD-Anwalt vertritt suspendierte Lehrerin.

 

Berlin: Gewaltvorwürfe gegen stadtbekannten Verschwörungstheoretiker

Immer häufiger berichten Bürger von einem Mann, der auf Plakaten krude, antisemitische Parolen verbreitet. Nun soll Usama Zimmmermann handgreiflich geworden sein. Zu besichtigen sind seine Aktionen vor allem in Mitte, etwa vor dem Reichstagsgebäude oder am Bahnhof Friedrichstraße. Aber auch in Neukölln und an anderen Orten wurde er schon gesehen. Nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz baute er sich vor der anwesenden internationalen Presse auf, die den Ort des Geschehens filmen und fotografieren wollte – verkleidet als Weihnachtsmann. Bislang galt er vielen als harmloser Spinner. Doch vor kurzem ist bei der Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) die Meldung eines körperlichen Angriffs durch Zimmermann eingegangen. "Am 4. Mai 2017 wurde eine Frau in der Nähe des S+U-Bahnhofs Friedrichstraße angegriffen, nachdem sie eine Person kritisierte, die Plakate mit antisemitischen Inhalten präsentierte und diese auch lautstark skandierte", schreibt RIAS. "Nachdem die Frau gegen 16:45 Uhr dem ihr unbekannten Mann sagte, er solle es lassen, da es Antisemitismus sei, schlug dieser ihr mit dem Schild auf den Kopf und mit der Faust ins Gesicht." Als die Frau zu Boden gefallen sei, habe er ihr gegen die Rippen getreten, wobei er deutlich gegen ihren Kopf gezielt habe. Erst als Passanten eingegriffen hätten, habe die Frau fliehen können. "Der Angreifer, Usama Z. ist der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus bekannt, jedoch wurde uns bisher nicht von der Anwendung physischer Gewalt berichtet."

 

Gewalt gegen Politiker_innen nimmt in Sachsen-Anhalt zu

Im Jahr 2016 registrierte die Polizei 31 Attacken auf Wahlkreis- und Abgeordnetenbüros der Parteien in Sachsen-Anhalt. Am häufigsten betroffen waren Büros der AfD, gefolgt von Linken, SPD und CDU. Dieser Trend hält 2017 an. Laut Innenministerium wurden bis Ende April elf Angriffe auf Büros verbucht. Wieder war die AfD mit fünf Fällen am meisten betroffen. Danach kamen Linke, und SPD (je zwei) sowie CDU und Grüne (je ein Fall). Ministerpräsident Haseloff hat in der Vergangenheit mehrfach Todesdrohungen bekommen.

 

Alice Weidel verliert gegen "extra3" vor Gericht: Beschimpfung okay, weil Satire

In der NDR-Sendung "extra3" durfte AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel als "Nazi-Schlampe" bezeichnet werden. Weil es satirisch gemeint war, urteilt das Hamburger Landgericht.
Anmerkung der Redaktion: Wer das nutzt, darf sich allerdings nicht mehr über ein abwertendes Frauenbild bei den Rechtspopulist_innen ereifern.

 

Affäre Franco A.: MAD untersucht Kontakte zur „Identitären Bewegung“

Der Militärgeheimdienst ermittelt gegen vier Studenten der Universität der Bundeswehr, die in Verbindung mit dem Terrorverdächtigen Franco A. gestanden haben sollen. Es geht um Verbindungen zu einer in Teilen vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation. Insgesamt hat der MAD den Angaben zufolge elf Studenten im Visier, von denen einige Kontakte zur Burschenschaft Danubia haben sollen. Im Verfassungsschutzbericht Bayerns von 2015 wird diese Burschenschaft wegen Verbindungen zur rechtsextremen Szene erwähnt.

 

Franco A.: Bundeswehr leitet Disziplinarverfahren gegen Vorgesetzte ein

Die rechtsextreme Gesinnung von Franco A. war schon bei seiner Masterarbeit aufgefallen – ohne Folgen. Zwei frühere Vorgesetzte müssen sich dafür verantworten. Ihnen werde vorgeworfen, Dienstpflichten verletzt zu haben, weil sie 2014 konkrete Hinweise auf die rechtsextreme Gesinnung von Franco A. nicht an den Militärischen Abschirmdienst weiterleiteten. Als Student der französischen Elite-Militäruniversität Saint-Cyr hatte Franco A. eine Masterarbeit mit dem Titel Politischer Wandel und Subversionsstrategie verfasst. Sie erschien der Universität als klar rechtsextrem und rassistisch. Deswegen empfahl die Uni der Bundeswehr sogar, Franco A. aus der Bundeswehr zu entfernen. Das blieb jedoch folgenlos: Die Akte wurde nach einer Vernehmung von Franco A. geschlossen.

 

Fall Franco A.: BAMF arbeitet fehlerhaft

In der Affäre um den unter Terrorverdacht stehenden rechtsextremen Oberleutnant Franco A. hat die angeordnete Überprüfung von Asylverfahren Medienberichten zufolge Bearbeitungsfehler ergeben. Wie die Zeitungen „Bild“ und „B.Z.“ ohne nähere Angaben von Quellen berichteten, fielen nach der Hälfte der geplanten 2000 Überprüfungen in zehn bis 15 Prozent der Fälle Fehler auf. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) überprüft nach dem Auffliegen des als Flüchtling getarnten Bundeswehrsoldaten 2000 bereits abgeschlossene Asylverfahren.

 

MV: NPD-Anwalt vertritt suspendierte Lehrerin

Die wegen ihrer Mitwirkung an einem rechtsextremen Aufmarsch suspendierte Grundschullehrerin aus Vellahn (Landkreis Ludwigslust-Parchim) sucht die Nähe zur verfassungsfeindlichen NPD. Sie hat in dem juristischen Streit mit dem Bildungsministerium in Schwerin den Anwalt Peter Richter beauftragt. Der ist gleichzeitig stellvertretender Landesvorsitzender der NPD im Saarland und gilt als Chefjurist der Partei. Die Lehrerin gilt wegen ihrer Rede während eines Aufmarsches von Rechtsextremen Anfang des Monats in Boizenburg als unhaltbar. Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Simone Oldenburg, forderte ihre Kündigung. Die Frau stehe offenbar nicht auf dem Boden des Grundgesetzes und dessen Werten. Auch im Kollegium soll es frühzeitig Hinweise auf rechtsextreme Tendenzen gegeben haben. So habe die Lehrerin in der Vergangenheit an mehreren Aufzügen der rassistischen und NPD-gesteuerten MVgida teilgenommen. Die Frau hat offenbar auch auf Schüler politisch Einfluss nehmen wollen - und dafür bereits eine Abmahnung erhalten.

 

NSU-Prozess: Blood and Bundesamt

Geht es nach den Verteidigern des Mitangeklagten Ralf Wohlleben, kann der inzwischen vierjährige NSU-Prozess noch eine Weile dauern. Am Mittwoch nutzten sie den letztmöglichen Termin, um regulär Beweisanträge zu stellen – spätere müssten mit neuen Erkenntnissen begründet werden. Wohllebens Anwältin Nicole Schneiders, die ihren wegen Beihilfe zum Mord angeklagten Mandanten aus gemeinsamen Zeiten im NPD-Kreisverband Jena kennt, scheute sich nicht, einen anderen Neonazi als Tatverdächtigen zu nennen: Jan Werner, ehemals Chef der sächsischen Sektion des 2000 in der BRD verbotenen Netzwerks »Blood and Honour«. Dessen deutscher »Divisionsleiter« Stephan Lange war am Dienstag durch einen ARD-Bericht als V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz bekannt geworden. Schneiders legte in ihrem Beweisantrag nahe, dass nicht ihr Mandant, sondern Werner die Tatwaffe für neun der zehn dem NSU zugeordneten Morde beschafft habe.

 

NSU-Prozess: Zschäpes Mutter muss erneut vor Gericht erscheinen

Kommende Woche soll die studierte Zahnärztin Annerose Zschäpe nun erneut vor Gericht erscheinen - bisher hatte sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Annerose Zschäpes Ladung war abzusehen, nachdem Gutachter Joachim Bauer ihrer Tochter im Tatzeitraum der NSU-Verbrechen eine schwere abhängige Persönlichkeitsstörung attestiert hatte. Zudem sieht der Facharzt für Psychiatrie, der Beate Zschäpe im Auftrag ihrer Verteidigung begutachtete, die Voraussetzungen für eine verminderte Schuldfähigkeit gegeben. Annerose Zschäpe muss diese Einschätzung nun stützen, sonst könnte das Gutachten fraglich sein. Bauer nämlich hatte angegeben, die polizeilichen Vernehmungsprotokolle der Mutter seien eine "unverzichtbare" Grundlage für seine Exploration. Er wusste ganz offensichtlich nicht, dass ihre Aussagen gegenüber den Ermittlern des Bundeskriminalamts (BKA) ohne ihr explizites Einverständnis im Prozess nicht verwendet werden dürfen.

 

Tribunal zur NSU-Mordserie: „Die Opfer sind keine Statisten“

Das Leid und die Erfahrungen der Hinterbliebenen spielen in der Justiz nur eine geringe Rolle. Deshalb haben sie nun in Köln ein eigenes Tribunal organisiert.
In München wird seit vier Jahren gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte verhandelt. In den Ländern laufen immer noch fünf Untersuchungsausschüsse. Das alles hat nichts gebracht?
Was wird denn da aufklärt? Es ist doch ziemlich offensichtlich, dass der NSU mehr Mittäter hatte als das Trio. Wissen wir, trotz alledem, wer sie waren? Nein. Und sprechen wir darüber, welche Verantwortung der Staat für diese grauenhaften Taten trägt? Nein. Was in München und den Ausschüssen geschieht, ist oft nur Theater. Und wir sind ein Teil davon, indem wir zuschauen und darüber reden, aber sonst nichts daran ändern. Das ist der Grund, warum es jetzt das Tribunal gibt.

http://www.taz.de/!5406634/

 

Antisemitismus in Berliner Schulen: Der Jude als Klassenfeind

Beleidigt, bedroht, geschlagen. In den Schulen werden nicht nur - vermeintlich - homosexuelle, sondern auch jüdische Kinder angegriffen. Die Lehrer versuchen gegenzusteuern. Und stoßen an Grenzen.

 

Josef Schuster im Interview: "Niemand wird als Antisemit geboren"

Den Juden in Deutschland bereitet es zunehmend Sorge, dass unter den Flüchtlingen viele antisemitisch eingestellte Menschen sind. Auch deshalb engagieren sie sich bei der Integration, sagt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, im Interview. 

 

"Identitäre" kapern Segelschiff "Alexander von Humboldt"

Neurechte Aktivisten der „Identitären Bewegung" haben auf der Alexander von Humboldt an der Bremer Schlachte ihre Flagge gehisst. Mit der Aktion wollen sie unter anderem gegen Hilfseinsätze im Mittelmeer protestieren.  Die Gruppe hisste ihre Flaggen mit dem griechischen Lambda-Symbol sowie ein flüchtlingsfeindliches Banner. Der Besitzer des Schiffs hat Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet. Nach einem Bericht des Informationsdienstes „Blick nach rechts“ blockierten Anhänger der „Identitären“ in der vergangenen Woche im Hafen der italienischen Stadt Catania mit einem kleinen Boot die Aquarius – ein Schiff der Hilfsorganisation SOS Mediterranee. Die Aquarius wurde so kurzzeitig am Auslaufen gehindert, bis die Hafenbehörde das Treiben beendete. Nach der Aktion konnte die Aquarius unbeschadet in Richtung libyscher Küste aufbrechen. Dort will die Besatzung des Schiffs Geflüchtete retten, die in Seenot geraten sind. Das Schiff war im Februar vergangenen Jahres von Bremerhaven aus zu seiner Mission gestartet. Die Rechtsextremen wollen bei ihren Blockade-Aktionen nun noch einen Schritt weiter gehen. „Wir brauchen ein Schiff, ein Kapitän und eine Crew“, hieß es in einem Online-Aufruf der „Identitären Bewegung“ bei Facebook.

 

"Identitäre" in Berlin: "Aktivisten nur in zweistelliger Zahl"

Nur wenige Menschen beteiligen sich an den Aktionen der ­sogenannten Identitären in der Hauptstadt. Gespräch mit Michael Trube von der Mobilen Berautng gegen Rechtsextremismus in Berlin.

 

Das Budapester Stadtgericht hat am Mittwoch den aus Deutschland geflüchteten Holocaustleugner Horst Mahler in vorläufige Abschiebehaft genommen. Der 81-jährige Mahler war am Montag in der westlichen Grenzstadt Sopron von der ungarischen Polizei festgenommen worden. In Deutschland war er 2009 wegen Volksverhetzung und Leugnung des Holocaust zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

 

Enschede erwartete niederländischen Pegida-Ableger zur Demo

Der niederländische Ableger der rechtsextreme Protestbewegung Pegida hat eine Anti-Islam-Demonstration in Enschede angekündigt. Am 18. Juni soll im Stadtzentrum protestiert werden. Außerdem soll die Hooliganband Kategorie C aus Bremen oder zumindest dessen Sänger Hannes Ostendorfer auftreten. Das berichtet der Twentsche Courant Tubantia.

 

Petry will scharfen AfD-Rechtsausleger Jens Maier von Partei ausschließen

Er pries die NPD und soll sogar für Massenmörder Anders Breivik Verständnis haben: Jens Maier ist AfD-Mann vom rechten Parteirand. Frauke Petry will ihn aus der Partei werfen - ein riskanter Schritt.
In den nächsten Tagen wird Frauke Petry ihr fünftes Baby bekommen. Aber die werdende Mutter gönnt sich auch auf den letzten Metern keine Pause im internen Machtkampf der AfD: Nach SPIEGEL-Informationen hat die Bundessprecherin, die auch den sächsischen Landesverband führt, gemeinsam mit ihrem dortigen Generalsekretär ein Parteiausschlussverfahren gegen den Bundestagskandidaten Jens Maier eingereicht, einen der schärfsten Rechtsausleger der AfD. Darüber soll Petry ihre Landesvorstandskollegen in der Nacht auf Mittwoch per Mail informiert haben.

Rechtsextremismus-Vorwurf gegen AfD-Berater: Sympathien für "Identitäre Bewegung"?

Ein Mitarbeiter der AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag soll der "Identitären Bewegung" nahe stehen. Die AfD-Fraktion will das prüfen.

 

"Wir werden dich mit einem Baseballschläger schlagen"- Motsi Mabuse spricht über Rassismus-Erfahrungen im Alltag

Über ihre Hautfarbe hat Motsi Mabuse (36) bislang nicht viel gesprochen. Der 'Let's Dance'-Star sah keinen Anlass dazu. Das hat sich inzwischen aber geändert, denn das Klima in Deutschland hat sich ihrer Erfahrung nach verschärft.

http://www.vip.de/cms/wir-werden-dich-mit-einem-baseballschlaeger-schlagen-motsi-mabuse-spricht-ueber-rassismus-erfahrungen-im-alltag-4113980.html

 

Keine Auftritte im ZDF mehr: Ist Hans Meiser ein Verschwörungstheoretiker?

Das ZDF hat es am Mittwoch bestätigt: Der ehemalige RTL-Moderator Hans Meiser wird wegen Verbindungen zu einem Verschwörungsportal nicht mehr in dem Sender auftreten. Die Vermutung liegt zunächst nahe: Jan Böhmermann könnte den ehemaligen RTL-Moderator Hans Meiser bei einem Verschwörungsportal eingeschleust haben, um diese Plattform irgendwann öffentlichkeitswirksam vorzuführen. Auch wenn man sich die plumpen Ansprachen anschaut, die Meiser für „Watergate.tv“ aufgenommen hat, kann man kaum glauben, dass er das wirklich ernst meint. Aber von den Fans der Verschwörungsseite wird er ernst genommen, nur dank ihm hat sie wohl so einen Erfolg: 23.000 Mal wurde der Beitrag „HANS MEISER enthüllt: So verhindert die Weißkittelmafia die Krebsheilung!“ auf Facebook geteilt. Meiser spricht nicht nur Beiträge für die Plattform ein, er ist sogar eine Art Posterboy, der unter dem Punkt „Das sind wir“ als erster Autor aufgeführt wird. Hans Meiser, heißt es, habe den Fernsehsender RTL „geprägt wie kein zweiter“. Als Mitglied von Watergate.tv werde er jetzt die Internet-TV-Landschaft „auf den Kopf stellen“. Der 70-Jährige hat tatsächlich eine große Karriere im deutschen Fernsehen hinter sich. Meiser spielte im „Neo Magazin Royale“ von Jan Böhmermann zuletzt neben dem Bundespräsidenten „Hans-Meiser Steinmeiser“ auch den „den kleinen Mann“, eine Figur, die überspitzt darstellte, wie sich Pegida-Demonstranten und Verschwörungstheoretiker aufführen: Die „verdammte Lügenpresse“ brauche er nicht, sagte „der kleine Mann“ mal. „Ich habe das Internet." Das hat er nun.

drucken