Presseschau ... 16.08.2016

+++ Messerangriff auf Nazi-Gegner in Dortmund +++ Johanngeorgenstadt: Schweinekopf vor Flüchtlingsunterkunft aufgespießt +++ Fürstenzell: Nackter Mann schreit Naziparolen +++ „Kommunistenschwein!“ – AfD-Politiker attackiert behinderten Parteikollegen +++

 

Messerangriff auf Nazi-Gegner in Dortmund

In Dortmund kam es gestern zu einem bewaffneten Angriff durch drei Maskierte auf einen 24-jährigen Nazi-Gegner, der dabei von einem Messer verletzt wurde. Sie hatten ihm vor seiner Wohnung aufgelauert. Der Verletzte war zwei Wochen zuvor von zwei stadtbekannten Neonazis angegriffen worden, die er daraufhin anzeigte. Über die Anzeige sollen Nazis dann an seine Adresse gekommen sein. Die Linke NRW geht wegen des zeitlichen Zusammenhangs derzeit von einer politisch motivierten Tat aus.

 

Johanngeorgenstadt: Schweinekopf vor Flüchtlingsunterkunft aufgespießt

Widerlicher Anschlag in Johanngeorgenstadt im sächsischen Erzgebirge. Islamhasser spießten in der Nacht einen blutigen Schweinekopf auf dem Weg zur Flüchtlingsunterkunft in einem alten Ferienheim auf und hinterließen eine fremdenfeindliche Botschaft.
„Am Kopf des Tieres hatten die unbekannten Täter ein Schild mit ,refugees not welcome' angebracht“, sagte Polizeisprecherin Jana Kindt zu der Tat. Eine Streife hatte auf einem „selbstgebauten Ständer“ den aufgespießten Schweinekopf am Sonntagabend, gegen 23.20 Uhr, in der Steigerstraße entdeckt.

 

Fürstenzell: Nackter Mann schreit Naziparolen

Am 14. August 2016 lief ein verwirrter Mann nackt in Fürstenzell (Bayern) herum, warf Gegenstände von den Anwesen der Anwohner herum und schrie rechtsgerichtete Parolen. Als die Anwohner den 22-Jährigen auf sein Verhalten ansprachen, wurden sie von diesen attackiert und ins Gesicht geschlagen.
Auch die eintreffenden Polizeibeamten, die der Person einer Kontrolle unterziehen wollten, wurden sofort von ihm angegriffen. Nur mit mehreren Einsatzkräften konnte der sich in einem psychischen Ausnahmezustand befindliche Mann überwältigt und bis zum Eintreffen eines Notarztes ruhig gestellt werden.

 

„Kommunistenschwein!“ – AfD-Politiker attackiert behinderten Parteikollegen

Einen heftigen Disput hat es zwischen den Bad Nenndorfer AfD-Politikern Volker Riehs und Peter Hardtke gegeben. Hardtke soll Riehs auf den Stumpf von dessen amputiertem Arm geschlagen haben.
Riehs, dessen rechter Arm komplett amputiert ist, war vor fünf Jahren noch für die Linke in den Kommunalwahlkampf gezogen, wechselte zwischenzeitlich aber zur AfD und wollte für diese Partei in den Kreistag. Wiederholt soll Hardtke, der der AfD seit ihrer Gründung angehört, bei Vorstandssitzungen mit Kraftausdrücken wie „Kommunistenschwein“ und „linke Socke“ über Riehs hergezogen sein.
Zum Eklat kam es dann bei einer Parteiveranstaltung in Stadthagen. Vor mehreren Zeugen schlug Hardtke Riehs ausgerechnet auf dessen Armstumpf. Vor lauter Entsetzen rief der Attackierte nur: „Was war das denn jetzt?“
Mehrere Zeugen bestätigen den Vorfall. Hardtke wurde aus dem Vorstand des Kreisverbandes entlassen, ein parteiinternes Verfahren läuft.

 

Prozess um rechten Überfall in Ballstädt: Streit um geschwärzte Akten des Verfassungsschutz

Eine Frau und 14 Männer sollen 2014 im Thüringischen Ballstädt eine Kirmesgesellschaft brutal überfallen haben. Dafür stehen sie seit Ende des Jahres 2015 vor dem Landgericht Erfurt. Seit Prozessbeginn schweigen sie. Um so aufschlussreicher sollen Telefongespräche zwischen den Angeklagten sein, die der Thüringer Verfassungsschutz mitgeschnitten hatte.
Drei Monate hatte das Gericht auf die Akten gewartet. Zum Ärger von Kristin Pietrzyk wurden die vom Verfassungsschutz in Teilen geschwärzt: "Es ist einfach überhaupt kein Grund ersichtlich, warum diese Sachen geschwärzt sind. Weder Quellenschutz noch Geheimnisschutz kommen in Frage."
Stephan Kramer, Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, sagt dazu: "Man muss sich im Klaren sein, dass wir das nicht aus Jux geschwärzt haben oder um dem Gericht irgendwelche wichtigen Informationen vorzuenthalten, sondern um Sicherheitsinteressen des Verfassungsschutzes und der Mitarbeiter zu schützen." Die Nebenklage hält das auch aus anderen Gründen nicht für stichhaltig. Pietrzyk: "Einigermaßen peinlich ist, dass die geschwärzten Passagen anhand anderer Passagen der Staatsanwaltschaft Erfurt zu rekonstruieren sind und damit diese Schwärzungen eigentlich ad absurdum geführt werden.“

 

Verfahren in Frankfurt: Polizist deckt schlagenden Kollegen

Das Frankfurter Amtsgericht stellt ein Verfahren gegen einen Oberkommissar ein, der einen Kollegen nach Schlägen deckte. Das Verfahren gegen den Schläger ist auch eingestellt worden.
Nach einer Partynacht landen zehn junge Männer auf einer Frankfurter Polizeiwache. Dort sind sie kaum zu bändigen. Besonders Sebastian M.: Der damals 17-Jährige pöbelt auch nach Ermahnung weiter. Es ist 3.50 Uhr an jenem Morgen als ein Polizeibeamter seine betritt und den Kopf des 17-Jährigen zweimal gegen die Zellenwand schlägt.
Gut zwei Wochen später muss Oberkommissar Stefan K. einen Bericht dazu verfassen. Der Kollege sei einem Schlag des Jugendlichen ausgewichen und habe diesem dann eine Ohrfeige gegeben, notiert K. wahrheitswidrig. Dumm nur, dass besagter Kollege später in einem Prozess den wahren Sachverhalt einräumen muss.
Sein Mandant sei da „so reingeschlittert“ und habe „Gesehenes und Gehörtes“ vermischt. Der Staatsanwalt hört sich den Unfug geduldig an und stimmt einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 2000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu. Schließlich sei das Verfahren gegen den Beamten, der den 17-Jährigen misshandelte, für die gleiche Summe eingestellt worden.

 

Fünfstelliger Betrag entwendet: Untreue-Skandal erschüttert den NPD-Landesverband NRW

Der NPD-Landesverband NRW wird von einem Skandal erschüttert: Die bisherige Landesschatzmeisterin Yvonne Weber hat einen fünfstelligen Betrag aus der Parteikasse veruntreut. Dies geht aus einem Rundschreiben des NPD-Landesvorsitzenden Claus Cremer hervor .
Was ist passiert? Nachdem sich die Abgabe des Landesrechenschaftsberichtes verzögerte, hatte der Vorstand eine außerordentliche Prüfung der Landeskasse initiiert. „Nach intensiveren Prüfungen bzw. Nachforschungen steht heute fest, daß Frau Weber scheinbar einen fünfstelligen Geldbetrag der NPD NRW veruntreut hat“, schreibt Cremer. Sie kein von allen Ämtern zurückgetreten, kein Mitglied der NPD mehr und habe ein persönliches Schuldanerkenntnis unterschrieben, erklärt er weiter.
Die Partei, die sich gerne mit einem „Saubermann-Image“ umgibt, hat in den vergangenen Jahren schon mehrfach mit Unterschlagungen und Geldstrafen in Millionenhöhe zu tun gehabt, die die chronisch klamme Partei an den Rand des Ruins gebracht haben.

 

Pro NRW in Bonn: Mandat im Stadtrat darf nicht verkauft werden

Ein Mitglied der rechtsextremen Pro NRW hat sein Mandat im Bonner Stadtrat an einen Parteifreund verkauft. Doch der zahlte nicht pünktlich. Nun hat ein Gericht entschieden, was von dem Geschäft zu halten ist.
Für 560 Euro im Monat hat ein Mitglied der rechtsextremen Splitterpartei Pro NRW sein Mandat im Bonner Stadtrat einem Parteifreund überlassen. Zunächst sah auch alles gut aus: Der 22 Jahre alte Parteifreund überwies die erste monatliche Rate an den 55-Jährigen, der eigentlich gewählt worden war. Doch dann blieben die Zahlungen aus.
Vor Gericht wollte der geprellte Mandatsträger die restlichen monatlichen Zahlungen einklagen - und scheiterte jetzt in zweiter Instanz. Das Gericht bezeichnete den Mandatshandel als sittenwidrig.

 

Dresden: Ein Picknick ärgert Pegida

Rund 2100 bis 2700 Teilnehmer sind nach Angaben der Initiative „Durchgezählt“ am Montagabend zur Pegida-Kundgebung am Altmarkt mit anschließendem „Spaziergang“ durch die Dresdner Innenstadt zusammengekommen. Angesichts der zuletzt eher schwachen Teilnehmerzahlen forderte ein Redner die „schlauen Schreiberlinge aus dem Internet“ auf, sich der Bewegung auf der Straße anzuschließen. Namentlich genannt wurden der Publizist Henryk M. Broder, die CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld und Autor und SPD-Mitglied Thilo Sarrazin, die Pegida als Verbündete ausgemacht hat.
Begleitet wurde die Kundgebung von einem friedlichen, stummen Sitzprotest von rund zwei Dutzend jungen Menschen, die mitten auf dem Altmarkt ein Picknick veranstalteten. Die Polizei ließ die Teilnehmer gewähren, zog lediglich einen Ring um die Gruppe. Pegida-Teilnehmer skandierten daraufhin „Faules Pack“ und „Räumt die Sch... weg“.

 

Prognosen zur Landtagswahl in MV: NPD nur noch bei drei Prozent

Während der NPD-Spitzenkandidat gemeinsam mit seiner kleinen Mannschaft durch Mecklenburg-Vorpommern tourt, dürfte eine aktuelle Umfrage Udo Pastörs den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Darin sehen die Demoskopen die NPD nur noch bei drei Prozent – und damit schlechter als zuvor. Die AfD käme auf 19 Prozent Zustimmung.
Die NPD würde laut der Umfrage des INSA-Instituts im Auftrag der BILD nach zwei Legislaturperioden den Einzug ins Schweriner Schloss verpassen. Die laut Medienberichten gut 250.000 Euro starke Hasskampagne, mit der die Rechtsextremisten das Land überziehen, fruchtet offenbar nicht. Weder das scharf formulierte „Aktionsprogramm“, noch die verbalen Entgleisungen ihres bisherigen Fraktionsvorsitzenden Pastörs oder die Wahlplakate mit umstrittenen Botschaften finden größeren Anklang beim Wahlvolk. Da laufen die zahlreichen Werbevideos, mit denen sich die Partei selbst feiert, ins Leere.
Das wegen seiner Nähe zur Alternative für Deutschland umstrittene INSA-Institut sieht diese Partei bei 19 Prozent, und damit genauso stark wie die Konkurrenz von Infratest dimap.

 

Vor einem Jahr: der rechte Mob in Heidenau

Es waren die heftigsten rassistische Krawalle des vergangenen Jahres in Deutschland. Zwei Nächte lang kam es vor einem Jahr in der Kleinstadt Heidenau bei Dresden bei Protesten gegen eine Flüchtlingsunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt zu schweren Ausschreitungen.
Ein NPD-Stadtrat hatte zum Protest aufgerufen. Anti-Asyl-Initiativen mobilisierten über Facebook gegen das Notaufnahmelager. Am späten Nachmittag des 21. August zogen zunächst 1000 Leute durch Heidenau. Gegen Abend eskalierten die Proteste. Live berichteten vor Ort zunächst nur wenige – eine erschütternde Twitter-Chronik.

 

Wie eine SPD-Bürgermeisterin seit 15 Jahren dagegen kämpft, dass Nazis ihre Stadt unterwandern

Wer die Nazis von Lübtheen in Meckelnburg-Vorpommern treffen will, muss in das Herz der Stadt fahren. Das Bürgerbüro, ein Wohnhaus und ein Hotel stehen hier, alles in der Hand der Nazis und das auch noch am zentralen Ernst-Thälmann-Platz, dem eigentlich schönsten Platz im Ort.
Mecklenburg-Vorpommern ist das letzte Bundesland, in dem die NPD noch im Landtag sitzt. Sie hat sich tief in den Alltag eingegraben. Lübtheen ist so etwas wie ihre Homebase. "In Mecklenburg-Vorpommern bauen Rechtsextreme seit Jahren autarke Strukturen auf. Sie wollen eine Verbindung zwischen Wohnen, Arbeiten, Erziehung und Landwirtschaft erreichen", sagt Dierk Borstel, Professor an der Fachhochschule Dortmund und Experte auf dem Gebiet.
"Wer in die Stadt fährt, sieht als erstes ein NPD-Plakat. Das tut mir im Herzen weh", sagt Ute Lindenau. Die SPD-Politikerin ist seit fast 15 Jahren Bürgermeisterin und versucht, den Braunen etwas entgegenzusetzen.

 

Viele Flüchtlinge bejahen rechtspopulistische Einstellungen

Eine Mehrheit der Flüchtlinge bekennt sich laut einer Umfrage in Berliner Unterkünften zur Demokratie und zu einer klaren Trennung von Staat und Religion. Viele Flüchtlinge offenbarten jedoch „erhebliche politische Verständnisdefizite“, heißt es in der neuen Studie „Flüchtlinge 2016“. Eine „besorgniserregende Zahl“ der Geflüchteten stimme zudem rechtspopulistischen Aussagen vorbehaltlos zu.
„Damit ähnelt das Wertebild der Flüchtlinge in zentralen politischen Teilen am ehesten dem der AfD-Anhänger oder der Pegida-Bewegungen“, sagte Studienautor Roland Freytag von der Berliner Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft.  „In anti-liberalen Einstellungen zu Sexualität, Homosexualität, Ehe und Partnerschaft, ja selbst zu Wohn- oder Lebensformen wie einer WG zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Flüchtlingen und der deutschen Mehrheitsgesellschaft.“

 

Soziologe über Neofolk: Keine Nazimusik, aber „reaktionär und antiemanzipatorisch“

Der heiße Scheiß der Rechten – so nannte "Die Welt" vor kurzem die Bewegung der "Identitären". Das Musikmagazin "Rolling Stone" entdeckte Mitglieder der "Identitären" auf einem "Neofolk"-Festival. Es beschrieb dieses  musikalische Genre als ideale Andockstation für Neonazis, die keine sein wollen.
In ihren Ursprüngen habe die "Neofolk"-Musik viele Bezüge zum Nationalsozialismus und Faschismus gehabt, sagte der Soziologe Bernd Schulter im Deutschlandradio Kultur. Das sei bei neueren Bands wie etwa "Jännerwein" nicht mehr der Fall. Bei einer gewissen Themenwahl bestünde jedoch folgende Gefahr: "Was allerdings nicht stimmt, ist zu glauben: Wenn man über Heimat, Tradition, Brauchtum und diese Position in eine ganz starke Gegenstellung gegen eine Moderne bringt – das das etwas Unpolitisches ist. Man könnte also sagen: Neofolk ist keine Nazi-Musik, aber zutiefst reaktionär und anti-emanzipatorisch gefärbt."

 

Wissenschaftliche Studie: Wer ist NoPegida?

Stammen die Teilnehmer bei Pegida vor allem aus der mittleren und älteren Generation, so überwiegt bei NoPegida kaum eine Geschlechtergruppe - mit einer starken Überrepräsentation jüngerer Menschen.
Das Göttinger Institut für Demokratieforschung um Franz Walter hatte frühzeitig das mittlerweile stark verblasste Phänomen Pegida aufgearbeitet; es beschreibt, analysiert und bewertet nun, das Pendant, das sich Pegida in den Weg stellt: NoPegida.
Die quantitative Erhebung umfasst 743 Personen, die qualitative acht „Fokusgruppen“ mit 54 Personen in vier ausgewählten Orten des Protestes: Dresden, Karlsruhe, Frankfurt am Main und Leipzig. Das betont „bürgerliche“ Dresden fällt aus dem Rahmen - wegen der Minderheitenposition NoPegidas und der spät entfalteten zivilgesellschaftlichen Proteststrukturen.

 

Comic über eine Jugend zwischen Neonazis – Dortmund im Schatten des Hakenkreuzes

Würde Nils Oskamp, ein 1969 im Ruhrgebiet geborener Comiczeichner, nicht mit so großer Verve für die Authentizität der von ihm erzählten Geschichte einstehen, man könnte kaum glauben, was in „Drei Steine“ geschildert wird. Da wird Oskamp, damals vierzehn Jahre alt, in aller Öffentlichkeit zusammengeschlagen, und niemand kümmert sich darum. Da lässt ein ewiggestriger Musik- und Geschichtslehrer seine Klasse das Deutschlandlied singen und bedauert, dass die erste Strophe verboten sei – bevor er Strategien ersinnt, wie die Schlacht von Stalingrad doch zu gewinnen gewesen wäre. Da will die Leitung einer Realschule nichts von Übergriffen durch Neonazis auf dem Schulgelände hören und schickt dem verprügelten Oskamp einen Tadel wegen Zuspätkommens nach Hause.

 

Risse in der Fassade – Eine Schule in Gera zeigt, wie sich die Menschen entfremdet haben

Für diesen Vormittag im Juni hat Katrin Zabel ein Jahr lang gestritten. Er ist die Krönung ihres Kampfes um die Seelen ihrer Schüler: die Aufführung der Odyssee. Die Sage des Odysseus als Parabel der Flüchtlingskrise.
Seit Monaten gibt es am Osterland-Gymnasium Ärger um dieses Stück – und um den Geschichtsunterricht, die Abiturfeier, die Frage, ob Schüler an der Schule zu Toleranz erzogen werden müssen. In dem Streit offenbart sich, wie tief die Spaltung in Deutschland reicht, wie schwer es geworden ist, zu diskutieren, andere Meinungen zu akzeptieren, sie überhaupt zuzulassen. Die Flüchtlingskrise, der Terror, der Aufstieg der AfD: Themen, die wie Blindgänger in den deutschen Klassenzimmern liegen – kaum zu entschärfen, jederzeit bereit loszugehen. Das Osterland-Gymnasium am Rande von Gera in Thüringen könnte überall in der Republik stehen: 575 Schüler, 55 Lehrer, eine gewöhnliche Schule.

 

Wohin steuert die Türkei ­– Illiberale Demokratie oder Faschismus?

Medien und Politik neigen seit dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 zur Pathologisierung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan als unzurechnungsfähigem „Diktator“. Es dominiert das Narrativ von einem gewählten Präsidenten, der als Demokrat startete und spätestens nach dem fehlgeschlagenen Putsch vollends zum Autokraten mit wahnhaften Zügen wurde.
Die Strafmaßnahmen der türkischen Regierung scheinen derartige Urteile zu belegen: die Massenverhaftungen, der Ausnahmezustand, die Gleichschaltung der Presse, die permanente gewaltförmige Mobilisierung der Straße, der anhaltende Krieg in den kurdischen Gebieten.
Durch den Ausnahmezustand entmachtete Erdoğan das parlamentarische System, entledigte sich der öffentlichen Meinungsfreiheit und setzte die verfassungsmäßig garantierten Bürgerrechte aus – die in den kurdischen Gebieten der Türkei ohnehin nie galten. All diese Tendenzen sind jedoch nicht neu und waren spätestens nach den Wahlen vom 7. Juni 2015 der Modus von Erdogans Herrschaft.

 

Australische Rechtsextreme maskieren sich als Muslime und stürmen Predigt

Vater Rod war mitten in seiner Predigt. Er sprach über Jesus Christus und eine nicht ganz einfache Bibelstelle, als eine Gruppe Männer und Frauen in die Kirche stürmte. Sie trugen lange, muslimische Kleidung, breiteten Gebetsteppiche aus und begannen, eine Tonaufnahme von der Verlesung einer Passage aus dem Koran abzuspielen. Die Kirchengemeinde war schockiert.
Bei den etwa zehn Teilnehmern handelte es sich jedoch keineswegs um echte Muslime. Mitglieder der extrem rechten Party for Freedom hatten sich verkleidet, um die Gemeinde, die für ihre humanitäre Einstellung gegenüber Asylsuchenden bekannt ist, einzuschüchtern.

 

Nach Brandanschlag in Greifswald: Spenden und Solidarität

Vor knapp drei Wochen wurde der T4-Bus des Kommunalpolitikers und aktiven Zivilgesellschafters Michael Steiger (Alternative Liste) nachts mit vier Brandsätzen vor dem HKB in der Stralsunder Straße angezündet. Umsichtige Mitbewohnerinnen bemerkten glücklicherweise den Brand und konnten ein Übergreifen des Feuers auf das Haus, vor dem der Bus geparkt war und in dem 15 Menschen leben, verhindern.
Steiger geht davon aus, dass sein Auto, mit dem in den vergangenen Jahren zahlreiche zivilgesellschaftliche Aktionen und Geflüchtete unterstützt werden konnten, gezielt von Neonazis angegriffen wurde. Am Vorabend des Angriffs hielt Feine Sahne Fischfilets Landtagswahlkampagne Noch nicht komplett im Arsch in Greifswald.
Seine Reaktion auf den Brandanschlag: Anstatt das Fahrzeug schnellstmöglich zu reparieren oder zu verschrotten, wurde es zu einem Mahnmal, das an Weltbild und Hintergrund dieses Angriffs erinnerte.
Via Facebook bedankte sich Steiger für die Welle der Solidarität, die zu ihm herüberschwappte: “Mich haben in den letzten zwei Wochen viele Mails mit Trost und Unterstützung erreicht, es sind über 3000 Euro gespendet worden.“

 

Youtuber ärgern sich über AfD-Wahlaufruf vor ihren Clips

Seit Tagen sieht man vor YouTube-Videos immer wieder Werbung für die Aktion „Recht und Freiheit“, die zur Wahl der AfD aufruft. YouTuber sind sauer – Google beruft sich auf seine „Neutralität“.
Werbung gehört auch bei der Video-Plattform Youtube schon lange dazu. Seit einigen Tagen sieht man allerdings vermehrt einen Spot für die rechtspopulistische Aktion „Sagen Sie STOPP!“, die gegen Flüchtlinge hetzt, indem sie behauptet, Deutschland werde durch „Masseneinwanderung“ zerstört.
Der bekannte Youtuber LeFloid ärgert sich: „Ich finde es eine Schande, dass hier Stimmung gegen Geflüchtete und Vertriebene gemacht wird und das Wort ‚Asyl‘ gleichgesetzt wird mit Terror, Ausschreitungen und Gewalt. Ekelhaft, einseitig und manipulativ.“
Weiter schreibt er, es ärgere ihn besonders, dass vor seinen Videos auch noch dazu geraten werde, die AfD zu wählen.
Ein YouTube-Sprecher stellte klar: „Solange Werbung eine politische Meinung widerspiegelt, die nicht verboten ist, kann, will und darf YouTube als neutrale Plattform sich nicht davon distanzieren.“

 

Das AfD-Programm wissenschaftlich geprüft – dafür bekommt Physik-Professor Hassmails

"Leschs Kosmos", "Frag den Lesch", "Terra X" oder "Faszination Universum" - der Physikprofessor ist im Fernsehen derzeit sehr präsent. Die Antworten, die der Münchner Professor zu Fragen zum Urknall oder Tsunami, Relativitätstheorie oder Bananenflanke gibt, gefallen aber nicht allen.
Jüngst hatte Lesch sich für ein Internet-Video von "Terra X" das Wahlprogramm der AfD vorgenommen, genau genommen die Sätze, die dort über den Klimawandel drinstehen. Satz für Satz zerpflückte der Physiker die Aussagen der Klimawandelleugner. "Danach ging es richtig rund", sagt Lesch. "Sehr hässliche Hassmails" habe er auf den Beitrag erhalten.
Der Physiker reagierte prompt: Er ließ ein "Terra X"-Video über die "Psychologie hinter Hass" folgen. "Vielleicht könnte man mal überlegen, ob es sich nicht lohnen würde, mit einer gewissen Freundlichkeit und Barmherzigkeit in eine Diskussion zu gehen, dann hätten alle mehr davon", so sein Schlusswort.

drucken