Presseschau ... 15.06.2017

Anschlag gegen Herausgeber der Beobachter News: Schwarze Farbe, zerstochene Reifen +++ Gewalt von rechts nimmt in Schleswig-Holstein weiter zu +++ Antisemitismus: Judenwitze auf dem Spielplatz +++ Samstag: Neonaziaufmarsch in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) +++ Samstag: Identitären-Demo in Berlin.

 

Anschlag gegen Herausgeber der Beobachter News: Schwarze Farbe, zerstochene Reifen

In der Nacht von Montag auf Dienstag, 12. auf 13. Juni, haben Unbekannte einen Farbanschlag auf das Wohnhaus des Chefredakteurs von Beobachter News verübt. An seinem Auto wurden zwei Reifen zerstochen. Aufgrund aller Umstände ist davon auszugehen, dass die Tat neonazistischen Kreisen zuzuordnen ist. Auch die Polizei geht von einem rechtsradikalen Hintergrund aus.

 

Gewalt von rechts nimmt in Schleswig-Holstein weiter zu

Februar 2016: In Flensburg leiten Unbekannte durch ein Fenster eine chemische Substanz in eine Flüchtlingsunterkunft und verletzten so zwei Menschen. Mai 2016: Ein Flüchtling aus Afghanistan wird in Malente (Kreis Ostholstein) zunächst als "Scheiß Ausländer" beschimpft und dann durch einen Faustschlag ins Gesicht verletzt. September 2016: Fünf Täter schlagen in Leck (Kreis Nordfriesland) auf drei Somalier ein. Das sind drei Fälle von rechtsextremer Gewalt in Schleswig-Holstein aus dem vergangenen Jahr. Die Liste ist lang - und sie wird immer länger. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor, den das Innenministerium offiziell am Donnerstag vorstellt. Der Bericht liegt NDR 1 Welle Nord und dem Schleswig-Holstein Magazin vor.

 

Antisemitismus: Judenwitze auf dem Spielplatz

Unter Juden in Deutschland sind Antisemitismus-Erfahrungen weit verbreitet - zu diesem Schluss kommt die Frankfurter Forscherin Julia Bernstein im Gespräch mit Betroffenen.

 

Samstag: Neonaziaufmarsch in Fellbach (Rems-Murr-Kreis)

„Eine rechte Gruppierung namens „Fellbach wehrt sich“ plant eine Kundgebung auf dem Kirchplatz in Fellbach mit anschließendem Spaziergang zum ehemaligen Freibad, wo eine Unterkunft für Geflüchtete entstehen soll.“ Das war die Einleitung zu unserer Meldung vor einem Jahr (siehe „Den rechten Spuk nicht unterschätzen„). Jetzt bereitet „Fellbach wehrt sich“ für Samstag, 17. Juni, 13 Uhr eine Demonstration in der Fellbacher Innenstadt vor. Als Rednerin soll die wegen Volksverhetzung verurteilte ehemalige NPD-Spitzenfunktionärin Sigrid Schüßler auftreten. Um 12.30 Uhr beginnt an der Lutherkirche eine Protestkundgebung gegen den Aufmarsch der Rechten. Veranstalter ist das Bündnis Zusammen gegen Rechts – Rems-Murr.

 

Samstag: Identitären-Demo in Berlin

Am Samstag wollen Identitäre in Berlin aufmarschieren. Offiziell distanziert sich die AfD von den Rechtsextremen – doch es gibt viele Verbindungen. Ein Parteifunktionär, der bei einer Aktion der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) fast einen Zivilpolizisten überfährt, dann tagelang untertaucht und gegen den nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt wird: Das ist selbst für die AfD nicht mehr tragbar. Gegen Jannik Brämer, bis dato Schatzmeister des Berliner Verbands der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ und Mitglied des AfD-Vorstands in Charlottenburg-Wilmersdorf, wurde Anfang des Monats ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Interessant daran ist weniger, dass jetzt dieses Verfahren eingeleitet wurde – welches bei der AfD zudem noch lange nicht den tatsächlichen Parteiausschluss bedeuten muss. Sondern, wie lange von einem Parteiausschluss Brämers keine Rede war: Dass Brämer bei der Berliner „Identitären“-Demonstration im letzten Jahr mitlief, dass er lange als Anmelder der bundesweiten IB-Website eingetragen war und dass er gemeinsam mit dem Berliner IBler Karsten Vielhaber einen Versandhandel für den modebewussten Patrioten betreibt – all das war für die AfD offenbar kein Problem.

 

Rechtsextreme wollen Rettungsboote stoppen – jetzt werden sie von Paypal gestoppt

Mehr als 1800 Flüchtlinge sind seit Anfang 2017 im Mittelmeer ertrunken (IOM). Die Zahl ist schmerzhaft hoch – ohne die Arbeit freiwilliger Retter wäre sie noch höher. Gruppen wie "Sea-Watch" und "Jugend rettet" kreuzen mit eigenen Booten das Mittelmeer und retten Flüchtlinge, die in Seenot geraten. (bento)

Eine kleine Gruppe von Rechtsextremen will nun die Lebensretter an ihrer Arbeit hindern: Die sogenannten "Identitären" haben in den vergangenen Wochen Geld gesammelt, um selbst mit einem Boot auf dem Mittelmeer unterwegs zu sein. Sie wollen die Rettungsarbeiten behindern. Klarer ausgedrückt: Um Menschen ertrinken zu lassen. Die Spendengelder gingen auf ein Paypal-Konto ein. Nachdem Aktivisten wie etwa das Peng-Kollektiv auf Twitter dazu aufriefen, das Konto sperren zu lassen, hat das Unternehmen reagiert: Am Dienstag wurde das Konto der Rechtsextremen eingefroren. 

 

Justizministerium blockiert: Behörden leiten 55 Verfahren gegen "Identitäre" ein

Nach dem versuchten Sturm von Mitgliedern der rechtsextremen "Identitären Bewegung" auf das Bundesjustizministerium im Mai ermitteln die Berliner Strafverfolgungsbehörden laut einem Medienbericht in insgesamt 55 Fällen. Wie die Tageszeitung "Neues Deutschland" in ihrer Donnerstagsausgabe unter Berufung auf eine unveröffentlichte Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage der Linken berichtet, reichen die Vorwürfe über den Verdacht der gefährlichen Körperverletzung bis hin zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz oder das Sprengstoffgesetz. Auch wegen des Verdachts des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte werde ermittelt.

 

Hammerskins-Nazis vergraulen Gäste aus Hotel auf Mallorca

Ein Urlauber meldet sich bei der Mallorca Zeitung: Die Neonazis hätten am Hotel-Pool rechtsradikale Lieder gehört. Hammerskins-Nazis vergraulen Gäste aus Hotel. EAuch nach ihrer Störaktion bei einem Konzert von Mia Julia im Bierkönig vom Freitag (9.6.) haben die Hammerskins-Nazis weiter für Unruhe an der Playa de Palma gesorgt. Bei der MZ meldete sich ein Gast aus dem Hotel, in dem die Gruppe der Neonazis untergekommen war. "Sie haben am Pool rechtsradikale Lieder gehört und uns Angst eingejagt", sagt der Urlauber aus Berlin mit türkischen Migrationshintergrund, der mit seinen Kollegen seit zehn Jahren immer wieder Urlaub auf der Insel macht. "Sie trugen Hakenkreuztätowierungen. In der Zeitung habe ich von dem Vorfall bei dem Konzert gelesen", sagt der Urlauber. Letztendlich habe der Anblick der Neonazis sie aus dem Hotel vergrault. Um der Gruppe aus dem Weg gehen zu können, baten die Deutsch-Türken den Hoteldirektor, sie in dem Schwesterhotel unterzubringen. Nach anfänglichem Zögern habe der Direktor zugestimmt. 

 

Katarina Barley: Familienministerin will Gesetz zur Förderung von Demokratie

Die Bundesregierung erhöht ihre Mittel für Präventionsmaßnahmen gegen Extremismus. Mit einem neuen Gesetz will Ministerin Barley diese Hilfe dauerhaft garantieren. Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) plädiert für ein Gesetz zur Förderung von Demokratie in Deutschland. "Auch wenn die Mittel zur Prävention angewachsen sind, braucht es eine bundesgesetzliche Grundlage für Extremismusprävention und Demokratieförderung", sagte die Ministerin bei der Vorstellung des ersten Berichts zu den Extremismuspräventionsprogrammen der Bundesregierung. Prävention müsse frühzeitig und flächendeckend stattfinden. Dafür brauche es gesetzlich verankerte dauerhafte Fördermittel.

 

Hatz gegen Homosexuelle: Ermittlungen gegen AfD-Abgeordneten Kay Nerstheimer

Generalstaatsanwaltschaft will die Immunität des streitbaren Abgeordneten aufheben lassen. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft will gegen Nerstheimer Anklage vor dem Amtsgericht in Berlin-Tiergarten erheben. Unter anderem, weil der 52-Jährige in einem Kommentar auf ein Facebook-Posting von AfD-Landeschefin Beatrix von Storch schrieb: „Die Natur sagt eindeutig, normal ist, was der Erhaltung der Art dient. Alles andere ist unnormal und und in diesem speziellen Fall genetisch gegeneriert! (sic!) Vor so etwas muß man Kinder SCHÜTZEN!!!!“

 

Rechtspopulisten: Alternative für Russlanddeutschland 

Sie liebten Helmut Kohl und wählten treu Union. Doch die Merkel-CDU ist ihnen fremd geworden: zu flüchtlingsfreundlich, zu Putin-kritisch, zu liberal. Jetzt wenden sich viele Russlanddeutsche der AfD zu. (Bezahlinhalt)

 

AfD-Parteitag in Karlsruhe: Kundgebungen und Demos geplant

Die AfD hält am kommenden Wochenende, 17. und 18. Juni, ihren Landesparteitag in Karlsruhe ab. Auf der Tagesordnung stehen die Themen Bundestagswahlkampf, die Wahl der Bundeskonventdelegierten und ein Leitantrag zur Landessatzung. Vor der Badnerlandhalle und in der Innenstadt sind Proteste gegen den Parteitag angekündigt.

 

Spezieller Umgang: Journalisten und die AfD

Die Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche 2017 in Hamburg: Alexander Gauland betritt die Bühne des großen Saals. Rund 200 Journalisten warten gespannt auf den Auftritt des AfD-Vizevorsitzenden. Er sitzt zusammen mit der AfD-Expertin Melanie Amann ("Spiegel") und dem ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke auf dem Podium "'Populisten' und 'Lügenpresse' - die AfD und die Medien". Eine Einladung, die nicht bei allen Mitgliedern der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche gut angekommen ist. Die renommierte Journalistin Andrea Röpke hatte deshalb sogar ihre Mitgliedschaft beim Netzwerk Recherche gekündigt. Gegenüber ZAPP sagt sie dazu: "Er ist jemand der die Politik von Björn Höcke und den anderen völkisch-nationalistischen in den eigenen Reihen ganz klar mitträgt. Gauland ist einer den man nicht als einzelne Person, als Charmeur, als einen netten Ansprechpartner verstehen muss, sondern als einen Vertreter einer Partei die höchstgefährlich ist für den sozialen Frieden, für die Demokratie und den Humanismus und als solchen würde ich ihn verstehen."

 

Verifikation: „Wir glauben erstmal gar nichts“

Journalistisches Bildmaterial hat den Anspruch, Wirklichkeit möglichst unverzerrt darzustellen. Doch was, wenn Bilder gar nicht zeigen, was ist? Im Interview verrät Malte Zeller, der zum 1. Juli die Leitung der Spiegel-Bilddokumentation übernimmt, worauf es beim visuellen Fact-Checking ankommt.

 

Was hinter dem vermeintlich »rechtsradikalen« Flugblatt steckt

Sie wollten mit AfD-Sympathisanten ins Gespräch kommen – nun werden sie selbst für Fremdenfeinde gehalten: Ein Flugblatt sorgt derzeit in Gießen-Ost für Wirbel. Es war im Stil von "Asylkritikern" gehalten - um mit genau diesen ins Gespräch zu kommen. Der Veranstaltungsort, eine Kneipe, sagte dann allerdings die Veranstaltung ab, weil sie Angst hatten, Rassist_innen zu beherbergen.

http://www.giessener-allgemeine.de/regional/stadtgiessen/art71,270158

 

Berlin-Marzahn-Hellersdorf: Druck von Links und Rechts macht Debatte zur Wahl unmöglich

"Politik isst Wurst": In lockerer Atmosphäre sollten Politiker in Marzahn-Hellersdorf mit Bürgern diskutieren. Eine Veranstaltung richtete sich speziell an Jugendliche. Nun sagt der Veranstalter die komplette Reihe ab. Diskutieren statt dozieren – und dazu den Grill anwerfen: Mit der Veranstaltungsreihe "Politik isst Wurst" hatte der Marzahn-Hellersdorfer Jugendhilfeträger Roter Baum schon zur Berlin-Wahl ein interessantes Format entwickelt. Vor der Bundestagswahl sollte es nun eine Neuauflage geben. Mit einem Facebook-Eintrag haben die Initiatoren die komplette Reihe nun jedoch kurzfristig abgesagt - weil sie sich von Rechts und Links unter Druck gesetzt fühlten.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/berlin-marzahn-hellersdorf-druck-von-links-und-rechts-macht-debatte-zur-wahl-unmoeglich/19932824.html

 

Das Recht auf seltsame Dinge

Noch vor wenigen Jahren galt politischer Stillstand in unserer Gesellschaft als beklagenswerter Zustand. Das hat sich grundlegend geändert: Veränderungen scheinen das Land zu überrollen, auf einmal positioniert sich scheinbar jeder. Viele schlagen dabei radikale Töne an - und fordern gar die Freiheit, unsere Freiheit selbst zu gefährden. Wo also soll die Grenze sein?

http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/Das-Recht-auf-seltsame-Dinge-artikel9927744.php

 

Künast beim Löschteam von Facebook

Beleidigungen, Beschimpfungen, Bedrohungen – Hasskommentare sind in sozialen Netzwerken wie Facebook an der Tagesordnung. Das Unternehmen hatte sich bereits vor einem Jahr in einem Verhaltenskodex verpflichtet, gemeldete Hassreden und sonstige strafbare Inhalte schneller zu prüfen und gegebenenfalls zu entfernen. In Deutschland sind dafür Mitarbeiter der Firma Arvato zuständig. Drei Stunden lang hat sich Renate Künast in den Geschäftsräumen von Arvato in Berlin umgesehen. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag hat sich dabei sowohl mit Vertretern des Managements als auch mit Mitarbeitern unterhalten. "Wir sind durch die Arbeitsräume gegangen, haben die nicht nur betrachtet, sondern uns auch zu den Mitarbeitern gesetzt und mit verschiedenen von ihnen geredet und diskutiert", berichtet sie, "und wir haben versucht, herauszufinden, wie deren Arbeitsalltag ist, ob es eine Drucksituation gibt." Grünen-Rechtsexpertin Künast hat für diese Vorwürfe bei ihrem Besuch keinen Beleg gesehen: "Sie haben ein System aufgelegt, das schon klare Regeln der Einarbeitung hat, eine Qualitätssicherung, Möglichkeiten Rücksprache zu halten bei Zweifeln, und: dass nur bestimmte Leute sich die hochsensiblen Inhalte – da geht’s um sexuelle Gewalt an Kindern, Gewalt überhaupt – ansehen, und das auch nur zwei Stunden am Tag, nicht mehr."

http://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/facebook-hasskommentare-loeschteam-100.html

 

NSU-Kunstprojekt "UweUwe": "Hipster, die hilflos Nazis spielen"

Ein Kunstprojekt zeigt den Nationalsozialistischen Untergrund beim Trash-Theater in der Vorhölle. Ist das respektlos, oder zeigt es vielleicht, vor welcher Ungewissheit wir im Fall NSU noch immer stehen?

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/nsu-kunstprojekt-uweuwe-hipster-die-hilflos-nazis-spielen-a-1152121.html

 

B&H-Chef schon länger V-Mann: Verdacht: Geheimdienst wusste mehr über NSU

Nach der Enttarnung des ehemaligen Deutschlandchefs der verbotenen Neonaziorganisation Blood&Honour (B&H) als V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz gibt es nun den Verdacht, dass der Anwerbevorgang von Stephan L. bereits im Jahre 1997 begann. Das wäre, so die ARD-Magazine »Fakt« und »Report Mainz«, früher als bislang bekannt. Das Bundesamt hatte in geheimer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums angegeben, mit »NIAS« sei von 2002 bis 2010 zusammengearbeitet worden. Er sollte das 2001 wirksam gewordene Verbot von Blood&Honour überwachen. Angeblich hat er keine Informationen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) geliefert.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1054188.b-h-chef-schon-laenger-v-mann.html

 

Erneut Zeugen aus der Neonazi-Szene im Stuttgarter NSU-Ausschuss

In seiner 11. Sitzung am 19. Juni 2017 wird sich der zweite NSU-Untersuchungsausschuss im Stuttgarter Landtag wieder mit Kontakten des NSU bzw. des engeren NSU-Umfelds nach Baden-Württemberg beschäftigen. Bisher ist es dem Ausschuss nicht gelungen, Erkenntnisse zu Aufenthalten oder Anlaufstellen des Jenaer „Kern-Trios“ im Südwesten zu erlangen, die über das bereits Bekannte hinausgehen.

https://bw.nsu-watch.info/2017/06/erneut-zeugen-aus-der-nazi-szene-im-stuttgarter-nsu-ausschuss/

 

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